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Vom & über den Schöpfer der Menschlichen Komödie


Zitate von Honore des Balzac
Textstreusel aus Balzacs Werk
Der Ehekontrakt (5)
Der Ehekontrakt (4)
Der Ehekontrakt (3)
Der Ehekontrakt (2)
Der Ehekontrakt (1)
Soziale Akademiker
Die Marquise
Junggesellenwirtschaft
Gedeihen in freundschaftlicher Sphäre
Schulden II
Schulden I


Der Ehekontrakt (5)

Nach fünfunddreißig Jahren des Schlummers ist meine hochzuverehrende Mutter erwacht und hat sich erinnert, daß sie einen Sohn habe, der ihr Ehre mache. Wenn man eine Rebe ausreißt, kommt es oftmals vor, daß nach einigen Jahren aus der Erde neue Triebe aufschießen; na ja, mein Lieber, obwohl meine Mutter mich fast aus ihrem Herzen gerissen hatte, bin ich aus ihrem Kopf neu hervorgesproßt. Mit achtundfünzig Jahren hält sie sich für alt an ihren Sohn. Das also waren die Vorbedingungen, daß sie in irgendeinen Wasserkessel von Thermalbad eine entzückende englische alte Jungfer kennengelernt hat, die zweihundertvierzigtausend Francs Zinsen hat und der sie als gute Mutter den tollkühnen Ehrgeiz eingeflößt hat, meine Frau werden zu wollen. Eine Sechsunddreißigjährige, du großer Gott!, erzogen nach den besten puritanischen Grundsätzen, eine wahre Bruthenne, die dafür eintritt, daß ehebrecherische Frauen öffentlich verbrannt werden müßten. 'Wo sollte man all das Holz hernehmen?' habe ich sie gefragt. Ich hätte sie am liebsten zum Teufel geschickt, denn zweihundertvierzigtausend Francs Zinsen sind kein Äquivalent für meine Freiheit, für meinen physischen und moralischen Wert und auch nicht für meine Zukunft. Aber sie ist die einzige Erbin eines alten Podagristen, eines Londoner Bierbrauers, der ihr in absehbarer Zeit ein Vermögen hinterlassen muß, das zumindest demjenigen gleichkommt, das das Herzchen schon besitzt. Abgesehen von diesen Vorzügen hat sie eine rote Nase, die Augen einer toten Ziege, eine Taille, die mich befürchten läßt, sie werde in drei Stücke zerbrechen, wenn sie mal hinfällt; sie sieht wie eine schlecht angemalte Puppe aus, ist jedoch von begeisternde Sparsamkeit; sie wird ihren Mann 'trotz alledem' anbeten. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Der Ehekontrakt (4)

Die Kreolin ist ein sondergeartetes Geschöpf, das mit Europa durch die Intelligenz, mit den Tropen durch unlogische Heftigkeit der Leidenschaften, mit Westindien durch die sorglose Apathie verbunden ist, mit der sie in gleicher Weise Gutes und Böses tut oder erleidet; sie ist übrigens ein liebenswertes, aber gefährliches Geschöpf, gefährlich wie ein nicht überwachtes Kind. Wie die Kinder wollen diese Frauen auf der Stelle alles haben; wie die Kinder würde sie ein Haus in Brand stecken, um ein Ei zu kochen. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Der Ehekontrakt (3)

Da sie ohne Unterlaß am Herzen ihrer Mutter gelebt, hatte Natalie, wie alle Spanierinnen, nur eine rein religiöse Erziehung genossen und ferner ein paar Belehrungen von Mutter zu Tochter erhalten, die der Rolle dienlich waren, die sie spielen sollte. Die Ruhe ihres Gesichts war also ungespielt. Aber sie bildete einen Schleier, in den das Frauliche in ihr gehüllt war, wie der Schmetterling in der Puppe verborgen ist. Trotzdem hätte ein Mann, der das Skalpell der Analyse geschickt zu handhaben verstand, bei Natalie einige der Schwierigkeiten ihres Charakters bloßlegen können, die offenbar werden mußten, wenn sie sich mit dem ehelichen oder dem gesellschaftlichen Leben auseinanderzusetzen hatte. Ihr wirklich wunderbare Schönheit beruhte auf der außerordentlichen Regelmäßigkeit ihrer Züge, die mit den Proportionen des Kopfes und des Körpers harmonierte. Diese Vollkommenheit ist von schlechter Vorbedeutung für den Geist. Von dieser Regel gibt es wenig Ausnahmen. Jede überlegene Natur weist in der Form leichte Unvollkommenheiten auf, die zu etwas unwiderstehlich Anziehendem werden, Lichtpunkte, aus denen entgegengesetzte Gefühle schimmern, an denen die Blicke haften bleiben. Eine vollkommene Harmonie kündet von der Kälte gemischter Organismen. Natalies Taille war rund, was ein Zeichen der Kraft ist, aber auch ein unfehlbares Indiz einer Willenskraft, die bei den Frauen, deren Geist weder lebhaft ist noch Reichweite hat, häufig zu Dickköpfigkeit wird. Ihre Hände, die einer griechischen Statue, bestätigten, was Gesicht und Wuchs vorausgesagt hatten: sie wiesen auf eine der Logik bare Herrschsucht hin, auf ein Wollen um des Wollens willen. Ihre Brauen waren zusammengewachsen, und Menschenkenner behaupten, das weise auf einen Hang zur Eifersucht hin. Eifersucht und Neid überlegener Frauen wird zum Wetteifer, sie erzeugen große Dinge; bei kleinen Geistern werden sie zum Haß. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Der Ehekontrakt (2)

Das wahre Leben setzt sich, wie die Atmosphäre aller Tage, sehr viel mehr aus trüben, grauen Stunden zusammen, die die Natur in Nebeldünste hüllen, als aus Perioden, da die Sonne strahlt und die Felder erfreut. Junge Leute sehen immer nur die schönen Tage. Später schreiben sie der Ehe allen Jammer zu, der dem Leben an sich innewohnt, denn dem Menschen ist eine Neigung eingeboren, die Ursache seiner Nöte in den Dingen oder den Wesen zu suchen, die ihm die nächsten sind. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Der Ehekontrakt (1)

Madame Evangelista war mit ihren vierzig Jahren schön wie einer der prächtigen Sonnenuntergänge, wie sie im Sommer wolkenlose Tage krönen. (...) Ihr nach wie vor schönes Gesicht verführte durch den kreolischen Teint, dessen Lebendigkeit einzig angedeutet werden kann, wenn man ihn mit über Purpurstoff gebreiteten Musselin vergleicht, so ebenmäßig ist seine Weiße getönt. Sie besaß üppige Formen, die durch jene Anmut anziehend wirkten, die Lässigkeit und Lebhaftigkeit zu vereinen weiß, Kraft und Sichgehenlassen. Sie war verlockend und Respekt gebietend, sie verführte und verhieß nicht das mindeste. Sie war hochgewachsen, und das verlieh ihr, wenn sie wollte, das Aussehen und die Haltung einer Königin. Die Männer wirkten im Gespräch mit ihr wie Vögel auf der Leimrute, denn sie war von Natur aus der hohen Begabung teilhaftig, die den Intriganten erst durch die Notwendigkeit verliehen wird; sie ging von Zugeständnis zu Zugeständnis, sie bewaffnete sich mit dem, was ihr gewährt worden war, um noch mehr zu fordern, und sie wußte um tausend Schritt zurückzuweichen, wenn etwas von ihr als Gegengabe verlangt wurde. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Soziale Akademiker

Als Junggeselle kannst du dir sagen: 'Ich werde nur diese bestimmte Summe an Lächerlichkeit haben; die Leute können von mir nur das denken, was zu denken ich ihnen gestatten werde.' Bist du aber verheiratet, so stürzt du in die Unendlichkeit des Lächerlichen! Als Junggeselle schaffst du dir selber dein Glück, du faßt es heute beim Schopf und läßt es morgen fahren; bist du verheiratet, so nimmst du es, wie es ist, und an dem Tag, da du davon genug hast, verzichtest du darauf. Bist du verheiratet, wirst du schwerfällig, berechnest Mitgiften, redest über gesellschaftliche und religiöse Moral, findest die jungen Menschen unmoralisch und gefährlich; kurzum, zu wirst ein sozialer Akademiker. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)


Die Marquise

Die Marquise war mit einer tiefen Gleichgültigkeit gegenüber allem begabt, was nicht sie war; die Männer amüsierten sie, aber keiner von ihnen hatte sie je in die großen inneren Wallungen versetzt, die zwei Menschen tief aufwühlen und den einen durch den anderen zerbrechen. (...) Sie war raschen Bewegungen abhold, sie regte sich nie auf; sie sprach, denn sie wußte, daß eine Frau durch zwei Worte drei Männer umbringen kann. (Honore de Balzac: Die Entmündigung)


Junggesellenwirtschaft

Seit Augen und Hand einer Frau fehlten, hatte Popinots Wohnung ein Aussehen angenommen, das vollauf dem ihres Inhabers entsprach. Die Sorglosigkeit eines Mannes, der gänzlich von einem Gedanken beherrscht wird, hatte allem und jedem sein bizarres Siegel aufgedrückt. Überall uralter Staub, bei allen Dingen der Wandel ihrer eigentlichen Bestimmung, dessen fleißige Anwendung kennzeichnend für alle Junggesellenwirtschaften ist. (Honore de Balzac: Die Entmündigung)


Gedeihen in freundschaftlicher Sphäre

"Die Gefühle hochorganisierter Menschen können sich nur in einer freundschaftlichen Sphäre entwickeln", sagte der Pfarrer von Nemours. "Gerade wie der Priester in Gegenwart des Bösen nicht segnen kann, wie der Kastanienbaum in fetter Erde abstirbt, empfindet ein Musiker von Genie eine Niederlage, wenn er von Ignoranten umgeben ist. In der Kunst müssen wir von den Seelen, die uns als Milieu dienen, ebenso viel Kraft empfangen, wie wir ihnen übermitteln. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)


