Navigation

Rubriken

Themenstreusel (7)

Familienbande

  • Die Eltern bekommen ihre Kinder immer als ein unheilbares Geschwür, das sie auf Lebenszeit verunstaltet. (Thomas Bernhard: Verstörung)
  • ...daß wir einen Sohn hatten, für den diese Zeit einmal eine ur- und frühgeschichtliche Epoche im Leben seiner Eltern sein würde, aus der Fotos stammten, die uns in einer für ihn irritierenden Weise jung zeigten. (Jochen Schmidt: Zuckersand)
  • ... diese lange Reihe von Müttern und Töchtern hat über Generationen die große und subtile Kunst perfektioniert, sich schweigend mit dem Schicksal abzufinden. (Szczepan Twardoch: Drach)
  • Im neuen Stern klebte Mama zwei Seiten zusammen, die wir nicht sehen sollten. Da wären Fotos vom Vietnamkrieg gewesen, sagte Volker. (Gerhard Henschel: Kindheitsroman)
  • Die Zeiten haben sich gewandelt. Früher hat der Großvater oder die Großmutter dem Enkel die Welt erklärt, das Funktionieren von bestimmten Sachen. Das war über Jahrhunderte so! Heutzutage ist das umgekehrt, der Enkel erklärt dem Großvater, wozu dieses und jenes Teil benötigt wird oder wie man mit dem Smartphone (das sind jene kleinen Computer, mit denen man überraschenderweise auch noch telefonieren kann) umgeht. (Bernd-Lutz Lange: Das gabs früher nicht. Ein Auslaufmodell zieht Bilanz)
  • Kinder (...) schauen ihre Eltern ja kaum an, sie blicken, wenn alles gut gegangen ist, generell wohlwollend in deren Richtung, da irgendwo ist sie, die Mutter, so wie immer kann man mit ihr rechnen, genaues Hinschauen nicht vorgesehen. Die Mutter muss sich die lebensrettenden Blicke eben woanders organisieren. (Annette Pehnt: Briefe an Charley)
  • Walter registrierte den Temperaturanstieg der mütterlichen Gefühle. (Marcia Zuckermann: Mischpoke!)
  • Wenn ich dagegen destruktiv, reizbar oder bockig war, dann definierten mir meine beschämend toleranzgepolsterten Eltern lediglich meinen Zustand ("Ist immer schwierig, Christopher, wenn man erwachsen wird"). Diese Definition war das Äußerste an Vorwurf, was ich aus ihnen herausholen konnte. (Julian Barnes: Metroland)
  • Es gibt nur wenige Familien ohne ein Mitglied, das sie, wenn es der liebe Nachbar gestattete, gerne vergäßen, und sie können sich glücklich preisen, wenn im Laufe von ein oder zwei Generationen seine Streiche einen gewissen romantischen Glanz annehmen. (William Somerset Maugham: Honolulu. Erzählungen)
  • Und daß ich gerne einen richtigen Bruder hätte, weil es das Leben leichter machte, wenn es jemand gab, der es mit einem teilen mußte. Wegen der Blutsbande. Und es nicht nur teilen konnte, wenn ihm gerade danach war. Wie ein Freund. (André Kubiczek: Skizze eines Sommers)
  • ...setzten sich die Erwartungen meiner Mutter an meine Genialität durchaus nicht in entsprechende Schulerfolge um. (Stephan Wackwitz: Die Bilder meiner Mutter)
  • Kinder sind empfänglich für die ästhetischen (und besonders die architektonischen) Atmosphären, in denen sie aufwachsen. (Stephan Wackwitz: Die Bilder meiner Mutter)
  • Die Iserlohner Verzweiflung meiner Mutter war - wenn sie in der Überforderung mit uns Kindern überhaupt noch sprach - statt still eher betäubend laut und schrill. Ihr familiärer Umgangston hatte eine hysterisch-tornadohafte Unberechenbarkeit angenommen... (Stephan Wackwitz: Die Bilder meiner Mutter)
  • Weil alle Eltern und Lehrer in ihren Kindern und Schülern insgeheim ihre Befreier (ihre Erlöser) sehen, hat meine Mutter die Lebensrolle ihres Sohnes als Interpret und Fortsetzer ihrer eigenen Möglichkeiten gesehen. (Stephan Wackwitz: Die Bilder meiner Mutter)
  • Ich wüsste gar nicht, was ich anstellen müsste, um der Frau näherzukommen, die mich auf die Welt gebracht hat. Sie hat mir mein Leben gegeben, ich habe mir ein eigenes daraus gemacht. (Hans Platzgumer: Am Rand)
  • Ich glaube nicht, sie jemals wirklich für jemanden interessiert gesehen zu haben, es sei denn für sich selbst, und für ihre Kinder; denn sie gehört zu jenen Frauen, bei denen die Mutter die Ehefrau um einiges überragt. (Andre Gide: Der Griesgram)
  • Ihrer Mutter sagt Carla, wen sie treffen will. Mutter nickt, Mutter hat gelernt in sechsundvierzig Lebensjahren, daß es nicht nur ja ja gibt und nicht nur nein nein. Und Helga Riesolt hat noch eines gelernt: daß man nicht immerfort raten muß. Denn dann, wenn Rat wirklich nützlich wäre, ist man meist nicht dabei. (Erich Loest: Schattenboxen)
  • "Warum sollen Kinder nicht leiden? Sie müssen leiden. Wie können sie sonst lernen, gut zu sein?" Denn er hatte das Gefühl, daß er zumindest in Dingen des Leidens besser Bescheid wußte als sie und daß sie ohne ihn die beiden Töchter so erziehen würde, wie sie selbst erzogen worden war: für eine Welt, die es nicht gab. (John Updike: Ehepaar)
  • Ich glaube, es macht auch etwas aus, dass nur ein Kind da ist, weil sich dann Kinder und Erwachsene nicht von Natur aus wie zwei Mannschaften gegenüberstehen. (Julian Barnes: Unbefugtes Betreten)
  • Mich erschreckt der Gedanke an diese Tochter-Frau, die ich nicht kenne, die mich nicht kennt, die unversehens von der Nuckelflasche zum Marihuana übergegangen ist. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)
