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Themenstreusel (8)

Sprache

  • Die Namen, die Adam den Dingen gab, bleiben wohl, und die Menschheit darf sie dreist dabei nennen; aber flüchtig sind des Menschen Auffassungen und Begriffe: was er heute so nennt wie gestern, ist heute nicht mehr das, was er gestern darunter verstand. Wir gehen tausendmal den nämlichen Weg, aber nimmer wieder denselben. (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Im mittelalterlichen Deutsch nannte man einen Todgeweihten 'feige'. Daran sieht man, wie weit sich die Sprache und wohin sie sich entwickelt hat! (Alois Brandstetter: Almträume)
  • Eine Entdeckung war für mich auch unlängst ein Wellnesswecker. Also Wellness und Wecker ergibt bei mir ja überhaupt keine logische Verbindung. (Bernd-Lutz Lange: Das gabs früher nicht. Ein Auslaufmodell zieht Bilanz)
  • "Hätte" und "wäre" sind die grammatikalischen Formen unserer unfruchtbarsten Reue. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • ... weil Ella immer wieder wissen wollte, wie es ihr gehe. Und dir? Anna fiel auf, daß sie das Ella zum ersten Mal fragte. A wo, wie soll's einem alten Weib schon gehen? Und wie geht es einem alten Weib? Du siegst ja. Net anders. In einem komplizierten Fall is die Antwort oft formal. (Emma Braslavsky: Aus dem Sinn)
  • Was bleibt noch an Worten, an Sprache, wenn man bei jedem Luftholen meint, es würde einem mitten durchs Herz ein Faden gezogen. (Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis)
  • ... sagte Thanhouser in einem Deutsch, das die fremden Akzente wie unter einer Heizdecke beherbergte. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • Die Worte waren wie Lebewesen, die auf verborgene Weise zusammengehörten, erst wenn man diese geheimen Zusammenhänge entschlüsselt hatte, verstand man ihre Bedeutung. Manche Worte gaben ihren Sinn sofort prahlerisch preis, aber wenn man sie drehte und wendete, kam nichts mehr; andere hatten viele Bedeutungen, die sich erst nach und nach überraschend erschlossen. (Regina Scheer: Machandel)
  • Auf dem Flur erklang die Stimme des Justizrats mit jener Deutlichkeit, die immer auf ein halbes Zuhausesein deutet. (Theodor Fontane: Vor dem Sturm)
  • Wenn dergleichen Materien nicht in die Schulterminologie eingehüllt werden, so sind sie für jeden Kopf und sogar Kindern verständlich.
  • Im Grunde bestimmte nur der Starke, wozu die Wörter gebraucht werden sollten. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • "Ihr Bürokraten seid einmalig. Für jeden Mist habt ihr einen sprachlichen Gummihandschuh." (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Der kleine Kaplan hatte nicht ganz recht. Er hat allerlei gelernt, überdies ist er ein Mann. Männer aber schauen durch Begriffe in die Welt. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Bildungsbürgerkinder ließen sich schon seit jeher ganz wunderbar mit der Macht der komplizierten Ausdrucksweise dominieren. (Karen Duve: Macht)
  • "Du solltest mal sehen, wie Menschen, die zweisprachig aufgewachsen sind, sich komplett verändern, wenn sie von der einen in die andere Sprache wechseln. Alles verändert sich, ihre Gesten, ihre Mimik, ihre Stimme. In der einen Sprache sind sie Draufgänger, in der anderen Presbyter." (Maarten 't Hart: Unter dem Deich)
  • "der sinnlose Tumult der Wörter" (Wilhelm Genazino: Das Licht brennt ein Loch in den Tag)
  • Ein kleiner tückischer Geist spielt zuweilen mit den menschlichen Worten und macht oft gerade die zuschanden, die ihr Leben mit Wortabwägen und Wortverdrehen zugebracht haben. (Achim von Arnim: Mistris Lee)
  • Es fielen viele Vokabeln des Fäkalwortschatzes (wenn man hier von einem Schatz sprechen kann). (Alois Brandstetter: Vom Manne aus Eicha)
  • Morgen war Weihnachten, dachte Sydow düster. Das epische Präteritum schlägt wieder zu. (Verena Roßbacher: Schwätzen und Schlachten)
  • Der Ruf, den die Südländer wegen ihrer Übertreibungen genießen, ist sehr übertrieben, wandte Delpont ein. Wenn unsere Landsleute, vor allem die Marseiller, eine Neigung haben, das Offensichtliche ein wenig zu verstärken, so nur, um das Unsagbare zu übersetzen, das ist ihre ganz eigene Art, das Unbeschreibliche auszudrücken. Sie spüren, daß man das Unsichtbare nur vermitteln kann, indem man das Sichtbare verzerrt. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)
  • "Hat er einen Unfall gebaut?" "Gebaut nicht. Aber gehabt." "Gebaut nicht, aber gehabt? Ist irgendwo ein Wörterbuch explodiert, daß mir heute lauter Wortklauber unterkommen?" (Wolf Haas: Komm, süßer Tod)
  • "Sächsisch zu sprechen ist eigentlich ganz einfach. Man verschiebt alles, was man sagen will in den oberen hinteren Rachenraum, spannt sämtliches Kieferknochen extrem an und stellt sich gleichzeitig vor, jemand wolle einem eine Schokolade in den Mund schieben mit einem Teelöffel Senf drauf. Und fängt dann an zu reden. Es wird nicht weit weg vom Original sein." Aus den Kommentaren zu diesem Artikel über den sächsichen Dialekt.
  • Bei Rudolf Presber auch gelernt, daß Kopfschmerzen nach reichlich Alkohl als "Haarweh" bezeichnet worden sind.
  • Viele seiner Sätze sind elliptisch, sie gehen halbfertig in Nachdenken über, in Unsicherheit über die letzte Behauptung oder in Begeisterung über die letzte Pointe, in Regungen, die sich nicht bis zum Satzende gedulden können, oder in eine neue Erinnerung, die mitten in der Rede aufgetaucht ist wie eine von nächtlichem Blitz erhellte Blüte. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Man sagt, das Japanische habe Wörter für die Verwandlung, die den Dingen durch die reine Dauer ihres Daseins widerfährt. Eine wundervolle Sprache muss das sein. Im Deutschen gibt es dafür ja nur abwertende Ausdrücke. Der Stein der Zeit, der alles zermahlt. Die Verwitterung, die am Putz nagt. Der Rost, der sich durch die Unterböden frisst. Kein Gespür für das Rascheln der Zeit, das aus Meeresböden Berge und Gebirgen Sandstrand macht. (Per Leo: Flut und Boden)
  • ... telefonierte auf Russisch. Oder einer dieser Pelzmützensprachen, die für mich alle gleich klangen. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)
  • Das dünne Lexikon meiner Sprache, ein Herbarium von Klischees, in dem die gepreßten und zartstaubigen Wortblätter rascheln. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Leider hast du eine unglückliche Liebe zu Fremdwörtern. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Ein gebürtiger Leipziger und allein sein Dialekt ist schon schmerzensgeldtauglich. (Rita Falk: Winterkartoffelknödel)
  • "Verpiß dich", zischte ich ihm schließlich zu, ein Ausdruck, der prima zum Zischen geeignet ist. (Kyril Bonfigliolo: Nimm das Ding da weg!)
