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Themenstreusel (4)

Vom Menschlichen SoSein

  • ...gibt es auch absolute Flegel, die im schlichten Tritt gegen das Schienbein ihres Nächsten überhaupt die einzig mögliche gesellige Verkehrsform sehen. (Hermann Harry Schmitz: Grotesken)
  • Es ist nichts leichter, als in die Alltäglichkeit hineinzuflüchten. (Thomas Bernhard: Verstörung)
  • Die Lächerlichkeit, in der die Menschen aufstehen und sich wieder hinlegen... (Thomas Bernhard: Verstörung)
  • ...eine Handvoll von diesen extrem dicken Amerikanern, die Sonja vor ein paar Tagen einmal traurig und ironisch als jumbo citizens bezeichnet hat. (Günther Ohnemus: Die unglaubliche Reise des Harry Willemer)
  • Jeder hält den Zustand, den die Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens hatte, für den natürlichen, und irgendwann verlieren wir die Fähigkeit, uns über Änderungen zu freuen. (Jochen Schmidt: Zuckersand)
  • Ist es möglich, daß die Sonne so hell und der Mensch so sorglos sein kann? (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Nämlich, daß es Leute, die in allen Dingen, großen und kleinen, auf der Stelle Partei nehmen, die Hülle und Fülle gibt, daß aber der Leute, die im wahrsten Sinne des Wortes 'neutral' zu bleiben vermögen, sehr wenige sind und daß drittens die Namen und Adressen der letzteren überall, mit goldenen Lettern in ein besonderes Buch eingetragen, zum eiligsten öffentlichen Nachschlagen aufzulegen seien. (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • An das Müheloseste wendet sich der Mensch auch in allen großen und kleinen Krisen des Daseins am liebsten, also nicht bloß im Glück und auf der Fahrt durch die Sommertage des Lebens. (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Wenn der Mensch nur nicht immerfort ebenso schlau sein wollte, als er dumm ist! (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • ...weil mich Menschen, deren Arbeit ich ungern gegen meine tauschen würde, immer verunsichern. (Jochen Schmidt: Zuckersand)
  • "Wie gelangt der Mensch zu Ahnungen? Durch Sorge. Ganz einfach. Alle Propheten waren Sorgenmänner, und nur deshalb waren sie Propheten." (Jakob Wassermann: Faber oder die verlorenen Jahre)
  • Zeig mir den großen Menschen, daß ich mich vor ihm beugen kann, aber zeig ihn so, daß ich ihn nicht durch die Brille billiger Schwärmerei sehn muß und in der bengalischen Beleuchtung sattsam bekannter Charitas. (Jakob Wassermann: Faber oder die verlorenen Jahre)
  • Maler mußte sein Wissen vor ihr ausschütten. Er konnte nicht anders, ein Exhibitionist der Bildung... (Max Küng: Wenn du dein Haus verlässt, beginnt das Unglück)
  • Als sie den einen Schuh in die Hände nahm, ging ihr Puls noch immer beschleunigt, während sie den ersten Reality Check vornahm - denn sie wußte aus Erfahrung um die Problematik von den Dingen in den zwei Zuständen, dem Zustand der Vorstellung und jenem der Begegnung in der Wirklichkeit. (Max Küng: Wenn du dein Haus verlässt, beginnt das Unglück)
  • "Sepp sagt, der sei bei der Musik." Reber verstand nicht. "Schwul. Sepp sagt, der sei schwul." (Martin Suter: Elefant) - Diese Umschreibung für Homosexualität kannte ich noch nicht.
  • Wunderliches Haus, wunderliche Vergesellschaftung von Menschen. Eltern, die sich der Herrschaft über ihre Kinder freiwillig entschlugen; Kinder, für die die Worte Gehorsam und Zucht belächelnswerte Schälle waren. Keine Regel, keine Ordnung, kein Maß und Gleichmaß, keine religiöse Bindung und tiefere Pietät, alles nur zufällige Übereinkunft und Sichvertragen nach Laune und Wahl. (Jakob Wassermann: Faber oder die verlorenen Jahre)
  • Es war schon komisch, daß einem der Wert mancher Dinge erst durch die Perspektive, sie zu verlieren, bewußt wurde. (Anne Tyler: Die störrische Braut)
  • ...sein Lächeln, das Lächeln eines Mannes, der genug durchgemacht und erlebt hat, um der Menschheit zynisch gegenüberzutreten. (Meja Mwangi: Rafiki)
  • Das findet man bei vielen großen Geistern. Außerhalb ihres Spezialgebiets sind sie große Kinder. (Hugo Claus: Der Kummer von Belgien)
  • "Es wird immer Führer geben, Hochwürden." "Ja. Immer dieses mimetische Verlangen. Nach der Liebesumarmung eines Führers. Man will bewundern, aufgeputscht werden von Legenden, von dem einen, seligmachenden Mythos. Verstehst du? Weil in dieser Hypnose die Wirklichkeit entgleitet, die Angst betäubt wird." (Hugo Claus: Der Kummer von Belgien)
  • Gesa schätzt die von ihr eingelaufenen Schuhe, sie liebt überhaupt alles, was durch seinen Gebrauch eine Lebensvergehungserfahrung ausdrückt. (Wilhelm Genazino: Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz)
  • Wer etwas hat, wer etwas verbirgt, dem stellen alle Menschen als Feinde nach. Wer aber nichts hat, dem hilft keiner, der geht vor die Hunde. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • ...erklärte sie im Ton leichter Besorgtheit, den sie immer anschlug, wenn sie von ihren eigenen Schwierigkeiten sprach. (Edith Wharton: Der flüchtige Schimmer des Mondes)
  • "Ich hoffe, ich verfüge über genügend gesunden Menschenverstand...", begann sie. "Oh, natürlich: gesunder Menschenverstand; darauf müßt ihr eure Argumentation stützen, egal, wie ihr argumentiert." (Edith Wharton: Der flüchtige Schimmer des Mondes)
  • Er wußte, an welch dünnen Faden die Beliebtheit der Mittelosen hing. (Edith Wharton: Der flüchtige Schimmer des Mondes)
  • Statt der lächerlichen Kategorisierung nach dem Geschlecht sollte man die Menschen lieber in statische und dynamische Naturen einteilen. Das ist ein realer Unterschied, auch wenn ich Ihnen nicht sagen kann, woher er kommt. Wahrscheinlich sind wir geistig-seelisch gesehen zwei völlig verschiedene Gattungen. (Evelyn Waugh: Lust und Laster)
  • Was für ein unreifes, selbstzerstörerisches, überlebtes Übel ist doch der Mensch! Wie unbedeutend und abstoßend ist sein Gehüpfe und Geplappere auf dieser niedrigen Stufe der Evolution! (Evelyn Waugh: Lust und Laster)
  • Die Dialektik aller Liebe ist trüb, obwohl der Völkerapostel in seinem wundervollen Hymnus behauptet, "die Liebe eifere nicht". (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • "Es ist der Lebenskeim, den wir mit uns herumtragen wie unser Skelett; jeder von uns geht unwissentlich schwanger mit einem ersehnten Einfamilienhaus. Es gibt kein Entkommen. Als Individuen existieren wir gar nicht. Alle sind wir potentielle Nestbauer, sind Biber und Ameisen. Woher kommen wir? Was ist Geburt?"
  • Er war wirklich ein Kunstkenner und Historiker von Rang. Wie es die Art aller Eingeweihten ist, brannte er darauf, die Unbelehrten an seinem Wissensborne schwelgen zu lassen. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Es gab für Mila nur einen einzigen Beweggrund: die Furcht. Und diese Furcht war gar nichts Widriges, sondern sogar ein Halt, eine Kraft, die der geistig Zurückgebliebenen zur Lebensfähigkeit verhalf und ihre Arbeitsleistung über das gewöhnliche Maß hinaushob. Aus demselben Grund erliegen sklawische Völker den Diktaturen, ohne sich dabei besonders unwohl zu fühlen. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Sie wollten unauffällig verschwinden und dem Haus nicht mehr zur Last liegen nach diesem schrecklichen Zwischenfall. Gemäß einem unverbrüchlichen Naturgesetz floh alles vor dem Unglück. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Der Mensch besitzt, seiner düsteren Veranlagung gemäß, weit mehr Vorstellungsgabe für das Grausige als für das Wonnige. (Franz Werfel: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd)
  • Man gewöhnt sich leicht an das Glück, an den Erfolg. Dem Scheitern dagegen setzt der menschliche Instinkt unüberwindliche Barrieren der Hoffnung entgegen. Diese Barrieren muß das Gefühl des Unglücks erst eine nach der anderen beseitigen, bevor er zum Herzen des Menschen vordringt, der nach und nach den Feind erkennt, ihn beim Namen nennt und erschrickt. (Irène Némirovsky: Feuer im Herbst)
  • Es heißt manchmal, dass man immer derjenige sei, der man mal werden wird. Woran er überhaupt nicht glaubt. Von allen Personen, die in einem Menschen wohnen, treten nur einige wenige ins Rampenlicht, schlicht und einfach aufgrund mangelnden Raums und mangelnder Zeit im Leben, und welche es sind, weiß man vorher nie. (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Jeder kennt seine Post so ungefähr. Die Post öffnen heißt, seine Selbsterkenntnis öffnen. Kontoauszüge, Steuerbescheide, Strafzettel, Rechnungen... (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • ...daß sie einer dieser schüchternen Menschen war, die, wenn sie vorbereitet waren, eine Sache tapfer meisterten, aber wenn sie kalt erwischt wurden, rasch die Nerven verloren. (J.L. Carr: Ein Monat auf dem Land)
  • Wir aßen schweigend, die chemischen Reaktionen des Körpers auf die Stillung des Hungers ließen den Blick sanft werden, Gesichtsmuskeln kontrahierten und relaxierten, Speichel floss, Schlünde schluckten, Mägen walkten und folgten in stumpfem Gehorsam dem alimentären Imperativ: kauen, schlucken, verdauen. (T.C. Boyle: Grün ist die Hoffnung)
  • Dann wieder dauerte es viele Jahre, ehe ich begriff, daß der Anteil der Arschlöcher gleichmäßig verteilt ist in der Menschheit: Schwarze, Weiße, Gelbe, Arbeiter, Intellektuelle, Frauen, Männer, Alkoholiker, Vegetarier, Dandys und Gammler - die Arschlöcher sind ausgewogen verstreut. Nur bei den Faschisten beträgt die Quote hundert Prozent, bei der CSU ein bißchen weniger. (Michael Schulte: Ich freu mich schon auf die Hölle. Szenen aus meinem Leben)
  • Eine allzu bittere Wirklichkeit akzeptiert man nicht; das Herz wehrt sich dagegen und sondert unablässig Träume ab. (Irène Némirovsky: Feuer im Herbst)
  • Dass Freundschaft die verletzlichste Liebe ist, das ist bekannt. Weglaufen ist hier jederzeit möglich, es hat keine großen Konsequenzen, kein Umzug, keine Scheidungspapiere. (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Gewisse Umstände können den Gastfreundschaft gewährenden Menschen zum Äußersten treiben. (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Stimmt es, dass man sich vor allem in dem sicher ist, was das Verständnis übersteigt? (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Wie konnten die in meinem Herzen hausenden Löwen sich so zähmen lassen? (Margriet de Moor: Mélodie d'amour)
  • Wenn Leute, die geradeheraus sprechen, in diesem Teile der Welt schon selten sind, so dürften solche, die geradeheraus handeln, als noch größere Seltenheiten gelten. (Charles Dickens: Der Raritätenladen)
  • An wen mag ich hier wohl gedacht haben? "Bei gewissen Frühgestörten wurde Angst ausschließlich durch Allmachtsphantasien abgewehrt." (Paulus Hochgatterer: Über die Chirurgie)
  • Schließlich ist man froh, von denjenigen, die einen mögen, die eigenen Schrullen als zusätzliche Gründe, einen zu mögen, vor Augen geführt zu bekommen. (Emmanuel Carrere: Alles ist wahr)
  • ...beteuerten alle, dass es ihnen nicht ums Geld gehe, sondern ums Prinzip, was erfahrungsgemäß viel schlimmer ist als reine Geldgier. Habsucht bleibt berechenbar und macht Kompromisse möglich, verletzte Gefühle dagegen niemals. (Marcia Zuckermann: Mischpoke!)
  • Der Ruhm hatte Max’ Hässlichkeit mit den Jahren in jene sonderbare männliche Attraktivität veredelt, die an unansehnlichen Menschen nur der Erfolg, gepaart mit sehr viel Geld, Pflege und gutem Essen zustande bringt. (Marcia Zuckermann: Mischpoke!)
  • Sie hatten das Profil von Leuten, bei denen auch der ungeschickteste Verkäufer beim Aufhalten der Tür zum eigenen Geschäft weiß, dass er ihnen andrehen kann, was er will. (Emmanuel Carrere: Alles ist wahr)
  • Ich frage mich (...), ob es Positionen im Raum gibt, die Gemütszustände verstärken oder mildern. Ich meine damit Höhe oder Tiefe, Erhobensein oder Gefallensein, Liegen oder Stehen, Bewegung oder Stillstand. (Annette Pehnt: Briefe an Charley)
  • "Schlanke, sozial privilegierte Weiße dürfen einen kleinen Kreis um sich ziehen und jeder, der sich darin befindet, ist normal, aber alle außerhalb des Kreises gehören zuerst verprügelt, gedemütigt und zurückgesetzt, bevor man sie in den Kreis hineinlässt. Und wenn das nix nützt, hilf ihnen nur noch 'ne Anstaltseinweisung, oder schlimmer noch, Mitleid." (Dr. Gregory House)
  • In den meisten Fällen ist das Gewissen ein gar elastischer und biegsamer Gegenstand, der sich ziemlich strecken und den verschiedensten Verhältnissen anpassen läßt. (Charles Dickens: Der Raritätenladen)
  • Es war mir bisher nicht gelungen, ein Hobby zu finden, weil ich nicht einsehen wollte, dass es eine Phase des Dilettantismus zu überstehen galt, bevor es interessant wurde. (Matthias Brandt: Raumpatrouille. Geschichten)
  • ... fanden sich – wie bei allen Katastrophen – auch wieder unerschütterliche Optimisten. (Marcia Zuckermann: Mischpoke!)