  • Du weißt ja, wie das mit den Briefen von Angehörigen ist: Sie würden uns weniger beunruhigen, wenn sie die Wahrheit erzählten. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)
  • Es war Louise, die ihn lenkte, den Alten an langer Leine, die Kinder an kurzer. (Uwe Johnson: Jahrestage 1)
  • Durch die geschlossene Tür mit seiner Tochter zu sprechen war während ihrer Pubertät eine vielgeübte Praxis. (Stephan Thome: Fliehkräfte)
  • "Ich weiß noch genau", sagt Hartmut, "wie unsere Mutter mir damals nach Amerika geschrieben hat, als du schwanger warst. Eine segensreiche Nachricht, schrieb sie, die Formulierung hab ich nicht vergessen. (...) Ich versuche, in Amerika erwachsen zu werden, und du springst eine Generation weiter, als ob es nichts wäre." (Stephan Thome: Fliehkräfte)
  • Zum Glück gibt es Telefon, E-Mail, Skype, die Technik fürs virtuelle Familienleben. (Stephan Thome: Fliehkräfte)
  • Für Mann und Frau bleiben nach der Tollheit ihrer ersten Stunden die Familie. Die öde Einbahnstraße, die Sack-Gasse nach der Lust: Säuglingsschreie, Muttermilch und Kinderkacke, das käsige Biedermeier von Mittelstandstragödien. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • ... er war kitzlig, wie es die Kinder der Liebe ja sein sollen. (Herman Bang: Exzentrische und stille Existenzen. Erzählungen)
  • Hier lebten er und seine Frau mit ihren Kindern (alle elf Monate ein neues) im halbeuropäischen Stil. (Edward Morgan Forster: Der lilafarbene Brief. Erzählungen)
  • Die Gesellschaft in ihrer überkommenen Weisheit setzt der Kindheit eine Grenze; aus der Elternschaft dagegen gibt es kein Entkommen. Selbst wenn das Kind ein aalglatter Senator von siebzig ist, und der Vater oder die Mutter ein entstelltes Gerippe im Rollstuhl – das Wrack muß sich auch dann noch abplagen mit dem gewichtigen Zepter der Elternschaft. (John Updike: Der Sonntagsmonat)
  • ... daß die jungen Frau im dritten Stock kein Kind austragen kann und schon zwei Fehlgeburten hatte. (...) Sie sind verrückt nach Blumen, ja, alles Gute im Leben ist nicht beisamenn, Trabant, Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher, die Wohnung ein Schmuckkästchen, bloß, wenn andere ein rotes Kreuz in den Kalender machen, dann malen sie ein schwarzen, gewissermaßen. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Ich frage mich, wie ich in diese Familie hineingeboren wurde, vermutlich im Krankenhaus verwechselt, mit dieser Vorstellung halte ich mich aufrecht. (Verena Roßbacher: Schwätzen und Schlachten)
  • Leute mit schwierigem familiären Hintergrund werden im Leben eigentlich immer klatschnass. (Verena Roßbacher: Schwätzen und Schlachten)
  • ... empfand dabei jenen gelinden Schmerz, jene augenblickliche Wehmut, die die plötzliche Abwesenheit von Kindern auslösen kann. (Ian McEwan: Kindeswohl)
  • Persönlicher Haß und Verwandtenliebe sind nicht unvereinbar. (Willa Cather: Lucy Gayheart)
  • "eine ruhig vor sich hin scheiternde Familie" (Wilhelm Genazino: Bei Regen im Saal)
  • Dass ich überwiegend unfreundlich wirkende Erinnerungen an meine Eltern hatte, durfte ich Sonja nicht sagen. Sie war der Meinung, dass sich ein erwachsener Mann mit seinen Eltern ausgesöhnt haben musste, auch wenn die Eltern schrecklich gewesen waren. (Wilhelm Genazino: Bei Regen im Saal)
  • Die Standardregeln und Vorschriften, die das Herz jeder Familienordnung sind... (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Die Menschen geben ungern zu, wie zuwider ihnen die Kinder anderer Menschen sind. (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Wenn Schlump das versorgte Gesicht der Madame Doby sah, dann begriff er ein wenig, was für Qualen der Krieg bereitete in den Herzen derer, die kein Gewehr trugen, die aber ihr Liebstes gefährdet wußten.
  • Das erinnerte ihn an einen Zug des Vaters, mit dem er nie zurechtgekommen war, die geltungsheischende Bescheidwisserei, die lückenlos über das Sein und das Sollen belehrte, ohne zu respektieren, dass der Mensch beim Belehrtwerden auch Zeit zum Atemholen benötigt. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Glück gab es für meinen Vater nur in zwei Formen. Beide schienen in seinem Leben keine Rolle zu spielen, dafür in meinem eine umso größere. Glück war entweder etwas, das ich besaß, ohne es zu würdigen, was ihm das Recht gab, mich darüber zu belehren. Oder ich besaß es nicht, was ihm das Recht gab, es für mich zu erzwingen. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Während mein Vater mich zu Interesse und Enthusiasmus drängte, zupfte ich an seiner Hose. Es war mit Händen zu greifen, wie sehr er sich wünschte, ich würde auf diesen alten Mann einen guten Eindruck machen. Stattdessen verhielt ich mich wie ein Kind, von dem man erwartet, dass es einen guten Eindruck macht. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Väter sind rätselhafte Wesen, die etwas von einem wollen, wo man doch eigentlich etwas von ihnen will. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Nach dem Krieg herrschte die idyllische Vorstellung, daß eine Frau dem Leben die Krone aufsetzt, wenn sie einen Jungen und ein Mädchen zur Welt bringt. (Peter Sloterdijk)