  • "Hi, ich bin die Naddi!" Dorit zurrte sich ein Grinsen ins Gesicht. Wir tauschten einen Blick: Na toll. Ein Mädchen mit einem bestimmten Artikel davor! (Stefan Schwarz: Das wird ein bisschen wehtun)
  • Rene folgte der Schlachterin auf den Hof: "'Wenn die Sprache materielle Güter erzeugen könnte, wären die Schwätzer die reichsten Menschen der Welt.' Jossif Bessarion Dschugawili, genannt Stalin." "Juristen werden auch mit der Sprache reich", sagte Sabine. (Patrick Hofmann: Die letzte Sau, S. 68)
  • George Steiner (...) schreibt in der Sprache einer Frau über die Zeit: "Die Sprache der Frauen ist reicher als die der Männer, wenn es um die Schattierungen von Sehnsucht und Zukunft geht, die im Griechischen und Sanskrit als Optativ bekannt sind. Frauen scheinen ein breiteres Spektrum von modifizierten Entschlüssen und Versprechen zu verbalisieren." (Jay Griffiths: Slow Motion. Lob der Langsamkeit)
  • Es gehört ein neues Alphabet erfunden, das Unbenennbare zu benennen. (Michail Schischkin: Venushaar)
  • Unter all den Substantiven und Adjektiven, die ihm einfielen, gab es kein einziges, das sich bei genauerer Prüfung nicht als hohl und nichtssagend entpuppt hätte. (P.G. Wodehouse: Monty im Glück)
  • Die Sprache belaste das festzuhaltende Denken in unglücklichster Weise und reduziere es in jedem Falle auf einen fortwährenden Schwächezustand des Geistes, mit welchem sich der Denkende aber abzufinden habe. Denken sei noch niemals in seiner Vollkommenheit und Unendlichkeit wiederzugeben worden, so Goldschmidt zu Koller. (Thomas Bernhard: Die Billigesser)
  • Die Psychologie ist nicht dazu da, Beruhigungspillen in Form von Fachausdrücken auszuteilen, durch die jedermann dann glaubt, der Sachen mächtig zu werden. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Noch war die Sprache dieser Halbwüchsigen nicht jenes Fricasse geworden, das heute jeder im Munde dreht. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Die Sprache ist die Ozonschicht der Seele, und wir bringen uns selbst in Gefahr, wenn wir sie durchlöchern. (Sven Birkerts: Die Gutenberg- Elegien)
  • Es ist eine Eigenschaft der menschlichen Sprache, daß wir bei allem, was wir sagen, zu kurz greifen und nie die vollständige Bedeutung erfassen. (Isaac Bashevis Singer: Ich bin ein Leser)
  • In der zu jedweder Zeit übliche Kaltschnäuzigkeit gefaßten Amtssprache... (Reinhard Jirgl: Die Stille)
  • Mit dem Zauberstab des Wortes bildet der Mensch aus der Formlosigkeit und Bewegtheit der Welt die ordnenden Gestalten der Begriffe. (Ludwig Reiners)
  • Die Sprache ist gleichsam die äußere Erscheinung des Geistes der Völker. Man kann sie beide nicht identisch genug denken. (Wilhelm von Humboldt)
  • Die Ausländer halten die Deutschen, was ihre Sprache betrifft, für grobe brummende Leute, die mit rostigen Worten dahergrummen und mit hartem, blindem Geläute von sich knarren; ja man meinet, die deutsche Sorache habe nur eintausend Wörter in sich, derer achthundert von Griechen, Hebräern und Lateinern erbettelt und ungefähr zweihundert grobe deutsche Wörter daselbst vorhanden wären. (Justus Georg Schottel)
  • Bekanntlich sind die Sprachen, namentlich in grammatischer Hinsicht, desto vollkommener, je älter sie sind, und sie werden stufenweise immer schlechter, vom Hohen Sanskrit an bis zum Englischen Jargon herab, diesem aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickten Gedankenkleide. (Arthur Schopenhauer)
  • Jemanden kräftig auszuschelten ist für den Engländer so viel, wie ihm ein 'tongue-lashing' - eine "Abreibung mit der Zunge" - zu verpassen. (Man denke auch daran, daß 'lingua', das lateinische Wort für Zunge, die Nebenbedeutung "kleiner Lederriemen" hat.) (Barry Sanders: Der Verlust der Sprachkultur, S. 153)
  • Ich hätte Sie für einen waschechten Rheinländer gehalten, sprachlich etwas abgeschliffen durchs intellektuelle Milieu..." (Jochen Schimmang: Das Beste, was wir hatten)
  • Auf dem Lande ist man immer in Gefahr, auf veraltete Vokabeln zurückzugreifen. (Christa Wolf: Störfall, S. 14)
  • "Peter". Mein Mutter sagte das in dem Ton, der keine Wahl mehr zuließ. (John Updike: Der Zentaur, S. 70)
  • "Wenn das alles nur gut ausgeht!" sagte sie im Tonfall von jemandem, der vom Gegenteil überzeugt ist. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 120)
  • Ich stelle auch fest, daß Chabrot sich auf eine Art ausdrückt, für die ich eine Schwäche habe - könnten Sie die unliebsamen Besucher hinauskomplimentieren? -, und das verwirrt mich. Diese höfliche Altmodischkeit gefällt mir. Ich bin eine Sklavin der Grammatik, sage ich mir, ich hätte meine Katze Grevisse (frz. Standardwerk der Grammatik) nennen sollen. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 85)
  • ... mich hat es megamordsverficktnochmal erwischt. Über kurz oder lang werd ich etwas in der Art sagen müssen. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 81)
  • Ich denke mir oft, daß die Wörter, die wir an die Dinge kleben, mehr über unsere Gefühle sagen als über die Dinge selbst. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 260)
  • Wie die heutige Jugend generell hatte sie ein Vokabular, das jeder möglichen Disziplinierung vorauseilend entgegenwirkt. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 80)
  • Ich muß frische Luft haben. Vielleicht das erste Zeichen von Hydropsie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter sind sie doch ein Segen. Wenn ich so zwischen Hydropsie und Wassersucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropsie. Wassersucht hat so was kolossal Anschauliches! (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 58)
  • Ich bin eigentlich gegen Kalauer, die sind so mehr für Handlungsreisende. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 45)