  • Wie jeder schöpferische Mensch wußte sie genau, was sie wollte, ohne der Beratung zu bedürfen. (Mario Vargas Llosa: Das böse Mädchen)
  • Sein Geiz, den er vormals verschämt zu tarnen suchte, nahm allmählich den Charakter unverblümten Vergnügens an. Sein Hund Ferdinand starb ziemlich bald, nachdem Arthur befunden hatte, daß in Hundefutter unnötig viel Fleisch ist. Eine Mischung von 50 Prozent Pal und 50 Prozent Sägespänen machte Ferdinand den Garaus. Arthur hätte ihm auch das Wasser verdünnt, wenn er gewußt hätte wie. (Julian Barnes: Metroland)
  • Vielleicht ist das Wissen, daß man falsch eingeschätzt wird, auch mit einer gewissen Lust verbunden. (Julian Barnes: Metroland)
  • Es war einer von den Briefen, die man einmal überfliegt, drüber lächelt und weglegt. Bei absolut Unerfahrenen haben Ratschläge einen gewissen Sinn; doch bei jenen, für die das Leben sauer oder aber lächerlich süß ist, kann man sich das Porto sparen. (Julian Barnes: Metroland)
  • Selbstzerfleischung ist auch nur auf links gedrehte Eitelkeit. (Thomas Melle: Die Welt im Rücken)
  • Wenn man sich nicht überzeugen lassen will, findet man immer etwas, um seine Zweifel zu bestärken. (Jane Austen: Gefühl und Verstand)
  • ... stellte Elinor fest, daß sich eine Charakteranlage durch einen Umweltwechsel nicht wesentlich ändert. (Jane Austen: Gefühl und Verstand)
  • Der größte Teil des alltäglichen Gehetztseins ergibt sich schlicht daraus, daß wir nicht bereit sind, auf etwas zu verzichten. Ein Vorhaben bewußt bleiben zu lassen, um eine andere Unternehmung richtig auskosten zu können, haben wir nie gelernt. (Stefan Klein: Zeit: Der Stoff, aus dem das Leben ist)
  • Das Mehr an Möglichkeiten ließ zugleich die Ansprüche wachsen. (Stefan Klein: Zeit: Der Stoff, aus dem das Leben ist)
  • ... keine Kontrolle zu haben, belastet Menschen weit mehr, als stark gefordert zu sein; dies haben zahllose Studien gezeigt. (Stefan Klein: Zeit: Der Stoff, aus dem das Leben ist)
  • Manager übrigens erkrankten großen epidemiologischen Studien zufolge nicht öfter, sondern seltener an Herzinfarkt als der Durchschnitt aller Männer ihres Alters. Manche Ideen setzen sich durch, nicht weil sie richtig, sondern weil sie so anschaulich sind. (Stefan Klein: Zeit: Der Stoff, aus dem das Leben ist)
  • Wie schnell man sich ja irrt, wenn es um das eigene Herz geht, und auch zu Worten greift, die den Irrtum noch festhalten. (Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis)
  • ...daß unser Gedächtnis fälscht, um uns überleben zu lassen. Es versucht, das Unerträgliche zu mildern durch die Patina des Vergessens. (Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon)
  • Mein Elend fing an dem Tag an, da ich zu begreifen begann, daß die Menge, das Menschengeschlecht, sich in der Lüge gefällt (Vulgus vult decipi) und das Angenehme dem Wahren vorzieht. (Andre Gide: Der Griesgram)
  • Wenn man völlig auf andere Menschen angewiesen ist, wird man zu einem genau kalkulierenden Psychologen, selbst wenn man vor Anstrengung kaum noch atmen kann, und vielleicht gerade deshalb. (Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon)
  • Es gibt Menschen, die an jeder Sache nur das aufsuchen, was sie fähig macht, in ihrem System einen gewissen Platz einzunehmen. Sie haben für nichts einen Sinn, was nicht in einen Paragraphen gehört; sie empfinden nie die wahre Wirkung der Dinge auf sie, weil sie allemal daran formen, um sie ihrem System anzupassen. (Jean Paul: Tagebuch meiner Arbeiten, August 1781)
  • Wem, wenn nicht den persönlichen Mythen, diesen Gedankenlosigkeiten, die mit dem Anspruch der Wahrheit auftreten, galt es die Haut abzuziehen. (Ralf Rothmann: Messers Schneide)
  • Kaum gab man sich eine Blöße, prompt fand sich jemand, der ein garantiert gutgemeintes Messer da hineinstach. (Ralf Rothmann: Messers Schneide)
  • Ich fragte mich, ob ich mir noch einmal eine Chance geben und irgend etwas neu anfangen sollte, beispielsweise ein Architekturstudium. Aber ich sagte mir, daß es ein kindlicher Glaube sei, alles durch die Wahl eines anderen Berufs ändern zu können. Auch als Architekt würde ich mir so, wie ich war, wieder begegnen. (Uwe Timm: Kerbels Flucht)
  • ... daß der Mensch zwar von Natur aus nicht böse und schlecht ist, wie Hsün-tzu meint, aber ein Hang zur Ausbreitung der Dummheit in ihm wohnt, der bewirkt, daß er Unfug hevorbringt, wie der Baum Blätter treibt. (Herbert Rosendorfer: Briefe in die chinesische Vergangenheit)
  • "Worüber ich jetzt zu berichten habe, ist eine Zeit des Glücks. Und über Glück kann man nicht viel erzählen." (Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon)
  • Marcia sagte: "Aber Chruschtschow magst du auch." "Ich mag alte Männer. Sie können so herrliche Gauner sein, weil sie nichts zu verlieren haben. Die einzigen Leute, die so sein können, wie sie sind, sind Babys und alte Gauner." (John Updike: Ehepaar)
  • Die Menschen krochen und krochen, einige hier, andere dort. Zuweilen trafen sie sich, und keiner wollte ausweichen. Zuweilen aber kroch einer über die Leiche des andern. Konnte es anders sein? Waren sie nicht Menschen? (Knut Hamsun: Das letzte Kapitel)
  • Eins hatte ich in den letzten paar Jahren gelernt: Es gibt nichts, was du nicht versauen kannst, wenn du dir nur genug Mühe gibst. (Nick Hornby: A long way down)
  • "Wenn du Briefe schreibst", sagte meine Mutter, "darfst du keine Erwartungen haben. Es gibt kein Gesetz, nach dem jemand einen genauso langen oder genauso schönen Brief zurückschreiben muß. Denk dran, wenn du wieder schreibst: Du tust das, weil du Kontakt suchst, und nicht, weil du Zuwendung willst." (Marcel Möring: In Babylon)
  • "Als guter Affe ist der Mensch ein soziales Wesen, und als wesentliche Norm ethischen Verhaltens zeichnen ihn Vetternwirtschaft, Nepotismus, Schwindel und Klatsch aus", argumentierte er. "Reine Biologie." (Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes)
  • Er dagegen sah sie mit Vergnügen an. Wie viele junge Leute, die sich von klein auf einer harten Disziplin beugen mußten, hatte er sich angewöhnt, sein inneres Wesen durch Arroganz und äußeres Schroffheit abzustützen. (Irene Nemirovsky: Suite francaise)
  • Das Ganze ist ein Mißverständnis, so wie es ein Mißverständnis ist, daß wir zum Glück gemacht sein sollen. (Christa Wolf: Nachdenken über Christa T.)
  • "Das Unglück ist und bleibt jedoch" - und er sprach hitziger -, "daß die Menschen nichts weiter sind als ein paar eitle Narren, die so tun möchten, als herrschte Zucht unter den Tieren, die sie sind. (Herman Bang: Das graue Haus)
  • Heutzutage, so glaubt Clarissa, mißt man Menschen zuerst an ihrer Güte und Hingabefähigkeit. Manchmal hat man all den Esprit und Intellekt satt; das allgemeine Hausierengehen mit der eigenen Genialität. (Michael Cunnigham: Die Stunden)
  • Man fürchtet jetzt überall um das eigene Leben, weil die Selbstvernichtung der menschlichen Gattung möglich geworden ist. Aber wer die Selbstvernichtung möglich macht, hat sie beinahe verdient. Erbärmlich wird eine mitleidsarme Zivilisation durch Selbstmitleid. (Hartmut Lange: Tagebuch eines Melancholikers)
  • Wie ein Mensch, der Exkremente absondert, darauf kommen kann, daß ihm Heiligkeit gebührt, ist unklar. Sie sind gemacht, die Leben, um sie zu Ende zu bringen, um nicht nachzudenken, denn das kann innerhalb menschlicher Gehirne nicht weit führen. (Sibylle Berg: Amerika)
  • Will man die Menschen verstehen, muß man die Wurzeln freilegen. Die Zeit mit einem Ellbogenstoß zurechtzurücken, damit sie vorteilhafter aussieht, ist nicht genug. Man muß in ihren Schrunden graben, bis Eiter herauskommt. (Philippe Claudel: Die grauen Seelen)
  • Dann machte Charlotte den Fehler, den kluge Leute manchmal machen: Sie vermutete gar zu schnell, daß andere Leute dumm seien. (Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen)
  • Wenn uns bei bestimmten Handlungen die Vernunft eine Lektion erteilt und uns warnt, etwas nicht wieder zu tun, wenn die Erfahrung mit ihrem Schmiedehammer es uns dazu noch einbleut, warum wiederholen wir, belehrt und zerschlagen, dieses Unternehmen dennoch bei nächster Gelegenheit? (Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen)
  • Wir plagen uns gegenseitig, weil wir alle mit irgend etwas geplagt sind. Man rächt sich ja am ehesten im Zustand des Unwohlbefindens. Man rächt sich also weniger aus Bosheit als wegen eines Übels. (Robert Walser: Die Räuber)
  • Es geht vielen Menschen so, daß sie, wenn sie sich mißgestimmt sehen, sich durch das bißchen Mißgestimmtheit immer mißlicher stimmen lassen, als säßen sie in einem Wagen, der mit ihnen fortführe. (Robert Walser: Der Räuber)
  • Mein Leben ist jener Funke Bewußtsein, den ein Zufall der bewußtlosen Natur abgerungen hat. Die Natur öffnet an mir gleichsam für einen Augenblick die Augen, und ich bin jenes geöffnete Auge, das sieht und in jenem Sehen auch gleich sein künftiges Erblinden gewahr, korrekt? (Hartmut Lange: Tagebuch eines Melancholikers)
  • Zweifelt irgendjemand daran, daß vom Geist vieler Menschen - befreite man ihn von törichten Überzeugungen, eitlen Hoffnungen, falschen Werturteilen, allerlei Einbildungen und dergleichen - nur ein armseliges verschrumpeltes Etwas voller Trübsinn und Unlust übrig bliebe, das sich selbst zuwider ist? (Sir Francis Bacon)
  • Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, auf die indessen noch nie hingewiesen worden ist, daß wir häufig unsere Gefühle einem Willen unterwerfen, daß wir in hohem Maß eine Verpflichtung uns selbst gegenüber eingehen und daß wir uns unser Schicksal erschaffen: bestimmt hat der Zufall daran nicht soviel Anteil, wie wir glauben. (Honore de Balzac: Beatrix)
  • Vermutlich wechseln wir alle immer mal wieder die Kulissen und die Beleuchtungen, in die wir unsere Erinnerungen stellen. (Silvia Bovenschen: Älter werden)
  • Eine neue Information schafft entweder Unordnung im Bewußtsein, indem sie alles mobilisiert, sich der Bedrohung zu stellen, oder sie bestärkt unsere Ziele und setzt daher mehr psychische Energie frei. (Mihaly Csikszentmihaly: Flow. Das Geheimnis des Glücks)
  • Die Dinge passieren, weil sie möglich sind. Sie sind einfach in der Welt. Die Zivilisierung des Menschen ist nicht abgeschlossen, solange es den Trieb gibt. Der Trieb macht uns irgendwann zu Barbaren, mehr oder weniger. (Dirk Kurbjuweit: Nicht die ganze Wahrheit)
  • Wir alle haben ein geistiges Fotoalbum. Standbilder. Schnappschüsse von Menschen, die wir irgendwann geliebt haben. (Lucia Berlin: Was ich sonst noch verpasst habe. Stories)
  • Die meisten Menschen sind von stumpfer Phantasie. Was sie nicht unmittelbar anrührt, nicht aufdringlich spitzen Keil bis hart an ihre Sinne treibt, vermag sie kaum zu entfachen, geschieht aber einmal knapp vor ihren Augen, in unmittelbarer Tastnähe des Gefühls auch nur ein Geringes, sogleich regt es in ihnen übermäßige Leidenschaft. Sie ersetzen dann gewissermaßen die Seltenheit ihrer Anteilnahme durch eine unangebrachte und übertriebene Vehemenz. (Stefan Zweig: Phantastische Nacht, Erzählungen)
  • Für den Erlebnislosen ist ja leidenschaftliche Unruhe der andern noch ein Nervenerlebnis wie Schauspiel oder Musik. (Stefan Zweig: Phantastische Nacht, Erzählungen)
  • Nur ganz leidenschaftsfremde Menschen haben ja in ihren einzigen Augenblicken vielleicht solche lawinenhaft plötzliche, solche orkanische Ausbrüche der Leidenschaft: da stürzen ganze Jahre mit dem stürzenden Groll nichtgenützter Kräfte die eigene Brust hinab. (Stefan Zweig: Phantastische Nacht, Erzählungen)
  • Daran erkennt man übrigens den Spießbürger, dass er seinem normierten Leben eine Illusion von Würze zu geben versucht, indem er die Kennzeichen randständiger Subkultur usurpiert, diese als seine eigenen umdeutet und sie entseelt, indem er sie industrieller Massenproduktion zuführt. (Alex Capus: Das Leben ist gut)
  • Die Menschen meiner Heimat haben ein gutes Gedächtnis, denn sie erinnern sich mit dem Herzen. Ich aber hätte sie beinahe vergessen, weil ich in den Ländern Westeuropas gelebt habe und noch lebe, in denen das Herz nichts ist, der Kopf ein wenig und die Faust alles. (Joseph Roth: Perlefter. Fragmente und Feuilletons aus dem Nachlaß)
  • Obwohl er niemals recht hatte, behielt er es doch immer, mit der Selbstverständlichkeit des Stärkeren, der keiner Logik bedarf, weil er die Kraft besitzt. (Joseph Roth: Perlefter. Fragmente und Feuilletons aus dem Nachlaß)
  • Nichts enthüllt eine geheime Süße so sehr wie persönlicher Kummer, der aus einem sonst phlegmatischen Geschöpf hervorbricht. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten)
  • Er hatte die Sehnsucht der Städter nach dem Lande, die auf einer Wiese liegen wollen, aber ohne Wasserklosett nicht leben können. (Joseph Roth: Perlefter. Fragmente und Feuilletons aus dem Nachlaß)
  • Perlefter besaß trotz allem eine Art Majestät, wie den meisten Menschen, denen es gut geht. (Joseph Roth: Perlefter. Fragmente und Feuilletons aus dem Nachlaß)
  • Wenn ich mich ärgere, wird mein Scharfsinn besonders rege. (Wilkie Collins: Lucilla)
  • Hausschuhe besitzen leider Gottes die Schwerfälligkeit von Gravitationsstiefeln. So sehr sie dem Schutz der Böden dienen, verunstalten sie den Gang des Menschen. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • Darin bestand der eigentliche Solipsismus heutzutage, daß jeder dachte, der einzige Normale unter lauter Irren zu sein. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • "Eine alte Taktik", verriet Smolek. "Die Opfer zu warnen. Das hat noch immer geklappt. Es ist wie mit dem Hundekot, auf den sie einen Passanten hinweisen. Umso sicherer steigt er hinein. Ich nenne es Smoleks Gesetz. Man kann es überall auf der Welt beobachten. Auf allen Ebenen. Sie brauchen nur 'Achtung!' schreien, schon rutschen alle aus.") (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • ... was diese Menschen tagtäglich taten. Erbärmlich wie ihr Ringen um eine bessere Figur, ihr Ringen um Erkenntnis, ihr Ringen um Originalität und gleichzeitig um Anpassung. Ihr ständiges Verweilen im Widerspruch, im Paradoxon und in den gigantischen Weiten des Kleinkarierten. (Heinrich Steinfest: Ein dickes Fell)