Schulden II

Madame de Portenduere schickte in einem Augenblick, da der Sohn nicht mehr aus noch ein wußte, zwanzigtausend Francs, alles, was sie besaß; das geschah auf einen Brief hin, in dem Savinien, den Freunde in der Ballistik der Kunstgriffe unterwiesen hatten, die Söhne gegen die väterlichen Geldschränke abfeuerten, von Wechseln geschrieben hatte, die zu bezahlen seien, und von der Schande, wenn sie zu Protest gehen würden. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)


Schulden I

"Schulden sind die stillen Teilhaber der Erfahrung. Eine gute Universitätsbildung mit Lehrern in angenehmen und unangenehmen Fächern, bei der Sie nichts lernen, kostet sechszigtausend Francs. Wenn die Erziehung durch die Gesellschaft das Doppelte kostet, so lehrt sie Sie doch wenigstens das Leben, die Geschäfte, die Politik, die Männer und manchmal sogar die Frauen kennen." Blondet vollendete diese Lehre durch das Zitat eines Verses von La Fontain: "Sehr hoch verkauft die Welt, was, wie man meint, sie schenkt!" (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)


Bilanz und Ermahnungen

Hüte dich wie vor einem Verbrechen, deine guten Eigenschaften zu entfalten, widerstrebe der Lust, dich damit zu schmücken, um Juste zu gefallen. Sei ruhig, würdig und kühl; miß das Glück, das du spenden könntest, an dem, das du empfängst! Das ist infam, aber notwendig. Sieh...! Ich gehe durch meine guten Eigenschaften zugrunde. Alles, was ich an Schönem, Heiligem, Großem in mir spüre, alle meine Tugenden sind Klippen, an denen mein Glück zerschellt ist. Ich gefalle nicht mehr, weil ich noch nicht sechsunddreißig bin! In den Augen gewisser Männer ist Jugend etwas Minderwertiges! Ein naives Gesicht gibt keine Rätsel auf. Ich lache unverhohlen, und das ist falsch!, wenn man, um verführerisch zu wirken, sich auf das halbe, melancholische Lächeln der gefallenen Engeln verstehen muß, die ihre langen, gelben Zähne verbergen müssen. Eine frische Gesichtsfarbe ist langweilig! Ihr wird ein Überzug aus Rouge, Walrat und Cold Cream vorgezogen, der ein puppenhaftes Aussehen gibt. Ich bin seelisch geradegewachsen, aber nur das Perverse gefällt! Ich bin auf loyale Weise leidenschaftlich wie eine ehrbare Frau, und dabei müßte ich raffiniert sein, ränkevoll und geziert wie eine Provinzschauspielerin. (Honore de Balzac: Beatrix)


Ein schöner Mann

Seiner gutartigen, plumpen Eitelkeit genügte es bereits, daß er die äußere Hülle eines schönen Mannes trug; ihr hatte er ein paar Erfolge zu verdanken, durch die er sich anmaßte, die Frauen zu verachten; aber jene Eitelkeit brachte ihn dahin, auch auf dem Gebiet der Intelligenz Galopp zu reiten. Er war mit der Art von Geist begabt, die als Hohlspiegel bezeichnet werden muß, und so eignete er sich die Geistesblitze anderer an, die der Theaterstücke oder der Winkelblätter, und brachte sie an den Mann; er schien sich darüber lustig zu machen, er wiederholte sie auf übertriebene Art, er wandte sie als kritische Formeln an; kurzum: sein Offiziershumor (er hatte in der Königlichen Garde gedient) würzte mit solcherlei Bemerkungen immer zur rechten Zeit so sehr die Unterhaltung, daß Frauen ohne Geist von ihm behaupteten, er sei geistvoll, und daß die anderen nicht wagten, ihnen zu widersprechen. (Honore de Balzac: Beatrix)


Obsessiv

"Die ich liebe, ist ein verworfenes Geschöpf, sie betrügt mich, sie wird mich immer betrügen, sie ist eine Schlampe, sie riecht nach allen Bratdünsten der Hölle...' Und dann ihr nachlaufen, in ihr Ätherbläue und alle Blumen des Paradieses finden! (Honore de Balzac: Beatrix)


Das erste Mal

Die junge Frau brach in Tränen aus; sie weinte, wie Frauen weinen, wenn sie allein sind. Der Schmerz wie die Lust haben ihr Erstesmal. Die erste Krise, eine wie die, der Sabine fast erlegen wäre, kehrt so wenig wieder, wie in allen Dingen Erstlingsversuche nie wiederkehren. Nur das Erstemal betrifft das Herz, auf die anderen ist man gefaßt, den Nervenzusammenbruch kennt man, das Kapitel unserer Kräfte hat bereits seine Einzahlung für einen energischen Widerstand geleistet. Daher verbrachte Sabine, die jetzt sicher war, betrogen worden zu sein, mit ihrem Sohn auf dem Arm drei Stunden am Kamin.


Ohne Täuschungen

Bei ihrer dritten Inkarnation, denn mit jeder Leidenschaft wird eine Frau etwas gänzlich anderes, macht sie im gleichen Maß Fortschritte im Schwindeln; das ist der einzige Ausdruck, der die Auswirkung der Erfahrung richtig wiedergibt, die dergleichen Abenteuer verleihen. Nun aber hatte die Marquise de Rochefide sich nach ihrem Spiegelbild beurteilt. Geistvolle Frauen sind nie in Selbsttäuschung befangen; sie zählen ihre Falten, sie wohnen dem Entstehen ihrer Krähenfüße bei, sie sehen ihre Gerstenkörner keimen, sie kennen sich auswendig und bekunden es oft gar zu sehr durch die Größe ihrer Bemühungen, sich zu konservieren. (Honore de Balzac: Beatrix)


Herkunft

Sie hat schöne Augen, aber die sind in Italien, in Spanien und Portugal Allgemeingut. Kann man bei einem so mageren Körper überhaupt Zärtlichkeit aufbringen? Eva ist blond, die braunen Frauen stammen von Adam ab, die blonden sind Gott nachgeartet; seine Hand hat auf Eva seinen letzten Gedanken hinterlassen, als die Schöpfung vollendet war." (Honore de Balzac: Beatrix)


Von der Seele geredet

Ich bin trunken vor Glück, daß ich einen der bezauberndsten Männer Frankreichs zum Gatten habe; in aller Harmlosigkeit sage ich ihm, wie vornehm er wirkt, wie anmutig seine Bewegungen sind, daß ich ihn schön finde; aber wenn ich ihm gefallen wollte, müßte ich mit geheucheltem Schrecken den Kopf abwenden, von Liebesgenuß nichts wissen wollen und ihm sagen, seine Vornehmheit sei ganz einfach krankhaftes Getue, die Haltung eines Schwindsüchtigen; ihm die Schultern des Herkules Farnese rühmen, ihn wütend machen und mich sträuben, als bedürfe ich eines Kampfes, um im Augenblick der Liebesbeglückung einige der Unvollkommenheiten zu verbergen, die die Liebe töten können. Ich habe das Pech, daß ich schöne Dinge bewundere, ohne darauf bedacht zu sein, mich durch bittere, neidische Kritik an allem, was von Poesie und Schönheit strahlt, größer zu machen. Ich brauche mir nicht von Canalis und Nathan in Vers und Prosa sagen zu lassen, ich sei eine überlegene Intelligenz! Ich bin ein armes, naives Kind, ich kenne nur Calyste. Ach, wenn ich die Welt durchschweift hätte wie 'sie', wenn ich in allen Sprachen Europas, wie 'sie', gesagt hätte: 'Ich liebe dich!', dann würde man mich trösten, bedauern, anbeten, und ich würde den Fruchtsalat kosmopolitischer Liebe servieren! Man ist uns für Zärtlichkeiten nur dankbar, wenn wir ihnen durch Boshaftigkeiten Relief geben. Mit anderen Worten: ich als Edeldame muß mich durch alle Unflätigkeiten, alles berechnende Wesen der Dirnen belehren lassen...! Und Calyste geht solchen Mätzchen auf den Leim...! O Mutter, o liebe Clotilde, ich bin zu Tode verwundet. Mein Stolz ist ein trügerischer Schild, ich bin wehrlos gegen den Schmerz, ich liebe meinen Mann nach wie vor irrsinnig, und dabei müßte ich, um ihn zu mir zurückzubringen, der Gleichgültigkeit alle ihre Einsichten entleihen." "Du Dummchen", flüsterte Clotilde ihr zu, "tu doch, als wolltest du Gleiches mit Gleichem vergelten..." "Ich will makellos sterben und ohne den Anschein einer Schlechtigkeit", antwortete Sabine. "Unsere Rache muß unserer Liebe würdig sein." (Honore de Balzac: Beatrix)


Maxime

"Es handelt sich nicht darum, euch Männer zu lieben", hatte sie ein paar Augenblick vor Calystes Eintreten gesagt, "man muß euch schurigeln, wenn man euch in der Hand hat; darin beruht das Geheimnis derer, die euch für sich festhalten wollen. Die schatzhütenden Drachen sind mit Klauen und Flügeln bewaffnet...!" (Honore de Balzac: Beatrix)