  • "Diese Servietten sind zwar schicklich, aber nicht nützlich", sagte Mrs. Wapshot, die bei Tisch zumeist solche Plattitüden, Sprichwörter und abgedroschenen Wortspiele von sich gab. Sie gehörte zu den Frauen, die nur in Redensarten sprechen können. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 67)
  • Die nüchterne Schwester und das Wort Seele passen überhaupt nicht zusammen, Seele gehört eher in meinen Sprachbehälter. Obwohl es ein zartes Wort ist, gleichsam eins mit zerzausten Flügeln, verleitet es zu exaltiertem, schwammigem Gebrauch, also bitte Vorsicht beim Verwenden. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 58)
  • ...hatte er die Unart vieler Ausländer, das Sprechtempo zu beschleunigen, wenn er nicht mehr Herr über die Grammatik war? (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 17)
  • Deutsch war auch nicht mein Lieblingsfach; ich haßte die Deklinationen und diese komische Art, die Verben in langen Sätzen immer weiter und weiter zu schubsen, bis sie schließlich ganz am Ende erschöpft hinfielen. (Julien Green: Erinnerungen an glückliche Tage, S. 94)

Lebensstufen

  • "Aha - eine neue Definition von 'erwachsen': die Zeit, in der man sich seine Ideale abhandeln läßt." (Julian Barnes: Metroland)
  • Er ging zu seinem Vater. "Ich bin gewachsen", verkündete er mit fester Stimme. "Ich möchte ab jetzt lange Hosen tragen." Sein Vater zögerte. "Also, ich weiß nicht", sagte er schließlich. "Von Rechts wegen bekommt man lange Hosen ja mit vierzehn - und du bist doch erste zwölf." (F. Scott Fitzgerald: Der seltsame Fall des Benjamin Button)
  • Auf den Gesichtern, der längst zur Form gewordene Schreck über das fortgeschrittene Leben. (Wilhelm Genazino: Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz)
  • Im Leben eines jeden Menschen, der diesen Namen verdient, gibt es einen Augenblick, wo man Partei ergreift, sich unwiderruflich für oder gegen eine Existenzform entscheidet. (Irène Némirovsky: Feuer im Herbst)
  • In meinen tumultreichen Pubertätsjahren, schwankend zwischen Hochgefühlen, die weit über das hinauszielten, was meinen Fähigkeiten zuzutrauen war. (Sibylle Lewitscharoff: Das Pfingstwunder)
  • Ich war nicht mehr sehr jung und war in Einsamkeit aller Art recht beschlagen. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Ich war elf und seit zwei Monaten bei den Pfadfindern (und trat kurz danach wieder aus – zu viele Märsche und Knoten)... (T.C. Boyle: Grün ist die Hoffnung)
  • Übrigens schämte ich mich, aus der Freimütigkeit und dem dankbaren Gefühle des Kindes Vorteil zu ziehen, um meine Neugierde zu befriedigen. Ich liebe solch kleines Volk, und es ist nichts Geringes, wenn sie, die so frisch aus der Hand Gottes kommen, uns lieben. (Charles Dickens: Der Raritätenladen)
  • "Morgenschlummer des Lebens" (= Kindheit) [Jean Paul: Titan]
  • Aber gehört es nicht zum Erwachsenwerden, daß man Ironie reiten kann, ohne abgeworfen zu werden? (Julian Barnes: Metroland)
  • Ich bemerkte Fleischfalten an den unmöglichsten Stellen, sogar unter seinen Armen. Wie seltsam, dass mir in meiner sofort unterdrückten Überraschung nicht der Gedanke kam, dass ich meine eigene Zukunft vor Augen hatte. Ich war einundzwanzig. Was ich für die Norm hielt - straff, glatt, geschmeidig -, war der kurzlebige Spezialfall der Jugend. (Ian McEwan: Honig)
  • Retweet: Kollegin wird 40 und ich soll die Karte kaufen. Was meint ihr: "In stiller Anteilnahme" oder "Aufrichtiges Beileid"?
  • Sonja dachte, während er redend vor ihr auf und ab marschierte: Komisch: alle älteren Leute glauben, wir jüngeren haßten die Gefühle oder kennten sie gar nicht. Das ist einfach eine fixe Idee. In Wirklichkeit ist wahrscheinlich jede Jugend genau so gefühlvoll, wie die vorhergehende war, nur die Ausdrucksformen wechseln. (Klaus Mann: Treffpunkt im Unendlichen)
  • Er war stark gealtert und brauchte für seine Tonsur keinen Friseur mehr. (Francois Mauriac: Der Jüngling Alain)
  • Aber er war erst vierzeneinhalb und schon einen ganzen Kopf größer als ich. Nie bekam er Probleme in der Kaufhalle, wenn er mal eine Schachtel Zigaretten kaufte. Ich dagegen sollte jedes zweite Mal meinen Personalsausweis vorzeigen, weil ich, was sich erst morgen ändern würde, noch keine sechszehn war. Und ich mußte dann immer so tun, als hätte mir eine plötzliche Eingebung an der Kasse die Sinnlosigkeit des Rauchens eröffnet. (André Kubiczek: Skizze eines Sommers)
  • Er schaute in ein Gesicht von der Art, die einen daran denken lässt, wie es in früheren Jahren gewesen sein muss. (Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis)
  • Alle, die sein Alter für kein Alter hielten, weil sie selbst darauf zugingen. (Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis)
  • "Jede Lebensphase ist eine Bearbeitung, die die vorangegangene korrigiert und in der Folge ebenfalls korrigiert wird, bis das Ende erreicht ist, das der Bearbeiter den Würmern präsentiert." Für Machado de Assis sind wir - genauso wie die schlaflosen Bücher - voller Sätze, die bearbeitet werden müssen. (Alberto Manguel: Tagebuch eines Lesers)
  • So um die dreißig herum, wenn wir zufällig nach vorn schauen, sehen wir plötzlich den Tod am Horiziont lugen. Wir haben ihn vorher noch nie gesehen. Er hat eine Sense im Zielfernrohr. Er legt auf uns an. Er drückt nicht ab, noch nicht, aber er treibt uns zu Handlungen, die Lachstürme in ihm auslösen. (Urs Widmer: Die gelben Männer)
  • Eine Woche verging, mit Nichtstun, Tiefkühlpizza und tollen amerikanischen TV-Serien, denen ich nicht genug Dank dafür sagen kann, daß ihre Bilder mich betäubten. Danke, danke, danke! Es ist eine alte Geschichte, und doch wird sie von jeder Generation immer wie etwas unfaßbar Neues erzählt. Wo man doch spätestens mit Mitte dreißig genau weiß, was kommt. (Helmut Krausser: Alles ist gut)
