Ausgewählte Gedichte II
von Hermann Hesse
[A-D]
[E-J]
[K-P]
[Q-Z]
[Übersetzungen]
[Titelindex]
Keine Rast
Seele, banger Vogel du,
immer wieder mußt du fragen:
Wann nach so viel wilden Tagen
kommt der Friede, kommt die Ruh?
Ob, ich weiß: kaum haben wir
unterm Boden stille Tage,
wird vor neuer Sehnsucht dir
jeder liebe Tag zur Plage.
Und du wirst, geborgen kaum,
dich um neue Leiden mühen
und voll Ungeduld den Raum
als der jüngste Stern durchglühen.
Kein Trost
Zur Urwelt führt kein Weg zurück.
Es gibt kein Sternenheer,
Kein Wald und Strom und Meer
Der Seele Trost und Glück.
Es ist nicht Baum noch Fluss noch Tier
Dem Herzen zu erreichen;
Trost wird dem Herzen dir
Allein bei deinesgleichen.
Kennst du das auch?
Kennst du das auch, daß manches mal
Inmitten einer lauten Lust,
Bei einem Fest, in einem frohen Saal,
Du plötzlich schweigen und hinweggehen mußt?
Dann legst du dich aufs Lager ohne Schlaf
Wie Einer, den plötzlich Heimweh traf;
Lust und Gelächter ist verstiebt wie Rauch,
Du weinst, ohne Halt - Kennst du das auch?
Klage
Uns ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom,
Wir fließen willig allen Formen ein:
Dem Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom,
Wir gehn hindurch, uns treibt der Durst nach Sein.
So füllen Form um Form wir ohne Rast,
Und keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not,
Stets sind wir unterwegs, stets sind wir zu Gast,
Uns ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot.
Wir wissen nicht, wie Gott es mit uns meint,
Er spielt mit uns, dem Ton in seiner Hand,
Der stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint,
Der wohl geknetet wir, doch nie gebrannt.
Einmal zu Stein erstarren! Einmal dauern!
Danach ist unsre Sehnsucht ewig rege,
Und bleibt doch ewig nur ein banges Schauen,
Und wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege. [Januar 1934]
Kleiner Gesang
Regenbogengedicht,
Zauber aus sterbendem Licht,
Glück wie Musik zerronnen,
Schmerz im Madonnengesicht,
Das eins bittere Wonne...
Blüten vom Sturm gefegt,
Kränze auf Gräber gelegt,
Heiterkeit ohne Dauer,
Stern, der ins Dunkel fällt.
Schleier von Schönheit und Trauer
Über dem Abgrund der Welt.
Kleiner Knabe
Hat man mich gestraft,
Halt ich meinen Mund,
Weine mich in Schlaf,
Wache auf gesund.
Hat man mich gestraft,
Heißt man mich den Kleinen,
Will ich nicht mehr weinen,
Lache mich in Schlaf.
Große Leute sterben,
Onkel, Großpapa,
Aber ich, ich bleibe
Immer, immer da.
Knarren eines geknickten Astes
Splittrig geknickter Ast,
Hangend schon Jahr um Jahr,
Trocken knarrt er im Wind sein Lied,
Ohne Laub, ohne Rinde,
Kahl, fahl, zu langen Lebens,
Zu langen Sterbens müd.
Hart klingt und zäh sein Gesang,
Klingt trotzig, klingt heimlich bang
Noch einen Sommer,
Noch einen Winter lang.
Komm mit!
Komm mit!
Mußt dich aber eilen -
Sieben lange Meilen
Mach ich mit jedem Schritt.
Hinter Wald und Hügel
Steht mein rotes Roß.
Komm mit! Ich fasse die Zügel -
Komm mit in mein rotes Schloß.
Dort wachsen blaue Bäume
Mit goldenen Äpfeln dran,
Dort träumen wir silberne Träume,
Die kein Mensch sonst träumen kann.
Dort schlummern seltne Genüsse,
Die noch kein Mensch genoß,
Unter Lorbeern purpurne Küsse -
- Komm mit über Wald und Hügel!
Halt fest! Ich fasse die Zügel,
Und zitternd entführt dich mein rotes Roß.
Kopflos
Man nehm den Deckel nur vom Topfe
Und sieh, wie froh der Dampf entweicht!
Wie lebt nach abgeschnittnem Kopfe
Das schwere Leben sich so leicht!
Kein Schnupfen mehr, kein Nasentropfen,
ein Zahnweh und kein Augenbrand
Noch Stirnkatarrh noch Schläfenklopfen,
Es ist wie im Schlaraffenland.
Zwar gibt es ohne Kopf kein Denken,
Doch ist es darum nicht so schad,
Man kann mit Wein die Kehle tränken,
Es ist das beste Gurgelbad.
Und ach, wie lebt es sich so stille:
Kein Wort, kein Lärm, kein grelles Licht!
Und nie mehr sucht man seine Brille
Und nie mehr macht man ein Gedicht.
Kopfschütteln
Wär ich einsam und Asket geblieben,
Statt in diese bunte Welt zu tauchen,
Mich noch einmal brennend zu verlieben,
Mich noch einmal lodernd zu verbrauchen!