Geist, Geschmack und Temperament

Ein Schal von einer Feinheit, daß man zweifeln konnte, ob Menschenhände ihn zu arbeiten vermocht hatten, war so um ihren Hals gewunden, daß er dessen Länge verminderte, ihn verbarg, daß er nur unvollkommen Schätze sehen ließ, die von dem Korsett geschickt gefaßt wurden. Ihre Taille war ein Meisterwerk an Komposition. Was nun ihre Haltung betrifft, so genügt ein Wort: sie lohnte die Mühe, die sie sich beim Einstudieren gemacht hatte. Ihre abgemagerten, hart gewordenen Arme kamen aus den raffriniert ersonnenen Bauschen ihrer weiten Ärmel kaum heraus. Sie bot die Verquickung von falschen Glanzlichtern und schimmernder Seide dar, von weicher Gaze und gekräuseltem Haar, von Lebhaftigkeit, von Ruhe und Bewegung, die das gewisse Etwas besteht. Nämlich aus viel Geist, Geschmack und Temperament. Beatrix war also ein Ausstattungsstück, ein Verwandlungsstück, ein Stück mit einer phantastischen Maschinerie. Die Darbietung von dergleichen Märchenstücken, die auch sehr geschickt dialogisiert sind, macht mit Freimut begabte Männer verrückt, denn sie empfinden nach dem Gesetz von der Anziehung der Gegensätze ein wahnwitziges Verlangen, mit all dieser Künstlichkeit zu spielen. Dergleichen ist unecht und verlockend, gesucht, aber angenehm; und gewisse Männer vergöttern diese Frauen, die 'Verführung' spielen, wie man Karten spielt. Aus folgendem Grunde: das Begehren des Mannes ist ein Syllogismus, der aus dieser auf das Äußere angewandten Kunstfertigkeit auf geheime Theoreme der Wollust schließt. Der Geist sagt sich stumm: "Eine Frau, die sich so schön zu machen weiß, muß bei der Liebesbetätigung noch über ganz andere Hilfsmittel verfügen. Und das stimmt. Die verlassenen Frauen sind die, die lieben; die beibehaltenen sind die, die zu lieben verstehen. (Honore de Balzac: Beatrix)


Lüge und Wahrheit

Ich habe also eine Schmollmiene aufgesetzt, und Calyste war auf eine reizende Weise beunruhigt. Auf die mir zugeflüsterte Frage: "Was hast du...?" habe ich wahrheitsgemäß geantwortet: "Nichts!" Und ich habe nur zu gut gemerkt, welch einen geringen Erfolg die Wahrheit zunächst erzielt. In Fällen, wo Raschheit Frauen und Reiche retten muß, ist die Lüge eine entscheidende Waffe. (Honore de Balzac: Beatrix)


Einzige Söhne

Calyste hat von mir alles so entgegengenommen, wie verwöhnte Kinder etwas annehmen; er ist ja einziger Sohn. Ganz unter uns: ich werde meine Tochter, sofern ich je Töchter bekommen sollte, nie einem einzigen Sohn geben. Es genügt schon, sich einem Tyrannen anzubefehlen; aber in einem einzigen Sohn stecken mehrere. (Honore de Balzac: Beatrix)


Konstrukt

Die Würde ist lediglich ein Wandschirm, den der Hochmut aufgestellt hat, dahinter geraten wir dann nach Belieben in Zorn. (Honore de Balzac: Beatrix)


Überzeugungsarbeit

Calyste hatte gesehen, welche Fortschritte er dadurch gemacht hatte, daß er Beatrix ins Meer stieß, und deshalb ist es seltsam, daß er nicht fortfuhr, sein Glück durch Gewalttaten zu erzwingen; aber bei jungen Menschen ist die Liebe so ekstatisch und heilig, daß sie alles lediglich durch moralisches Überzeugen erlangen will. (Honore de Balzac: Beatrix)


Ungeheuerlichkeiten der Natur

Vielleicht sind die Felsklippen von Le Croisic über Gebilde dieser Art der gleichen Überlegenheit teilhaftig, die dem Weg nach der Grande Chartreuse vor anderen Engtälern zugestanden wird. Weder die Küsten Korsikas mit ihren recht bizarren Granitriffen noch die Sardiniens, wo die Natur an grandiosen und furchtbaren Effekten nicht gespart hat, noch die Basaltfelsen der nordischen Meere sind von so vollendeter Eigenart. Die Willkür der Natur hat sich dort damit belustigt, unermeßliche Arabesken zusammenzufügen, in denen die phantastischsten Figuren sich miteinander verschlingen und wieder lösen. Sämtliche Formmöglichkeiten sind dort vertreten. Vielleicht ermüdet die Vorstellungskraft angesichts dieser riesigen Galerie von Ungeheuerlichkeiten, wo in Zeiten seiner Wut das Meer hineintobt und schließlich alle Unebenheiten geglättet hat. (Honore de Balzac: Beatrix)


Vernunft

Beide bemühten sich, vernünftig zu sein, und gelangten wieder zu dem Gefühl des perfiden Zauderns, das für die meisten Frauen etwas Verlockendes ist; ein vortreffliches System zwischen ihnen und den Männern, ein schlechtes zwischen Frauen. (Honore de Balzac: Beatrix)


So oder so

"Wenn wir, um die Männer glücklich zu machen, sie zu amüsieren, ihnen zu gefallen und ihren Verdruß zu zerstreuen, den Teufel um Hilfe bitten..." "Dann werfen die Männer uns später unsere Bemühungen und unsere Versuche vor, weil sie sie vom Geist der Verderbtheit eingegeben glauben." (Honore de Balzac: Beatrix)


Provinz vs Paris

"Wir haben keine schönen, mit Spitzen garnierten Kleider, wir wedeln nicht so mit unseren Taschentüchern, wir spielen uns nicht auf, wir wissen keine Seitenblicke zu werfen und den Kopf zu wenden", sagte Charlotte und imitierte das wechselnde Mienenspiel, die Pose und die Blicke der Marquise. "Wir haben keine Stimme, die aus dem Kopf kommt, und auch nicht das leise, interessante Hüsteln, hö! hö!, das der Seufzer eines Schattens zu sein scheint; wir haben zu unserem Pech eine robuste Gesundheit und lieben unsere Freunde ohne Koketterie; wenn wir sie anschauen, wirkt es nicht, als wollten wir ihnen einen Dolchstich versetzen oder sie mit einem Heuchelblick prüfen. Wir verstehen uns nicht darauf, den Kopf wie eine Trauerweide hängen zu lassen und liebenswürdig zu erscheinen, wenn wir ihn wieder hochleben lassen - so etwa!" Mademoiselle de Pen-Hoel konnte sich bei den Gesten der Nichte das Lachen nicht verkneifen, aber weder der Chevalier noch der Baron verstanden diese Satire der Provinz auf Paris. (Honore de Balzac: Beatrix)


Hoffnung

Nicht die Hoffnung, sondern die Hoffnungslosigkeit leiht unserem Streben das Maß. Den schönen Dichtergebilden der Hoffnung gibt man sich heimlich hin, während der Schmerz alle Hüllen abwirft. (Honore de Balzac: Beatrix)


Nuancierungen

Die Frauen verfügen über die große Gabe des Nuancierens; sie bedienen sich ihrer gar zu häufig, um nicht alle Nuancen zu kennen; und bei dergleichen Gelegenheiten umfassen ihre Blicke eine Rivalin vom Kopf bis zu den Füßen; sie erraten die leiseste Bewegung eines Fußes unter dem Kleide, das unmerklichste Zucken der Taille und wissen um die Bedeutung von Dingen, die für den Mann bedeutungslos sind. Zwei Frauen, die voreinander auf der Lauer liegen, spielen eine der wundersamsten Komödienszenen, die man sich vorstellen kann. (Honore de Balzac: Beatrix)


Noch jung

Ich bin nicht vierzig Jahre alt, ich verstehe mich noch nicht darauf, meinen Stolz unter die Autorität der Erfahrung zu beugen; in mir ist nicht die Liebe, die mit Demut erfüllt; kurzum, ich bin eine Frau, deren Charakter noch zu jung ist, um nicht abscheulich zu sein. (Honore de Balzac: Beatrix)


Bekehrte

Wenn der Ungläubige einmal Gott erkannt hat, stürzt er sich in den absoluten Katholizismus, der, als System betrachtet, in sich vollendet ist. (Honore de Balzac: Beatrix)


Planken

Es kamen noch vier weitere Seiten in einer dünnen, gedrängten Handschrift, auf denen Calyste die furchtbare Drohung erklärte, die die letzte Bemerkung enthielt, und auf denen er von seiner Jugend und aus seinem Leben erzählte; aber er schrieb jetzt in Phrasen, die Ausrufe waren; es kamen darin viele der Pünktchen vor, wie sie die moderne Literatur an gefährlichen Stellen verschwendet wie Planken, die der Phantasie des Lesers zur Überschreitung von Abgründen dargeboten werden. (Honore de Balzac: Beatrix)


Zufall oder Anteil?

Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, auf die indessen noch nie hingewiesen worden ist, daß wir häufig unsere Gefühle einem Willen unterwerfen, daß wir in hohem Maß eine Verpflichtung uns selbst gegenüber eingehen und daß wir uns unser Schicksal erschaffen: bestimmt hat der Zufall daran nicht soviel Anteil, wie wir glauben. (Honore de Balzac: Beatrix)


Genie vonnöten

Nie zuvor habe ich einen so köstlichen Abend verlebt. Genie ist etwas sehr Großes und Erhabenes! Warum hast du mich nicht mit Genie begabt? Hat man Genie, dann kann man sich unter den Frauen die auswählen, die man liebt, sie gehört einem unweigerlich." (Honore de Balzac: Beatrix)


Verführungskraft

Während des Abends sprühten Claude Vignon und Felicite Geist, erzählten Anekdoten und schilderten Calyste die Pariser Welt, und Calyste verliebte sich fast in Claude, denn der Geist übte seine Verführungskräfte vor allem auf Menschen mit Herz aus. (Honore de Balzac: Beatrix)