  • Seltsam, dass Eitelkeit mit zunehmendem Lebensalter kein Laster mehr wurde, sondern fast das Gegenteil: eine moralische Verpflichtung. (Julian Barnes: Unbefugtes Betreten)
  • Die sieht nicht aus wie 30; wer das nicht weiß, gibt fünf Jahre zu. (Uwe Johnson: Jahrestage 2)
  • Vierzehnjährige machen einen verbogenen, körperlich instabilen Eindruck. So sportiv können sie gar nicht sein, um nicht doch an mißlungene Architektur zu erinnern, An Gebäude, die im Mischmasch der Stile auseinanderzufallen drohen. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • "Warum denn", sagte Joen, der ein moderner junger Mann ist und keine langen Erzählungen mag, er hat es eilig, zum Ende zu kommen, als wäre gerade das Ende irgendwas Besonderes. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • ... das Schneetreiben vor meinem Fenster weihnachtlich friedvoll wie in Kindheitsjahren, in denen noch mit allem Recht alles zu erhoffen war. (Christoph Ransmayr: Atlas eines ängstlichen Mannes)
  • Sie war zehn Jahre alt; voll berauschender Lust an der Fülle, empfand sie das harte und bittere Glück lebendig zu sein. (Irène Némirovsky: Die süße Einsamkeit)
  • Das Alter hatte jedem eine Karrikatur seiner selbst ins Gesicht geschnitzt. (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Wie alt man sein kann, wenn man zwölf ist. (Irène Némirovsky: Die süße Einsamkeit)
  • "Und was macht Sie, abgesehen von Ihrer Jugend, besonders glücklich?" (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)
  • ... die eine oder andere windstille Periode ihres Lebens. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Auf Klassentreffen geht es überhaupt nicht darum, was aus einem geworden ist, sondern es geht um das, was man einmal war. Je älter man wird, desto wichtiger ist es, Menschen zu treffen, die einen schon gekannt haben, als man noch jung war. (Karen Duve: Macht)
  • Jede Jugend schäumt auf ihre Art und Weise. (Peter Wawerzinek: Schluckspecht)
  • "Aber vielleicht hast du ja doch schon eine Vergangenheit? Die dunkelsten Erfahrungen macht man früh." (Willa Cather: Mein ärgster Feind)
  • ... dass wir nach meiner Geburt beide eine postnatale Depression hatten. (David Grossman: Kommt ein Pferd in die Bar)
  • Ich rede hier über einen Jungen von gerade mal vierzehn Jahren, Dovik, Dovele, seiner Mutter Augenstern. Und jetzt guckt mich an: noch ganz derselbe, die Glatze, die Bartstoppeln und der Menschenhass mal weggedacht. (David Grossman: Kommt ein Pferd in die Bar)
  • Die Vorstellung von Jugend implizierte, wie mir schien, einen gewissen Enthusiasmus gegenüber dem Leben oder vielleicht eine Art des Aufstands, begleitet von einem mindestens vagen Gefühl der Überlegenheit hinsichtlich der Generation, die zu ersetzen man bestimmt war. (Michel Houellebecq: Unterwerfung)
  • Er war ein Kind, das viel Schmerz und viel Übel gesehen hatte und doch ein Phantast des Vollkommenen blieb. In der erhabenen Stadt seiner Träume verschanzt, hatte seine Zunge den Spott und sein Mund den Hohn gelernt, aber das raue Geraspel der Welt hatte keine Kerbe in sein verborgenes Leben schrappen können. (Thomas Wolfe: Schau heimwärts, Engel)
  • Aber Jugend bringt es nicht zuwege, sich dauernd mit dunkeln Bildern zu quälen, solange noch nicht alles verloren ist. (Charles Dickens: Nikolas Nickleby)
  • Die Jugend verleiht den Torheiten einen Schimmer von Schönheit, und das Alter breitet über diese kleinen Sünden eine Nacht des Vergessens. (Achim von Arnim: Neun Novellen)
  • Ich wußte um jene Zeit gleichsam noch nicht, daß es vorteilhaft sei, wenn man sich diese und jene Mühe gibt. Ich gehörte zu denen, die von der Meinung betört sind, Bemühungen sollten von selbst zustande kommen; an sich seien sie etwas beinahe Herabsetzendes. (Robert Walser: Der kleine Tierpark)
  • An meinem letzten Geburtstag (...) war mir den ganzen Tag über der Satz "... wieder ein Jahr kälter geworden" nicht aus dem Kopf gegangen. (Jens Sparschuh: Ende der Sommerzeit)
  • Und um dreiviertel neun ist der Herr Oswald hereingekommen. In seinem eleganten Anzug hat der Brenner ihn zuerst gar nicht erkannt. Weil in den zwölf Jahren ist der Herr Oswald dreißig Jahre älter geworden. (Wolf Haas: Komm, süßer Tod)
  • Wenn es etwas gibt, das einem aus der Kindheit verlorengeht, dann doch wohl, sich einer Sache hundertprozentig widmen zu können. (Michael Ziegelwagner: Der aufblasbare Kaiser)
  • Eine Weile schimpfte ich stumm auf die jungen Leute, die fix im Wegwerfen sind, weil ihnen die Idee, dass sie eines Tages selbst aus dem Verkehr gezogen werden, noch ganz fremd ist. (Wilhelm Genazino: Bei Regen im Saal)
  • Manchen Menschen dreht die Zeit ihre Jahresringe nur ins Gesicht. (Jaromir Konecny: Tatar mit Veilchen)
  • ... war sie erst sechzehn; Kittredge dagegen war achtzehn und ging mit Riesenschritten auf die dreißig zu. (John Irving: In einer Person)
  • Alle Kinder lernen, sich untereinander chiffriert zu unterhalten. (John Irving: In einer Person)
  • Jetzt, wo ich langsam auf die 50 zugehe, wo man auch im optimistischsten Falle sagen muß, daß schon mehr als die Hälfte um ist, stelle ich eh fest, daß sich meine Prioritäten verschoben haben. Heute wäre es ein Traum für mich, wenn ich in den Träumen von wem anders vorkomme. Daß es einen Menschen gibt auf der Welt, der manchmal die Augen zumacht und denkt: "Ach, Mensch, der Bernd!" (Jörg Böckem, Ralf Husmann im ZEIT-Magazin 10)
  • Neuerdings begehen in Amerika, so liest man, Frauen das Ausbleiben der Menstruation mit einer Art Unfruchtbarkeitsfest. (Die ZEIT: Da geht noch was)
  • Tatsächlich scheint um das fünfzigste Lebensjahr herum ein Umschlagpunkt zu liegen. Wer mit fünzig beginnt, regelmäßig Sport zu treiben, ist, statistisch gesehen, für die Gebrechen des Alters ebenso gut gerüstet wie jemand, der schon immer durchs Leben joggte. (Die ZEIT: Jetzt kommt es darauf an)