Traurig seh ich ein, ich alter Knabe:
Dieses Tun ist lächerlich und nichtig,
Das ich viel zu spät begonnen habe,
Nicht einmal den Onestep kann ich richtig!
Aber da ich nun einmal begonnen,
Mich ins warme Schlammbad einzuwühlen,
Hat dies Leben ganz mich eingesponnen,
Läßt sich nicht mehr dämmen und kühlen.
Immer weiter tanz ich, fall ich, sink ich,
Spiel und Trunk und Wollust hingegeben,
Täglich mehr verkomm ich und ertrink ich
In dem angenehmen Luderleben.
Kranckheit
I
Ich hab dir Märchen oft erzählt
Von meiner fremden Dichterwelt,
Nun führ mich du an deiner warmen Hand,
Den Flügelmüden, durch mein eignes Land!
Führ mich in meinen tiefen Wald,
Wo Wunderwesen mannigfalt
Lebendig wandeln mit bekränztem Haupt, -
Die Götter alle, die ich einst geglaubt!
Führ mich zu jenen Hügeln hin,
Wo schweigsam die Zypressen knien,
Dort liegen tief und lauschen auf den Wind
Die Freunde, die mir treu gewesen sind.
Führ mich in jener Gärten Grün,
Wo dunkle Wunderbäume blühn
Und über Grün und Wunderblüten schaut
Das Liebesschloß, das ich für dich erbaut.
In roten Lichtern heimlich glimmt
Die Krone, die ich dir bestimmt.
Wenn noch dein Herz an meine Allmacht glaubt,
Dann schmücke mit dem schweren Gold dein Haupt!
Dann hebt mein Leben neuen Lauf,
Die treuen Toten stehen auf
Und meiner Freudegötter schöne Schar,
Und ich darf sein, der ich vor Zeiten war.
II
Nun ist der Tag zu Ende.
Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar
Und singe mir! und wende
Von mir der Träume laute Schar!
Ich fürcht mich vor den langen,
Verschwiegenen, träumebangen
Stunden der Nacht,
Wenn du bist schlafen gangen
Und nur mein weher Herzschlag wacht.
Dann geht auf dunklen Wegen
Mein Herz mit harten Schlägen
Der bangen Nacht,
Der bangen Nacht entgegen,
Die meine Lieder stille macht.
Dann kommt mit leisen Schritten
Und zagen Kinderbitten
Mein Glück zu mir,
Und sieht, was ich gelitten,
Und sagt: mein Freund, was ward aus dir?
Dann kommen die versäumten
Tage und die verschäumten
Becher zu mir,
Und alle ungeträumten
Glücksträume schlank und mädchenzier.
Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar, und wende
Die Holden ab.
Mein Tag ist nun zu Ende,
Ich weiß, was ich verloren hab!
Leben einer Blume
Aus grünem Blattkreis kinderhaft beklommen
blickt sie um sich und wagt es kaum zu schauen,
fühlt sich von Wogen Lichtes aufgenommen,
spürt Tag und Sommer unbegreiflich blauen.
Es wirbt um sie das Licht, der Wind, der Falter,
im ersten Lächeln öffnet sie dem Leben
ihr banges Herz und lernt, sich hinzugeben
der Träumefolge kurzer Lebensalter.
Jetzt lacht sie voll, und ihre Farben brennen,
an den Gefäßen schwillt der goldne Staub,
sie lernt den Brand des schwülen Mittags kennen
und neigt am Abend sich erschöpft ins Laub.
Es gleicht ihr Rand dem reifen Frauenmunde,
um dessen Linien Altersahnung zittert;
heiß blüht ihr Lachen auf, an dessen Grunde
schon Sättingung und bittre Neige wittert.
Nun schrumpfen auch, nun fasern sich und hangen
die Blättchen müde überm Samenschoße.
Die Farben bleichen geisterhaft: das große
Geheimnis hält die Sterbende umfangen.
Leb wohl, Frau Welt
Es liegt die Welt in Scherben,
Einst liebten wir sie sehr,
Nun hat für uns das Sterben
Nicht viele Schrecken mehr.
Man soll die Welt nicht schmähen,
Sie ist so bunt und wild,
Uralte Zauber wehen
Noch immer um ihr Bild.
Wir wollen dankbar scheiden
Aus ihrem grossen Spiel;
Sie gab uns Lust und Leiden,
Sie gab uns Liebe viel,
Leb wohl, Frau Welt, und schmücke
Dich wieder jung und glatt,
Wir sind von deinem Glücke
Und deinem Jammer satt.
Leise wie die Gondeln
Leise wie die Gondeln auf den klaren
Morgenleuchtenden Kanälen fahren,
Also wiegt im blauen Meer der Tage
Unsrer Liebe ungestörte Waage,
Also gleiten leicht und ohne Ende
Uns die Stunden durch die lassen Hände:
Eine, die von Lustgelächter funkelt,
Eine, die in Liebesdämmer dunkelt,
Eine, die von Liedern überflutet,
Eine, die sich lautlos süß verblutet.