  • Wie viele andere, so wurde auch er durch seine Popularität verdorben und war zu nichts mehr wirklich zu gebrauchen. (Anthony Trollope: Septimus Harding, Vorsteher des Spitals zu Barchester)
  • Wie bei allen Menschen, die von einer Idee, einer Arbeit ganz erfüllt sind, stieß das, was er sah und erlebte, nur an, was ihn ohnehin beschäftigte. (Regina Scheer: Machandel)
  • Gefühle haben eine eigene Nahrung, banalisiert zu werden, kurz bevor sie zerbrechen. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • Immerzu widerlegte der Mensch den idiotischen Glauben des Menschen, daß er seine eigene Tiefe kenne. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • ... die gleiche Schäbigkeit, die man bei Menschen findet, die sich zuviel bei ihren eigenen Gefühlen aufhalten, Schmarotzer ihrer Fähigkeit sind, sich zuviel von ihren eigenen und fremden Gefühlen aufregen zu lassen. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • ... Krach, der sich nach Art aller Geizigen in Mein- und Deinfragen zu den rigorosesten Grundsätzen bekannte. (Theodor Fontane: Vor dem Sturm)
  • ... wie alle schwachen Naturen eine Neigung zum Übertrumpfen hatte. (Theodor Fontane: Vor dem Sturm)
  • Manchmal war es schwierig, sich selbst bei einer klaren Empfindung zu ertappen. Gefühle sind bewegliche Ziele. Man hat sie nicht, sie reisen bloß durch. (Stephan Thome: Fliehkräfte)
  • Manche Schritte machen wir entweder spontan, oder wir verausgaben uns beim Nachdenken über die Frage, ob wir es wirklich wagen sollen. (Stephan Thome: Fliehkräfte)
  • Was den Menschen vom Tier unterschied, war die Fähigkeit, im Angesicht der Katastrophe "Siehste!" zu denken. (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Unterleuten war das reinste Panoptikum. Wenn sich Datenschützer in der Zeitung wegen Überwachung im Internet ereiferten, musste Kron regelmäßig lachen. Man musste nur ein handelsübliches Dorf besuchen, um zu verstehen, was der gläserne Mensch tatsächlich war. (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Die Leute sind nett. Sie finden es leicht, einem zu vergeben, wenn es im Namen einer Tragödie oder eines Wahns geschieht, und ganz besonders, wenn man gescheit ist. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • ... die gleiche Schäbigkeit, die man bei Menschen findet, die sich zuviel bei ihren eigenen Gefühlen aufhalten, Schmarotzer ihrer Fähigkeit sind, sich zuviel von ihren eigenen und fremden Gefühlen aufregen zu lassen. (Lars Gustafsson: Die Kunst den November zu überstehen und andere Geschichten)
  • Inzwischen glauben zwar immer weniger Menschen an Gott, wohl aber an ihre Gottes-Ebenbildlichkeit. (Monika Maron: Krähengekrächz)
  • Es wäre besser, wenn alles Verbotene schwer wäre. (Irmgard Keun: Kind aller Länder)
  • Hatte er doch erfahren müssen, daß Menschen zu bessern wären nur wenn man ihnen den Schädel öffnete & das faulige Gehirn ausriß. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • Wesentliches Kennzeichen für sehralte-hochverfeinerte Kulturen ist die Kenntnis von !erlesenen Grausamkeiten. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • Nun, auch Sie kennen von Ihrer-Arbeit-auf-dem-Mond den-Trost der Großenzahlen: Was in-Alltag's Routine die Vorstellungskraft des-Menschen übersteigt, übt Keinewirkung mehr auf den-Menschen aus; ob Hunderttausend od Einemillion, kein Unterschied mehr im-Empfinden. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • ... alles Erfinden galt stets den-Maschinen=Zumkrieg, kein 1ziger wollte je Friedenmaschinen ersinnen, Arbeit & Zwang die beiden eisernen Klammern preßten würgten Mensch&tier zutod, die-Erde=unsere-Erde ein überhitzter Kessel für die-Vielzuvielen u: die-Vielzulanglebenden. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • Mensch aber wäre nicht-Mensch wüßt er sich nicht immer zu trösten. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • Es geht um die Frage: wie ist die Niederträchtigkeit des Menschen zu erklären? Biologen finden es aus irgendeinem Grunde natürlich, im Stammbaum nach einem niederträchtigen Affen Ausschau zu halten. Ich finde es vernünftiger anzunehmen, daß Affen über jeden Zweifel erhaben sind und mit dem Menschen etwas schiefgegangen ist. (Walker Percy: Liebe in Ruinen)
  • ... aus der heimlichen Ahnung heraus, daß unsere Feinde das schlechteste in uns am besten kennen. (Walker Percy: Liebe in Ruinen)
  • Wir lieben diejenigen, die das Schlimmste von uns wissen und das Gesicht nicht abwenden. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Die überwiegende Mehrzahl der Menschen verbringt ihr Dasein in des Lebens mittleren Stockwerken; nur wenige hausen dauernd im Keller oder auf dem Dache. (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)
  • Was=!genau man sich erhoffte vom Neuen-Anderenleben -: Stets ist des-Menschen Faszination dafür am !größten, wovon er am !wenigsten weiß. (Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden)
  • Es enthält wohl jeder Charakter einen vom Schöpfer tief eingebauten absichtlichen Konstruktionsfehler in seiner Mechanik, als die größte Gefahr, aber auch die größte Möglichkeit für das Leben des Trägers, letzteres etwa so, daß einer nur diese Stelle zu entdecken braucht, um damit auch schon seinen ganzen übrigen Charakter aus den Angeln heben zu können, ihn aufzuheben, und völlig frei zu werden... (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)
  • ... die gläsernen Hände der Vernunft stemmten sich bekanntlich stets vergeblich gegen das Drängen blinder Güte. (Georg Klein: Barbar Rosa)
  • ... bewies durch seinen Hochmut nur, daß alle langgeschulten und gut bezahlten Spezialisten irgendwann von jenem Verschleiß der Wahrnehmung befallen werden, der mit Berufsblindheit allzu beschönigend umschrieben ist. (Georg Klein: Barbar Rosa)
  • "Auf jeden Fall gehört Grips dazu, um hochzukommen", gab der Assistent geschwind zurück. "Reichen Ellenbogen nicht auch?" fragte Frau von Hahn, deren Stimme leicht ins Quaken geriet. (Herman Bang: Exzentrische und stille Existenzen. Erzählungen)
  • Wenn ich (...) eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat. (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Kein Schmerz ist größer als der, der in dem Moment entsteht, wo das erwartete Glück zum Greifen nah ist. (Emmanuel Bove: Monsieur Thorpe. Erzählungen)
  • Der Mensch in seinem blinden Tasten weiß nie, wo er auf das Verhängnis trifft. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • ... diesen Prozeß rapider Versteinerung heutzutage bei den Menschen zu beobachten. (Irgmarg Keun: Kind aller Länder)
  • Der Haß rennt gegen Kerkermauern an; er fühlt das Unrecht nicht in sich, sondern um sich. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Was ist in einem Menschen das Stabile, wo ist der Boden, auf den er sich selber stellen könnte, wenn die Wahrheit so in ihm schwankt? (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Ich habe auch später beobachtet, daß ständige Reibereien, gegenseitiges Sich-Quälen, die Menschen mehr verbindet als gleiche Denkungsart oder Achtung voreinander. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Jedes Eichhörnchen, das im Herbst seine Nüsse vergräbt, damit es auch noch im Winter was zu essen gibt, betreibt bessere Vorsorge, als es die Menschheit auf die Reihe gekriegt hat. (Karen Duve: Macht)
  • Eigentlich gehörte sie zu einer Generation, deren turnschuhtragenden und Sushi-essenden Vertretern schon der Besitz einer Hauskatze als unerträgliche Verantwortung erschien. "Haus bauen, Baum pflanzen, Kind zeugen" war kein Glücksrezept mehr, sondern eine Horrorvision. (Juli Zeh: Unterleuten)
  • Aber wir haben gut reden, Vater. Es ist doch sehr leicht, nicht käuflich zu sein, solange einen niemand kaufen will. (Karsten Krampitz: Wasserstand und Tauchtiefe)
  • Howard liebte es, Leben zu nehmen, so wie alle, die mit der Natur wirklich verbunden sind. (Edward Morgan Forster: Der lilafarbene Brief. Erzählungen)
  • ... fiel sie mit dem hartherzigen Eifer schwergeprüfter Heiliger über mich her. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Onkelonkel hat immer gesagt, daß es im Leben eines Menschen etliche Leben gibt, die er nicht lebt. (Peter Wawerzinek: Schluckspecht)
  • Vermutlich sehen die Leute die unheilvolle Zukunft nicht, sondern regen sich nur über die unliebsame Gegenwart auf. (Peter Wawerzinek: Schluckspecht)
  • Meine Arbeit hat mich gelehrt, daß Menschen immer und ausschließlich das tun, was sie wollen. Sie fragen nach Ratschlägen, aber eigentlich brauchen sie fremde Meinungen nicht. Aus jedem Satz filtern sie nur das heraus, was ihnen gefällt. (Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe)
  • Wenn ich mich in meinem Alter noch über Menschen wundern würde, käme ich nicht einmal mehr zum Zähneputzen. (Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe)
  • Falls Erdbeobachter in den UFOs sind, müssen sie uns für eine Molluskenart halten, aber vielleicht glauben sie auch, daß Automobile unsere Wirtstiere und wir Parasiten sind, die nur kurze Fluchtperioden überdauern. (John Updike: Der Sonntagsmonat)
  • Sonntagmorgens ist nie viel los, da atmet die Gesellschaft auf und durch, die Leute geben sich der kurzen Täuschung hin, das Leben eines Individuums zu führen. (Michel Houellebecq: Unterwerfung)
  • Die Erwartung kann dem Menschen oft überlästig werden, und er möchte im Buche seines Leben dann nur erst einmal blättern, eh er es ausführlich zu lesen braucht. (Achim von Arnim: Mistris Lee)
  • So sind die meisten kleinen Leute, das Herz ist ihnen so nahe am Kopf, daß es in dem Kopf überkocht oder überdampft. (Achim von Arnim: Isabella von Ägypten)
  • Unser Leben entscheidet sich während einiger Stunden, und nach Jahren haben wir keine Erinnerung mehr, was wir in jeden Stunden getan und gedacht haben. Tief unten ist die Entscheidung schon gefallen; das Gehirn hat nichts anderes mehr zu tun, als ermattet das Denken einzustellen. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Als wir uns Budapest näherten, sprachen sie bereits über Tierdressuren. Sanyi wollte solche Grausamkeiten am liebsten polizeilich verbieten lassen. Der Dicke zuckte die Achseln. Wenn der Herr alle Grausamkeiten verbieten wolle, so solle er den lieben Gott gleich die Bude zumachen lassen. (Laszlo Nemeth: Abscheu)
  • Er erkannte, daß alles, was man sagt, entweder mehr bedeutet, als man wollte, oder weniger, als man wollte; daß alles, was man tut, entweder mehr bewirkt, als man wollte, oder weniger, als man wollte. Natürlich hatte, was man sagte oder tat, Auswirkungen, aber nicht die, die man damit beabsichtigte. (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Wie sollten wir uns denn in dieser furchtbar wichtigen Angelegenheit verhalten, die man 'die anderen Leute' nennt und die jeden Sinns, den wir ihr beilegen, beraubt wird und stattdessen einen Sinn annimmt, der einfach lachhaft ist, so schlecht sind wir alle dafür gerüstet, die inneren Vorgänge und geheimen Absichten des jeweils anderen zu erkennen? (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Die brutalsten Menschen sind oft in Kleinigkeiten tolerant, genau so, wie die sanftesten Menschen oft bei Kleinigkeiten keine Gnade kennen. (Wolf Haas: Wie die Tiere)
  • Die Suche nach irgendwelchen Dingen ist eine komische Angelegenheit. Wenn man eine Stecknadel in einem Heuhaufen sucht, findet man sie bestimmt nicht; wenn es einem aber völlig egal ist, ob man die Stecknadel findet, braucht man sich nur gegen den Heuhaufen zu lehnen, und schon piekt sie einen. (Pelham G. Wodehouse: Der Pennymillionär. Lustige Geschichten)
  • Dem furor philosophicus, dem furor aestheticus, dem schöpferischen Kreativitätsdrang des geistigen und künstlerischen Menschen steht der Zerstörungsdrang und die Zerstörungswut des rohen Tatmenschen und des Kriegers gegenüber und der furor destructivus entgegen. (Alois Brandstetter: Vom Manne aus Eicha)
  • ... ist zu wissen, daß man im vorigen als dem 18. Jahrhundert weitaus weniger Scheu zeigte, seine Emotionalität durch Weinen oder Lachen zum sichtbaren Ausdruck zu bringen, als jetzt der Brauch geworden ist, wo jede Sentimentalität in die private Intimität der eigenen vier Wände zurückgedrängt wurde, in der Öffentlichkeit aber verpönt ist. (Alois Brandstetter: Vom Manne aus Eicha)
  • Sein Abscheu, als ich ihm von Regers Dogge erzählte; sein scharfes Urteil über Leute, die sich dressierte Hunde halten: schwache Charaktere oder Feldwebelnaturen, ihre Wollust an Befehlen, Macht zu schmecken. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Geflecht von Ereignissen, die Summe taufen wir Schicksal... (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Der arme Rotkopf hat einfach zuwenig Phantasie, er sieht nicht, daß ein bißchen Feuerzauber und Voodoo auch dazu gehört, weil der Mensch nicht auskommt ohne Glaube Liebe Hoffnung und die exakteste Forschung nicht ohne Spinnen und Spekulieren - jeder Formel ist ein Traum vorausgegangen. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Zumeist sind die Starken und die Schönen nicht besonders lustig. (Verena Roßbacher: Schwätzen und Schlachten)
  • Pauline war ein viel komplizierterer Mensch als Pauline. Sie ging gewissermaßen immer hinter sich selbst her. (Willa Cather: Lucy Gayheart)
  • Arme Menschen sind arme Beobachter, deren Augen lediglich auf die Banalitäten des Alltags gerichtet sind. (Margriet de Moor: Der Maler und das Mädchen)
  • Hunger, vor allem die leichte Form, greift die Wahrnehmung an. (Margriet de Moor: Der Maler und das Mädchen)
  • ... natürlich beste vertrauensbildende Maßnahme, die es auf dieser Welt gibt: über einen Abwesenden schlecht reden. (Wolf Haas: Silentium!)