  • Dass er der Vater meines einzigen Kindes war, sah ich als eine emotionsfreie Tatsache an, der ich nur für den Fall einer eines Tages vielleicht notwendigen Knochenmark- oder Organspende für meine Tochter Bedeutung zumaß. (Monika Maron; Zwischenspiel)
  • Die letzte konturierte Gestalt am Rande familiengeschichtlichen Dunkels. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Langsam versickerte ihre Wut, ließ eine Kruste aus Unzufriedenheit zurück und die Frage, warum Mütter es einem immer so schwer machen müssen, die Dankbarkeit auch zu empfinden, die man ihnen schuldet. (Stephan Thome: Grenzgang)
  • "Sie haben keine Kinder, hatten Sie gesagt." "Nein." "Dann wissen Sie auch nicht, wie anstrengend das manchmal sein kann. Kinder wollen das, was sie wollen, immer ein bisschen mehr, als ihre Eltern es nicht wollen, verstehen Sie?" (Stephan Thome: Grenzgang)
  • ... dieses alltägliche Pasticcio aus Unordnung, Geschrei, Fieberzäpfchen, Fischstäbchen, Brechdurchfall, Sand auf dem Sofa, Lego im Bad, nutellaverschmierten Handtüchern. (Eva Menasse: Quasikristalle)
  • Ihrer Mutter rutschte mehrmals die Hand aus, wie man die Ohrfeigen damals nannte... (Eva Menasse: Quasikristalle)
  • Manchmal habe ich solche "Krankheiten" erfunden, nur um von meiner Mutter betreut zu werden und um jene Speisen zu bekommen, die ich sehr gerne aß. Dafür nahm ich auch zwei Stunden Schwitzen in Kauf, denn es schien mir, die Eltern seien zu einem Kind erst dann richtig gut, wenn es krank ist. (Ernst Glaeser: Jahrgang 1902)
  • Mutter tat bereitwillig den ganzen Tag, was Mütter leisten müssen: freundliches Locken, sanftes Drohen, besser bekannt unter dem Namen "Erziehung". (Sten Nadolny: Weitlings Sommerfrische)
  • "Und vielleicht wirst du eines Tages lernen, deine Blagen zu lieben", merkte Cordelia an. "Ich wünschte wirklich, ich hätte dir nicht erzählt, was ich für die Kinder empfinde. Ich liebe sie schon, auf eine absrakte Weise. Nur mit ihrer physischen Anwesenheit komme ich nicht klar." (Sue Townsend: Queen Camilla, S. 158)
  • Sie müssen jetzt nicht denken, meine Eltern wären diese klassischen ehrgeizigen Tenniseltern, die ihre Kinder schon als Baby an einen Tennisschläger festgebunden haben und eine Aktiengesellschaft gründen, bloß weil ihr Sohn oder ihre Tochter ein bißchen Talent hat. (Günter Ohnemus: Der Tiger auf deiner Schulter, S. 54)
  • Es ging uns so gut, daß Papa in jedem Jahr Familienfotos knipsen ließ und diese, wie Kunstwerke gerahmt, an die Wendeltreppe zum ersten Stock nageln ieß. Wir waren, glaube ich, tatsächlich eine Art symbolbefrachtetes Kunstwerk für ihn, und wenn eines von uns Kindern sich nicht kunstgerecht gebärden wollte, tadelte er es mehr aus ästhetischen denn aus pädagogischen Motiven. (Helmut Krausser: Eros, S. 17)
  • Meine Mum gehörte zu den Müttern, bei denen man sich freut, daß sie so nahe wohnen. Vor allem deshalb, weil sie dann nie über Nacht bleiben. Ich liebe sie innig, aber nur fein dosiert. Eine Tasse Tee hier, ein Abendessen dort - und natürlich so viele Babysitten, wie ich aus ihr herausquetschen konnte. (Jasper Fforde: Irgendwo ganz anders, S. 24)
  • Wo andere sich vor lauter Großeltern nicht retten können, da riß in meinem Falle der genealogische Faden schon nach der Elterngeneration. (Hans-Ulrich Treichel: Anatolin)
  • "Die meisten Leute warten mit einer Mischung aus überwältigender Traurigkeit und Plänen für einen neuen Swimmingpool darauf, daß ihre Eltern sterben". (Edward St. Aubyn: Muttermilch, S. 41)
  • Mein Vater in seiner Eigenschaft als Erzieher und Spielverderber. (A.F.Th. van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit)
  • Wir glauben, der Zweck eines Kindes sei es, groß zu werden, denn schließlich wird es ja groß. Dabei ist der Zweck eines Kindes zu spielen, sich zu freuen, ein Kind zu sein. Wenn wir uns nur auf das Ende des Prozesses konzentrieren, dann ist der Zweck des Lebens der Tod. (Alexander Herzen)
  • Als wir Kinder waren, bekam er gelegentlich einen väterlichen Anfall, weil meine Mutter beim Arzt im Wartezimmer Zeitschriften las, in denen stand, daß Väter gelegentlich etwas mit ihren Kindern unternehmen sollten. (Birgit Vanderbeke: Das läßt sich ändern,S. 8)
  • Meine Eltern? Sie waren eben Eltern. (Philip Roth: Das sterbende Tier, S. 75)
  • Offenbar war keineswegs allgemein bekannt, daß Kinder am liebsten in Ruhe gelassen wurden. (Ian McEwan: Abbitte)
  • Ein Kind - das ist, als hättest du dein Herz nach draußen verlegt. Du bist hier, und dein Herz schlägt dort. (Michail Schischkin: Venushaar)
  • ... ist mir wieder einmal aufgegangen, wie leicht man Kinder unterschätzt. (Alois Brandstetter: Die Burg)
  • Ich bin natürlich ein ganz inkonsequenter Vater. Wer wie ich seine Kinder liebt, ist dies notwendigerweise. (Alois Brandstetter: Die Burg)
  • Sie sei ein "Qualitäts"-Kind gewesen, hatten er und Maureen gescherzt, selten krank, nie verletzt, das perfekte Kind zum Üben. Sie hatten die Absicht gehabt, mehr Kinder in die Welt zu setzen, aber der Konsens der Fünfziger ging rings um sie in die Brüche, als mühelose Verhütung und ein neuer Hedonismus Einzug hielten.(John Updike: Die Tränen meines Vaters, S. 326)
  • Emily und Victoria, seine Nachkommen, seine Billets zu genetischem Fortbestehen... (John Updike: Die Tränen meines Vaters)