Schweigend ruhen wir und staunend sehen
Wir die Schönen auf- und untergehen,
Rudertropfen von den Händen wischend,
Unsre Finger schwesterlich vermischend,
Selten nur nach einem Kuß verlangend,
Diesen schweigsam gebend und empfangend ...
Also gleiten leicht und ohne Ende
Stunden uns und Tage durch die Hände.
Liebe
Wieder will mein froher Mund begegnen
Deinen Lippen, die mich küssend segnen,
Deine lieben Finger will ich halten
Und in meine Finger spielend falten,
Meinen Blick an deinem dürstend füllen,
Tief mein Haupt in deine Haare hüllen,
Will mit immerwachen jungen Gliedern
Deiner Glieder Regung treu erwidern
Und aus immer neuen Liebesfeuern
Deine Schönheit tausendmal erneuern,
Bis wir ganz gestillt und dankbar beide
Selig wohnen über allem Leide,
Bis wir Tag und Nacht und Heut und Gestern
Wunschlos grüßen als geliebte Schwestern,
Bis wir über allem Tun und Handeln
Als Verklärte ganz im Frieden wandeln.
Liebeslied (1)
Ich bin der Hirsch und du das Reh,
Der Vogel du und ich der Baum,
Die Sonne du und ich der Schnee,
Du bist der Tag und ich der Traum.
Nachts aus meinem schlafenden Mund
Fliegt ein Goldvogel zu dir,
Hell ist seine Stimme, sein Flügel bunt,
Der singt dir das Lied voll der Liebe,
Der singt dir das Lied von mir.
Liebeslied (2)
Ich singe von deinem seidenen Schuh
Und von deinem rauschenden Kleid,
Ich träume dich jede Nacht, o du,
Meine Böse, mein Herzeleid!
Ich weiß keinen Namen als deinen,
Ich kann um keinen Schmerz
Und um keine Lust mehr weinen,
Als um dich allein, mein Herz.
Ich will kein Glück mehr kennen
Und keine andere Not,
Als um dich in Sehnsucht brennen -
O du, warum bist du tot?
Liebeslied (3)
O du, ich kann nicht sagen,
Was du aus mir gemacht.
Ich fliehe vor den Tagen
Und liebe nur die Nacht.
Die Nacht ist mir so golden
Wie sonst kein Tag mir war,
Da träum ich von einer holden
Fraue mit blondem Haar.
Da träum ich von seligen Dingen,
Die mir ein Blick verhieß,
Da hör' ich Lieder klingen
Fernher vom Paradies.
Da sehe ich Wolken jagen
Und schaue lang in die Nacht
O du, ich kann nicht sagen,
Was du aus mir gemacht.
Malerfreude
Äcker tragen Korn und kosten Geld,
Wiesen sind von Stacheldraht umlauert,
Notdurft sind und Habsucht aufgestellt,
Alles scheint verdorben und vermauert.
Aber hier in meinem Auge wohnt
Eine andre Ordnung aller Dinge,
Violett zerfließt und Purpur thront,
Deren unschuldvolles Lied ich singe.
Gelb zu Gelb, und Gelb zu Rot gesellt,
Kühle Bläue rötlich angeflogen,
Licht und Farbe schwingt von Welt zu Welt,
Wölbt und tönt sich aus in Liebeswogen.
Geist regiert, der alles Kranke heilt,
Grün klingt auf aus neugeborener Quelle,
Neu und sinnvoll wird die Welt verteilt,
Und im Herzen wird es froh und helle.
Manchmal
Manchmal, wenn ein Vogel ruft
Oder ein Wind geht in den Zweigen
Oder ein Hund bellt im fernnsten Gehöft,
Dann muß ich lange lauschen und schweigen.
Meine Seele flieht zurück,
bis wo vor tausend vergessenen Jahren
Der Vogel und der wehende Wind
mir ähnlich und meine Brüder waren.
Meine Seele wird Baum
Und ein Tier und ein Wolkenweben.
Verwandelt und fremd kehrt sie zurück
Und fragt mich. Wie soll ich Antwort geben?
Meine fröhliche Liebe
Meine fröhliche Liebe hat mich verlassen.
Ich suchte sie wieder in allen Gassen,
Sie aber lag schon weit von mir
In einem hellen Birkenwald
Und freute sich ihrer Wohlgestalt
Und reckte die Glieder lang und zier.
Dort spielt sie nun mit Elf und Nick,
Läßt über ihr schneeweiß Genick
Die langen Ringelhaare fließen,
Pflückt Enzian zum Zeitvertreib
Und läßt sich nachts den blanken Leib
Mit Mondenschein begießen.
Ich aber warte nun in Ruh,
Schließ Tür und Laden sorglich zu
Und leg mich in die kühlen Kissen.
Wenn sie der grünen Tage satt
Den Weg zurück gefunden hat,
Soll sie erst klopfen müssen.
Meinem Bruder
Wenn wir jetzt die Heimat wieder sehen,
Gehen wir bezaubert durch die Stuben,
Bleiben lang im alten Garten stehen,
Wo wir einst gespielt als wilde Buben.
Und von jenen Herrlichkeiten allen,
Die wir draußen in der Welt erbeutet,
Will uns keine freun mehr und gefallen,
Wenn daheim die Kirchenglocke läutet.