Parisapfel der Kultur

"In meinem Alter heiraten...?" fragte er und warf der Mutter einen der Blicke zu, die die Vernunft der Mütter erweichen. "Soll ich denn ohne schöne, tolle Liebschaften bleiben? Darf ich niemals zittern, beben, fürchten, aufatmen, mich unter unversöhnlichen Blicken betten und sie rühren? Muß man nicht die freie Schönheit kennen, die Phantasie der Seele, die Wolken, die über den Azur des Glücks hinwegeilen und die der Atem der Lust verweht? Soll ich nicht auf den kleinen, taufeuchten Seitenwegen wandeln? Soll ich nie unter einer Dachtraufe stehen, ohne zu merken, daß es regnet, wie das Liebespaar, das Diderot beobachtet hat? Soll ich nicht, wie der Herzog von Lothringen, eine glühende Kohle in die Hand nehmen? Darf ich nie seidene Strickleitern hinaufklettern, nie an einem alten, morschen Gitter hängen, ohne daß es nachgibt? Mich nie in einem Schrank oder unter einem Bett verbergen? Von der Frau nur die eheliche Unterwürfigkeit kennenlernen, von der Liebe nur die gleichmäßig brennende Lampenflamme? Soll meine Neugier beschwichtigt werden, noch ehe sie erregt worden ist? Soll ich leben, ohne das Wüten des Herzens erlebt zu haben, das die Manneskraft steigert? Soll ich ein ehelicher Mönch werden? Nein! Ich habe in den Pariser Parisapfel der Kultur gebissen. (Honore de Balzac: Beatrix)


Einflüsse des Glücks

Venedig und Rom haben meine Zeit beansprucht, und Sie wissen ja: das Glück beansprucht seinen Raum im Leben. Unter uns beiden kommt es überdies auf einen Brief mehr oder weniger nicht an. Ich bin ein wenig erschöpft. Ich hatte schlechthin alles sehen wollen, und wenn man keine leicht sich abstumpfende Seele hat, macht die stete Wiederholung der Genüsse müde. (Honore de Balzac: Beatrix)


Bücherharem

... sein Harem an Büchern hat ihn mit Ekel vor jedem zu schaffenden Werk erfüllt. (Honore de Balzac: Beatrix)


Claude Vignon

Der Mann ist hochgewachsen, aber schon leicht gebeugt, wie alle, die eine Welt von Ideen tragen. Niemals haben sich große, langgestreckte Körper durch anhaltende Energie, eine schöpferische Aktivität hervorgetan. Karl der Große, Narses, Belisar und Konstantin sind in dieser Hinsicht äußerst auffällige Ausnahmen. Freilich, Claude Vignon bietet vielerlei Rätsel dar. Zunächst ist er gleichzeitig sehr schlicht und sehr raffiniert. Obwohl er mit der Leichtigkeit einer Kurtisane in Übertreibungen verfällt, bleibt sein Denken unerschütterlich. Seine Intelligenz, die Kunst, Wissenschaft, Literatur und Politik zu kritisieren versteht, ist ungeschickt in der Bewältigung des äußeren Lebens. Claude spiegelt sich in der Weite seines intellektuellen Reichs und vernachlässigt dabei sein Äußeres mit diogenischer Sorglosigkeit. (Honore de Balzac: Beatrix)


Destruktiv

Vielleicht ist er durch bittere Einsamkeit gealtert und durch den Mißbrauch seiner Geisteskräfte. Er durchforscht ohne Ziel und System die Gedanken anderer, die Spitzhacke seiner Kritik zerstört immer und hilft nicht beim Aufbau. Daher ist sein Überdruß der des Handlangers und nicht der des Baumeisters. (Honore de Balzac: Beatrix)


Weiß

Beatrix ist eine der Blondinen, neben denen die blonde Eva wie eine Negerin wirken würde. Sie ist schmal und gerade wie eine Kerze und weiß wie eine Hostie; sie hat ein längliches, scharf geschnittenes Gesicht, einen ziemlich wechselnden Teint, heute weiß wie Perkal, morgen braun mit Tausenden von Pünktchen unter der Haut, als habe ihr Blut während der Nacht Staub mit sich geführt. (Honore de Balzac: Beatrix)


Geheime Fehler

Es gibt eben Fehler, die nur den Leuten bekannt sind, die sie in der Intimität beurteilen können, die nur im Halbdunkel und dem Geheimnisvollen des Privatlebens betroffen machen, während der betreffende Mann in der Gesellschaft und für die Gesellschaft als reizend gilt. (Beatrix)


Eifersucht

Rochefide müßte unerträglich sein, sobald er sich am heimischen Herd bedroht fühlen würde; er ist nämlich von der scheelen, niedrigen Eifersucht besessen, die sich brutal beim Ertappen äußert, die sechs Monate lang feige ist und im siebten mordet. (Beatrix)


Unschuld

Ich vergesse immer, daß Sie nicht rauchen. Eine Unverdorbenheit wie die Ihre ist etwas so Seltenes! Mir scheint: um den seidigen Flaum Ihrer Wangen zu streicheln, bedarf es der Hand einer Eva, die gerade erst aus Gottes Hand hervorgegangen ist." (Beatrix)


Der Schmerz

Der Schmerz überragender Menschen hat etwas Grandioses und Imposantes; er enthüllt ungeheure Weiten der Seele, die der Gedanke des Betrachtenden noch vergrößert. Jene Seelen sind der Vorrechte des Königtums teilhaftig, dessen Zuneigung einem Volk gilt und das dann eine ganze Welt betroffen macht. (Beatrix)


Eine ruchlose Frau

"Bin ich nicht die erste gewesen, der aufgefallen ist, wie Calyste sich verändert hat? Einer Mutter tut es sehr weh, wenn sie spürt, daß sie nicht mehr die erste im Herzen ihres Sohnes oder nicht mehr die einzige darin ist. Diese Phase im Leben des Mannes ist eins der Leiden der Mutterschaft; aber obwohl ich darauf gefaßt war, glaubte ich nicht, daß es so bald geschehen werde. Zumindest hatte ich gewollt, daß er nobles, schönes Geschöpf in sein Herz schlösse und nicht eine Komödiantin, eine Possenreißerin, eine vom Theater, eine Schriftstellerin, die Gefühle vortäuscht, eine schlechte Person, die ihn hintergehen und unglücklich machen wird. Sie hat Abenteuer hinter sich..." "Mit mehreren Männern", sagte der Abbe Grimont. "Und dabei ist diese ruchlose Frau in der Bretagne geboren worden! Sie entehrt ihre Heimat. Ich will am Sonntag über sie eine Strafpredigt halten." (Beatrix)


Der Chevalier

Der Chevalier rauchte nicht und fluchte nicht, er war sanft und still wie ein Mädchen, er befaßte sich mit seiner Hündin Thisbe und deren kleinen Launen mit der Fürsorglichkeit einer alten Frau: auf diese Weise vermittelte er eine hohe Vorstellung von seinen erstaunlichen Fähigkeiten als Liebhaber. Nie sprach er von seinen erstaunlichen Waffentaten, die den Grafen d'Estaing verblüfft hatten. Obgleich seine Haltung die eines Invaliden war und obgleich er ging, als habe er bei jedem Schritt Angst, Eier zu zertreten, obgleich er immerfort jammerte, der Wind sei kalt, die Sonne brenne zu sehr und der Nebel sei feucht, waren seine Zähne weiß und steckten in rotem Zahnfleisch, was über seine Krankheit beruhigte; sie war übrigens ein wenig kostspielig, denn sie bestand im Verzehren von vier Mahlzeiten von klösterlichem Umfang. (Beatrix)


Einschätzung

Sie galt für boshaft, was aber dennoch ohne Geist; dabei verfügte sie über einen holländischen Ordnungsinn, eine Katzenvorsicht und die Beharrlichkeit eines Priesters, was in einem Land, wo alles den gewohnten Gang geht, tiefgründigem Denken gleichkommt. (Beatrix)


Geiz

Wenn der Geiz sich ein Ziel setzt, hört er auf, ein Laster zu sein; er ist dann das Mittel einer Tugend; seine übertriebenen Entbehrungen werden zu beständigen Opfern; er hat, mit einem Wort, die Größe der Absicht, die sich unter seiner Niedrigkeit verbirgt. (Beatrix)


Dauerhaftigkeit

Wenn jenes Haus die Vorstellungskraft überrascht, fragt man sich vielleicht, warum die heutige Zeit nicht dergleichen Wunder der Kunst aufs neue hervorbringt. Heutzutage werden die schönen Stadtpalais verkauft und abgebrochen und machen Straßen Platz. Niemand weiß, ob seinen Nachkommen das Vaterhaus erhalten bleibt; denn heute ist man in seiner Wohnung nur ein flüchtiger Gast wie in einer Herberge, während man in früheren Zeiten, wenn man baute, meinte, oder doch zu meinen glaubte, man schaffe für eine nie aussterbende Familie. Daher die Schönheit der alten Stadtpalais. Der Glaube an sich selber schuf die gleichen Wunder wie der Glaube an Gott. (Beatrix)


Reibung ist nicht schlecht

Phantasiebegabte Menschen, für die die Hoffnung die Grundlage des Daseins bildet, wollen nie eingestehen, daß im Geschäftsleben der gefährlichste Augenblick der ist, in dem alles nach ihren Wünschen geht. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Redekünste

Einer der Advokaten, die die Fähigkeit, endlos lange zu reden, für Beredsamkeit halten, die ihm Besitz des Geheimnisses sind, alles zu sagen und dadurch zu langweilen, die Pest der Versammlungen, in denen sie alles und jedes heruntermachen. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Fähigkeiten

Sie hatte mit ihm eine jener niedlichen Streitereien um Nichtigkeiten auszufechten, auf denen die Frauen ganze Gebirge zu errichten verstehen. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Wege

Die Ehrgeizigen müssen Kurven einschlagen, das ist in der Politik der kürzeste Weg. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Fischerin im Trüben [1]