  • Überdies hätte er Alice schon ganz gerne durch den Zoo geführt; es war ein Ort, wo selbst dem linkischsten Elternteil nichts danebengehen konnte. (Julian Barnes: Als sie mich noch nicht kannte, S. 157)
  • "Meine alte Ma ist eine Despotin - der reinste Mühlstein in meinem Dasein!" (Muriel Spark: Die Junggesellen, S. 127)
  • Er hieß Cäsar, nach dem früh verstorbenen Bruder seiner Mutter. Es schien, daß dieser Name den Knaben beschwerte, ihm Aufgaben stellte, für die er nicht geboren war. Er mußte entweder ein Genie sein oder ein Hund. Wer war imstande, mit solch einem Namen seinen Eltern Freude zu bereiten? (Joseph Roth: Zipper und sein Vater, S. 436)
  • Schade, daß man seine Eltern erst kennt, wenn sie zu altern beginnen, und so nie erfährt, was sie zu Menschen gemacht hat. (Julien Green: Der andere Schlaf, S. 43)
  • Allem Familiärem eignet Dämonie und nirgends schlottern die Lemuren offenkundiger als im liebtrauten Heime. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Ein an Widerwillen grenzendes Gefühl der Abneigung gegen kompliziertere Lebensverhältnisse, wie sie eben durch Ehe und Kinderaufzucht mit dem ganzen Drum und Dran eines familiären Haushaltes und mit all seinen Vesorgungen und Angelegenheiten entstehen. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Wenn sich, wie eine Unesco-Untersuchung belegt, in den entwickelten Ländern der Durchschnittsvater täglich nur acht Minuten Zeit für seine Kinder nimmt, dann kann man nur mit schlechtem Gewissen von einer hochentwickelten Gesellschaft sprechen. (Karlheinz A. Geißler: Vom Tempo der Welt. Am Ende der Uhrzeit)
  • Sind sie sich eigentlich bewußt, die, die wirklich Kinder haben, daß da dieses banale Wunder von der Erneuerung der Welt geschieht? (Pierre Péju: Die kleine Kartäuserin, S. 163)
  • ...im-Fernsehn Pollietiker faseln hört vom an-Reiz zur Kindermacherei durch Rammelprämje: 150-Euro=Wunsch Kind - stelldirmalvor, !was das fürne Baggasche sein muß, die wegen 150 Euro tat=sächlich Kinder ..... macht : Gewiß !nicht der-Menschheit bester Teil. Früher Kanonenfutter, heute Kassenfutter. (Reinhard Jirgl: Die Stille)
  • Dieses Album nurmehr ansehen wie 1 aus Kinderzeiten übriggebliebenes Kleidungsstück, mit dessen Aufbewahren ältere Verwandte die in-die-Jahre geschossenen Kinder verbissen an deren einstiges Kindsein unentrinnbar fesseln wollen. (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 17)
  • ... habe mich flüchtig gefragt, wann eigentlich das Zentrum der Schonung sich von den Kindern auf die Eltern verlagert. (Christa Wolf: Störfall, S. 105)
  • Albert wunderte sich über die Feigheit seines Vaters, die derart subtil war, daß das poröse Gemüt des Jungen sie unbemerkt aufsaugen und als Baustoff für sein eigenes Leben einlagern konnte. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 152)
  • Eltern sind den Kindern näher als Kinder den Eltern. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 609)
  • Kinderaufzucht verlangt strenge, Erwachsenennaturen normalerweise zuwiderlaufende Ordnung. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz)
  • Er sprach über das merkwürdige Verhältnis von Distanz und Nähe zwischen Eltern und Kindern. Daß Erwachsenwerden von den Eltern, aus deren Obhut, aus deren Fürsorge, aus deren Wohnung, aus deren finanzieler Unterstützung. Sich immer weiter entfernen, das ist Erwachsensein. (Anonymus: Wohin mit Vater? Ein Sohn verzweifelt am Pflegesystem, S. 116)
  • Seine Familie erinnerte ihn an etwas, das er selber war, ohne es sein zu wollen. (John von Düffel: Houwelandt, S. 253)
  • Thomas hielt sich selbst für keinen sonderlich guten Vater. Wenn Kinder - wie Beate ihm ständig vorgehalten hatte - vor allem Ordnung und Verläßlichkeit brauchten, dann war er der falsche Mann, obwohl er nicht einsah, wie eine von Stabilität geprägte Erziehung die Kinder aufs wirkliche Leben vorbereiten sollte, das nach seinen einschlägigen Erfahrungen höchst instabil war. (John von Düffel: Houwelandt, S. 107)
  • Immer, wenn Beate ihren Erziehungskoller bekam und andere Saiten aufziehen wollte, hatte er den Jungen bei der Hand genommen und war mit ihm durch den Park gelaufen. (John von Düffel: Houwelandt, S. 13)
  • Er sieht auch ein, daß zutrifft, womit ein Arbeitskollege ihn unlängst trösten wollte, nämlich daß es nicht ganz einfach ist, ein siebzehnjähriges Mädchen für sich zu gewinnen, wenn man das Unglück hat, ihr Vater zu sein. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 290)
  • Daß Kinder um sieben ins Bett gehören, ist eine Erfindung des Biedermeier. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 223)
  • Konzentration, Koordination, Kooperation, die drei Geheimnisse der Hausfrau und Mutter. (Walter Vogt: Altern, S. 50)
  • "Kinder haben ist ein Glück", sagte er, "für das man in Raten bezahlt.. und man weiß bei keiner, ob der da droben schon zufrieden gestellt ist." (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)
  • ... daß es um die Welt vielleicht besser stünde, wenn die Eltern öfter von den Erfahrungen ihrer Kinder lernten, statt zu verlangen, daß diese sich ihrer Altersweisheit anbequemten. (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)