Stille gehen wir die alten Wege
Durch das grüne Land der Kindertage,
Und sie werden uns im Herzen rege,
Fremd und groß wie eine schöne Sage.
Ach, und alles, was auf uns mag warten,
Wird den einen Glanz doch nicht mehr haben
Wie vor Zeiten, da wir noch als Knaben
Falter fingen, jeder Tag im Garten.
Meine Liebe
Sie schweigt und denkt mit trauervollen
Gedanken ihrer fernen Toten.
Ich habe sie vielen angeboten,
Es hat sie keiner haben wollen.
Ich trug sie feil auf allen Gassen,
Es wollte sie keiner - sie kann nicht lachen!
Was soll ich mit meiner Liebe machen?
Ich will sie meinen Toten lassen.
Meiner Liebe
I
An meine Schulter lehne
Dein schweres Haupt, und schweige
Und koste jeder Träne
Wehsüße, lasse Neige.
Es werden Tage kommen,
Da du nach diesen Tränen
Verdürstend und beklommen
Dich wirst vergebens sehnen.
II
Leg mir aufs Haar
Die Hand; schwer ist mein Haupt,
Was meine Jugend war,
Hast du geraubt.
Unwiederbringlich ist dahin
Der Jugend Glanz, der Freude Born,
Der mir so unerschöpflich golden schien,
Und überblieben Weh und Zorn
Und Nächte, Nächte ohne End,
In denen wild und fieberheiß
Der alten Liebeslüste Kreis
Mein waches Träumen wund durchrennt.
Nur noch in Stunden seltner Rast
Tritt manchmal meine Jugend her
Zu mir, ein scheuer, blasser Gast,
Und stöhnt, und macht das Herz mir schwer ...
Leg mir aufs Haar
Die Hand; schwer ist mein Haupt.
Was meine Jugend war,
Hast du geraubt.
Nacht (1)
Mit Dämmerung und Amselschlag
Kommt aus den Tälern her die Nacht.
Die Schwalben ruhn, der lange Tag
Hat auch die Schwalben müd gemacht.
Durchs Fenster mit verhaltenem Klang
Geht meiner Geige müder Strich.
Verstehst du, schöne Nacht, den Sang -
Mein altes Lied, mein Lied an dich?
Ein kühles Rauschen kommt vom Wald,
Daß mir das Herz erschauernd lacht,
Und leis mit freundlicher gewalt
Besiegt mich Schlummer, Traum und Nacht.
Nacht (2)
Ich habe meine Kerze ausgelöscht;
Zum offenen Fenster strömt die Nacht herein,
Umarmt mich sanft und läßt mich ihren Freund
Und ihren Bruder sein.
Wir beide sind am selben Heimweh krank;
Wir senden ahnungsvolle Träume aus
Und reden flüsternd von der alten Zeit
In unsres Vaters Haus.
Nachtfest der Chinesen in Singapur
Bei den wehenden Lichtern
Oben auf dem bekränzten Balkon
Kauern sie ruhevoll in der festlichen Nacht,
Singen Lieder von lang verstorbenen Dichtern,
Horchen beglückt auf der Laute schwirrenden Ton,
Der die Augen der Mädchen größer und schöner macht.
Durch die sternlose Nacht klirrt die Musik
Gläsern wie Flügelschlag großer Libellen,
Braune Augen lachen in lautlosem Glück -
Keiner, der nicht ein Lächeln im Auge hat!
Drunten wartet schlaflos mit tausend hellen
Lichteraugen am Meere die glänzende Stadt.
Nachtgefühl
Tief mit blauer Nachtgewalt
Die mein Herz erhellt,
Bricht aus jähem Wolkenspalt
Mond und Sternenwelt.
Seele flammt aus ihrer Gruft
Lodernd aufgeschürt,
Da im bleichen Sternenduft
Nacht die Harfe rührt.
Sorge flieht und Not wird klein,
Seit der Ruf geschah.
Mag ich morgen nimmer sein,
Heute bin ich da!
Nacht im Odenwald
Es schlug vom Turm die Mitternacht.
Was ist's, daß ich so jäh erwacht?
Was pocht in wunderlichem Schmerz
Noch halb im Traume mir das Herz?
Rings Stille. Keines Windes Hauch,
Kein Tier noch Vogel lebt im Strauch,
Durchs Fenster mit verhaltnem Schein
Der bleiche Himmel sieht herein.
Da bricht, des Traumes noch bewußt,
Ein Schluchzen mir aus weher Brust.
Derweil ich schlief, ging bleich und stumm
Der alten Liebe Schatten um.
Nelke
Rote Nelke blüht im Garten,
Läßt verliebte Düfte glühen,
Will nicht schlafen, will nicht warten
Einen Trieb nur hat die Nelke:
Rascher, heißer, wilder blühen!
Eine Flamme seh ich prangen,
Wind in ihre Röte rennen,
Und sie zittert vor Verlangen,
Einen Trieb nur hat die Flamme:
Rascher, rascher zu verbrennen!
Du in meinem Blute innen,
Liebe du, was soll dein Träumen?