  • Menschen leben voller Hochmut für Nichtigkeiten, sprechen mit geliehenen Stimmen über abgeschmackte Themen, sterben vor Angst mit einem Lächeln auf den Lippen und werden immer mehr zu moralischen und intellektuellen Bummelanten. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)
  • Und Sie, welcher Dämon bearbeitet Sie? Der Dämon der Berechnung, der Dämon der Gleichgültigkeit, der Dämon des Erfolgs, der Dämon der Medikamente, der Dämon des Sex, der Dämon des Telefons, der Dämon des Autos? Nein, antworten Sie mir nicht! Stellen Sie sich vor Ihren Spiegel, betrachten Sie sich unter vier Augen, und antworten Sie sich selbst. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)
  • Unschuld, Harmlosigkeit(en) können sich in der Tat mitunter selber belügen. Lassen wir dies nie außer Betracht. Die besten Absichten bedürfen unerschrockener Kontrollierung. Unschuld, Harmlosigkeit(en) können sich in der Tat mitunter selber belügen. Lassen wir dies nie außer Betracht. Die besten Absichten bedürfen unerschrockener Kontrollierung. (Robert Walser: Der kleine Tierpark)
  • "Man kann von der Unwissenheit zum Wissen gelangen, nicht vom Wissen zur Unwissenheit. Bestimmte Dinge zu wissen heißt, lebenslänglich mit einem Brandzeichen herumzulaufen." (Henri- Frederic Blanc: Teufelei)
  • Was ist eine Mauer anderes als Gestalt gewordene Angst? Was ist die Angst anderes als ein inneres Labyrinth, riesige Mauern des Denkens, das Fehlen eines geistigen Horizonts? Wie unsere Lungen die Luft brauchen, verlangen unsere Augen nach Weite... (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)
  • Der berechnende Mensch hat immer Angst, irgendetwas zu verlieren, Materialismus macht feige: Unsere Vorfahren fürchteten Gott, aber wagten alles, die Karrieristen von heute sind zu allem bereit, aber sie wagen nichts. Seitdem man das Unsichtbare nicht mehr fürchtet, hat man Angst vor allem. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)
  • Ein Mensch, der bestrebt ist, sich amüsieren zu gehen, hat es stets furchtbar eilig. (Robert Walser: Der kleine Tierpark)
  • Beim Lachen lernst du ja die Leute am besten kennen. Weil ein gemeiner Mensch kann sich noch so gut verstellen, aber wenn du ihn zum Lachen bringst, lacht er gemein. Und ein Dummer lacht dumm. Und ein Verklemmter lacht verklemmt. Und ein Zyniker zynisch und ein Komplexler komplexlerisch, du siehst schon, da kann man alles durchprobieren, das stimmt einfach immer. (Wolf Haas: Komm, süßer Tod)
  • Sie wusste viel zu genau, dass jeder Mensch zu seiner Arbeit ein unaufhebbar strittiges Verhältnis hatte. (Wilhelm Genazino: Bei Regen im Saal)
  • Wahrscheinlich ging sie davon aus, dass es dem Menschen dort, wo er sein Geld verdienen muss, sowieso nicht gefallen kann. (Wilhelm Genazino: Bei Regen im Saal)
  • Die Gewohnheit hatte ihr lähmendes Netz um sie gewoben. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)
  • Aus der psychologischen Forschung weiß man mittlerweile, dass unser Willensreservoir nicht unbegrenzt ist und durch viele kleine Entscheidungen zügig aufgebraucht wird – und dass diese ausgezehrten Reservoirs dann in anderen wichtigen Angelegenheiten fehlen. (Jörg Zittlau: Langweiler leben länger)
  • Wie alle schwachen Menschen legte er übertriebenen Wert darauf, an einem einmal gefassten Entschluss festzuhalten. (William S. Maugham: Der Menschen Hörigkeit)
  • Menschen, die lieben, was sie tun, es aber aus irgendeinem Grund nie zeigen, sind dazu verdammt, missverstanden zu werden. (Förster/Kreuz: Hört auf zu arbeiten!)
  • 'Ich habe eine scheußliche Veranlagung', sagte er sich. 'Ich sehe voll Sehnsucht einer Sache entgegen, und wenn es dann so weit ist, bin ich immer enttäuscht.' (W. Somerset Maugham: Der Menschen Hörigkeit)
  • Das Leben war ein unentwirrbares Durcheinander. Die Menschen eilten dahin und dorthin, von Kräften getrieben, die sie nicht kannten; und der Sinn all dessen entglitt ihnen; sie schienen sich nur um des Eilens willen zu beeilen. (W. Somerset Maugham: Der Menschen Hörigkeit)
  • Er hatte das aufbrausende Naturell der Dicken, schnell erregt und schnell wieder besänftigt. (W. Somerset Maugham: Der Menschen Hörigkeit)
  • Ein Mensch mit so vielseitigen Interessen konnte unmöglich tiefsinnig sein. (W. Somerset Maugham: Der Menschen Hörigkeit)
  • "Und, was ist Macht?", fragte Father Joseph. "Das Streben nach Macht ist das Streben nach Überwindung von Angst und Bedrohung. Macht zieht unweigerlich das Verlangen nach sich, die Macht zu verabsolutieren. Wer einmal daran geschnuppert hat, ist für immer infiziert. Allen Machthabern und Entscheidungsträgern ist daher prinzipiell zu misstrauen. (Leon de Winter: Ein gutes Herz)
  • Die Menschen sind unfehlbar: Sie erkennen genau, was man will, und dann geben sie es einem nicht. (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Gibt es Menschen, die absolut ohne jeden Gedanken auskommen. Die Antwort lautet: Ja. (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Ein solides, von Vernunft und den klassischen Einschränkungen geführtes Leben. (Philip Roth: Amerikanisches Idyll)
  • Die Menschen taten ja ständig Sachen, die ihnen nicht gefielen. Meiner Schätzung nach waren zu jedem beliebigen Zeitpunkt nur null Komma drei Prozent der Menschen aktiv mit etwas beschäftigt, das ihnen gefiel, und selbst dann hatten sie ein schlechtes Gewissen dabei und schworen sich hoch und heilig, so bald wie möglich wieder etwas schrecklich Unangenehmes zu tun. (Matt Haig: Ich und die Menschen)
  • Ich erkannte das Ergreifende der menschlichen Existenz: ein sterbliches Wesen zu sein, das im Grunde allein war, aber den Mythos der Gemeinschaft mit anderen Menschen brauchte. (Matt Haig: Ich und die Menschen)
  • Auf der Erde nennt man es Zivilisation, wenn eine Gruppe von Menschen sich zusammentut und gemeinsam ihre Instinkte unterdrückt. (Matt Haig: Ich und die Menschen)
  • Wir sind Wahnsinnige. Wären wir's nicht, wir würden nichts schaffen. Wir entwerfen Modelle des Lebens, die gut oder schlecht sind, farbig oder schwarzweiß, fein oder grob, doch eins müssen sie liefern, sonst will uns keiner: die Illusion von Bedeutsamkeit - der Menschheit, des einzelnen, des Ich. (Petra Morsbach: Dichterliebe)
  • ... empfand sie gegen die Kleine nun auch noch den Haß, mit dem der Durchschnitt die höhere Geistesart verfolgt. (Amelie Nothomb: Im Namen des Lexikons)
  • "Ein Krieg tötet nicht bloß einige Tausend oder Hunderttausend junger Männer. Er tötet etwas in einem Volk, das nie mehr wiederbelebt werden kann. Und wenn ein Volk genügend Kriege mitmacht, bleibt schließlich nur noch das Biest übrig, jene Kreatur, die wir - Sie und ich und andere wie wir - aus dem Schlamm heraufbeschworen haben." (John Williams: Stoner)
  • Er teilt eben das Schicksal aller Spezialisten, in einer Welt von Banausen leben zu müssen. (Per Leo: Flut und Boden)
  • Anders als die astronomische Datenerhebung und die ihm anvertraute Vorbereitung der kirchlichen Liturgie, die beide zeremoniellen Ernst erfordern... (Per Leo: Flut und Boden)
  • Meinungsäußerung vor Obrigkeit ist nicht unser größtes Talent. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)
  • ... charmant aufgeregt, wie Melancholiker sind, wenn sie etwas gut finden. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)
  • "...stimmt es nicht, dass früher besser gefeiert wurde. Die Zeiten waren bloß noch mieser." (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)
  • Es ist etwas Wunderliches, die Erwartung kann dem Menschen oft überlästig werden, und er möchte im Buche seines Lebens dann nur erst einmal blättern, eh er es ausführlich zu lesen braucht. (Achim von Arnim: Mistris Lee)
  • Das eigentliche Problem bestand darin, dass es bei den meisten Menschen so lange dauerte, bis sie das Wesentliche entdeckten; dass sie kostbare Minuten damit vergeudeten, Müll beiseitezuräumen, um zum Kern der Dinge vorzustoßen. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)
  • Die Kenntnis der eigenen Abgründe fördert das Weltverständnis. Außerdem könnten Sie am Ende wenigstens sicher sein, dass Sie Ihre Harmlosigkeit nicht nur einem Mangel an Phantasie, sondern tatsächlich dem zivilisatorischen Dressurakt verdanken. (Monika Maron: Zwischenspiel)
  • Geflecht von Ereignissen, die Summe taufen wir Schicksal. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Die "lästige Bedeutung, die Geld gewinnt, sobald man keins besitzt". (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)
  • Wenn einen die Erfahrung lehrt, dass jeder Mensch früher oder später von seinem Körper verraten wird, muss man dann nicht bei jedem leichten Zwicken im Magen an Magenkrebs denken, bei Kopfschmerzen an Hirntumor, bei alltäglicher Vergesslichkeit an die ersten Anzeichen von Demenz? (Paul Auster: Sunset Park)
  • Denn in jenen Zeiten geschah es oft, dass ein Großer sich einen Kleinen, einen Winzling, als Nachfolger wünschte, weil dann sein Nachruhm länger leuchtete und sich die Studenten späterer Generationen seiner mit einer namenlosen Sehnsucht erinnerten, obwohl sie ihn gar nie erlebt hatten. (Urs Widmer: Reise an den Rand des Universums. Autobiographie)
  • Wir wollen, dass alles so bleibt, wie wir es verstanden haben. (Sibylle Berg: Wie halte ich das nur alles aus?)
  • Die Menschen wurden im Frieden oft unausstehlicher, undankbarer, mißgünstiger als im Krieg, wenn sie Deckung suchten. (Hans Pleschinski: Königsallee)
  • Wir wollen, dass alles so bleibt, wie wir es verstanden haben. (Sibylle Berg: Wie halte ich das nur alles aus?)