  • Von seiner Erziehung sollte ein Kind später sagen können: Wenn ich das überlebt habe, kann ich alles überstehen. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 169)
  • Meine Mutter ist übrigens eine ziemlich blöde Kuh, Herr Dr. Buddenberg, das habe ich erst spät bemerkt. Sie gehört zu den Millionen Frauen, die zum Leben nicht viel mehr beitragen als die unablässige stumme Aufforderung, daß für sie gesorgt werden muß. (Wilhelm Genazino: Falsche Jahre)
  • Wer in die Geheimnisse, die sich zwischen Eltern und Kindern ereignen, hineinsieht, der muß sich entsetzen, schwindeln und zurückfallen; denn es sind Geheimnisse schwärzester Bosheit, welche die Kinder begehen und so im Finstern, in die Pest hineinschleichen. (Johann Friedrich Mayer)
  • Meine Eltern sind gestorben. Jetzt muß ich keine Angst mehr haben, daß meine Eltern sterben. (Michael Schulte: Zitroneneis, S. 215)
  • Wenn wir es den Eltern schwer machen, wird etwas aus uns, sagte er. Gerade diese sogenannten schwierigen Kinder werden etwas. Und gerade sie lieben ihre Eltern über alles, mehr als alle anderen. Aber das verstehen die Eltern nicht. (Thomas Bernhard: Ein Kind, S. 54)
  • Im Grunde genommen, welch ein Segen, zu sterben und seine Kinder nicht länger mit der Vatergestalt zu quälen. (John Updike: Ehepaar, S. 270)
  • "Haben Sie keine Kinder, Mrs. Green?" "Nein, leider nicht." "Dann ist das Leben in dieser Hinsicht an Ihnen vorbeigegangen." (Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung, S. 67)
  • Er sah ihre Gesichter, faltige Mienen der Zärtlichkeit und Sorge. Es war das Altern; ihr Wesen blieb, während die Körper dahinwelkten. Er fühlte das Drängen schwindender Zeit, unerledigter Dinge. Es gab Gespräche, die er noch nicht mit ihnen geführt hatte, von denen er immer glaubte, es sei noch Zeit dafür. (Ian McEwan: Ein Kind unserer Zeit, S. 70)
  • Für die reichen Leute wären die Kinder, von denen sie nie mehr als eins oder zwei hätten, ein hübsches Spielzeug, für die Armen aber, die wie Sand am Meere davon hätten, wären sie wie ein Schwarm Mücken, die den Eltern das Blut austränken. (Ricarda Huch: Aus der Triumphgasse, S. 53)
  • Je länger ich lebe, desto mehr fühle ich mich zu der Annahme berechtigt, daß aus der Erziehung stammende Vorurteile niemals ganz beseitigt werden können, mögen sie auch als noch so irrsinnig und absurd erfunden werden. (Tobias G. Smollet: Humphry Clinkers denkwürdige Reise, S. 397)
  • Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß. Es ist unmöglich, sie verlangen immer das Unmögliche. (Friedrich Christian Delius: Adenauerplatz, S. 83)
  • Später, als ich heranwuchs, bekam ich, was die Erwachsenen einen 'praktischen Sinn fürs Leben' nannten, was aber im Grunde der Automatismus der Nutzlosigkeit ist, und ich verlor die Gabe der liebevollen, angstvollen Aufmerksamkeit von Kindern. (Antonio Lobo Antunes: Einblick in die Hölle, S. 48)
  • "Oh, du siehst prima aus", sagte meine Mutter. Sie wollte mein Selbstvertrauen stärken, aber für die Mutter gut auszusehen hieß, daß ganz bestimmt etwas faul war. (David Sedaris: Nachtprogramm, S. 85)
  • Er war seiner Natur nach Junggeselle und hatte zu Unrecht einen Sohn. Auch ich bin der Natur nach Junggeselle und würde ebensowenig ein Kind lieben, wie mein Vater mich geliebt hat. (Franz Werfel: Der Abituriententag, S. 65)

Musik

  • ...das aufgeschlagene Liederbuch auf der Kommode, um mich einmal mit den zweiten Strophen unserer Volkslieder vertraut zu machen. (Jochen Schmidt: Zuckersand)
  • [Neue Musik] ...flüchtige Missklangsgirlande eines unserer verwegensten Neuerer. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Über all dem lagen das unvermeidliche rhythmische Genöle elektrisch verstärkter Countrymusik. (T.C. Boyle: Grün ist die Hoffnung)
  • "Ich habe ihn mir angesehen. Anläßlich eines Konzerts." "Und seine Musik. Was ist davon zu halten?" "Fragen Sie mich etwas Leichteres. Mein Gehör ist eine kleine Wand, an der alles abprallt, was nach Mahler kommt." (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • Es ist ja alles andere als blasphemisch, wenn man den Fangesang in die Nähe des Kirchenliedes rückt. Denn beide sind so viel mehr als nur ein Ausdruck - einer Stimmung, eines Glaubens, einer Wahrheit -, es sind Handlungen: Taten, die etwas zum Guten bewirken sollen. Beide haben einen Adressaten, von dessen Geschick das eigene Wohlergehen nicht unerheblich abhängt. (Per Leo: Flut und Boden)
  • In diesen Krach hinein erklang irgendwo von oben, wie vom Himmel herab, eine auf dem Klavier gespielte Fuge von Bach. Offenbar hatte jemand im obersten Stock ein Fenster geöffnet und die Musik so laut wie möglich aufgedreht, um die strenge Schönheit Bachs als drohende Warnung gegen eine Welt ins Feld zu schicken, die vom richtigen Weg abgewichen war. (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)
  • Sobald er Musik hörte, traute er sich wieder etwas zu. Musik ist das Gegenteil von im eigenen Saft schmoren. (Martin Walser: Die Verteidigung der Kindheit, S. 46)
  • Er hörte eine Bach-Motette, die er sofort sehr laut stellte. Warum saß er niemals frisch gebadet und ordentlich gekleidet in enem Orgelkonzert? Ein singender Chor machte alle Menschen vorübergehend dem Unglück abspenstig und hob sie ein Stück empor. (Wilhelm Genazino: Fremde Kämpfe, S. 213)