Seine Frau, eine geborene Descoings, war schon als junges Mädchen etwas kränklich gewesen, und dieser Umstand, so hieß es, habe ihn dazu bewogen, sie zu heiraten. Sie schenkte ihm zuerst einen Sohn und dann eine Tochter, die zufällig zehn Jahre nach ihrem Bruder das Licht der Welt erblickte und die, wie man sich weiter erzählte, dem Doktor sehr unerwartet kam, obwohl er doch Arzt war. Dieser Spätling hieß Agathe. All diese kleinen Geschehnisse und Tatsachen sind so einfach, so alltäglich, daß es ungerechtfertigt erscheint, wenn ein Geschichtsschreiber seine Erzählung damit beginnt. Wenn sie jedoch unerwähnt blieben, müßte man einen Mann vom Schlage des Doktors Rouget für ein Ungeheuer, für einen Rabenvater halten, während er sich doch ganz einfach den schlechten Neigungen überließ, die viele Menschen mit dem gefährlichen Grundsatz bemänteln: "Ein Mann muß Charakter zeigen." Diese echt männliche Ansicht ist an dem Unglück so mancher Frau schuld. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 460 WA)


Funktion

Für meinen Mann bin ich der Garderobenständer seines Luxus, das Aushängeschild seines Ehrgeizes, eine seiner lächerlichen Genugtuungen. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Fischerin im Trüben [2]

Vorerst ist unerläßlich, die Auswirkungen der Rache des Vaters auf eine Tochter zu untersuchen, die er nicht für seine eigene ansah und die dennoch sein rechtmäßiges Kind war; man möge es glauben. In Issoudun war niemandem einer jener seltsamen Zufälle aufgefallen, die den Zeugungsvorgang zu einem Abgrund machen, in dem die Wissenschaft im dunklen tappt. Agathe glich der Mutter des Doktors. Ebenso wie die Gicht nach allgemeiner Beobachtung eine Generation überspringt und sich vom Großvater auf den Enkel vererbt, kann man das gleiche auch in bezug auf die Familienähnlichkeit beobachten. So hatte denn auch der ältere von Agathes Söhnen, der seiner Mutter glich, ganz die sellische Beschaffenheit seines Großvaters, des Doktors Rouget. Überlassen wir die Lösung auch dieses Problems dem zwanzigsten Jahrhunderts, mitsamt einer schönen Nomenklatur mikroskopischer Tierchen, und unsere Enkel werden vielleicht über diese dunkle Frage ebensoviel Unsinn zusammenschreiben, wie unsere gelehrten Körperschaften bereits darüber geschrieben haben. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 465 WA)


Not ist relativ

Die Bourbonen sind gekommen, meine Mutter hat keine Pension erhalten können, und wir sind in so großes Elend gesunken, daß wir arbeiten mußten, um zu leben. (Honore de Balzac: Eine doppelte Familie)


Fischerin im Trüben [3]

Wenn Menschen, die zwar physichen Mut besitzen, in moralischer Hinsicht jedoch feig und verkommen sind, wie Philipp es war, erlebt haben, daß nach einer Katastrophe, in der nahezu ihr ganzes sittliches Wesen untergegangen ist, die Dinge um sie her auch weiterhin ihren gewöhnlichen Lauf nehmen, so bedeutet dieses Entgegenkommen der Familie oder der Freunde für sie geradezu eine Ermutigung. Sie rechnen auf Straflosigkeit. Ihr verdorbener Sinn, ihre befriedigten Leidenschaften verführen sie dazu, darüber nachzudenken, wie es ihnen denn gelungen sei, die Gesetze der menschlichen Gesellschaft zu umgehen, und sie bringen es darin gewissermaßen zu einer entsetzlichen Geschicklichkeit. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 520 WA)


Begehrlichkeiten

... warf einen so sonderbaren Blick auf die Tochter, daß sogar Lavater ihn schwerlich hätte analysieren können. (Honore de Balzac: Albert Savarus)


Fischerin im Trüben [4]

Wenn sie kabbalistische Träume hatte - denn nicht alle Träume decken sich mit den Nummern der Lotterie -, ging sie zu Joseph, um sie ihm zu erzählen; war er doch das einzige Wesen, das ihr zuhörte, ohne sie zu schelten; er sprach vielmehr sanft auf sie ein, wie eben wahre Künstler die Abirrungen des Geistes zu beschwichtigen verstehen. Alle großen Begabungen haben Achtung und Verständnis für echte Leidenschaften; sie erklären sie sich und finden ihre Wurzeln, sei es im Herzen oder im Kopfe. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 522 WA)


Beschreibung

Watteville, ein trockener, magerer, geistloser Herr, wirkte verbraucht, ohne daß man hätte sagen können, wodurch; er erfreute sich nämlich einer krassen Ignoranz; aber da seine Frau von einem brennenden Blond und von einer Dürrheit war, die sprichwörtlich geworden ist (noch heutzutage heißt es: spitzig wie Madame de Watteville), behaupteten einige Witzbolde unter den Juristen, der Baron habe sich an diesem Felsen abgescheuert. (Honore de Balzac: Albert Savarus)


Fischerin im Trüben [5]

Es gibt nämlich in Paris drei Elendsstufen. Zunächst einmal das Elend des Menschen, der den Schein wahrt und dem die Zukunft gehört: das Elend der jungen Leute, der Künstler und der vorübergehend in Not geratenen Menschen der guten Gesellschaft. Die Merkmale dieser Art von Elend sind nur unter dem Mikroskop des geübtesten Beobachters zu erkennen. Diese Leute sind sozusagen der Ritterorden des Elends; sie fahren noch im Wagen. Dem zweiten Grad gehören die Greise an, denen alles gleichgültig ist und die im Juni das Kreuz der Ehrenlegion auf einem Wintermantel tragen. Es ist das Elend der alten Rentner, der alten Beamten, die in Sainte-Perine leben und ihrer äußeren Erscheinung keine Sorgfalt mehr angedeihen lassen. Endlich das Elend der Lumpen, das Elend des Volks, übrigens das poetischste von allen, das Männer wie Callot, Hogarth, Murillo, Charlet, Raffet, Gavarni, Meisonnier, kurz, das die Künstler entzückt und das sie zum Gegenstand ihrer Kunst machen, besonders zur Karvevalszeit. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 554 WA)


Gleichgültig

Einem Vater gehen so spät die Augen auf, daß es für den alten Vendeer mehr als eines Beweises bedurfte, bis er sich der Herablassung bewußt wurde, mit der die Tochter ihm ihre seltenen Bekundungen der Zärtlichkeit gewährte. Sie glich darin den kleinen Kindern, die ihrer Mutter zu sagen scheinen: Beeil dich bei deiner Abküsserei, damit ich spielen gehen kann. (Honore de Balzac: Der Ball zu Sceaux)


Ein Lebensbeginn [1]

Es gibt keinen, oder vielmehr: es gibt nur selten einen Verbrecher, der durch und durch verworfen ist. Aus noch gewichtigeren Gründen wird man schwerlich je auf absolute Unehrlichkeit stoßen. Man kann seinem Chef zum eigenen Vorteil frisierte Abrechnungen vorlegen oder für sich selber möglichst viel Stroh aus den Raufen ziehen; aber nur wenige Menschen, auch wenn sie sich auf mehr oder weniger erlaubten Wegen ein Kapitel zusammenraffen, leisten sich nicht ein paar Guttaten. Geschehe es aus Neugier, aus Eitelkeit, als Kontrast, durch Zufall: jeder Mensch hat seinen Augenblick der Wohltätigkeit, er nennt das seinen Irrtum, er tut es nicht zum zweitenmal; aber er opfert dem Guten, wie der Griesgrämigste ein oder zweimal in seinem Leben den Grazien opfert. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Mütterlichkeit

Man liebt nicht in einem fort auf dieselbe Weise, man stickt auf diesen Lebensstoff nicht Blumen, die immerfort leuchten, kurzum: die Liebe kann und muß enden: das Muttergefühl hingegen hat keine Minderung zu befürchten, es wächst mit den Bedürfnissen des Kindes, es entwickelt sich mit ihm. (Honore de Balzac: Memoiren zweier Jungvermählter, S. 449)


Ein Lebensbeginn [2]

Der kleine, dickliche, gesunde, kräftige Greis war, wie das Volk sagt, stets 'wie aus dem Ei gepellt' angezogen; das heißt: er trug stets schwarze Seidenstrümpfe, eine Hose aus glatter, glanzloser Seide, eine weiße Pikeeweste, blendend weiße Wäsche, einen kornblumenblauen Frack, violette Seidenhandschuhe, goldene Schnallen an Hose und Schuhen, war hauchzart gepudert und hatte einen kleinen, von einem schwarzen Seidenband zusammengehaltenen Zopf. In seinem Gesicht fielen Brauen auf, die dicht wie Gestrüpp waren und unter denen graue Augen funkelten, und ferner eine dicke, lange Nase, die ihm das Aussehen eines alten Stiftsvikars lieh. Diese Physiognomie hielt Wort. Der alte Cardot gehörte tatsächlich der Rasse der gern über die Stränge schlagenden Gerontes an, die von Tag zu Tag mehr ausstirbt und die die Romane und Komödien des achtzehnten Jahrhunderts mit Turcarets belieferte. Onkel Cardots ständige Anrede war: "Schöne Dame!" Frauen ohne Beschützer pflegte er im Wagen heimzufahren; er stellte sich, so lautete sein Ausdruck dafür, ihnen zur Verfügung, und zwar auf ritterliche Art und Weise. Unter seiner gelassenen Miene, unter seiner schneeigen Stirn verbarg er ein Alter, das einzig auf Lebensgenuß bedacht war. Unter Männern predigte er kühn den Epikureismus und erlaubte sich leidlich gepfefferte Witze. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Double

Unser beider Denken hat etwas so Brüderliches, daß ich denke, wir sind zwei Auflagen desselben Werkes. (Honore de Balzac: Memoiren zweier Jungvermählter, S. 514)


Ein Lebensbeginn [3]