  • Es enthält wohl jeder Charakter einen vom Schöpfer tief eingebauten absichtlichen Konstruktionsfehler. (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)
  • Wir anderen hingegen tun, fürchte ich, meist das Gegenteil: Wir treffen eine instinktive Entscheidung und bauen uns dann eine Infrastruktur von Argumenten auf, um diese Entscheidung zu rechtfertigen. Und das Ergebnis nennen wir gesunden Menschenverstand. (Julian Barnes: Vom Ende einer Geschichte)
  • Nur hört man stets mit Wohlgefallen / Aus andrer Mund das Urteil widerhallen, / Womit uns innerlich die Eitelkeit beehrt. (Wieland: Musarion)
  • "Wer im Humor nicht fähig ist, den Ernst zu fühlen, der ist auch nicht fähig, den falschen 'Ernst', den ein Mucker für das Um und Auf der Männlichkeit hält, humoristisch zu finden, und ein solcher wird ein Opfer der verlogenen Begeisterungen, der fälschlich sogenannten 'Lebensideale'." (Gustav Meyrink: Walpurgisnacht)
  • Glauben Sie im Ernst, daß die Menschen, die da so für gewöhnlich in den Gassen herumlaufen, ein Ich besitzen? - Sie besitzen gar nichts, sind vielmehr jeden Augenblick von einem anderen Gespenst besessen, das in ihnen die Rolle des Ichs spielt. (Gustav Meyrink: Walpurgisnacht)
  • ... sagt er bestimmte Dinge, nicht um Kerstin zu verletzen, sondern damit sie gesagt sind, ausgesprochen, raus aus der Flasche und Korken wieder drauf. (Stephan Thome: Grenzgang)
  • Meinungsstark ist ja nur, wer von Meinungsschwachen umgeben ist. Sie brachte die Mehrheit auf Kosten von ein oder zwei Bedauernswerten zum Lachen. Und die Menschen lachen gerne, da sind sie korrumpierbar. Aber während sie lachen, geben sie sichauf. Denn wer nicht erträgt, im selben Ausmaß verspottet zu werden wie der, über den er gerade selbst so lacht, muckt nie wieder auf. (Eva Menasse: Quasikristalle)
  • Wenn es gelänge, in dieses fast undurchschaubare Geflecht von Motiven und Gegenmotiven, Handlungen und Gegenhandlungen einzudringen... Das Leben von Menschen groß machen, die zu kleinen Schritten verurteilt scheinen... (Christa Wolf: Erzählungen 1960-1980)
  • So ist der Mensch eingerichtet, und mit der Fähigkeit, sein Leben ineinanderzuschachteln, hilft er sich über die Kürze dieses Lebens hinweg. (Christa Wolf: Erzählungen 1960-1980)
  • Bis heute habe ich nicht verstanden, auf welche Weise Menschen spüren, daß sie beobachtet werden, zumal aus einer Richtung, die gar nicht in ihrem Sichtfeld liegt. Gibt es ein Intuitionsradar? Einen Sensor für Beobachtungspartikel? (David Wagner: Leben)
  • "Ganz gewiß", sagte Decharte, "ist das, was wir des Nachts sehen, ein unglückseliger Rest dessen, was wir am Tage vorher vernachlässigt haben. Der Traum ist häufig die Rache der Dinge, die wir verachten, oder der Vorwurf der Wesen, um die wir uns nicht kümmern. Daher wohl auch sein Überraschen und oft seine Melancholie." (Anatol France: Die rote Lilie)
  • Sie wurde inne, daß Gelehrte durchaus nicht neugierig sind und daß es indiskret ist, sie nach Dingen zu fragen, die nicht in ihrem Schrank stehen. (Anatol France: Die rote Lilie)
  • Erstaunlich, wie kompliziert das Sein ist, jedenfalls zu vielschichtig, um es mit einfachen Vorurteilen durchblicken zu können. Das ist schade für die Mehrheit, weil es sie von der Welterkenntnis ausschließt. Und das Lustige ist: Das glauben alle! Und alle glauben, die Mehrheit seien die anderen. (Dieter Nuhr: Das Geheimnis des perfekten Tages)
  • Wie alle stark sinnlichen Menschen, so hatte auch er Stunden, wo er hinreißend liebenswürdig sein konnte. (Anatol France: Die rote Lilie)
  • Ansonsten waren Märtyrer unnütze Wesen. Die Welt ging, nach einem Moment bewegter Aufmerksamkeit, wieder zur Tagesordnung über. (A.F.Th. van der Heijden: Unterm Pflaster der Sumpf)
  • ... daß es Leute, die in allen Dingen, großen und kleinen, auf der Stelle Partei nehmen, die Hülle und Fülle gibt, daß aber der Leute, die im wahren Sinne des Wortes neutral zu bleiben vermögen, sehr wenige sind und daß drittens die Namen und Adressen der letzteren überall, mit goldenen Lettern in ein besonderes Buch eingetragen, zum eiligsten öffentlichen Nachschlagen aufzulegen seien. (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Die Namen, die Adam den Dingen gab, bleiben wohl, und die Menschheit darf sie dreist dabei nennen; aber flüchtig sind des Menschen Auffassungen und Begriffe: was er heute so nennt wie gestern, ist heute nicht mehr das, was er gestern darunter verstand. Wir gehen tausendmal den nämlichen Weg, aber nimmer wieder denselben. (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • So ist es aber mit allen guten Dingen, die uns in die Hand wachsen, in die Windel eingebunden oder auf dem Präsentierteller gebracht werden. Erst verdudele du sie, dann lernst du sie nach ihrem ganzen Wert und Behagen abschätzen! (Wilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Es ist ja eben kein Aufenthalt in dieser Welt bei den besten Dingen - und bei den besten Freunden auch nicht; und wenn alle Lebenskunst am Ende nur darauf hinausläuft, sich unabhängig von den mitlebenden Menschen und Dingen zu machen, so ist das eigentlich gar keine Kunst, sondern uns allen höchst natürlich. ilhelm Raabe: Alte Nester)
  • Ich bin nicht reich genug, um geizig zu sein. (Wilkie Collins: Lucilla)
  • Er pflegte jede Lebenslage genau auf die Summe von Befriedigung hin zu prüfen, die sie ihm bot; er stellte gern jedem Augenblick eine Zensur aus. (Eduard Graf von Keyserling: Beate und Mareile)
  • Ich stelle mir die dringlichen Fragen erst dann, wenn es für dringliche Fragen aller Art zu spät ist. (Wilhelm Genazino: Das Glück in glücksfernen Zeiten)
  • Leute, die ihre Konflikte nicht lösen können, tragen diese in unbearbeiteter Form weiter mit sich herum, als eine Art metaphysische Bestürzung. (Wilhelm Genazino: Das Glück in glücksfernen Zeiten)
  • Ich benutze ein kleines Anfangsglück und spekuliere auf wohlgesonnene Folgeglücke. (Wilhelm Genazino: Das Glück in glücksfernen Zeiten)
  • Das Adjektiv zweifellos gebrauchten viel zu oft Menschen, die einfach nur über eine zu geringe geistige Reichweite verfügten, um irgendwelche Zweifel an ihrem Denken und Handeln zuzulassen. (Helmut Krausser: Nicht ganz schlechte Menschen)
  • Die meisten Lebewesen, sagte er, legen viel zuviel Wert auf das Urteil von Artgenossen, die ihnen eigentlich nichts bedeuten müßten. Diese Artgenossen zu entmachten, durch entschiedene Gleichgültigkeit, sei die erste Stufe auf dem Weg zur geistigen Freiheit. Er kenne Künstler, große Künstler, die sich von jedem Mundfurz eines Idioten verunsichern ließen. (Helmut Krausser: Nicht ganz schlechte Menschen)
  • Meine Meinung wechselt täglich. Sie ist ein gasförmiger Zustand in meinem Gehirn und verändert sich mit jeder neuen Information. (Sibylle Berg: Vielen Dank für das Leben)
  • Toto wusste, dass Tiere über die gleiche Intelligenz verfügen wie Menschen und allein durch eine Verkettung unglücklicher evolutionärer Umstände in Körper ohne Stimme und ohne praktische Hände geboren werden. (...) Toto begriff durch sie, dass man ohne den Kontakt zu Menschen unbeschadet überleben kann, wenn Tiere in der Nähe sind. (Sibylle Berg: Vielen Dank für das Leben)
  • Ihm war nur klar, dass die Börse das größte Geschäft mit der Gier der Menschen ist. Fast noch sicherer als der Tod. (Sibylle Berg: Vielen Dank für das Leben)
  • Die Stunden zogen sich, die Kinder lagen im matten Halbschlaf, der in den meisten Fällen die bestimmende Lebensform der kommenden sechzig Jahre war. (Sibylle Berg: Vielen Dank für das Leben)
  • Für einen anständigen Menschen gibt es nichts Unangenehmeres, als um Verzeihung gebeten zu werden. Die braven Leute werden in solchen Fällen ungemein nervös dem Bittenden gegenüber. (Wilhelm Raabe: Der Schüdderump)
  • Der mythische Nebel, der bald um alle großen Menschen aufsteigt... (Wilhelm Raabe: Der Schüdderump)
  • Frodo und Gollum verkörpern die schwierige Existenz zwischen vielfältigen Verlockungen und dem Weg zum einfachen Glück. Wir möchten der tapfere Frodo sein, der wie Odysseus an den Mast gekettet scheint, doch in der Welt des Konsums ist uns Gollum immer auf der Spur. (Harry Nutt: Mein schwacher Wille geschehe)
  • In dem nomadischen Möbel zeigt sich das politische Chaos der Zeit. Im Pappkarton mit den Steuersachen zeigt sich das nie erloschene Bedürfnis, gegebenenfalls auch verschwinden zu können. Die stets wache Absicht, sich im Ernstfall aus dem Staub zu machen, unterhält heute den gesamten Berufsstand der Wirtschafts- und Steuerberater. (Harry Nutt: Mein schwacher Wille geschehe)
  • Zum Charakterbild der Aufschiebekünstler gehört es, sich das drohende Grauen vor der selbstauferlegten Handlung besonders düster auszumalen. (Harry Nutt: Mein schwacher Wille geschehe)
  • "unser schlechtes Gedächtnis für die 'guten alten Zeiten'" (Eva-Maria Altemöller: Seelenruhe)
  • Sachen, mit denen man kein Geld verdienen kann, verwirren die Leute. (Paul Auster: Timbuktu)
  • Er war so sehr ans Nichtstun gewohnt, daß die rechte Zeit zum Eingreifen nie kam, bis die Gelegenheit dazu schließlich für immer vorbei war. (Anthony Trollope: Die Türme von Barchester, S. 114)
  • Ich sehe jeden Tag etwas ein, nur ist es oft dasselbe, was ich vor einer Woche schon eingesehen habe. (Max Frisch an Uwe Johnson, 9.4.1975)
  • Ich bin wieder einmal betrübt über Ihren ausdauernden Blick auf Ereignisse nach Ihrem Ableben, da doch die Ärzte Fehl an Ihrem Zustand zu finden außerstande sind. (Uwe Johnson an Max Frisch, 22.3.1975)
  • Irgendwie besaß Lowborough die Gabe der Mäßigung nicht. Geriet er ein wenig nach der einen Seite ins Stolpern, so mußte er erst ganz zu Boden, bevor er sich wieder erheben konnte. Schoß er in einer Nacht übers Ziel hinaus, machten ihn am nächsten Tag die Auswirkungen davon so elend, daß er die Übertretung wiederholen mußte, um den Schaden zu heilen- und so ging es weiter von Tag zu Tag. (Anne Brontë: Die Herrin von Wildfell Hall, S. 291)
  • Adam war auch nur ein Mensch - das erklärt alles. Ihn gelüstete nicht nach dem Apfel an und für sich; es gelüstete ihn nur nach dem Verbotenen. Der eigentliche Fehler war, den Apfel und nicht die Schlange zu verbieten; sonst hätte er nämlich die Schlange verspeist. (Knallkopf Wilsons Kalender)
  • Es gehört zu den Ungereimtheiten des Lebens, daß uns selbst manchmal bis zuletzt verborgen bleibt, was uns jeder andere hätte sagen können. (Joseph Roth: Erzählungen)
  • ... ein längeres Flüstergespräch über die im Gleichmaß mit der Proliferation des Informationswesens fortschreitende Auflösung unserer Erinnerungsfähigkeit. (W. G. Sebald: Austerlitz, S. 400)
  • Was der Mensch, so Fritz J. Raddatz, Tucholsky adaptierend, doch eigentlich wolle, sei ein Haus an der Nordsee mit Blick auf die Alpen.
  • Wurde nicht alles im Leben erst dadurch reizvoll, daß man ihm ein Quäntchen Boshaftigkeit beimengte? (Florian Felix Weyh: Toggle, S. 156)
  • Daß ausgerechnet die Mitmenschen, die sich ihres Feingefühls rühmten, einem so penetrant ihre Gefühle aufdrängen mußten. (Judith Schalansky: Der Hals der Giraffe, S. 162)
  • Das passierte ihm öfter, daß andere etwas hatten, was er gar nicht haben wollte, und er trotzdem neidisch darauf war. (Hans Ulrich Treichel: Grunewaldsee, S. 200)
  • Im Grunde mußte man ja gar nicht selbst denken als Student. Man mußte nur das bereits Gedachte halbwegs verstehen, speichern und gegebenfalls wieder von sich geben. Das genügte. Irgendwo hatte er einmal gelesen, daß es zwei Sorten von Gelehrten gebe: zum einen die wahrhaften Denker und zum anderen die Denker von Gedachtem. (Hans Ulrich Treichel: Grunewaldsee, S. 10)
  • Erstaunlich, denkt er, daß die Menschheit trotz der ihr zugemuteten Todeserkenntnis so viel zustandebringt. (Helmut Krausser: Eros, S. 145)
  • Ich schwor, mich nicht kaufen zu lassen, zu keinem Preis - und wußte im selben Moment, daß, wer solche Schwüre leistet, die drohende Gefahr nicht nur spürt, sondern ihr entgegeneilt. (Helmut Krausser: Eros, S. 7)
  • Man macht einen Schritt über seine herznahen Belange hinaus, schon wird man mitschuldig an irgendwelchen Schweinereien. (Ralf Rothmann: Berlin Blues. Ein Schauspiel, S. 85)
  • Meine gute Stimmung verfestigt sich zum Abend hin. (Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh)
  • Der merkwürdigste Punkt im Leben ist immer, wenn sich plötzlich ein zuvor heftiges Interesse aufzulösen beginnt. (Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh)
  • Ich bin jemand, der einmal gegebene Zusicherungen nicht gerne relativiert, auch vor mir selber nicht. (Wilhelm Genazino: Mittelmäßiges Heimweh)
  • Sie ging im Bann eines jener mörderischen Wutanfälle hinaus, bei denen man sich die Macht wünscht, alles zu vernichten, und die, da man dazu nicht imstande ist, an den Wahnsinn grenzen. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Schüchterne Menschen sind argwöhnisch, jähes Entgegenkommen erschreckt sie. Sie laufen vor dem Glück davon, wenn es lärmend naht, und geben sich dem Unglück preis, wenn es bescheidentlich und begleitet von weichen Schatten naht. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Zweifellos ist es für einen Mann, der seinen Lebensunterhalt verdienen muß, ein Unglück, mit einem wahrhaft edlen Charakter geboren zu sein. Eine noble Seele bringt einen Mann ins Armenhaus. (Thomas Hardy: Blaue Augen)
  • Wenn sie das Schlimmste wüßte, konnte sie kein Zufluchtsort mehr für ihn sein. Ihm kam ein Gedanke, der ihm noch nicht ganz klar war. Soldaten sagten, daß sie ihren Frauen nichts von Frankreich erzählten, um sie nicht zu beunruhigen. Aber es war mehr als das. Er brauchte ihre Unwissenheit, um sich darin zu verstecken. Doch gleichzeitig wollte er, daß sie möglichst viel voneinander wußten. Und diese beiden Wünschen waren unvereinbar. (Pat Barker: Niemandsland)