Willst ja nicht in Tropfen rinnen,
Willst in Strömen, willst in Fluten
Dich vergeuden, dich verschäumen!
Nocturne
Chopins Nocturne Es-dur. Der Bogen
Des hohen Fensters stand voll Licht.
Auch deinem ernsten Angesicht
War eine Glorie angeflogen.
In keiner Nacht hat so mich wieder
Der stille Silbermond berührt,
Daß ich im Innersten verspürt
Unnennbar süß ein Lied der Lieder.
Du schwiegst. Auch ich; die stumme Ferne
Verrann im Licht. Kein Leben war
Als nur im See ein Schwänepaar
Und über uns der Lauf der Sterne.
Du tratest in den Fensterbogen,
Um deine ausgestreckte Hand
War dir vom Mond ein Silberrand
Und um den schmalen Hals gezogen.
Ode an Hölderlin
Freund meiner Jugend, zu dir kehr' ich voll Dankbarkeit
Manchen Abend zurùck, wenn im Fliedergebüsch
Des entschlummerten Gartens
Nur der rauschende Brunnen noch tönt.
Keiner kennt dich, o Freund; weit hat die neuere Zeit
Sich von Griechenlands stillen Zaubern entfernt,
Ohne Gebet und entgöttert
Wandelt nüchtern das Volk im Staub.
Aber der heimlichen Schar innig Versunkener,
Denen der Gott die Seele mit Sehnsucht schlug,
Ihr erklingen die Lieder
Deiner göttlichen Harfe noch heut.
Sehnlich wenden wir uns, vom Tag Ermüdete,
Der ambrosischen Nacht deiner Gesänge zu,
Deren wehender Fittich
Uns beschattet mit goldenem Traum.
Ach, und glühender brennt, wenn dein Lied uns entzückt,
Schmerzlicher brennt nach der Vorzeit seligem Land,
Nach den Tempeln der Griechen
Unser ewiges Heimweh auf.
Oft ist das Leben
Oft ist das Leben lauter Licht
Und funkelt freudefarben
Und lacht und fragt nach denen nicht,
Die litten, die verdarben.
Doch immer ist mein Herz bei denen,
Die Leid verhehlen
Und sich am Abend voller Sehnen
Zu weinen in die Kammer stehlen.
So viele Menschen weiß ich,
Die irren leidbeklommen,
All ihre Seelen heiß ich
Mir Brüder und willkommen.
Gebückt auf nasse Hände
Weiß ich sie abends weinen,
Sie sehen dunkle Wände
Und keine Lichter scheinen.
Doch tragen sie verborgen,
Verirrt, und wissen's nicht,
Durch Finsternis und Sorgen
Der Liebe süßes Licht.
Ohne dich
Mein Kissen schaut mich an zur Nacht
Leer wie ein Totenstein;
So bitter hatt ich's nie gedacht,
Allein zu sein
Und nicht in deinem Haar gebettet sein!
Ich lieg allein im stillen Haus,
Die Ampel ausgetan,
Und strecke sacht die Hände aus,
Die deinen zu umfahn,
Und dränge leis den heißen Mund
Nach dir und küß mich matt und wund
Und plötzlich bin ich aufgewacht
Und ringsum schweigt die kalte Nacht,
Der Stern im Fenster schimmert klar
O du, wo ist dein blondes Haar,
Wo ist dein süßer Mund?
Nun trink ich Weh in jeder Lust
Und Gift in jedem Wein;
So bitter hatt ich's nie gewußt,
Allein zu sein,
Allein und ohne dich zu sein!
Ohne Liebe
Wie über eines tiefen Brunnens Rand,
So fallen Tage mir und Nächte nun
Leer, ohne Lust noch Leid noch Lied noch Tun
Gleich welken Sommerrosen aus der Hand.
Ich achte nicht, wie mir die Zeit vergeht,
Ich sehe nur, wie meiner Liebe Stern
Weitab gewendet schattenhaft und fern
Am bleichen Himmel meines Lebens steht.
Oktober
In ihrem schönsten Kleide
Stehn alle Bäume gelb und rot,
Sie sterben einen leichten Tod,
Sie wissen nichts von Leide.
Herbst, kühle mir das heiße Herz,
Daß es gelinder schlage
Und still durch goldene Tage
Hinüberspiele winterwärts.
O so in später Nacht ...
O so in später Nacht nach Hause gehn,
Verliebt, verschmäht, von keinem Kuß beglückt,
Und in die bleichen Himmelsfelder sehn,
Wo der Orion traurig erdwärts rückt!
Und dann daheim, von Licht und Bett empfangen,
Sich niederlegen einsam und betrogen,
Von schweren Wünschen hin und her gezogen,
Umsonst nach Schlaf, nach Traum, nach Trost verlangen,
Voll Trauer über ein verschwendet Leben
In Schächten der Erinnerungen schürfen
Und wissen, daß nur Ein Trost uns gegeben:
Dem Lebenmüssen folgt das Sterbendürfen!
Palmström
Palmström kannte einen Herrn
namens Christian Morgenstern.