Die sittliche Weltordnung hat ihre Gesetze, sie sind unerbittlich, und man wird stets bestraft, wenn man sie mißachtet hat. Vor allem findet sich eins darunter, dem sogar das Tier widerspruchslos gehorcht, und zwar immer. Das ist jenes, das uns befiehlt, jeden zu meiden, der uns einmal geschadet hat, mit oder ohne Absicht, gewollt oder ungewollt. Das Geschöpf, das uns einmal Schaden zugefügt oder unser Mißfallen erregt hat, wird uns immer verhängnisvoll sein. Welches auch sein Rang sei, welcher Grad der Zuneigung es auch an uns binden möge, wir müssen mit ihm brechen, es ist uns von unserm bösen Geist geschickt worden. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Madame Brideau

Madame Brideau ihrerseits ließ aus Mutterliebe ihre Ausgaben gleichfalls nicht höher steigen. Um sich für ihre Vertrauensseligkeit zu strafen, versagte sie sich heldenhaft alle kleinen Genüsse. Wie es bei vielen schüchternen Gemütern mit beschränkter Intelligenz vorkommt, brachte eine einzige Verletzung ihres Gefühls und ihr erwachtes Mißtrauen sie dahin, einen Fehler so weit zu treiben, daß er schon wieder zur Tugend wurde. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 477 WA)


Ein Lebensbeginn [4]

Ohne dem Stimmklang hätte Oscar den Mystificator, der ihm schon zweimal so verhängnisvoll geworden war, nicht wiedererkennen können. Georges war fast kahlköpfig, er hatte nur noch drei oder vier Haarbüschel über den Ohren, die sorgfältig hochgesträubt waren, um möglichst die Nacktheit des Schädels zu tarnen. Eine unangebrachte Beleibtheit, ein Spitzbauch hatten die ehedem so elegante Figur des einstigen Stutzers verändert. Georges war in Gang und Haltung beinahe vulgär geworden; es waren ihm Liebeskatastrophen und ein Leben in beständigen Ausschweifungen anzusehen; sein Teint war kupfrig, seine Züge plump und beinahe die eines Trinkers. Die Augen hatten den Glanz, die Lebendigkeit der Jugend eingebüßt, die ein vernünftiges oder fleißiges Leben zu bewahren die Kraft hat. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Einen Halt finden

Agathe nahm bald jene eintönige Regelmäßigkeit der Lebensgewohnheiten an, in der von einem heftigen Kummer gepeinigte Menschen einen gewissen Halt finden. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 545 WA)


Albert Savarus [1]

Mariette war zwar schauderhaft häßlich und sechsunddreißig Jahre alt, aber sie hatte einige Morgen Land geerbt. (...) wurde (...) um ihre Ehrlichkeit und ihrer langen Dienstzeit willen sehr geschätzt; höchstwahrscheinlich hatte sie Ersparnisse gemacht und ihren Lohn und ihre Trinkgelder angelegt. Da sie jährlich etwa zehn Louis bekam, mußte sie, Zins und Zinseszins und das Ererbte mitgerechnet, ungefährt fünfzehntausend Francs ihr eigen nennen. Für Jerômes Augen änderten fünfzehntausend Francs die Gesetze der Optik: er mußte meinen, Mariette sei von hübschem Wuchs, und er übersah die Löcher und die Narben, die eine abscheuliche Blattererkrankung auf ihrem platten, dürren Gesicht hinterlassen hatte, für ihn war der schiefe Mund gerade. (Honore de Balzac: Albert Savarus)


Substitut

Wie alle ungebildeten Menschen außerstande, sich geistig zu betätigen, ging sie restlos im Haushalt auf. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 611 WA)


Albert Savarus [2]

Monsieur de Watteville verbrachte sein Leben in einer reich ausgestatteten Drechslerwerkstatt: er drechselte! Als Ergänzung zu dieser Daseinsform hatte er sich die Laune geleistet, ein Sammler zu sein. Für die Philosophen unter den Ärzten, die sich dem Studium des Irrsinns gewidmet haben, gilt der Sammeltrieb als ein erstes Stadium der Geistesstörung, wenn er sich auf Nichtigkeiten erstreckt. Der Baron sammelte Muscheln, Insekten und Bruchstücke von Gestein aus der Umgegend von Besancon. Ein paar Widerspruchsgeister, Frauen vor allem, sagten von Monsieur de Wattevile: "Er hat eine schöne Seele! Gleich zu Beginn seiner Ehe hat er eingesehen, daß er mit seiner Frau nicht fertig werden würde, und da hat er sich lieber einer handwerklichen Tätigkeit und dem guten Essen ergeben." (Honore de Balzac: Albert Savarus)


Beeindruckt

Sie gingen weg, von seinen spöttischen Blicken tief beeindruckt, beunruhigt von seinem Lächeln, erschreckt über dies Gesicht, das Menschen, die die Eigenart des Genies nicht zu erkennen vermochten, unheimlich erscheinen mußte. (Honore de Balzac: Die Fischerin in Trüben, S. 645 WA)


Eugenie Grandet [1]

Die Frau ist das vollkommenste Wesen unter allen Geschöpfen; zuletzt hervorgegangen aus den Händen, welche die Welten geformt haben, muß sie reiner als alles andere den göttlichen Gedanken zum Ausdruck bringen. Auch ist sie nicht wie der Mann dem Urgranit entnommen, der weicher Ton wurde unter den Fingern Gottes, nein, aus der Seite des Mannes hergeleitet, ein weicher, bildsamer Stoff, ist sie eine Uebergangsschöpfung zwischen dem Menschen und dem Engel: Daher sehen wir sie stark, wie der Mann stark ist, und von einer feinen Intelligenz durch das Gefühl, wie der Engel. (Honore de Balzac: Eugenie Grandet)


Besitzgier

Nun der Verwalter einmal von der köstlichen Frucht "Besitz" gekostet hatte, blieb sein Handeln dem Augenschein nach stets das redlichste von der Welt; aber fortan ließ er sich keine Gelegenheit mehr entgehen, sein heimliches Vermögen zu vermehren, und das Interesse seiner drei Kinder mußte dazu herhalten, das Aufbegehren seiner Ehrlichkeit zum Erschlaffen zu bringen. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Eine doppelte Familie [1]

Als gegen fünf das fröhliche Mahl mit ein paar Gläsern Champagner beendet worden war, schlug Roger als erster vor, man solle doch zum Dorftanz unter den Kastanienbäumen gehen; und dort tanzten Caroline und er miteinander: ihre Hände drückten einander verständnisvoll, ihre von derselben Hoffnung belebten Herzen pochten; und unter dem blauen Himmel, bei den schrägen, roten Strahlen des Sonnenuntergangs erlangten ihre Blicke einen Glanz, der für sie den des Himmels erblassen ließ. Seltsame Macht eines Gedankens und eines Verlangens! Nichts dünkte diese beiden Menschenwesen unmöglich. In solcherlei magischen Augenblicken, da die Freude ihren Widerschein bis in die Zukunft wirft, sieht die Seele nichts als Glück voraus. Dieser angenehme Tag hatte bereits für sie beide Erinnerungen geschaffen, die sie mit nichts in ihrem bisherigen Dasein vergleichen konnten. Sollte die Quelle reizender sein als der Strom, das Begehren entzückender als der Genuß und das Erhoffte verlockender als alles, was man besitzt? (Honore de Balzac: Eine doppelte Familie)


Clapart

Clapart trug einen schäbigen kleinen Gehrock und ausgetretene Hausschuhe, hatte immer eine grüne Brille auf und zeigte, wenn er seine schauderhafte, fünf Jahre alte Mütze abnahm, einen spitzigen Schädel; von diesem hingen dünne, schmutzige Strähnen herab, denen sogar ein Dichter den Namen Haar verweigert haben dürfte. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Eine doppelte Familie [2]

Madame de Granvilles Gesicht nahm eine fahle Tönung an, einen ernsten Ausdruck, der in allen, die ihr nähertraten, die Freude tötete. Wurde dieser Wandel durch die asketischen Gewohnheiten einer Frömmelei hervorgebracht, die genausowenig Gläubigkeit ist wie Geiz, Sparsamkeit? Oder entsprang er der für bigotte Seelen charakteristischen Dürrheit? Das wäre schwer zu sagen; Schönheit ohne Ausdruck ist vielleicht Betrug. Das unerschütterliche Lächeln, zu dem die junge Frau ihr Gesicht zusammenzog, wenn sie Granville anblickte, wirkte bei ihr wie eine jesuitische Formel vorgetäuschten Glücks, durch die sie allen Anforderungen der Ehe genugtzutun glaubte; ihre Wohltätigkeit verletzte, ihre Schönheit ohne Leidenschaft dünkte alle, die sie kannten, eine Ungeheuerlichkeit, und noch das sanfteste ihrer Worte reizte zur Ungeduld; sie gehorchte nicht Gefühlen, sondern Pflichten. Es gibt Fehler bei einer Frau, die kräftigen Lehren weichen können, wie die Erfahrung oder ein Ehemann sie geben; aber nichts vermag die Tyrannei falscher religiöser Ideen zu besiegen. Wenn eine zu erobernde ewige Glückseligkeit und eine weltliche Freude gegeneinander abgewogen werden, so triumphiert die erstere über alles und läßt alles ertragen. Ist das nicht vergöttlichter Egoismus, das 'Ich' jenseits des Grabes? (Honore de Balzac: Eine doppelte Familie)


Beschreibung

Die Mischung von erloschenem Glanz früherer Tage, von verblichener Schönheit, von Zärtlichkeit, die sich ins Elend schickt, von Hoffnungen auf den Sohn, von heroisch ertragenen Leiden machte aus dieser Mutter eine der wundervollen Gestalten, die in Paris die Blicke des Beobachters reizen. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Madame Husson

Die zweiundzwanzigjährige Madame Husson heiratete in ihrer ausweglosen Lage einen Beamten namens Clapart, einen jungen Mann von siebenundzwanzig Jahren, der, wie es hieß, zu Hoffnungen berechtigte. Gott bewahre die Frauen vor schönen Männern, die zu Hoffnungen berechtigen. (Honore de Balzac: Ein Lebensbeginn)