  • Mir fiel ein Stockhausen-Konzert ein, das ich mit ihr besucht hatte, eine schlecht angerührte Komposition, für die auch die tapferen Musier keine Bindemittel gefunden hatten. (Michael Krüger: Die Cellospielerin, S. 17)
  • Dann formulierte er die Bemerkung, die Aufforderung, an niemanden im besonderen gerichtet, deren prophetische Kraft, schön und schrecklich, er unmöglich hatte vorausahnen können. Wer über Musik spricht, spricht nun mal auf Umwegen. "Don't play the notes", sagte er freundlich, "just humanize them." (Margriet de Moor: Kreutzersonate, S. 47)
  • Zum Bolero möchte ich mich bewegen, bewegen, sagte ich, zumindest bewegen. Höre ich den Boleroaber in einem Konzert, komme ich mir wie gewaltsam festgeschraubt vor, als handelt es sich um ein peinliches Ausharren- und Zuhören-Müssen, als werde man gezwungen, dem Liebesakt eines schönen Paares beizuwohnen, ohne sich auch nur räuspern zu dürfen. (Hanns-Josef Ortheil: Lo und Lu, S. 122)
  • Ich wußte nicht, was mir fehlte, und hatte keine Ahnung, was mir helfen konnte; nur Musik linderte meine rätselhaften Leiden, besonders die von denFreunden so geschmähte klassische Musik - jede Droge war doch nur ein Destilat aus Beethovens "Kreuzersonate". (Ralf Rothmann: Stier, S. 82)
  • Für mein Londoner Debut standen Strauss' Metamorphosen und Bruckners Neunte auf dem Programm. Entrückungsmusik, mit mehr als einem Bein im Jenseits. (Helmut Krausser: UC, S. 14)
  • "Also, Geige finde ich gräßlich", rief die Alte. "Wie ein Mensch daran Gefallen finden kann, daß jemand mit Haaren aus einem Pferdeschwanz auf Därmen von toten Katzen herumkratzt, bleibt mir ewig ein Rätsel." (William S. Maugham: Oben in der Villa, S. 22)
  • Er verstand meisterhaft, beim Anhören von Musik unsäglich unglücklich zu sein. (Robert Walser: Die Räuber, S. 15)
  • Für meinen Vater war die Freude an der Musik stets die Freude an einem planvollen Kosmos gewesen - harmonisch, systematisch, komplex: Planeten eines Sonnensystems, die ihre Bahnen in- und umeinander zogen. (Richard Powers: Der Klang der Zeit, S. 550)
  • Notenquetscher = Komponist (Honore de Balzac: Beatrix)
  • Der Graf setzte sich an den Flügel und spielte ein Potpourri jener rührseligen Musik, die bei Cocktailpartys zum Besten gegeben wird und die in ihrer Süßlichkeit so durchschaubar, in ihrer vorgeblichen Leidenschaftlichkeit so kraftlos und süßlich ist, daß sie die Ohren eines wahrhaft Liebenden beleidigen muß. Plötzlich gingen alle Lichter aus. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 267)
  • Wir wandern am Strand entlang in der Hoffnung auf ein Lokal mit Terrasse, von der aus man aufs Meer schauen kann. Noch nie habe ich einen so häßlichen Strand gesehen. Überall Drecksbuden mit dröhnender Musik, die Art von Musik, mit der man einen Bürgerkrieg anfängt. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 182)
  • Oben in der Werkstatt singt Hoftölpel "Love Letters In the Sand". Er hat sie als Single mit Pat Boone, wir hören sie jeden Abend auf dem Plattenspieler im Wohnzimmer, bis Großmutter findet, daß es genug ist. "Wenn ihr die Platte weiter so oft hört, dann habt ihr euch irgendwann zur B-Seite durchgepflügt", sagte Puer. (Iselin C. Hermann: Sommer war es, S. 126)
  • Stuart, da sollte ich dich gleich vorwarnen, ist so ein Mensch, für den Mozarts KV 467 das Elvira-Madigan- Konzert ist. Bei klassischer Musik hat er es am liebsten, wenn er ein paar Streicher hört, die Vögel nachahmen, oder Uhren, oder eine kleine Tschufftschuff- Eisenbahn, die den Berg hoch fährt. Ist das nicht goldig stillos? (Julian Barnes: Darüber reden, S. 30)
  • Das Präludium ist in hoher Fahrt. Bei Bach weiß man nie, ob er es fröhlich meint oder todtraurig. Nur der letzte Akkord, mit dem seine Stücke immer schließen, ist jedesmal positiv wie ein Sonnenaufgang. Man möchte mehr von diesem letzten Akkord haben. (Franz Werfel: ella oder Die Überwinder, S. 11)
  • Er legt Musik auf, eine CD von John Cale. Die humane Spannkraft dieser Stimme hilft ihm seit jeher über die eigene Herzensenge hinweg. (Ralf Rothmann: Feuer brennt nicht, S. 64)
  • Vor kurzem nämlich habe ich eine Nacht lang Mozart gehört, die heitersten, herrlichsten Sachen, und den elthaß trotzdem nicht aus mir herausgebracht und nicht überwunden, im Gegenteil, es hat mir die Musik verdeutlicht, daß Schönheit kein Trost ist. (Markus Werner: Am Hang)
  • Graf Klebelsberg gab bekannt, daß er noch den Erlkönig singe. Wen dieses Lied nicht mitreiße, der dürfe sich getrost im Museum in die Abteilung Pyramidenschrott legen lassen. (Martin Walser: Ein liebender Mann, S. 62)
  • Operette stand auf der Skala der kulturellen Nichtswürdigkeiten bei meiner Mutter nur einen Hauch über dem Schlager, also praktisch am Abgrund der Barbarei. (Birgit Vanderbeke: Das läßt sich ändern, S. 60)
  • ... nach der Feier, bei der sich die ächzende kleine Orgel ein komplettes Requiem zugemutet hatte... (A.F.Th. van der Heijden: Unterm Pflaster der Sumpf)
  • Als wir zurück in den Salon kamen, erklang Schwanensee. Martland hat ein ziemlich schlichtes Gemüt, wahrscheinlich legt er Ravels Bolero auf, wenn er Verkäuferinnen verführt. (Kyril Bonfigliolo: imm das Ding da weg!)