  • In rund achtzig Ländern haben Forscher die Daten zur Lebenszufriedenheit miteinander verglichen. Die Resultate ergaben das Bild einer U-Kurve: Ihren Tiefpunkt erreicht die Stimmung bei vielen in den Jahren zwischen 45 und 50. (Pasqualina Perrig-Chiello)
  • Es sei doch in unserem Alter sehr, angenehm, mit welchem Gefühl der gnädigen Ferne man auf seine Jugendsünden zurückblicken könne. (Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren)
  • Er ist einer, der als Erwachsener auf die Welt gekommen ist. (Urs Widmer: Liebesnacht)
  • Wir sind aus dem Alter raus, wo man etwas 'einfach so' macht. Wir sind erwachsen, wir haben zu viele Rechnungen gesehen, um an Gratisangebote zu glauben. (Stephan Thome: Grenzgang)
  • Wie sehnte Richard sich nach seiner Jugend zurück, dieser Geliebten, die unerreichbar geworden war... (Remco Campert: Eine Liebe in Paris)
  • Indem wir ein hohes Alter erreichen, verschaffen wir dem Tod seinen Schlaganfall. Er wird betäubt... einseitig gelähmt... Ihm sind die Zähne gezogen. Je mehr Jahre vergehen, um so effektiver bauen wir ein Abwehrsystem gegen den Tod auf..." (A.F.Th. van der Heijden: Unterm Pflaster der Sumpf)
  • Der genaue Zeitpunkt, wann aus Kindern Idioten werden, war unzureichend erforscht. (Sibylle Berg: Vielen Dank für das Leben)
  • Die Neugier, welche das kindliche Alter allen Dingen entgegenträgt... (Wilhelm Raabe: Der Schüdderump)
  • "Ach, Mr Slope, reden Sie nicht mehr davon, daß Sie alles opfern würden. Leute über einundzwanzig sollten nicht mehr von solchen Dingen träumen. (Anthony Trollope: Die Türme von Barchester, S. 441)
  • Dem Rockzipfel der Mutter schon entwöhnt, aber den Reizen des anderen Geschlechts noch nicht gewachsen. (Judith Schalansky: Der Hals der Giraffe, S. 13)
  • Bisher war ich der Meinung, daß sich im Durchgang der Jahre die Gründe zeigen, die das Leben annehmbar machen. (Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh)
  • Obwohl ich mir mit meinen dreiundvierzig Jahren dafür noch zu jung vorkomme, betrete ich jetzt schon das weite Feld der vorzeitigen Ermüdungen. (Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh)
  • Vielleicht verhärtet nichts die Klangfarbe jugendlicher Gemüter mehr, als so entdecken zu müssen, wie ihre liebsten Herzenswünsche vom Zyniker Zeit mit eben der Tonlage selbstischen Vorgehens in Einklang gebracht werden, die sie in früheren Tagen verachtet haben. (Thomas Hardy: Blaue Augen)
  • "Ich ? : das ist, wenn man erst mal 40 war, nur noch ein Sortiment von Schrullen und schlechten Gewohnheiten. (Arno Schmidt: Kosmas oder Vom Berge des Nordens)
  • Sie war schon dreißig, und die Säuerlichkeit eines drohenden Altjungfertums machte sich bereits bermerkbar. (Eric Malpass: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung, S. 23)
  • Das von der Jugend verachtete Alter... ist das ein zeitloses Phänomen oder verstärkt es sich mit jeder Generation, seit die alten Leutchen selbständiger, mächtiger, reicher, älter und grauer geworden sind? (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit)
  • Wenn altgewordene Menschen sich darauf zu besinnen suchen, wann, wie oft und wie stark sie Glück empfunden haben, dann suchen sie vor allem in ihrer Kindheit, und mit Recht, denn zum Erleben des Glückes bedarf es vor allem der Unabhängigkeit von der Zeit und damit von der Furcht sowohl wie von der Hoffnung, und diese Fähigkeit kommt den meisten Menschen mit den Jahren abhanden. (Hermann Hesse: Betrachtungen und Berichte II)
  • "Carpe diem" - das ist ein Ratschlag, der einem immer besser einleuchtet, je älter man wird. (Urs Widmer: Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück)
  • Und ich bin 48, das heißt, obere Grenze der mittleren Generation. (...) Ist es nicht Selbsttäuschung, in meinem Alter immer noch die wichtigste Arbeit von der Zukunft zu erwarten? (Christa Wolf: Ein Tag im Jahr. 1960-2000, S. 220)
  • Jede Kultur hat ihre speziellen Hürden für werdende Männer. (Michail Schischkin: Venushaar)
  • Ich werde denken, was wir alle fünfzehn Jahre später denken: "Ist das nicht schön gewesen." (Philip Roth: Gegenleben)
  • Niemand ist einsamer als ein werdender Mensch mit unvorbereitetem Herzen. (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene)
  • ... wichtigtuerische Weisheit der Fünfundzwanzigjährigen. (F.C. Delius: Mein Jahr als Mörder, S. 117)
  • ... als er noch kindlich nah am Teppich lebte. (John Updike: Die Tränen meines Vaters)
  • Jede echte Begabung war eine Oase in der Wüste der Geschmacklosigkeit. Wenn man jung ist, glaubt man den Sand wegschieben und die Wüste in ein Paradies verwandeln zu können, aber wenn man älter ist, wird einem klar, daß man Gott dankbar dafür sein muß, daß die Wüste einen nicht verschlungen hat, wie es mit vielen anderen geschehen war. (Isaac Bashevis Singer: Verloren in Amerika, S. 69)
  • Dann wurden wir älter. Also jung. Man ist jung, solange man versucht, sich älter zu machen. (Robert Menasse: Ich kann jeder sagen, S. 123)
  • Niemand ist einsamer als ein werdender Mensch mit unvorbereitetem Herzen. (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 534)
  • So um die dreißig herum, wenn wir zufällig nach vorn schauen, sehen wir plötzlich den Tod am Horiziont lugen. Wir haben ihn vorher noch nie gesehen. Er hat eine Sense im Zielfernrohr. Er legt auf uns an. Er drückt nicht ab, noch nicht, aber er treibt uns zu Handlungen, die Lachstürme in ihm auslösen. (Urs Widmer: Die gelben Männer, S. 60)
  • Wahrscheinlich schwächt das Alter nicht nur die Schließmuskeln des Körpers, sondern auch die Ventile des Seele, vor allem, wenn das Band der Ehe zerreißt, das als Schutzwall dient. Ich glaube, im Witwer nistet, wie im Junggesellen, der Keim eines unkontrollierten, frei umhertreibenden Gefühls. (Rafael Chirbes: Der Schuß des Jägers)