  • Das In-guter-Kondition-Halten der menschlichen Psyche ist eine Forderung unserer sich in alles einmischenden Gesellschaft - und der Mord an tieferer Erkenntnis. Im übrigen führt auch die Wissenschaft mit ihrer einseitigen Kultivierung des Verstandes zu einer Verstümmelung des Gehirns, so daß neben den Türen der Erkenntnis, die sich quietschend öffnen, andere Türen sich verklemmen. (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit, S. 612)
  • "Der Mensch ist bestenfalls ein plump verzierter Rahmen um das Loch, aus dem er seinen Abfall in die Welt drückt." (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit)
  • Was bleibt vom Menschen übrig? Wie gesagt: Mindestens ist er der ziemlich plump verzierte Rahmen um das Loch, aus dem sein Schmutz in die Welt tropft... und bestenfalls ebendieser Rahmen, allerdings um den Spiegel seines Geistes. (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit, S. 609)
  • Zu den überspannten Schöpfungen des Menschen, zu seinen größten Taten der Selbstüberschätzung gehört doch sicherlich auch die Installierung eines Ziels. (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit, S. 595)
  • Eigenartig, wie gut die Menschen ihre Haushaltsgegenstände im Laufe der Zeit kennenlernten, mitsamt allen Schönheitsfehlern und Macken... (A.F.Th.van der Heijden: Der Gerichtshof der Barmherzigkeit, S. 365)
  • Wenn nur das Mitleid nicht so ermüdend wäre, immer das Leben der anderen mitleben, obgleich – dreiviertel unseres Lebens liegt irgendwo im Leben der anderen. Können wir das nicht mitmachen, so bleibt uns nur ein Viertel, das ist für den Rausch zu wenig, das ist fast Nüchternheit. (Eduard Graf von Keyserling: Bunte Herzen)
  • Schon daß es gleichgültig ist, worüber man redet, zeigt eine Lebensübereinstimmung. (Martin Walser: Ein liebender Mann, S. 128)
  • Wir leben in den Fußstapfen unserer Fehler. (Heinrich Steinfest)
  • Wie alle großen Geister einsam sind, weil ihre Geisteshöhe sie über die gemeine Ebene der Dummheit erhebt, hatte Heraklius sich bis dahin einsam gefühlt. (Guy de Maupassant: Novellen 1875-1881, S. 54)
  • Jeder neu formulierte Unterschied, der nichts anderes als das seitenverkehrt gespiegelte Eigene ist, erhöht das Wohlbehagen. (Urs Widmer: Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück, S. 266)
  • ... daß niemand gern die Träume eines andern hört. Nicht, weil sie uns zu intim wären. Nein, die Träuem der andern sind langweilig. (Urs Widmer: Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück, S. 256)
  • Nur weil wir den Schrecken, den wir eigentlich empfinden müßten, abwehren können, halten wir das Leben aus. Können wir es ohne allzu verschlingende Ängste verbringen. Ein Hoch auf die Abwehr, ein Hurra auf unsere Fähigkeit, einzeln und kollektiv das Entsetzen von uns fernzuhalten. Man kann nicht zuviel von uns verlangen, überleben zu wollen, ist etwas Egoistisches. (Urs Widmer: Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück, S. 19)
  • Es gibt keine unaufhörlichere und quälendere Sorge für den freigebliebenen Menschen, als den zu finden, vor dem er sich beugen kann. (Fedor M. Dostoevskij: Die Brüder Karamasow)
  • Die uralte amerikanische Geschichte: Beschützt die Jungen und Mädchen vor dem Sex. Aber dafür ist es immer zu spät. Zu spät, weil sie bereits geboren sind. (Philip Roth: Das sterbende Tier, S. 68)
  • Ich - wie kann man zwanzig Jahre später noch ich sagen? (Arnold Stadler: Der Tod und ich, wie zwei, S. 50)
  • Wer den Hochmut mit dem Tod bezahlt, wird als tragisch angesehen, wer weiterhumpelt, als komisch. (Uwe Timm: Halbschatten, S. 220)
  • Die wenigsten, die einen Kerker auf die Bühne brachten, haben auch nur einmal in einem Kerker gelegen und wollen uns doch sagen, wie man sich vor einer Hinrichtung befindet; Büchner, als er seinen ungeheuren Danton schrieb, kannte die Guillotine von Stichen, Kafka ist niemals Käfer gewesen. (Max Frisch, Briefwechwsel mit Friedrich Dürrenmatt)
  • Es übersteigt die Möglichkeiten der menschlichen Kraft, und unserer Gehirnstruktur, beide Bereiche, das innere und das äußere Leben, souverän zu gestalten! (Arno Schmidt: Nichts ist mir zu klein. Funk=Essays Bd.1)
  • Ein Leben, angefüllt mit eigener Arbeit, das muß den Tod Respekt abnötigen. Die Zeit tickt zwar stur daher, wir aber lassen etwas hinter uns liegen. Es ist ein produktiver Irrtum. (Urs Widmer: Das Normale und die Sehnsucht)
  • "Unzufriedenheits-Dilemma" - Dachwort der Sozialwissenschaftler für Menschen oder Gesellschaften, die sich schlecht fühlen, obwohl es ihnen "objektiv" gut geht - Deutschland im 21. Jahrhundert zum Beispiel. Im schönsten Komfort, mit unbeschränktem Zugang zu allen Kulturgütern und mit einem Grad von Freiheit, wie er auf Erden selten war und ist, finden viele ihr Leben dennoch zum Gähnen oder zum Kotzen. (Wolf Schneider: Glück. Eine etwas andere Gebrauchsanweisung)
  • Wir sind eben außerstande, beim Rückblick auf unsere dreißig, sechzig Lebensjahre von den Umständen und den Stimmungen des Tages abzusehen. Es wäre übermenschlich, im Licht einer gestern gewonnenen Lottomillion dieselbe Lebensbilanz zu ziehen wie in Erwartung der nächsten Nierenkolik. (Wolf Schneider: Glück. Eine etwas andere Gebrauchsanweisung)
  • ... obgleich viele, die sich Trost und Mitleid verbitten, im Inneren wünschen, daß ihnen jemand übers Haar streicht. (Brigitte Reimann, in: Reimann/Wolf: Sei gegrüßt und lebe. Eine Freundschaft in Briefen. 1964-1973)
  • ... ist es nett, daß hierzulande immer irgendwas kaputtgeht und daß, dank eines winzigen dreisten Schräubchens, das sich ungefragt verkrümelt, der Geist aus der Flasche, die TECHNIK, auf menschliches Maß zusammenschrumpft. (Brigitte Reimann, in: Reimann/Wolf: Sei gegrüßt und lebe. Eine Freundschaft in Briefen)
  • Ein Mensch - gewaltsam in eine Masse gezwängt - verliert spielend leicht sein bißchen Willen, (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 30)
  • Wie alle richtig bäuerlichen Typen, sagte er, ist meine Bewunderung für die Natur sehr begrenzt. (Lars Gustafsson: Der Dekan)
  • ... weil die Hoffnung die Menschen ertragen läßt. Ein anderes Wort für Lüge, sonst wären sie schon alle tot, die Menschen, würden sie nicht hoffen, daß irgendwann die Erleuchtung käme, das Wunder. (Sibylle Berg: Amerika)
  • Ein großer Friede wird dem Menschen, wenn er etwas genauso vorfindet, wie er sich vorgestellt hat. (Sibylle Berg: Amerika)
  • ... weil Zufriedenheit doch eine Eigenschaft von Dummköpfen ist. (Sibylle Berg: Amerika)
  • Manche Menschen werden kleiner, wenn man sie unter die Lupe nimmt. (Andreas Poser)
  • Es sei ihm die Tatsache immer erschreckend gewesen, daß die meisten Leute schon sehr früh ihr Geistesvermögen aufgebraucht haben und aufeinander und urplötzlich vor dem Nichts stehen und den Rest des Lebens dann mit dem von ihm so genannten Geistesexistenzminimum dahinvegetieren. (Thomas Bernhard: Die Billigesser)
  • Was für ein böses Geschöpf ist der Mensch, wenn er Macht hat. (Luise Rinser: Wachsender Mond. 1985-1988)
  • Die meisten Menschen bewohnen ein Weltall, das wie französischer 'cafe au lait' ist - fünzig Prozent Magermilch und fünfzig Prozent abgestandenes Zichorienwasser, halb psychophysische Wirklichkeit und halb konventioneller Wortschwall. (Aldous Huxley: Genie und Göttin)
  • Es ist seltsam bestellt um den Geist; nie erhebt er sich höher, als wenn der Leib eine Weile durch die Gosse gewatet ist. (W. Somerset Maugham)
  • Es gibt Lebenslagen, in denen jede sichere Tatsache zu Brei zerfließt. Deshalb ist auch der gerühmte "Realismus" ebenso nur ein angespannter Willensakt wie irgendein mystisches Dafürhalten. Mag die Welt sein, was sie will, sie spielt sich ausschließlich in unserem Innern ab. (Franz Werfel: Cella oder Die Überwinder)
  • Die Menschen brauchten von Zeit zu Zeit ein paar Abweichungen, damit sie um so unangefochtener in ihren Verhältnissen weiterleben konnten. (Wilhelm Genazino: Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman)
  • Der Mensch sehnt sich nach großen Ereignissen, und ein größeres Ereignis als Krieg gibt es nicht. Lieber donnernde Kanonen und ächzende Mähren als Langeweile, so ist der Mensch. Und wer Krieg führt, der langweilt sich nie. Nicht Müßiggang, sondern die Flucht in große Ereignisse, um dem Müßiggang zu entkommen, ist aller Laster Anfang. (Maarten 'tHart: Der Psalmenstreit, S. 367)
  • "Wenn er nicht genügend Aufmerksamkeit kriegt, wird er krank. Wie immer." Julian seufzt. Manche Menschen beziehen ihre Sicherheit vorwiegend aus dem Gleichbleiben ihres Elends. (Paulus Hochgatterer: Eine kurze Geschichte vom Fliegenfischen, S. 17)
  • Kindische Wünsche umgehen alle Fallen des erwachsenen Bewußtseins und überleben dieses oft bis in hohe Alter. (Milan Kundera: Das Buch der lächerlichen Liebe, S. 78)
  • Der Mensch durchschreitet die Gegenwart mit verbundenen Augen. (Milan Kundera: Das Buch der lächerlichen Liebe, S. 9)
  • Was einen denkenden Menschen wirklich bedroht (...), sind zwei Dinge: Dummheit und Teamarbeit.
  • Wenn die Krankheit sich wohlfühlt, wenn sie merkt, daß sie an den Richtigen geraten ist, macht sie es sich sehr schnell gemütlich. (Urs Widmer: Herr Adamson, S. 38)
  • Man sieht, warum ich für Introspektion, für tiefes Graben, nicht viel übrighabe. Kratz an der Oberfläche, und Häßliches quillt heraus. (John Updike: Die Tränen meines Vaters, S. 357)
  • Es ist leicht, Menschen in der Erinnerung zu lieben; schwierig ist es, sie zu lieben, wenn sie da sind, vor deinen Augen. (John Updike: Die Tränen meines Vaters, S. 256)
  • Das menschliche Bewußtsein hat sonderbare Fäigkeiten. Wie groß auch immer Dinge waren, es konnte sie umfassen, als sei es selbst noch größer. (John Updike: Die Tränen meines Vaters)
  • Man kann jahrelang in völliger Isolation arbeiten, aber irgendwann kommt dann ein Moment, in dem man das Bedürfnis hat, seine Arbeit der Welt zu zeigen; nicht so sehr, um deren Urteil einzuholen, sondern um sich selbst der Existenz dieser Arbeit und sogar der eigenen Existenz zu vergewissern, denn innerhalb staatenbildender Arten ist die Individualität nur eine kurz anhaltende Fiktion. (Michel Houellebecq: Karte und Gebiet, S. 121)
  • Ich glaube, immer beobachtet zu haben, daß der sogenannte realistische Mensch in der Welt unzugänglich dasteht, wie eine Ringmauer aus Zement und Beton, und der sogenannte romantische wie ein offener Garten, in dem die Wahrheit nach Belieben ein und aus geht... (Joseph Roth: Die Kapuzinergruft, S. 76)
  • Man ist mehr Monster, als man weiß. (Ralf Rothmann: Feuer brennt nicht)
  • Jeder Mensch begreift stets nur zu seinen Gunsten. (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 330)
  • Manchmal höre ich im Radio, daß eine Sportsendung läuft. Der Sprecher geifert, wer wieviel sprang oder traf. Und das hören sich Millionen an. Völlige Verkalkung einer Zivilisation in den Sportprogrammen. (Sandor Marai: Tagebücher 1984-1989, S. 75)
  • Schopenhauer sah in den "Zweibeinern" - sich selbst und vielleicht Kant ausgenommen - gemeine, viehische, habgierige, dumme Schmarotzer. Und so ist die große Mehrheit in der Tat. Aber er scheint vergessen zu haben, daß nie die Mehrheit zählt, sondern immer und zu jeder Zeit nur die sehr wenigen, die anders sind. (Sandor Marai: Tagebücher 1984-1989, S. 67)
  • Ein Mensch - gewaltsam in eine Masse gezwängt - verliert spielend leicht sein bißchen Willen. (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 29)
  • Jede schlechte Absicht wirkt eher beruhigend als furchteinflößend: Man weiß wenigstens, daß der Mensch jederzeit zu jeder Schandtat fähig ist. Überraschungen ausgeschlossen! (Sandor Marai: Tagebücher 1984-1989, S. 33)
  • Es ist eine meiner Besonderheiten, daß gewisse Wirklichkeiten mir als 'wahr' nur erscheinen, wenn die Phantasie sie vergrößert. (Julien Green: Der andere Schlaf, S. 93)