Geschichte

  • Zuviele Neuerungen haben sich im Krieg durchgesetzt, wie die Einwegrasierklinge, weil die Soldaten wegen der Gasmasken glatte Haut brauchten. Dafür ist die Schreibmaschine von Remington nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs entwickelt worden, als man nicht mehr so viele Gewehre loswurde. Ob das stimmt? Ich hoffe, es gibt ein paar Erfinder, die so klug sind, ihre Einfälle für sich zu behalten, was einmal da ist, wird man schwer wieder los. (Jochen Schmidt: Zuckersand)
  • Das waren die zwanziger Jahre, wie gesagt, die Zeit zwischen dem Großen Krieg und der Großen Krise; die Zeit, da erstmals der Glaube um die Welt ging, dass jedermann sich nur komplett aussichtslos verschulden müsse, um unfehlbar Millionär zu werden. (Alex Capus: Das Leben ist gut)
  • ... im Jahre 1973, nach fast drei Vierteln des Jahrhunderts, das ohne Rücksicht auf die Feinheiten von Bestattungsritualen die Leichen verstümmelter Kinder und ihrer verstümmelten Eltern über die ganze Welt verstreut hatte... (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • "Und wer hat nun gewonnen, die Russen oder die Amerikaner?" "Gewonnen? Kriege werden immer verloren, mein Kind." (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Zwei Wochen, nachdem Stoner das Studium abgeschlossen hatte, wurde in Sarajewo Erzherzog Franz Ferdinand von einem serbischen Nationalisten erschossen, und noch vor dem Herbst herrschte überall in Europa Krieg. Für die älteren Studenten war dies ein Thema von drängendem Interesse, da sie sich fragten, welche Rolle Amerika in diesem Krieg zufalle, sodass sie der eigenen Zukunft mit wohliger Verunsicherung entgegensahen. (John Williams: Stoner)
  • Ausländische und speziell französische Filme sind eine Neuerung der Chruschtschow-Ära. Jedermann kennt Louis de Funes und Delon - zehn Jahre später kommt Pierre Richard dazu, ein reizender Mann, der noch heute in den hintersten Winkeln der Ex- Sowjetunion als lebender Gott betrachtet wird und keiner georgischen oder kasachischen Filmproduktion seine Dienste als guest star verweigert. (Emmanuel Carrere: Limonow)
  • Er ist weit weg von zu Hause, und in der Sowjetunion stellt das eher die Regel als die Ausnahme dar: Deportationen, Exilierungen, Massenumsiedlungen - unaufhörlich werden die Leute herumgeschoben, und die Chancen stehen praktisch gleich null, dort, wo man geboren ist, auch zu leben und zu sterben. (Emmanuel Carrere: Limonow)
  • Viele Landschaftselemente haben rein praktische Ursachen: Die Breite der Straßen sollte verhindern, dass die Ackerfrüchte von den Reit-, Zug- und Tragtieren angeknabbert werden, aber auch - wie einmal ausdrücklich bemerkt wird - ermöglichen, dass man Räuber rechtzeitig sah. (Karl Brunner: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters)
  • Merkspruch für 3 der 14 Nothelfer: "'Margareta mit dem Wurm (Drachen), Barbara mit dem Turm, Katharina mit dem Radl, das sind die drei heiligen Madl.' Margareta ist für die Gebärenden, Barbara für die Bergleute und Katharina für Schulen und Gelehrte zuständig." (Karl Brunner: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters)
  • Dumm sind die Welschen, klug die Bayern. Klein ist die Klugheit bei den Welschen, sie haben mehr Dummheit als Klugheit. (Kasseler Glossen, um 810)
  • Die Mächtigen und Reichen haben keinen leichten Zugang zum himmlischen Paradies. (...) Schon die Kirchenväter haben aber den Reichtum differenziert gesehen, und Rather von Verona spricht offen aus: "Wer soll spenden, wenn alle betteln?" (Karl Brunner: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters)
  • Informationen galten im Ersten Weltkrieg als wichtige Waffe - man spricht auch vom ersten Kommunikationskrieg. (Sarah Schaschek)
  • Die Reeser waren im August 1914 in Feierlaune, denn knapp eine Woche zuvor hatte Deutschland Russland den Krieg erklärt, und es herrschte eine nationale Rauflust. Die älteren Männer im Festzelt konnten sich noch an die Schlacht von Sedan erinnern, sie erzählten mit glühenden Wangen davon und behaupteten, das Deutsche Reich könne Frankreich ungespitzt in den Boden rammen. (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)
  • 1944. Das erste Jahr der Furcht. Vorher war es ein wirklich toller Krieg. (Helmut Krausser: Eros, S. 22)

Verschiedenes

  • Das ist ein großer Vorteil des Gesprächs beim Reiten: jeden Augenblick kann man's durch einen Trab oder einen Galopp abbrechen, und im Sattel hätte man sich vor Sokrates selbst retten können. (George Eliot: Adam Bede)
  • Zu meiner Referendarzeit war das Salär der Referendare noch nicht so üppig wie heutzutage. Das Referendardasein ist jene juristische Zwischenstufe nach dem ersten und vor dem zweiten Examen, eine Art juristischen Kaulquappenexistenz. Man ist zwar schon aus dem Ei geschlüpft, doch noch nicht vollgültiger Frosch. (Herbert Rosendorfer: Die Donnerstage des Oberstaatsanwalts)
  • Manche Gegenstände sind doch imstande, trotz ihrer Banalität etwas Schweres, Verzweifeltes und Endgültiges auszudrücken. (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Ich hatte immer die falschen Kleider an, wenn ich im Garten half, ich wollte entweder heranwehen und in einem Korb Kirschkuchen bringen oder heranstapfen und Unkraut hacken, aber es fiel mir schwer, im Vorfeld die richtige Rolle zu wählen. (Annette Pehnt: Briefe an Charley)
  • "Möge der gegenwärtige Augenblick der schlechteste in unserm Leben sein." (Charles Dickens: Der Raritätenladen)
  • ... das Theater mit den Fingerabdrücken. Bei allem und jedem verlangen sie gleich sämtliche davon. Von beiden Händen. Sogar von den kleinen Fingern. Ist ihr Nationalsport. Ich wundere mich, daß sie nicht auch noch die Zehenabdrücke nehmen. Wußten Sie, daß es ein Argentinier war, der das Zeug erfunden hat? Die sind da drüben ganz versessen darauf. (Sibylle Lewitscharoff: Killmousky)
  • Ich wurde wieder zu einer regelmäßigen Zeitungsleserin. Vor allem die Meinungsseiten faszinierten mich, die Anklagen und Lamentos, die man im Fachjargon, so erfuhr ich, die Warum-nur-Stücke nannte. (Ian McEwan: Honig)
  • Der Trick der Wüste ist, keine Photonen zu sammeln, von denen es hier Milliarden und Abermilliarden zu viele gibt, sondern Feuchtigkeit zu speichern. (John Updike: S.)