Eine doppelte Familie [3]

Durch welche Bilder ließe sich eine Vorstellung von jenen Frauen vermitteln, die die Tugend dadurch zu etwas Hassenswertem machen, daß sie die gelindesten Vorschriften einer Religion übertreiben, die Sankt Johannes in dem Wort zusammenfaßte: "Liebet einander." War in einem Modegschäft ein einziger Hut, dessen Schicksal es war, im Schaufenster liegenzubleiben oder in die Kolonien versandt zu werden, so konnte Granville sicher sein, daß seine Frau ihn sich aufsetzte; wenn irgendwo ein Stoff von mißlungener Farbe oder verunglückte Muster hergestellt wurde, so hüllte sie sich hinein. Solche armen Betschwestern sind, was ihre Toilette betrifft, zum Haareausraufen. Mangel an Geschmack ist eine der Sünden, die unfehlbar mit der Frömmelei verbunden sind. (Honore de Balzac: Eine doppelte Familie)


Eine Evastochter

Dies banale Haus, wo Berühmtheit genügte, um empfangen zu werden, war so etwas wie ein Bordell des Geistes und wie das Zuchthaus der Intelligenz: man kam nur hinein, wenn man auf rechtmäßige Weise sein Vermögen erworben, zehn Jahre lang im Elend gelebt, zwei oder drei Leidenschaften erdrosselt und auf irgendeine Weise einen berühmten Namen erworben hatte, ob nun durch Bücher oder durch Westen, durch ein Drama oder einen schönen Kutschwagen; hier wurden alle schlechten Streiche ausgeheckt, die gespielt werden sollten; man egründete die Mittel und Wege, wie man zu Vermögen kommen konnte, man machte sich über Aufstände lustig, die man am Vortage angezettelt hatte, man wog Hausse und Baisse gegeneinander ab. Beim Fortgehen zog jeder wieder die Livree seiner Meinung an; ohne sich zu kompromittieren, konnte er die eigene Partei kritisieren, das Wissen und das gute Spiel seiner Gegener eingestehen, Gedanken formulieren, wie niemand sie eingesteht, kurzum: als Leute, die alles tun konnten, alles offen aussprechen. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Zitate von Honore des Balzac

  • Alle wahrhaft großen Männer lassen sich von einem schwachen Wesen tyrannisieren. (Der berühmte Gaudissart)
  • "Aber die Dichter sind ja nur deswegen groß, weil sie die Geschehnisse oder Gefühle mit ewig lebendigen Bildern zu umkleiden wissen." (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • Abscheuliche Eigenschaft des Menschen! Es kann für ihn kein Glück geben, das nicht irgendeiner Unkenntnis entspringt.
  • Alle Frauen, von der großen Dame bis zur Gasthausmagd, diese eingeschlossen, besitzen eine angeborene Kaltblütigkeit.
  • Auch die größten Kunstleistungen sind stets eine schüchterne Kopie von Natureffekten.
  • Auch die reinste Liebe lügt täglich sechsmal.
  • Bei allen schweren Krankheiten kommt ein Augenblick, da der Patient sich in die grausamsten Heilmittel schickt und sich den fürchterlichsten Operationen unterwirft.
  • Dankbarkeit ist eine Schuld die die Kinder bei ihrer Inventur nicht immer berücksichtigen.
  • Das Glück ist monton in seinen Äußerungen.
  • Das große Geheimnis der sozialen Alchimie, mein Lieber, besteht darin, daß wir jedem Lebensalter, durch das wir hindurchgehen, das Bestmögliche abgewinnen, daß wir im Frühling alle seine Blätter haben, im Sommer alle seine Blüten, im Herbst alle seine Früchte. (Der Ehekontrakt)
  • Das Leben ist ein Ereignis zweier entgegengesetzter Prinzipien: wenn eines davon fehlt, leidet der Mensch.
  • Das Problem der ewigen Seligkeit ist eines derjenigen, deren Lösung nur Gott im jenseitigen Leben bekannt ist. Hinieden haben erhabene Dichter ihre Leser immer und ewig durch Versuche der Schilderung des Paradieses gelangweilt.
  • Das Unglück verführt ebenso zur Träumerei wie das Glück.
  • Das Unglück und die Melancholie sind die beredesten Fürsprecher der Liebe.
  • Das Weinen alter Leute ist ebenso schrecklich, wie das der Kinder natürlich ist.
  • Den Menschen geht es wie den Büchern, sie werden manchmal zu spät geschätzt.
  • Der Gleichgültigkeit wohnt etwas so Kaltes inne, daß sie niemals vorgetäuscht werden kann.
  • Der gute Geschmack bekundet sich ebensosehr im Wissen um die Dinge, die man verschweigen muß, wie im Wissen um die Dinge, die man sagen kann.
  • Der Haß erfordert so viele ständig gerüstete Kräfte, daß man sich zu mehreren zusammentun muß, wenn man lange Zeit hindurch hassen will. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • Der kalte Himmel der Normandie kann nicht der Spaniens sein. Die Klimafrage bildet wohl das Geheimnis unseres Unglücks.
  • Der Mensch ist ein Possenreißer, der über Abgründen tanzt.
  • Die Ärzte sind es gewohnt, Menschen und Dinge zu beurteilen; die geschicktesten unter uns bringen die Seele zur Beichte, wenn sie den Körper beichten lassen. (Die Entmündigung)
  • Die Dummen ziehen mehr Vorteile aus ihrer Schwäche als die Leute von Geist aus ihrer Stärke. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • Die Ehe (...) ist das dümmste aller sozialen Opfer; einzig unsere Kinder haben den Nutzen davon und wissen ihn erst richtig einzuschätzen, wenn ihre Pferde aus unseren Gräbern entsprossenen Blumen abweiden. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Die Ehe (..) ist das soziale 'Bis hierher und nicht weiter'. Bist du verheiratet, dann kannst du ncht mehr über dich hinaus, sofern deine Frau nicht geruht, sich deiner anzunehmen. (Der Ehekontrakt)
  • Die Ehe ist eine höchst angenehme Insitution, wenn sie den Ehemännern das Talent verleiht, die Wünsche der Frau zu erraten. (Der Ehekontrakt)
  • Die Geschichte der guten Ehen ist wie die der glücklichen Völker; sie läßt sich in zwei Zweilen schreiben und hat nichts von Literatur an sich.
  • Die Gewißheit ist wie die Sonne, sie verlangt nur zu bald Fenstervorhänge.
  • Die Gefühle hochorganisierter Menschen können sich nur in einer freundschaftlichen Sphäre entwickeln.
  • Die Hälfte aller Zufälle geschieht absichtlich. (Die Muse des Departements)
  • Die Liebe ist eine anspruchsvollere Herrin als die Ehe.
  • Die Liebe stellt ein so seltenes Phänomen dar, daß man sein ganzes Lebens durchleben kann, ohne dem Menschenwesen zu begegnen, dem die Natur die Macht verliehen hat, uns glücklich zu machen.
  • Die Naturwissenschaftler haben uns das Verhalten vieler wilder Tiere geschildert; aber sie haben dabei Mutter und Tochter auf der Suche nach einem Ehemann vergessen. (Der Ehekontrakt)
  • Die Raubmorde auf der Landstraße kommen mir im Vergleich mit gewissen Finanztransaktionen wie Handlungen der Barmherzigkeit vor.
  • Die Robe ist immer schrecklich. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • Die Welt, die niemals Gutes stiftet, hat bei vielerlei Unglück die Hand im Spiel: wenn sie dann das Übel ausschlüpfen sieht, das sie mütterlich ausgebrütet hat, verleugnet sie es und nimmt daran Rache.
  • Die Würde ist lediglich ein Wandschirm, den der Hochmut aufgestellt hat, dahinter geraten wir dann nach Belieben in Zorn.
  • Ein echter Gedanke trägt seine Eleganz in sich selbst.
  • Ein Mensch ohne Leidenschaft, ein vollkommen gerechter, ist ein Ungeheuer, ein Halbengel, dem noch keine Flügel gewachsen sind.
  • Es gibt eben Menschen, für die einzig und allein anscheinend die Welt erschaffen worden ist. (Der Ehekontrakt)
  • Es gibt Wesen, denen die Liebe die Macht verleiht, mit ihrem ganzen Ich in einem anderen zu versinken, und wenn ihnen das genommen wird, ist ihr Leben ausgelöscht.
  • Es liegt in der Natur unserer Geistesbeschaffenheit, daß wir die Wirkungen betrachten, ehe wir die Ursachen analysieren.
  • Glückliche Liebe wirkt wie ein Schönheitsmittel.
  • Ich glaube, nur der liebe Gott darf Gutes tun, deshalb werden alle, die sich in seine Angelegenheiten mischen, so grausam bestraft.
  • "Ich habe nichts gegen eine kirchlich gesonnene Stadt: mit ein bißchen Scheinheiligkeit kommt man da besser voran." (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)
  • In großen Krisen zerbricht das Herz oder wird zu Stahl.
  • In meiner Eigenschaft als Arzt weiß ich, daß ein guter Magen ein gütiges Herz ausschließt. (Die Entmündigung)
  • Je schöner die Musik ist, desto weniger gefällt sie den Ahnungslosen.
  • Katastrophen machen kluge und starke Menschen immer zu Philosophen.
  • Liebende und Betrunkene haben einen Gott ganz für sich allein.
  • Liebende zweifeln an nichts oder an allem.
  • Liebe und Arbeit haben die Tugend, daß sie den Menschen ziemlich gleichgültig gegen die Außendinge machen.
  • Man ist uns für Zärtlichkeiten nur dankbar, wenn wir ihnen durch Boshaftigkeiten Relief geben.
  • Mit dem Beruf geht es wie mit der Ehe, man merkt das Störende darin schließlich nicht mehr so.
  • Musik, die "einzige Kunst (...), die unmittelbar durch den Gedanken zum Gedanken spricht, ohne Zuhilfenahme des Wortes, der Farben oder der plastischen Gestalt."
  • Napoleon (...), der um Mitternacht unter Frauen lachte und gütig war und der am Morgen mit Europa umsprang wie ein junges Mädchen, dem es Spaß macht, das Wasser seiner Badewanne aufzuwühlen!
  • Nun wird ein Gefühl durch nichts besser angeschürt als durch den eisigen Wind der Verfolgung.
  • Physiologen und gründliche Beobachter der menschlichen Natur können einem, vielleicht zu unserem größten Erstaunen, sagen, daß in den Familien Launen, Charaktere, Geist und Genie in ganz genau den großen Intervallen wiederkehren wie das, was als erbliche Krankheiten bezeichnet wird.
  • Selbst gebildete Frauen vertragen nicht immer andauernd gleichmäßiges Glück und fühlen einen unbegreiflichen Antrieb zu Teufeleien und Narrheiten, durch die Abwechslung ins Leben kommt.
  • Sind Illusionen nicht das Kapital des Herzens? (Der Ehekontrakt)
  • Stets kommt eine Altersstufe, auf der das Leben nichts weiter ist als eine in einem gewissen Lieblingsmilieu ausgeübte Gewohnheit.
  • Verliebt sein ist nur ein außerordentlicher Fall von freiwilliger Blindheit.
  • Wahre Gefühle haben ihren Magnetismus.
  • Während wir am Meeresstrande unfehlbar von Melancholie gepackt wreden, so bewirkt ein anderes Gesetz unserer eindrucksfähigen Natur, daß unsere Gefühle sich in den Bergen läutern: die Leidenschaft gewinnt an Tiefe, was sie an Heftigkeit zu verlieren scheint.
  • Wenn alle Welt bucklig ist, wird eine schöne Gestalt zur Mißgeburt. (Die Muse des Departements)
  • Wenn die Anwälte sich dazu verdammt sähen, nichts als die Wahrheit vorzubringen, würden sie nicht einmal die Zinsen ihrer Kostenrechnungen verdienen. (Die Entmündigung)
  • Wenn der Ungläubige einmal Gott erkannt hat, stürzt er sich in den absoluten Katholizismus, der, als System betrachtet, in sich vollendet ist.
  • Wenn man keine leicht sich abstumpfende Seele hat, macht die stete Wiederholung der Genüsse müde.
  • Wenn der Mensch glaubt, die Dinge vervollkommnet zu haben, hat er sie in Wahrheit nur an eine andere Stelle gerückt.
  • Wenn schwache Naturen gewarnt sind, werden sie bockig und lassen nie wieder davon ab.
  • Wir gehen weniger an einem gewissen Kummer, als an enttäuschten Hoffnungen zugrunde.
  • Über eine Spur von Geist in einer Frau freuen wir uns ebenso wie über ein paar Worte, die ein Papagei richtig herausbringt.
  • Unser Glück ... ist immer nur zwischen den Fußsohlen und dem Kleinhirn zu finden.