  • Man sieht hier, wie der junge Mensch von einer der härtesten Tatsachen des Lebens noch gar nicht durchdrungen zu werden vermag: von der absoluten Konstanz der Charaktere. Unter den Erwachsenen zeigen nur die Pädagogen diesen infantilen Zug, der sie an die Möglichkeiten von Erziehung durch andere glauben macht. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Lügen, die eingealtet sind und im Haushalt der Seele ihre notwendige Rolle spielen, können nicht plötzlich durch die Wahrheit ersetzt werden. Jede zweite Wirklichkewit, von der ersten schlagartig verdrängt, führt nicht in diese, sondern in den Tod. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Wir fanden uns, hatten wir uns gleich seit dem 23. Juni nicht mehr gesehen, keineswegs in jener Verlegenheit, in die alle Leute immer wieder geraten, denen ein wirklicher Bezug zueinander fehlt und deren eigentlich angemessene Form des Verhältnisses doch stets das Entfernt-Sein bleibt, wenn man auch gelegentlich einmal zusammentrifft und sich gegenseitig ins Bild zu rücken trachtet, das doch nie eines werden kann. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Ich erkannte, daß jeder wirklich anständige Mensch eine Art Edelstein im Gehäuse seiner Person trägt: und das sind die Rubine, auf welchen des praktischen Lebens Uhrwerk ruht, das seinen Gang nicht behalten kann, wenn diese unentbehrlichen Widerlager ausfallen. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Wir alle sind vielseitige Prismen: so viele Menschen uns kennen, so vielmal verschieden existieren wir. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Wenn man irgendwo nicht wirklich anpacken will, dann sieht man auch die Stelle nie, wo es wirksam getan werden könnte. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • ...zeigte sich doch, daß eine behelfsmäßig angenommene Attitüde, eine Pose, wie jene des altruistischen Interesses bei Orkay, unversehens gerade in die Haltung übergehen kann, welche hat dargestellt werden sollen! (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Jedes wirkliche Gespräch bricht Tore in's Hier und Jetzt, in's So und So, ein Vorgang, der zur größten Unhöflichkeit, ja, Lieblosigkeit ausartet, gegenüber jedem, der nun einmal entschlosssen ist, alles andere eher zu tun als durch ein solches Tor zu gehen. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • "Jedermann, der einer Sache wirklich nützen will und nicht nur irgendwas nachplappert, wird früher oder später von den durchschnittlichen Anhängern der Richtung für zweideutig gehalten werden: und das nur, weil er kein Simpel ist." (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • All diese fragwürdigen Schlußfolgerungen dachte ich jetzt ordentlich zu Ende. Jedes Zu-Ende-Denken ohne Verluste des Fadens befriedigt. Diese Befriedigung ist eine lächerliche, denn beim tieferen Denken geht der Faden immer verloren. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • An uns allen öffnet sich mitunter ganz plötzlich ein Plaudermund, als bräche eine Wunde auf, und blutete nun, nach langer Verharschung und Verhärtung des Schweigens. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Selbstverständlichkeiten sind Ungeheuer, die neben uns geschlafen haben. Jetzt erwacht das Untier, es rührt sich. Wir haben es erkannt. Nur Selbstverständlichkeiten können den Gegenstand wirklicher Denkakte bilden. Das Originelle und Interessante ist immer zweiklasig. Daher gibt es nur zweitklassige Anekdoten. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Es gibt in jedem Stande Leute, die aus ihm herausfallen, sei's die Treppe hinauf, sei's die Treppe hinunter. Es gibt Hocharistokraten, die Bibliothekare züchten oder überragende Erkenntnistheoretiker sind. Es gibt Industrieproletarier mit geistesgeschichtlichen Wendepunkten. Es gibt Buchbinder mit genialischen Aspekten. (...) Es gibt Kleinbürger mit Weite des Herzens und großartiger Humanität. (Doderer)
  • Der Schaden, den ein Freund uns bringt, ist manchmal fast so groß wie der Nutzen, den ein Feind uns bringt; aber das unmündige Volk der Gefühle, der Sympathien und Antipathien, hat indessen, überall herumtollend, die Namensschildchen an den richtig zugewiesenen Örtern vertauscht. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Jedermann ist übrigens auch die Tugenden seiner Feinde zu sehen, wenn diese Tugenden ausnahmsweise einmal ihm selbst zustatten kommen. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • "Ein idealer Richter", sagte Andree. "Was für ein Höhenflug der Phantasie. (Sybille Bedford: Ein trügerischer Sommer)
  • Die Spitzen, welche wir unserem Leben dann und wann angeschliffen haben, waren vielleicht wirklich notwendig; wenn sie dann wieder weggebrochen sind, wirken sie freilich alle unverständlich, ja lächerlich. (Heimito von Doderer: Die Dämonen)
  • Ich bin überzeugt: wenn Sie neun prächtige Rosen bekommen, dann sehen Sie nur die eine, die etwas lädiert ist, und lobt jemand die acht intakten, so halten Sie ihn für blind oder blöd. Wer so wahrnimmt wie Sie, muß zwingend zu einem verheerenden Weltbefund kommen, und man fragt sich, wie und warum er es aushält in dieser Finsternis. (Markus Werner: Am Hang)
  • ... lauter labile, schwankende, orientierungslose Daseinszapper und -surfer. (Markus Werner: Am Hang)
  • Zukunftsträume (...) können nur Alpträume sein, zumindest für jene, denen schon vor der Gegenwart graut. Und wenn man sich diese wegträumt, indem man der Menschheit vom Sofa aus eine partielle Sinflut verordnet, dann landet man naturgemäß im Gestern. (Markus Werner: Am Hang)
  • ... der Versteinerte lebt wetterunabhängiger. (Markus Werner: Am Hang)
  • Dr. Wyatt alias Stephen Fry: "Meistens rebellieren Sie im Kleinen." "Rebellieren?" "Hm, die bunten Socken, die Gürtelschnalle, die ein wenig aufträgt. Das ist der Mechanismus. Leise Rebellion. Ihre Art, sich einer persönlichen Kontrolle einer homogenisierende Organisation (...) zu entziehen." (Bones S02E13)
  • In Zukunft wird sich die Utopie beeilen müssen, wenn sie die Realität einholen will. (Wernher von Braun)
  • Das Leben der meisten Menschen versandet in halbwegs gezogenen, halbwegs unterlassenen Konsequenzen. (Hermann Burger: Schilten)
  • Wer endlose Monologe zu halten versteht, so daß man glaubt, er sei schon als Säugling mit einer Grammophonnadel geimpft worden, wer die anderen in Grund und Boden schnorrt, keinen Einspruch, keinen Widerspruch, kein Schweigen aufkommen läßt, hat alles gewonnen! Nicht sagen, was man denkt, sondern denken, und zwar ununterbrochen laut denken, was man sagen kann. Jedes Ohr, das sich euch entgegentrichtert, vollpflastern. (Hermann Burger: Schilten)
  • Es gibt Einsichten, die uns an Ort und Stelle treffen wie ein Blitz, während sie uns von ferne kaum als Wetterleuchten beunruhigen. (Hermann Burger: Schilten)
  • Computerabsturz. Nach dem ersten Schock, nach den Rettungsversuchen durch besser beschlagene Freunde, die zu nachtschlafener Zeit sogar telefonische Beratung durch wieder andere, noch besser beschlagene Freunde in Anspruch nehmen - anscheinende wird eine Computerhavarie ganz selbstveständlich als Katastrophe behandelt und löst zu jeder Tages- und Nachtzeit grenzenlose Hilfsbereitschaft aller PC-Profis aus... (Christa Wolf: Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud, S. 167)
  • Die entscheidende Frage ist doch, wie dick und wie haltbar die Decke unserer Zivilisation ist. Wie viele vernichtete, sinnlose, perspektivlose Existenzen sie tragen kann, bis sie an dieser oder jener Stelle reißt, dort, wo sie mit heißer Nadel genährt ist. (Christa Wolf: Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud, S. 38)
  • Der Geschlechtsakt ist daher ein Doppeltes. Von innen ganz Lust, ein bis aufs letzte gespürtes Leben, von außen anatomische Groteske. (Friedrich Dürrenmatt: Literatur und Kunst, Essay und Reden, S. 195)
  • Wenn Elend so gewaxen ist, daß Es den Großenraum-der- Furcht ausfüllt, dann entdecken Menschen Gesang&schrift, entweder Pfeifen im Keller od Kritzeln auf Papier. Du=selber hast mir einst erklärt: Die Herkunft Allerkunst ist nicht die Anbetung von Schönheit, sondern die Bannung von Schrecken. (Reinhard Jirgl: Die Stille)
  • Sobald die Paradoxie 1=selber trifft, kommt das Hauptübel Allermenschen zum Vorschein: fehlender Witz. (Reinhard Jirgl: Die Stille)
  • Isolde Przemysl war Jüdin, und 20 Jahre später war sie tot. Wahrscheinlich ermordet. Theresienstadt. -- Menschen haben nach Menschen gegriffen mit aller Bestialität & im Stil ihrer Zeit; Bestialität die dann alles-Menschliche übersteigt, je mehr Menschen daran.... beteiligt sind. In zerrütteten Gesellschaften genügen Wenige mit dann immenser Macht, um das- Bestialische innerhalb dieser Gesellschaft von derKette zu lassen. (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 180)
  • Man lasse sich von Sprüchen & Posituren nicht blenden: Die das Maul am weitesten aufreißen, in Frisch-Fromm- Fröhlich-Freier=Plärre ihre geistlosen Ärmel turnväterisch aufkrempeln mit Muskeln & Augen rolln -:! das sind oft=genug die der-Verwesung am engst=Verwaxnen. (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 46)
  • Meine These geht dahin, daß dem menschlichen Charakter immer ein Paradox innewohnt. Irgendein Widerspruch, der den Knoten festzurrt, zwei unvereinbare Hälften zusammenhält. (Tim Parks: Schicksal, S. 68)
  • Der Argwohn ist unter den Gedanken, was die Fledermäuse unter den Vögeln sind: sie flattern stets im Dämmerlicht.(Uwe Tellkamp: Der Turm, S. 924)
  • Ein weites Herz ist Sache der Sieger, Nachsicht üben meist die Erfolgreichen, nirgendwo gedeiht Großmut besser als im Sonnenschein des Gelingenes. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 179)
  • Der Mensch ist das hoffend, bagend, grübelnd in die Zukunft greifende Tier. (Wolf Schneider)
  • Wir sind eben außerstande, beim Rückblick auf unsere dreißig, sechzig Lebensjahre von den Umständen und den Stimmungen des Tages abzusehen. Es wäre übermenschlich, im Licht einer gestern gewonnenen Lottomillion diesselbe Lebensbilanz zu ziehen wie in Erwartung der nächsten Nierenkolik. (Wolf Schneider: Glück. Eine etwas andere Gebrauchsanweisung, S. 25)
  • Das Wetter? Psychologen wissen es, seriöse Meinungsforscher auch: Umfragen bei Sonnenschein ergeben mehr positive Gesamturteile über die eigene Zufriedenheit als solche bei Regen. (...) Die Haare können einem zu Berge stehen, wenn man liest, was alles die Aussagen über das Lebensglück beeinflussen und folglich die Statistik verfälschen kann. (Wolf Schneider: Glück. Eine etwas andere Gebrauchsanweisung, S. 24)
  • Angesichts der facettenreichen Geschichte der Menschheit sollte man keineswegs auf eine nur freudige Zukunft schließen, dennoch gibt es Grund zum Optimismus. (Jason Epstein: Vom Geschäft mit Büchern)
  • Wer ist man denn, daß man seine privaten, oft störrischen Bedenken für die Hürde hält, über die alle anderen zu springen haben? (Jurek Becker: Amanda herzlos)
  • Ist es nicht verblüffend, daß die Natur (die uns mit einem konfusen Hirn, einem sinnlosen Blinddarm und lieblos gestylten Ohren ausgestattet hat) unser Geschlecht dermaßen attraktiv gemacht hat, daß wir immer erneut nachprüfen, ob alles immer noch so herrlich ist wie beim letzten Mal. Wir können es nicht glauben. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 261)
  • Vorgestern abend hatte ich zwar mehrere Stunden lang anders gedacht, wie denn überhaupt ein konsequentes, charaktervolles Denken und ein edles Beharren bei einmal als richtig erkannten Gesinnungen mir leider nicht gegeben ist. (Hermann Hesse: Sämtliche Werke, Bd. 14: Betrachtungen und Berichte. 1927-1961, S. 12)
  • ... daß heute so viele, die als Intellektuelle auftreten, befremdend leblos wirken. Unsinnlich. Völlig neben den Schuhen. Ohne einen Funken Humor. Als seien sie mit Kammgarnanzügen verkleidete Tonbänder, die uns zwar komplexe, aber dennoch unüberhörbar standardisierte Sätze vorspielen. Einen wie (Tomi) Ungerer, der streng aber ungerecht ist, muß das rasend machen. Es macht ja sogar mich, der ich gerecht aber mild bin, ziemlich kribblig. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 44)
  • Tatsächlich richten wir uns an einem 'noch' unglücklicheren Menschen sofort auf. (Thomas Bernhard: Beton, S. 210)
  • Wer ängstlich abwägt, sagt gar nichts. Nur die scharfe Zeichnung, die schon die Karikatur streift, macht eine Wirkung. Glauben Sie, daß Peter von Amiens den ersten Kreuzzug zusammengetrommelt hätte, wenn er so etwa beim Erdbeerpflücken einem Freunde mitgeteilt hätte, das Grab Christi sei vernachlässigt und es müsse für ein Gitter gesorgt werden?!" (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 284)
  • Durchschnittsmenschen glauben sich so schnell wie möglich verewigen zu müssen, damit die Herrlichkeit nicht ausstirbt. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 144)
  • "Frondeur ist doch immer nur der gewohnheitsmäßig Unzufriedene, und wer immer unzufrieden ist, taugt nichts. Immer Unzufriedene sind dünkelhaft und oft boshaft dazu, und während sie sich über andre lustig machen, lassen sie selber viel zu wünschen übrig." (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 124)
  • Vernunft ist immer nur bei wenigen. (Theodor Fontane: Der Stechlin)
  • Wir verkriechen uns nämlich alle. Heldentum ist Ausnahmezustand und meist Produkt einer Zwangslage. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 25)
  • Während all der Jahre habe ich nie an das gedacht, was ich zurückgelassen habe. Heute sind wir vernünftig, nicht wahr? Wir trauern allem nach, was wir verloren, verwirkt, vernachlässigt haben, unserer Jugend genausosehr wie allem anderen. Wir glaubten, an nichts zu hängen. Dabei hängen wir an allem. (Emmanuel Bove: Ein Mann, der wußte, S. 51)
  • Sein Egoismus maß das Pulsieren der Welt anhand der Aufmerksamkeit, die er erhielt. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 112)
  • Das Fernsehen überhaupt auszuschalten, habe ich meistens nicht die Kraft, schon gar nicht an jenem Abend. Das kannst du nun "Sucht" nennen, Bruderherz, und du hast es mit sanftem Tadel so genannt; ich werde dir das nicht bestreiten. Einem jeden seine Taste, wie den Ratten die ihre, einem jeden seine Schwachstelle, an der die Segnungen der Zivilisation in ihn eindringen können. (Christa Wolf: Störfall, S. 112)
  • Nach Kopernikus, der uns gelehrt hat, daß wir uns nicht im Zentrum des Universums befinden, und Darwin, der uns darüber aufklärte, daß wir vom Affen abstammen, erzählt uns nun Freud, wir seien nicht einmal Herr unserer Sexualität. Das nennt er die 'dritte Kränkung', was ihn dazu veranlaßt, bei seiner Ankunft in New York zu behaupten: "Ich bringe Ihnen die Pest". (Frederic Beigbeder: Letzte Inventur vor dem Ausverkauf)
  • Der Geist braucht, hatte Goebbels gesagt, erstklassige Menus, sonst ist er einfallslos, krittelnd. Ein leerer Magen vertieft jeden Schatten ins Rabenschwarze. Darum müssen in den zentralen Propagandastellen gute Köche arbeiten. Kein Berufsstand ist durch gutes Essen so bestechlich wie die Arbeiter der Stirn. (Uwe Timm: Die Entdeckung der Currywurst, S. 62)
  • Jeder Mensch braucht das Bewußtsein, daß irgend etwas noch tiefer steht als man selbst. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 47)
  • Es ist aber das Erbteil von uns Schwachen, daß wir, an der Erdscholle klebend, so gern das Überirdische hinabziehen wollen in die irdische ärmliche Beengtheit. (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 94)
  • Wie sehr der arme Mensch geneigt ist, sich das letzte Restchen Freiheit zu verdämmen und überall ein künstlich Dach zu bauen, wo er noch allenfalls zum hellen heitern Himmel hinaufschauen könnte. (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 21)