  • Bis jetzt wußte ich nicht, wie das heißt und daß es überhaupt einen Ausdruck dafür gibt: Ich gehe zum Zapfhahn und lasse den Nachtwächter ausfließen; das ist jener halbe Liter Bier, der über Nacht in der Leitung zwischen Fass und Ausschank lag und schal geworden ist. (Alex Capus: Das Leben ist gut)
  • "Das Gebetbuch ist wundervoll", sagte sie zu Nancy Riddle. "1928 erschien eine neue Fassung, aber sie wurde vom Parlament verworfen. Da es nun einmal so gekommen ist, finde ich es gut so." "Was hat das Gebetbuch mit dem Parlament zu tun?" "Es fällt groteskerweise unter seine Zuständigkeit." (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten)
  • Sie war verzweifelt wegen ihrer Dicke, verbrachte viel Zeit damit, sich vor jeder Mahlzeit zu fürchten und Entschlüsse zu fassen, was sie essen und was sie stehenlassen sollte, um dann wieder zu Gegenentschlüssen zu kommen. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten)
  • Du wolltest doch wissen, warum es jetzt so oft knallt in den Straßen. Die New York Times hat es dir herausgefunden. Der Regen von gestern abend, das dünne Schneetreiben heute mittag hat ja nicht nur dich am Nacken erwischt, das Wasser lief auch, innig mit dem Tausalz verbunden, in die Kabelschächte, schloß die Leitungen kurz und brachte Gas zum Explodieren. Das war das Geräusch, das die Schachtdeckel machten: Pop. (Uwe Johnson: Jahrestage 2)
  • Beim ersten Gang warf er die Drucksachen vor die Wohnungschwellen. Das ist ein platschendes, hallendes Geräusch, das die Post erst ankündigt. Post ist da für dich, wenn die Tür der Wohnung leise, unter einem sanften Puff erbebt. Dann hat er die echten Briefe zwischen Tür und Rahmen gedrückt, in der Höhe des Schlosses. Dort, verstehst du, sind sie mehr tabu, als die Werbeschriften auf dem Steinfußboden. (Uwe Johnson: Jahrestage 1)
  • Denn Lehrer sein, oder auch Eltern sein, ist nicht wirklich eine Frage der Pädagogik, sondern der Nerven. Zukünftige Lehrer und Eltern sollten sich eigentlich einer Nerven-Prüfung unterziehen müssen. Erst die richtigen Nerven, dann die richtige Erziehung. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • Wie die Markenartikel uns überleben! Nach jedem Krieg sind sie kräftig wieder da. (Uwe Johnson: Jahrestage 1)
  • Wir legten uns in der Futterküche auf Lumpen. Ein paar Stunden später wachten wir auf, weil nebenan im Stall die Kühe brüllten. Karel ging, sie zu melken. Er konnte das. Karel konnte alles. Als er wiederkam, brachte er Milch mit, warme, frische Milch, die er mit Wasser von der Hofpumpe verdünnte, denn Fett zerreißt die Gedärme, wenn man so ausgehungert ist, wie wir waren. (Regina Scheer: Machandel)
  • Von Luxus keine Spur. Nur für Bequemlichkeit war gesorgt, für jenes Alles-zur-Hand-Haben geistig beschäftigter Männer, denen nichts unerträglicher ist, als erst holen, suchen oder gar warten zu müssen. (Theodor Fontane: Vor dem Sturm)
  • Ein Gebäude, hatte er irgendwo gelesen, sei erst fertig, wenn es zur Ruine zerfallen sei. (Peter Stamm: Weit über das Land)
  • Ich weiß noch, wie wir in der fünften Klasse im Kunstunterricht die Aufgabe bekamen, das Auto der Zukunft zu zeichnen, und ausnahmslos alle malten solche eiförmigen, windschlüpfrigen Kisten, wie sie heute überall herumfahren. Das war vor 58 Jahren! Wieso haben die Ingenieure 58 Jahre gebraucht, um Autoformen zu entwickeln, die jedem Fünftklässler innerhalb einer Kunst-Doppelstunde einfallen? (Karen Duve: Macht)
  • Wir ersparen uns das Neubaugebiet, dessen Perversitäten ich fotografiert und der Tante zugeschickt habe. Die kurz geschorenen Rasen, die künstlichen Arrangements von Brunnen, Teichen und exotischen Pflanzengrüppchen. Die sichtbare Hilflosigkeit des ländlichen Bürgertums: Wie man nur so teuer bezahlt so häßlich kann? (Peter Wawerzinek: Schluckspecht)
  • Der Mensch aber vergafft sich immer von neuem in die zweckfreie Schönheit. Im Wilhelm Meister heißt es: "Das Anschauen jedes harmonischen Gegenstandes rührt uns, denn wir fühlen dabei, daß wir nicht ganz in der Fremde sind, und wähnen uns vielmehr jener Heimat näher, nach der unser Bestes, Innerstes ungeduldig hinstrebt." (Thomas Hettche: Pfaueninsel)
  • Wenn einem zum Prahlen und Spaßmachen geschaffenen Menschen Kummer widerfährt, so hat das immer etwas Rührendes. Als würden die dunklen Götter, die das Leben regieren, den Fuß auf ein Gebiet setzen, das die Natur als heiligen Hain vor ihnen verschlossen hält. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Marcus und ich wurden zusammen photografiert; und obgleich an einer Ecke des Films Licht hineingekommen war und der Hintergrund und wir selbst gefährlich schief wirken, zeigt der verblichene, rotbraune Abzug die unbestechliche Genauigkeit, welche die Kamera an jenen Tagen, wo sie noch nicht so leicht lügen konnte, besaß. (L.P. Hartley: The Go-Between)
  • Während der Messe wartete der Peterl entweder in der Sakristei, saß auf einem der hohen Paramentenschränke (fingerdick Staub dort oben - trotzdem war Peterl nie staubig, wenn er herunterkam: Katzen sind schmutzabweisend)... (Herbert Rosendorfer: Der Meister)
  • Es ist ein eigen Ding mit den Tieren; es kommt mir immer vor, als wären sie Verwandlungen der alten Götter, die nun in ihren Leidenschaften fortleben, seitdem ihr Reich unter den Menschen geendet hat. (Achim von Arnim: Neun Novellen)
  • Solltest du Architekt werden, vergiss nie: Das Quadrat ist so weit ganz in Ordnung. Das Rechteck auch. Aber man kann es übertreiben. (Matt Haig: Ich und die Menschen)
  • Eine gute Theorie kann ja durchaus irren. Aber weil sie ein Gefüge ist, das nur hält, wenn ein Gedanke den anderen trägt, ist eine gute Theorie immer schön. Allerdings ist der Genuss des Theoretischen nicht leicht zu haben. Er erfordert Zeit. Wenn es sich zudem um eine widerlegte oder nutzlos gewordene Theorie handelt, ist ihr Studium sogar reiner Luxus. Es ist ein Privileg des Historikers, für solche Genüsse bezahlt zu werden. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Astronomische Anblicke sind nicht nur anspruchsvoll, sie sind auch eifersüchtig. Sie dulden keine anderen Sinneseindrücke neben sich, am allerwenigsten Geräusche. Die Sterne erscheinen als reines Licht in der Stille. Aber wer sie aufmerksam und geduldig betrachtet, der wird sie so schön finden wie sonst nur Musik. (Per Leo: Flut und Boden)


^^