Textstreusel aus Balzacs Werk

  • ... einer der merkwürdigsten Menschen, denen ich je in dem Menschenplunder begegnet bin, den ich habe sehen dürfen. (Honore de Balzac: Zweite Frauenstudie)
  • Jener Mann war lange Journalist gewesen und hatte de Marsay bewundert, ohne seiner Bewunderung das bißchen essigsaurer Kritik beizumischen, mit dem in Paris ein Mann von Rang sich entschuldigt, daß er einen anderen Mann von Rang bewundert hat. (Honore de Balzac: Zweite Frauenstudie)
  • Nichts beweist besser die Notwendigkeit der unlösbaren Ehe als das Unstete der Leidenschaft. Die beiden Geschlechter müssen, wie die wilden Tiere, die sie ja im Grunde sind, in fatale, taube und stumme Gesetze gekettet werden. (Honore de Balzac: Zweite Frauenstudie)
  • Miss Dinah Stevens gibt jährlich höchstens dreißigtausend Francs aus; aus Gründen der Sparsamkeit ist sie seit sieben Jahren auf Reisen. Es existiert also noch ein zweiter Magot, und der ist aus purem Silber. Die Angelegenheit ist so weit gediehen, daß das Aufgebot bevorsteht. Wir stehen bereits auf my dear love. Die Miss macht mir Augen, die einen Lastträger umwerfen könnten. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Wer würde es wagen, einer Frau zu schaden? Wer würde den Spiegel der Illusionen in Stücke schlagen, darin einer unserer Freunde das Märchengaukelspiel einer glücklichen Ehe anzuschauen liebt? (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • "Sie kennen die Frauen nicht, mein guter Mathias", sagte Paul. "Um glücklich zu sein, muß man sie lieben, wie sie geliebt werden wollen. (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Wenn zwei Menschenwesen, die bis zum Ende gemeinsam durchs Dasein gehen wollen, über nichts als das Gefühl verfügen, so sind dessen Quellen bald erschöpft, und es kommt nur zu schnell zu Gleichgültigkeit, Übersättigung und Abscheu. Ist das Gefühl einmal hingewelkt, was soll dann werden? (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • "Doch, Paul empfindet Liebe für dich; aber wenn eine verheiratete Frau nicht auf der Hut ist, so verflüchtigt sich nichts schneller als eheliche Liebe. Der Einfluß, den die Frau auf ihren Mann haben muß, hängt von ihrem Debüt in der Ehe ab; du bedarfst trefflicher Ratschläge." (Honore de Balzac: Der Ehekontrakt)
  • Madame Evangelista wurde jetzt von der ersten Regung des Geizes ergriffen, dem bejahrte Leute schließlich zum Opfer zu fallen pflegen. (Der hekontrakt)
  • Sie ging im Bann eines jener mörderischen Wutanfälle hinaus, bei denen man sich die Macht wünscht, alles zu vernichten, und die, da man dazu nicht imstande ist, an den Wahnsinn grenzen. (Der Ehekontrakt)
  • In den meisten Familien führen Mitgift und Übereignungen, wie sie im Ehekontrakt niedergelegt werden müssen, zu primitiven Feindseligkeiten, die sich aus Selbstsucht, aus der Verletzung dieser und jener Gefühle, aus Bedauern über die zu bringenden Opfer und dem Verlangen ergeben, diese zu mindern. (Der Ehekontrakt)
  • Wie hätte Paul, der liebte, wie man liebt, wenn das Begehren größer ist als die Liebe, in einem Mädchen dieses Charakters, dessen Schönheit ihn blendete, die Frau erkennen können, die sie mit dreißig Jahre sein mußte. (Der Ehekontrakt)
  • "Hör dir wenigstens einen letzten Ratschlag an. Bleib noch dreizehn Jahre Junggeselle, amüsier dich auf Teufel komm 'raus; wenn du dann mit vierzig deinen ersten Gichtanfall bekommst, heirate eine sechsunddreißigjährige Witwe; dann kannst du glücklich sein. Wenn du ein junges Mädchen zur Frau nimmst, stirbst du an der Tollwut!" (Der Ehekontrakt)
  • Ich will dir nichts von all dem Lästigen, Langweiligen, Verstimmenden, Tyrannischen, Widerwärtigen, Störenden, Erblödenden, Betäubenden und Lähmenden vorreden, das in dem Kampf zweier Menschen herrscht, die immer beieinander, auf ewig gebunden sind uns die sich beide getäuscht haben, als sei meinten, sie paßten zusammen. (Der Ehekontrakt)
  • Ein Dessert aus elf verschiedenen, delikaten Einzelbestandteilen, unter denen, trotz der Berauschtheit, in die sechzehn Flaschen erlesenen Weins uns versetzt hatten, uns ein Pfirsischkompott von erhabenem, wunderbarem Wohlgeschmack aufgefallen ist. (Ein Lebensbeginn)
  • Madame Moreau plusterte sich auf und schwebte im siebten Himmel, aber da wurde sie auf die Erde zurückgerufen wie ein Kinderdrachen durch Anziehen der Schnur. (Ein Lebensbeginn)
  • Er verfluchte den Scharfblick, den die Liebe Sabine lieh. Wenn zufällig ein Mann von seiner Frau angebetet wird, liest sie auf seinem Gesicht wie in einem Buch. (Beatrix)
  • Wer heiratet denn heutzutage noch? Kaufleute im Interesse ihres Kapitals, oder um zu zweit den Karren zu ziehen; Bauern, die dadurch, daß sie viele Kinder in die Welt setzen, sich Arbeitskräfte schaffen; Börsenmakler oder Notare, die ihre Ämter bezahlen müssen; unglückliche Könige, die unglückliche Dynastien am Leben erhalten wollen. Wir sind die einzigen, die keinen Packsattel tragen, und du willst ihn dir aufladen? (Der Ehekontrakt)
  • ... verliebte der arme Junge sich in die schöne Gräfin de Kergarouet; sie war prüde wie alle jungen Frauen, die auf den Tod eines alten Ehemanns warten und ihre Tugend zu einer geschickten Überbuchung auf das Konto einer zweiten Ehe benutzen. (Ursule Mirouet)
  • Meine ganz reizende Stiefmutter Lady Dudley, die nicht ihresgleichen in der Kunst hat, zwei Herzen aufzuspießen... (Ursule Mirouet)
  • "Streitet nicht allzu sehr, Kinder, ihr seid noch nicht verheiratet." (Der Ehekontrakt)
  • Hier und dort in den alten Vierteln von Paris finden sich Bauwerke, an denen der Altertumsforscher ein gewissen Verlangen, die Stadt zu verschönern,wahrnimmt. (Die Entmündigung)
  • "Ja und nein", sagte der Stadtarzt von Nemours. "Savinien hat seine guten Seiten, und eben das ist der Grund, daß er im Gefängnis sitzt. Halunken kommen da nie hinein. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)

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