  • Mit Einsetzen der Pubertät ist man über die gröbsten Fehler femininer Erziehungsversuche hinweg und beginnt, die weibliche Verwandschaft in zwei Gruppen einzuteilen: Die, mit denen man Sex haben möchte, und die, bei denen man eher eine komplizierte Gallenkolik vorziehen würde. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 37)
  • Als Knabe, in jenen Jahren, in denen die Neugierde alle anderen Lebensäußerungen spielerisch überwuchert, hatte er oft an den eigenen Tod gedacht und an der Vorstellung Gefallen gefunden, es wäre der Beginn einer Wanderschaft durch alle Dinge hindurch, die er täglich vor Augen hatte. (Hartmut Lange: Das Konzert, S. 102)
  • Alle alten Leute schlafen schlecht. Es ist, als hätte man nur eine begrenzte Zeit, um etwas zu tun, und schiebt das bis zum letzten Moment hinaus. Gegen Ende erkennt man, daß man sich besser hätte vorbereiten müssen, daß man mehr daraus gemacht hätte, wenn man früher angefangen hätte, und daß jetzt keine Zeit mehr dafür ist. So ist die Nacht, wenn man alt ist. (Marcel Möring: In Babylon, S. 193)
  • Eine der Besonderheiten der Kindheit ist, daß man etwas nicht begreifen braucht, um es zu spüren. Ist der Verstand schließlich in der Lage, das Geschehene zu verstehen, so sind die Wunden im Herzen schon zu tief. (Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes, S. 45)
  • Ich war ein echter, klassischer Gymnasiast, trostloses Endprodukt einer langen, abendländischen Entwícklung; schwärmerisch und kalt, ironisch und verletzlich und verzweifelt - kämpfte nächtelang gegen eine grausame, unbekannte Triebhaftigkeit und gegen einen grausamen, unbekannten Gott, unterlag. (Walter Vogt: Altern, S. 83)
  • "Ich war damals sechszehn, und das ist die einzige Zeit im Leben, in der man die innere Sicherheit hat, etwas bewegen zu können." (Paulus Hochgatterer: Die Süße des Lebens, S. 3)
  • Mir ist, als hätte ich seit dem Ende der Pubertät nichts dazugelernt. Die Entdeckungen, die ich davor gemacht habe, sind noch von Gewicht, der Rest ist, so scheint es, trivial, unwesentlich oder bestenfalls eine Zutat. (Alberto Manguel: Tagebuch eines Lesers, S. 62)
  • Ich bin nicht vierzig Jahre alt, ich verstehe mich noch nicht darauf, meinen Stolz unter die Autorität der Erfahrung zu beugen; in mir ist nicht die Liebe, die mit Demut erfüllt; kurzum, ich bin eine Frau, deren Charakter noch zu jung ist, um nicht abscheulich zu sein. (Honore de Balzac: Beatrix)
  • Calyste hatte gesehen, welche Fortschritte er dadurch gemacht hatte, daß er Beatrix ins Meer stieß, und deshalb ist es seltsam, daß er nicht fortfuhr, sein Glück durch Gewalttaten zu erzwingen; aber bei jungen Menschen ist die Liebe so ekstatisch und heilig, daß sie alles lediglich durch moralisches Überzeugen erlangen will. (Honore de Balzac: Beatrix)
  • "Es stimmt zwar, daß ich achtzig geworden bin und dies so eine Art Geburtstagsfeier ist. Aber was es zu feiern gibt, weiß man nicht so genau. Das Gute daran ist immerhin, nun ein Alter erreicht zu haben, in dem sich sterben läßt, ohne daß die Menschen allzu schockiert sein müssen." (Alan Bennett: Die souveräne Leserin, S. 105)
  • Mit achtzig gibt es keine Ereignisse mehr, nur noch Wiederholungen. (Alan Bennett: Die souveräne Leserin, S. 106)
  • Alte berühmte Männer, die viel, ja nahezu alles Menschenmögliche erreicht haben und nun plötzlich das Ende einer Leiter vor sich sehen, legen oft eine unangenehme Verbitterung an den Tag. Ihnen fehlt der matte Charme des alt gewordenen Verlierers. Zuweilen werden sie sogar gefährlich. (Silvia Bovenschen: Älter werden, S. 90)
  • Es liegt etwas Taktloses darin, länger zu leben, als es sich gehört. Wie wenn die Gastgeber über den Kopf des Gastes hinweg Blicke wechseln, wann geht er endlich? (Sandor Marai: Tagebücher 1984-1989, S. 13)
  • ... wie das Egozentrische der Jugend - wenn nur die Mechanik des Geistes dabei so halbwegs normal ist - über sich selbsr hinauszielt. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Ich verstehe nicht, warum so viele Frauen darunter leiden, daß sie schon wieder ein Jahr älter geworden sind. Nicht mehr ein Jahr älter zu werden, das wäre eine Katastrophe. (Liv Ullman)
  • Jung bleiben ist im Kerne eine geistige Leistung. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Die Jugend begeht mitunter den Fehler, in den glatten, geölten Ablauf der Phrasen störend einzugreifen, weil sie es noch immer für wichtiger hält zu widersprechen, als darauf zu sehen, daß äußerlich alles hübsch klappe, damit man innerlich ungestört bleibe, was das eigentlich Wichtige ist. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Es gibt selbst bei der Eitelkeit endlich eine Art Ermüdung, die mit vorschreitendem Leben eintritt, und man erspart sich dann mancherlei Anstrengung. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • ... bin ein älterer Herr und nicht frei von Verhärtungstendenzen, weshalb ich mich höllisch bemühen muß, ein bißchen belehrbar zu bleiben. (Markus Werner: Am Hang, S. 18)
  • Die Kindheit kriegt man übergestülpt wie einen Kübel Wasser, auf dass es an einem herunterrinnt ein Leben lang, mag man die Kleider wechseln so oft man will. (Heimito von Doderer)
  • Die ersten fünfzehn Jahre ihres Lebens gehen ihnen nie verloren. Sie sind so etwas wie ein unerschöpflicher Brunnen. (Isaac Bashevis Singer: Ich bin ein Leser; S. 20)
  • Manch-1 ist seine Windeln im Kopf Zeit Lebens's nicht losgeworden; - Kinderkacke im Altenhirn ist die Brutstätte für Terror.... (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 130)
  • ... an seiner 43. Jahresklippe - einer er gefährlichsten Klippen im Dasein gewisser Männer. (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 312)
  • Reinhard Jirgl zeigt in "Die Stille" eine interessante Parallele, nämlich die Rente als Phase des Ledigseins von Pflichten als "zweite Kinderzeit" zu begreifen.