Dieser bloße Name schon
war perfid und voller Hohn,
denn besagter Morgenstern
schien am Abend grad so gern.
Ferner war er ein Poet,
was der Bürger kaum versteht.
Dieser Morgenstern verfaßte
- (tat er's, weil er Bürger haßte?) -
stets Gedichte voller Hohn,
welche schon durch ihren Ton
jeden Gläubigen und Braven
unfehlbar ins Schwarze trafen,
da sie Tag und Nacht verkehrten,
ja, oft jedes Sinns entbehrten.
Alles schienen diese bösen
Spottgedichte aufzuösen,
was man treu bisher verehrt.
Wer sie las, stand tief verstört.
Weder Herz war, noch Verstand,
weder Thron noch Vaterland
heilig diesem Morgenstern,
dennoch hatt' ihn Palmström gern
Palmström dachte: Jedes Tier
lobt den Herrn mit zwei bis vier
Flügeln, respektive Beinen.
Ihrem Chor wird sich vereinen
auch dies arme Dichtervieh,
dem ja Gott sein Amt verlieh.
Auch in ihm, so toll er scheine,
triumphiert der Ewig-Eine.
Während Palmström also dachte,
sah ihn Morgenstern und lachte.
"Dieser", sprach er, "dünkt sich weise,
duldet mich im Weltenkreise,
während doch zu dem Behuf
ihn mein Dichtergeist erst schuf.
Oder sollte (ach, wer kennt es!)
all mein Dichtens letztenendes
auf nichts anderem basieren
als auf Palmströms Wunsch zu existieren?"
Pfeifen
Klavier und Geige, die ich wahrlich schätze,
Ich konnte mich mit ihnen kaum befassen;
Mir hat bis jetzt des Lebens rasche Hetze
Nur zu der Kunst des Pfeifens Zeit gelassen.
Zwar darf ich mich noch kein Meister nennen,
Lang ist die Kunst und kurz ist unser Leben.
Doch alle, die des Pfeifens Kunst nicht kennen,
Bedaure ich. Mir hat sie viel gegeben.
Drum hab ich längst mir innigst vorgenommen,
In dieser Kunst von Grad zu Grad zu reifen,
Und hoffe endlich noch dahin zu kommen,
Auf mich, auf euch, auf alle Welt zu pfeifen.
Philosophie
Vom Unbewußten zum Bewußten,
Von da zurück durch viele Pfade
Zu dem, was unbewußt wir wußten,
Von dort verstoßen ohne Gnade
Zum Zweifel, zur Philosophie,
Erreichen wir die ersten Grade
Der Ironie.
Sodann durch emsige Betrachtung,
Durch scharfe Spiegel mannigfalt
Nimmt uns zu frierender Umnachtung
In grausam eiserne Gewalt
Die kühle Kluft der Weltverachtung.
Die aber lenkt uns klug zurück
Durch der Erkenntnis schmalen Spalt
Zum bittersüßen Greisenglück
Der Selbstverachtung.
Porträt
Hochmütig, schön und rätselhaft,
Der Mund voll Spott, die Stirn voll Stolz,
Der Blick voll loher Leidenschaft -
Und über deine Schulter hängt
Ein Bündel schweren Lockengolds.
Ich sah dich froh und mienenklar,
Sah dich in Nächten aufgerafft
Aus schwülem Bett mit wirrem Haar,
Ich sah dich hundertfach, doch jedesmal
Hochmütig, schön und rätselhaft.
Protest
Dem Menschen ist's gegeben,
Am siebten Tag zu ruhn,
Doch kann er auch daneben
Noch manches andre tun,
Holde Blumen blühen an des Weibes Bauch,
Innen ist alles voller Gedärme,
Wofür ich weniger schwärme,
Es war in meiner Heimat nicht der Brauch.
Indessen haben Bräuche und Sitten
Seit damals unleugbar gelitten,
Und die Ehrbarkeit, die ich so sehr gebliebt,
Ist etwas, was es fast gar nicht mehr gibt.
Sechs Tage sollst du essen,
Am siebten in deinem Schweiße ruhn
Und Gott nicht vergessen,
Sondern brav Geld verdienen und Gutes tun:
All diese Gebote haben leider
Überall, sogar in der Schweiz,
Viel verloren von ihrem Reiz;
Denn ernst ist die Kunst, das Fleisch aber heiter.
Mancher frißt sogar Kutteln zum Abendmahl,
Ich seh es oft mit Grauen,
Während doch Gott dem Menschen befahl,
Seinen Nächsten zu lieben, Männer wie Frauen.
Kurz, ich kenne mich nimmer aus
In diesem Narrenhaus,
Und zu den werten Lesern gewandt
Protestiere ich als Mensch, Christ, Patriot und Protestant.
Psychologie
Der Hummer liebte die Languste,
Was aber unerwidert blieb,
die Liebe sank ins Unbewusste
Und wurde dort zum Todestrieb.
Ein Psychologe untersuchte
Den Fall und fand ihn gar nicht klar,
Der Hummer lief davon und fluchte,
Er fand zu hoch das Honorar.
Der Psychologe nun verübelte
Ihm dies Verhalten, wenn auch stumm,
Doch sein gescheites Köpfchen grübelte
Noch länger an dem Fall herum.