  • Das Verwunderlichste bei einem Rückblick auf das eigene Leben ist die ursprüngliche Fähigkeit, an etwas zu glauben. Älter werden heißt, diese Fähigkeit verlieren, aufhören an etwas zu glauben, oder unfähig werden, an etwas zu glauben. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 33)
  • Der Mensch kann das Chaos nicht ertragen. Er bekämpft es entweder mit Religion oder mit Wissenschaft. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 637)
  • "Der Unterschied besteht darin, daß diese jungen Leute es als selbstverständlich ansehen, daß sie alles bekommen, was sie sich wünschen; wir dagegen sahen es als selbstverständlich an, daß wir es nicht bekamen. Ob aber etwas, dessen man von vornherein schon so sicher ist, das Herz auch in so wilden Aufruhr bringen kann?" (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 19)
  • Madame Bouffier: "Da sehen Sie's, meine Herrschaften, hab ich recht gehabt? Immer nur an anderen denken..." Jacobowsky irritiert unterbrechend: "Sie überschätzen mich, Madame Bouffier. Natürlich möchte ich, daß sich alle wohl fühlen, aber doch nur aus dem einzigen Grunde, damit ich mich selbst wohl fühlen kann." (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 17)
  • Es gibt keinen unsinnigen Ehrgeiz und keinen Irrsinn, für die Menschen nicht bereit wären, zu sterben. (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 241)
  • Die scheußliche Wahrheit ist, daß viele Menschen - junge Menschen im besonderen - die Leidenschaft zu töten in sich tragen. Alles, was sie brauchen, ist ein Vorwand, oder eine gemeinsame Sache. Das kann mal die Religion sein; ein andermal der Faschismus oder die Verteidigung der Demokratie. (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 241)
  • Meine Faulheit, meine Leidenschaft und meine leeren Phantasien hatten mich in einen hypnotischen Gedächtnisschwund fallen lassen. Jetzt hörte ich die Stimme meiner Mutter sagen: 'Kein Feind kann einem Mann das antun, was er sich selbst antut.' (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 24)
  • Je schiefer ein Kopf sitzt, desto fester ist sein Träger überzeugt, daß alle anderen Köpfe schief sind und er seinen eigenen hoch und gerade trägt. (Joseph Roth: Kranke Menschheit)
  • ... dachte sogar, daß man mit Menschen eigentlich gut auskommen könne, wenn man sie nicht braucht. (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 223)
  • ... Schwäche der Begüterten, die alles, was trivial ist, prunkvoll machen möchten. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 244)
  • Unsere Fähigkeit, uns selbst zu manipulieren, damit der Sockel unserer Überzeugung nicht ins Wanken gerät, stellt ein faszinierendes Phänomen dar. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 116)
  • Man kann sagen, was man will, man kann große Reden schwingen über die Evolution, die Zivilisation und jede Menge anderer Wörter mit "tion", der Mensch ist seit seinen Anfängen nicht weit gekommen. Er glaubt immer noch, daß er nicht zufällig hier ist und daß mehrheitliche wohlwollende Götter über sein Schicksal wachen. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 50)
  • Nimm einem Ding die Erwartung und du wirst seinen einzigen Schatz verlieren. Nichts hat einen Wert ohne Erwartung. Die Erwartung ist Gott. Es gibt keinen anderen Gott außer der Erwartung. Die Erwartung erklärt alles. Warum wir weitermachen. Warum wir nicht ertrinken. Warum wir uns von etwas verführen lassen, das in sich nicht verführerisch ist. (Alessandro iperno: Mit bösen Absichten, S. 254)
  • "Dann sag mir, woher weißt du so genau, daß er ihn essen wollte?" "Meinst du, er hat ihn zur Zierde gekauft?" (Man beachte, daß die Sonninos nach jüdischer Art der Frage den Vorzug gaben, im Gegensatz zur typisch christlichen der Behauptung.) (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 15)
  • ...holt er spontan aus dem Grundbuch der Erinnerung. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 11)
  • Warum wollte ich diesem Mann nicht glauben? Weil ab einem gewissen Alter das Mißtrauen so ausgeprägt ist, daß man niemandem mehr glauben will? Als er vor zwei Jahren geschwiegen und nichts unternommen hatte, um Coleman zu verteidigen, hatte er das gewiß aus demselben Grund getan, warum die Leute immer schweigen: weil es in ihrem Interesse liegt zu schweigen. Eigennutz ist kein Motiv, das im dunkeln bleibt. (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 346)
  • Obgleich die Welt voller Menschen ist, die glauben, alles über ihren Nachbarn oder dessen Nachbarn zu wissen, ist das, was man nicht weiß, in Wirklichkeit unendlich. Die Wahrheit über uns ist unendlich. (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 350)
  • Bei fortschreitendem Alter neigt man dazu, seine ehemaligen Ichs unter der Persönlichkeit, die man für die echte hält, zu ersticken. Aber in Wirklichkeit sind sie alle da und warten nur auf eine ermunternde Geste, um ans Tageslicht zurückzukommen in all ihrer arroganten Lebendigkeit. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 295)
  • Warum zieht es die Zunge unausweichlich zu jedem dentalen Schlagloch hin, warum entschlüpft sie der Befehlsgewalt, sobald sie diese Unebenheit ausfindig macht, um sich daran zu reiben wie eine Kuh am Pfosten? Stuart war unsere Unebenheit, unsere jähe Kaverne. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 201)
  • Je mehr er verstand, desto weniger fühlte er sich in der Lage zu urteilen. (John von Düffel: Houwelandt, S. 253)
  • Freud sagt, unser Geruchssinn sei mit schmerzlicher Bedeutung aufgeladen worden, als wir noch auf allen vieren gingen, die Nase näher am dungbedeckten Boden. Wir sind von niederer Art. Ein breiter Hals bei einer Frau scheint den Mann aufzufordern, sie zu bespringen und sich danach erschöpft zu rekeln und dazuliegen wie ein sattgefickter Löwe. Paarung von hinten, die Standardmethode der Natur. Was hat uns je dazu gebracht, uns umzudrehen? (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 150)
  • Deftiger und zum Brüllen komischer Humor kam schon immer von Menschen, die nicht nur zu Sentimentalität, sondern zu überaus törichter Sentimentalität fähig sind. (Gilbert Keith Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit, S. 180)
  • ... daß es Blicke gibt, die kein Mensch sich versagen kann; zum Beispiel auf einen Verkehrsunfall oder einen fremden Liebesbrief. (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 153)
  • Es gibt keinen Grund, weshalb zwei Menschen einander langweilen müssen, niemals. Versiegen etwa die Unbekannten in einem menschlichen Wesen? (Manuel Puig: Verdammt wer diese Zeilen liest, S. 281)
  • "Spätestens seit James Joyce wissen wir", sagte er, "daß das größte Abenteuer unseres Lebens das Fehlen von Abenteuern ist. Odysseus, der bei Troja kämpfte, über die Meere fuhr, sein Schiff selbst steuerte, auf jeder Insel eine Geliebte hatte - nein, das ist nicht unser Leben. Homers Odyssee hat sich nach innen verlagert. Sich verinnerlicht. Inseln, Meere, Sirenen, die uns locken, Ithaka, das uns zurückruft, das sind heute nur noch Stimmen unseres Innern." (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 125)
  • Man wünscht sich ein glückliches Leben, und es ist doch das unglückliches Leben, das einen anzieht. (Norbert Gstrein: Selbstportrait mit einer Toten, S. 8)
  • ... seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß es Menschen gibt, die gewissermaßen zum Opfer prädestiniert sind. (Georges Simenon: Maigret und die braven Leute, S. 52)
  • Die Wahrheit ist zweischneidig, wo man sie anfaßt, blutet man. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 152)
  • "In Hinsicht auf Dinge, die uns selber angehen, sind wir immer Tröpfe, auch die Klügsten unter uns." (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)
  • Man ist zuweilen lebensüberdrüssig, aber man ist nie gesundheitsüberdrüssig, selbst für die letzte Viertelstunde seiner Existenz. (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)
  • Ihr vorherrschendes und abstoßendstes Laster ist, daß sie bis zum Beweis des Gegenteils alle Leute nett findet. (Joseph Heller: Überhaupt nicht komisch, S. 157)
  • ... stopfte Wissenslücken mit dem Mörtel der Phantasie. Vielleicht ist die Kunst zu lügen die eigentliche Voraussetzung für ein biographisches Talent? (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 68)
  • ... ein schwieriger Mensch war - mit den Höhenflügen und Bruchlandungen einer gefühlvollen Natur. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 334)
  • Für Basilius wie für die anderen Kirchenväter ist der Zweck aller materiellen Güter, den Menschen zu dienen, charakteristisch für ihn ist die Frage: "Wer einem ein Kleid wegnimmt, der wird Dieb genannt; wer aber den Nackten nicht kleidet, ob er's gleich könnte, verdient der eine andere Bezeichnung?" (Erich Fromm: Haben oder Sein, S. 63)
  • Ein weiterer Grund für das Absterben unseres Selbsterhaltungstriebes ist darin zu suchen, daß der einzelne die sie am Horizont abzeichnende Katastrophe den Opfern vorzieht, die er jetzt bringen müßte. (Erich Fromm: Haben oder Sein, S. 22)
  • Die Wärme der Schadenfreude flutete seinen Körper. Aber gleich darauf folgte auch schon das Mitgefühl, ich bin ein solidarischer Mensch, der doch nur darauf wartet, gerade an einem Tag wie diesem einen zu finden, dem es noch elender geht. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 333)
  • Zuerst ringt man mit der eigenen Idiotie, dann mit der der anderen, das ist nicht einfach. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 279)
  • ...was Psychoanalyse tat, sie stutzte die Leute auf Durchschnittsgröße zurecht. (Ray French: Ab nach unten, S. 77)
  • Der Schock darüber, daß es ihm verwehrt geblieben war, seine Geburt zu planen, hatte Sonny mit dem fanatischen Wunsch erfüllt, bei allem anderen nichts dem Zufall zu überlassen. (Edward St. Aubyn: Nette Aussichten, S. 38)
  • Selbst wenn man wach war, konnte man oft nur schwer begreifen, was die Erwachsenen mit dem meinten, was sie sagten. Eines Tages hatte er sich eine Methode ausgedacht, wie man erraten konnte, was sie vorhatten: Nein hieß nein, kann sein hieß vielleicht, ja hieß kann sein und vielleicht hieß nein, aber das System funktionierte nicht. und er beschloß, daß womöglich alles vielleicht hieß. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 31)
  • Wenn ich einen Hundertfünfzig-Kilo-Mann sehe, muß ich sofort an die Schwierigkeiten denken, die das Entsorgen seiner Leiche bereitet. Warum lassen der Lenker der Welt und sein schlagkräftiges Corps der Engel es zu, daß es derart ausgewucherte Leiber gibt? (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 107)
  • Jenes ruinöse Bedürfnis des Menschen, verstehen zu wollen. (Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 289)
  • ... Gesinnungen, welche die Menschen vor die Blößen ihres Selbstbewußtseins binden. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 46)
  • Mehr Interessen denn jemals wirft das Leben wie Schlingen uns über den Kopf. Und doch, auf dem Grunde jeder Minute zittert das Bild der Heimkehr. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 49)
  • Die Dummen ziehen mehr Vorteile aus ihrer Schwäche als die Leute von Geist aus ihrer Stärke. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • Je mehr man von der Liebe ausgeschlossen ist, desto stärker ist man in sie verliebt. (Nagib Machfus: Zuckergäßchen)
  • "Es gibt Menschen", steht in Hebbels Tagebuch, "die vor dem Meer stehen und nur die Schiffe sehen, die darauf fahren, und auf den Schiffen nur die Waren, die sie geladen haben." (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 68)
  • "Du magst alle Menschen." "Nein, meine Liebe, ich glaube nicht, daß es stimmt." Damit meinte er, daß er sie zum Beispiel in diesem Moment nicht mochte. "Bei Baumstämmen bist du wählerischer als bei Angehörigen des Menschengeschlechtes." "Bei Baumstämmen, meine Liebe, gibt es sehr große Unterschiede." (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 40)
  • Man sollte mit anderen ausschließlich um sechs in der Früh verkehren, wenn sie noch in ihren Pyjamas stecken, die Haare am Kopf kleben, und ein wenig Spucke im Gesicht. Mit etwas Glück konnte man dann sogar einen Satz hören, der noch nicht gefiltert und kontrolliert worden war. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 88)
  • Wenn traurige Menschen sich für etwas interessieren, dann für andere, die sie für noch unglücklicher halten. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 131)
  • Ich ertrug Unterhaltungen immer weniger. Die meisten Leute waren mir zu uninformiert, der Verstand besetzt von manipulierten Nachrichten, die sie dann ihre Meinungen nannten, vergessend, daß eine Meinung nicht mehr ist als ein flüchtiger chemischer Prozeß. An Meinungen festzuhalten offenbart ein großes Maß an Trägheit. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 71)
  • Die Macht hat den Schandpfahl nötig: 'Dieser ist Jude, der ist Neger, der ist Arbeiter, der ist Sklave... Der dort ist anders... Jener ist der Feind!' Das alles sind Täuschungen, um den wahren Feind zu verbergen: die Macht! Sie ist die 'Pestilenz', die die Welt in den Wahnsinn stürzt... (Elsa Morante: La Storia, S. 545)
  • Ich bin nicht ganz der Mensch meiner Fehler. (Roger Martin DuGard: Die Thibaults, S.20)
  • An seine Internatsjahre habe er zwar ungute Erinnerungen, redete er unablässig weiter, während ich immer noch in der Karte blätterte, aber seit langem fürchte er, bloß eine fremdbestimmte Ordnung könne ihn noch retten, gleichgültig, auf welche Regeln sie baue und welches Credo er dabeinachbeten müsse. (Karl-Heinz Ott: Endlich Stille, S. 16)


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