  • Schon Goethe sagte, daß die Fünfzig im Leben eines Mannes ein Datum von besonderer Bedeutung sei. Man zieht Bilanz, hält Rückschau, blickt auf das Erreichte, bedenkt das zu Erreichende. Die Periode des Sturm und Drang ist vorüber, man hat seinen Platz im Leben gefunden. Fortan ist, wie mein verehrter Lehrer Sauerbruch zu sagen pflegte, mit kontinuierlicher Zunahme nur bei einem Organ zu rechnen: der Vorsteherdrüse. (Uwe Tellkamp: Der Turm)
  • ... daß Frau Zobel inzwischen in einem Alter ist, in dem die Jahre doppelt zählen. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 94)
  • ... spricht er über das gehässigste Laster des Alters, den Geiz. (Günter Grass: Grimms Wörter, S. 262)
  • ... zählt er auf, was alles seit Cicero an Beiwörtern dem Greis anhängt: mürrisch ist er, grämlich, eigensinnig, ableibig. Er gilt als Knicker, Erbsenzähler, als betrübte Hausunke. Beweisführend zitiert er Hans Sachs: "verzehren die zeit einsam wie ein unk." (Günter Grass: Grimms Wörter)
  • Es müßte nur glückliche Menschen geben, alle Voraussetzungen dazu sind da, aber es gibt nur unglückliche. Wir begreifen das erst spät. Solange wir jung sind und uns nichts weh tut, glauben wir nicht nur an das ewige Leben, wir haben es. (Thomas Bernhard: Beton, S. 151)
  • "Wie alt warst du da eigentlich? Jedenfalls warst du ein Kind, das noch von nichts eine Ahnung hat." Die ewige Unterschätzung dessen, was ein Kind in den ersten Lebensjahren imstande ist aufzunehmen und zu behalten und zu lebenslanger Nostalgie oder lebenslangem Groll erstarren zu lassen. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 316)
  • Sein Vater, ein Mann von sechzig Jahren, kleiner als Hugh und auch fülliger, war seit dem dem nur wenig zurückliegenden Tod seiner Frau unappetitlich gealtert; von seinen Sachen ging ein charakteristischer schwacher, aber unverwechselbarer Geruch aus. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 18)
  • ...da noch um sie der Zauber knospender Jugend wehte... (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)
  • Wo ist der Punkt zu finden, in dem ein Mädchen, das sich durch irgendeine Eigentümlichkeit im Leben festgestellt hat, plötzlich sich selbst sagen soll: "Ich bin nicht mehr das, was ich war; die Farben, in die ich mich sonst putzte, sind frisch und jugendlich geblieben, aber mein Antlitz ist verbleicht!" Darum - man dulde! - man ertrage! (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 21)
  • Altersheim, Niederlassung des Jenseits. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 450)
  • Uwe war zwanzig, als er das Meer zum erstenmal sah. Mit zwanzig war das Meer unendlich. Mit dreißig hatte es Ufer. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 112)
  • "Jetzt ist's zu spät; ihr Leben ist vorbei." Sie sagte das mit der kaltblütigen Gelassenheit alter Leute, wenn sie Erde auf das Grab junger Hoffnungen werfen. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 203)
  • Das Altwerden hat viele Nachteile, aber es gibt die Entschädigung (neben einer ganzen Reihe von anderen, wie wir zugeben wollen), daß es uns zuweilen den Ausgang gewisser Ereignisse sehen läßt, deren Zeuge wir vor langen Jahren gewesen sind. Wir hatten längst die Hoffnung aufgegeben, das Ende der Geschichte je zu erfahren, und dann, wenn wir es am wenigsten erwarten, wird es uns auf dem Tablett serviert. (W. Somerset Maugham: Vor der Party. Erzählungen, S. 13)
  • "Sagen hilft in meinem Alter nichts, du mußt es mir schon schriftlich geben." (David Lodge: Wie bitte? S. 35)
  • Marshall McLuhan hat irgendwo gesagt (McLuhan - mein Gott, daran merkt man, wie alt ich bin!) (David Lodge: Wie bitte? S. 35)
  • Ob das zwangsläufig so sein muß, fragte sich der Sohn, daß man im Alter das Interesse an Neuem verliert? Überfordert das ältere Menschen, macht es ihnen Angst? Er fand das schade, gerade wenn Zeit wäre, die Neugier zu befriedigen, scheint sie zu schwinden. (Anonymus: Wohin mit Vater? Ein Sohn verzweifel am Pflegesystem, S. 42)
  • Die Leute zeigen (vor allem wenn sie sechszehn Jahre alt sind) eine natürliche Nachsicht der Schönheit und eine chronische Reizbarkeit der intellektuellen Anstrengung gegenüber. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 195)
  • In der Zwischenzeit habe ich das Alter erreicht, in dem man entsetzt die rasche Vermehrung von Freunden und Mitschülern erlebt, die nichts anderes können, als sich ihrer brillanten Masturbation-Happenings zu rühmen. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 62)
  • Sie kam bereits in die Jahre, in denen eine lange Reise nach einem Monat intensiver Arbeit in einem anstrengenden Klima einen nicht gerade schöner macht. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 168)
  • Es heißt, je älter man wird, desto besser erinnert man sich an seine ersten Jahre. Eine der vielen Panzerfallen, die da vor uns liegen: die Rache der Senilität. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 13)
  • Vielleicht, denkt Philipp, ist das hervorragendste Merkmal des Erwachsenenwerdens, daß man systematisch die Zuversicht verliert, das Blatt könne sich jeden Moment zum Guten wenden. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 377)
  • Es gibt kein klareres Zeichen für strotzende Gesundheit als die Orientierung an hochgesteckten, phantastischen Idealen; die Sterne vom Himmel holen wollen wie im ersten Überschwang der Jugend. (Gilbert Keith Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit, S. 17)