Auch ohne Arzt genas der Hummer
Und fand ein andres Liebesglück,
Der Arzt führt aber seinen Kummer
Auf einen Geldkomplex zurück.
Rat
Nein, Junge, suche du allein
Den Weg und laß mich weitergehen!
Mein Weg ist weit und mühevoll
Und führt durch Dornen, Nacht und Wehen.
Geh lieber mit den andern dort!
Der Weg ist glatt und viel betreten,
Ich will in meiner Einsamkeit
Auch fürder einsam sein und beten.
Und siehst du mich auf Bergen stehen,
Beneid mich nicht um meine Flügel!
Du wähnst mich hoch und himmelnah -
Ich seh, der Berg war nur ein Hügel.
Regentage
Der scheue Blick an allen Enden
Stößt sich an grauen Wänden,
Und "Sonne" ist nur noch ein leeres Wort.
Die Bäume stehn und frieren naß und nackt,
Die Frauen gehn in Mäntel eingepackt,
Und Regen rauscht unendlich fort und fort.
Einst als ich noch ein Knabe war,
Da stand der Himmel immer blau und klar
Und alle Wolken waren goldgerändert;
Nun seit ich älter bin,
Ist aller Glanz dahin,
Der Regen rauscht, die Welt hat sich verändert.
Reine Lust
Ich weiß auf Erden keine reinere Lust
Als still zu ruhen an der Erde Brust,
Auf heißer Mauer an bestaubten Wegen,
Wenn über mir das tiefe Blau sich dehnt
Und einem ungekannten Glück entgegen
Mein Wunsch sich leise und mit Lächeln sehnt.
Ich weiß nur Eine, die mich gleich erfaßt:
Auf einem schmalen Ruderbrett mich wiegen,
Wenn ringsum leuchtend in der Mittagsglast
Die Weiten eines blauen Meeres liegen
Und fern ein Schiff das weiße Segel regt,
Das meine müde Sehnsucht heimwärts trägt.
Risse
Ich hatte eine seltne Violine
Mit wunderbar gebräunten, blanken, starken
Wänden und lichten,
Echten, uralten Zargen.
Nur schräg im Boden, sichtbar keinem Laien,
Zog sich ein Riß und gab den edlen Tönen
Ein seltsam hartes,
Verwundetes, krankes Stöhnen.
Krähn können auch die Raben.
Wer klingen will,
Wer Lieder singen will,
Darf keine Risse haben.
Rückgedenken
Am Hang die Heidekräuter blühn,
Der Ginster starrt in braunen Besen.
Wer weiß heut noch, wie flaumiggrün
Der Wald im Mai gewesen?
Wer weiß heut noch, wie Amselsang
Und Kuckucksruf einmal geklungen?
Schon ist, was so bezaubernd klang,
Vergessen und versungen.
Im Wald das Sommerabendfest,
Der Vollmond überm Berge droben,
Wer schrieb sie auf, wer hielt sie fest?
Ist alles schon zerstoben.
Und bald wird auch von dir und mir
Kein Mensch mehr wissen und erzählen,
Es wohnen andre Leute hier,
Wir werden keinem fehlen.
Wir wollen auf den Abendstern
Und auf die ersten Nebel warten.
Wir blühen und verblühen gern
In Gottes großem Garten.
Schizophren
Das Lied ist aus,
Wollen Sie also gefälligst wenden,
Entgürten Sie Ihre Lenden,
Und fühlen Sie sich hier, bitte, wie zu Haus!
Legen Sie ab Ihre werte Persönlichkeit
Und wählen Sie sich als Abendkleid
Eine beliebige Inkarnation,
Den Don Juan oder den verlorenen Sohn
Oder die große Hure von Babylon,
Es geschieht nur zur besseren Belügung,
Die Garderobe steht ganz zu Ihrer Verfügung.
Haben Sie vielleicht meine Eltern gekannt?
Sie zählten zu den Stillen im Land,
Doch waren auch sie von der Erbsünde gehetzt,
Sonst hätten sie mich nicht in die Welt gesetzt.
Indes spielt dies hier eigentlich keine Rolle,
Zur Fortpflanzung bediene ich mich der Knolle,
Es ist das höchste Glück auf Erden
Und kann auch elktrisch betrieben werden.
So werden Sie freundlichst gestatten,
Daß wir beide uns höflich begatten,
Wie es sich ziemt zwischen Vater und Sohn.
Vielleicht bediene Sie inzwischen das Grammophon,
Während ich im Ständeratsaale
Die amtlichen Begattungssteuern bezahle.
Schönes Heute
Morgen - was wird morgen sein?
Trauer, Sorge, wenig Freude,
Schweres Haupt, vergoßner Wein -
Du sollst leben, schönes Heute!
Ob die Zeit im schnellen Flug
Wandelt ihren ewigen Reigen,
Dieses Bechers voller Zug
Ist unwandelbar mein eigen.
Meiner losen Jugend Brand
Lodert hoch in diesen Tagen.
Tod, da hast du meine Hand,
Willst du mich zu zwingen wagen?