  • Lepra des Alterns. (Brian Moore: Hetzjagd, S. 197)
  • ... spätpubertäre Noch-Unausgesöhntheit mit den Fakten.(Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 39)
  • Sie war jung - in Leanders Augen noch ein Kind -, nicht hübsch, doch in der vollen Blüte ihrer Jugend, deshalb spielte das keine Rolle. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 82)
  • Sehr alte Menschen leben zwei Leben. Im ersten Leben husten sie, gehen gebeugt, seufzen: ach, ach, ach! Im anderen, dem Augenklappenleben, tratschen sie mit Brennesseln über die Nachbarn, halten sich für einen Sheriff und verlieben sich in Verandastühle oder Bienen. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 37)
  • Wir saßen an den Maschinen und spielten Polizeimotorrad, Rennmotorrad, Militärmotorrad, Gangstermotorrad. Wir spielten begeistert, ich vergaß die Brücke über uns, und doch glaube ich, daß in jenem Sommer erste Zweifel aufkamen, ob der Hauptzweck im Leben das Spielen ist. (Dirk Kurbjuweit: Zweier ohne, S. 24)
  • Beim ersten Unfall hat Maman mich erst mal gehaßt, bevor sie mich liebte. Das war meine Geburt. (Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 9)
  • Das Schweigen, das einen umgibt, ist eine der schlimmen Qualen des Alters. (Nagib Machfus: Zuckergäßchen)
  • "Siebenundzwanzig", sagte Kelly, als sei das das äußerste Ende der Jugend. (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 32)
  • Ab dem Alter von vierzig Jahren läßt sich das Grundprinzip des Lebens mit einem einzigen Begriff zusammenfassen: Entsagung. (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 110)
  • Erstaunlich, wie falsch ich mit all meinen Vorstellungen gelegen hatte. Daß man die tiefe Ruhe, nicht mehr als Sexualobjekt zur Verfügung stehen zu müssen, irgendwann genießt, war mir nicht klar gewesen. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 184)
  • Heute denke ich, die Jahre zwischen dreißig und vierzig hätten die besten sein können, wenn ich um ihre Einmaligkeit gewußt hätte, wenn ich nur gewußt hätte, was ich heute weiß. wie es sich anfühlt, die Erkenntnis des Verfalls, der Endlichkeit, wie es einen müde macht, die Albernheit zu verstehen, unsichtbar zu werden, auch für sich selber. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 66)
  • Seit ich über dreißig war, hatte ich alte Menschen beneidet. Um ihre Rente und die Entspanntheit, nicht mehr unbedingt etwas mit dem Leben anfangen zu müssen, und vor allem um ihre Unsichtbarkeit. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 71)
  • Sowie mein Gehirn Affenkapazität erreichte, nach den ersten Gemüsejahren... (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 64)
  • Die Zeit nach der Jugend verbringt man in der Hoffnung, daß sich die starken Gefühle wiederholen, und man versucht Geld zu machen und sich die Erregung zu kaufen, und irgendwann noch nicht einmal das mehr, denn zu deutlich ist der Ersatzgeschmack. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 54.)
  • Nicht wir sind anders geworden. Wir sind nur jung. Anders geworden sind die albernen alternden Menschen von heute, die um jeden Preis jung sein müssen. (John Fowles: Der Sammler, S. 221)
  • ... als sei er ein alter Mann, auf den die Krankheit, die richtige, die einen für den Rest des Lebens schwächt, an der nächsten Ecke lauert. (Georges Simenon: Maigret amüsiert sich)
  • Lautes Schmatzen wies darauf hin: Irgendwie kämpfte das Gebiß des Hausherrn einen eigenen Kampf mit der Obsttorte. Dabei tropfte auch Speichel. (Gerhard Köpf: Ein alter Herr, S. 27)
  • Sie hat ein Taschentuch in der Hand und wischt damit die Haut unter meinen Augen ab. Offenbar sind Tränen aus meinen Augen gelaufen. Man fängt überall an zu lecken, wenn man alt wird. (Remco Campert: Das Herz aus Seide, S. 87)
  • Wenn man älter ist, lebt man das Leben nicht mehr mit, man nährt sich nur noch von Erinnerungen, wir sind wie abgesandte Briefe: wir werden nicht mehr weiterbefördert, wir sind angekommen. (Knut Hamsun: Gedämpftes Saitenspiel, S.16)
  • Immer wieder findet sich erneut eine törichte Jugend, die die alte Platte auflegt. Und immer wieder bildet sie sich ein, weiß Gott was Neues zu tun! (Karel Capek: Der Räuber)
  • Ehe ich das siebente Jahr völlig überlebte, erzeigte sich schon, was aus mir werden wollte, dann was zur Nessel werden soll, brennt beizeiten. (Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, S. 370)
  • 8. Juli 1984: Hitzewelle. Mit 84 Jahren ist es, als begänne der Organismus in einer Pökellage zu zerfallen.(Sandor Marai: Tagebücher 1984-1989)
  • ...im sogenannten Mutterleib, der ersten Welt, in der ich selig herumschwamm. (...) Der Bauch, die Mutter aller Swimmingpools. (Arnold Stadler: Sehnsucht. Versuch über das erste Mal, S. 89)
  • "Wenn eine gute Fee käme und du dir ein beliebiges Alter aussuchen könntest, welches würdest du wählen?" (Silvia Bovenschen: Älter werden, S. 25)
  • "geräumige Zukunft" (Silvia Bovenschen: Älter werden, S. 26)
  • Träume kennen kein Lebensalter. (Remco Campert: Das Herz aus Seide, S. 129)
  • Jedes Leben hat seine Geheimnisse, und die müssen gewahrt werden. Doch je älter man wird und je weniger man zu verlieren hat, desto uneinsehbarer wird es, warum man sie eigentlich wahrt, so daß man sie genauso gut erzählen kann. (Harry Mulisch: Augenstern, S. 9)


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