Schwarzwald
Seltsam schöne Hügelfluchten,
Dunkle Berge, helle Matten,
Rote Felsen, braune Schluchten,
Überflort von Tannenschatten.
Wenn darüber eines Turmes
Frommes Läuten mit dem Rauschen
Sich vermischt des Tannensturmes,
Kann ich lange Stunden lauschen.
Dann greift wie eine Sage,
Nächtlich am Kamin gelesen,
Das Gedächtnis mich der Tage,
Da ich hier zu Haus gewesen.
da die Fernen edler, weicher,
Da die tannenforstbekränzten
Berge seliger und reicher
Mir im Knabenauge glänzten.
September
Der Garten trauert,
kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
still seinem Ende entgegen.
Golden tropft Blatt um Blatt
nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
in den sterbenden Gartentraum.
Lange noch bei den Rosen
bleibt er stehn, sehnt sich nach Ruh,
langsam tut er
die müdgeword'nen Augen zu.
September
The garden is in mourning:
the rain falls cool among the flowers.
Summer shivers quietly
on its way toward its end.
Golden leaf after leaf
falls from the tall acacia.
Summer smiles, astonished, feeble,
in this dying dream of a garden.
For a long while, yet, in the roses
she will linger on, yearning for peace,
and slowly
close her weary eyes.
Skizzenblatt
Kalt knistert Herbstwind im dürren Rohr
Das im Abend ergraut ist;
Krähen flattern vom Weidenbaume landeinwärts.
Einsam steht und rastet am Strande ein alter Mann,
Spürt den Wind im Haar, die Nacht und nahenden Schnee,
Blickt vom Schattenufer ins Lichte hinüber,
Wo zwischen Wolken und See ein Streifen
Fernsten Strandes noch warm im Lichte leuchtet:
Goldenes Jenseits, selig wie Traum und Dichtung.
Fest im Auge hält er das leuchtende Bild,
Denkt der Heimat, denkt seiner guten Jahre,
Sieht das Gold erbleichen, sieht es erlöschen,
Wendet sich ab und wandert
Langsam vom Weidenbaume landeinwärts.
Soiree
Man hatte mich eingeladen,
Ich wußte nicht warum;
Viel Herren mit schmalen Waden
Standen im Saal herum.
Es waren Herren von Namen
Und von gewaltigem Ruf,
Von denen der eine Dramen,
Der andre Romane schuf.
Sie wußten sich flott zu betragen
Und machten ein groß Geschrei.
Da schämte ich mich zu sagen,
Daß ich auch ein Dichter sei.
Sommernacht
Die Bäume tropfen vom Gewitterguß,
im nassen Laub glänzt Mondlicht kühlvertraut,
vom Tal herauf der unsichtbare Fluß
tönt dunkel her mit ruhelosem Laut.
Jetzt im Gehöfte schlagen Hunde an -
o Sommernacht und halbverhangene Sterne
wie reißt es mir auf eurer bleichen Bahn
das Herz hinaus in Reiserausch und Ferne!
Sonderling
Ich bin zuweilen wie ein wilder Mann,
Der Götter höhnt und laute Nächte lang
Mit rohen Kameraden zechen kann
Und dem schon mancher scharfe Witz gelang.
Ich bin zuweilen wie ein schwaches Kind,
Das ohne Schuld krank wurde und verdarb,
Und dessen Lächeln ungeboren starb.
Und dessen Träume voll von Engel sind.
Spätsommer
Noch schenkt der späte Sommer
Tag um Tag voll süßer Wärme.
Über Blumendolden schwebt da und dort
mit müdem Flügelschlag ein Schmetterling
und funkelt sammetgolden.
Die Abende und Morgen atmen feucht
von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.
Eidechse rastet auf besonntem Stein,
Blätterschatten Trauben sich verstecken.
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein,
in Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.
So wiegt sich manchmal viele Takte lang
Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt.
Bis sie erwachend sich dem Bann entrang
zurück zu Werdemut und Gegenwart.
Wir Alten stehen erntend am Spalier
und wärmen uns die sommerbraunen Hände.
Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende.
Noch hält und schmeichelt uns das heut und Hier.
Sprache
Die Sonne spricht zu uns mit Licht,
Mit Duft und Farbe spricht die Blume,
Mit Wolken, Schnee und Regen spricht
Die Luft. Es lebt im Heiligtume
Der Welt ein unstillbarer Drang,
Der Dinge Stummheit zu durchbrechen,
In Wort, Gebärde, Farbe, Klang
Des Seins Geheimnis auszusprechen.
Hier strömt der Künste lichter Quell,
Es ringt nach Wort, nach Offenbarung,
Nach Geist die Welt und kündet hell
Aus Menschenlippen ewige Erfahrung.
Nach Sprache sehnt sich alles Leben,
In Wort und Zahl, in Farbe, Linie, Ton
Beschwört sich unser dumpfes Streben
Und baut des Sinnes immer höhern Thron.
In einer Blume Rot und Blau,
In eines Dichters Worte wendet
Nach innen sich der Schöpfung Bau,
Der stets beginnt und niemals endet.
Und wo sich Wort und Ton gesellt,
Wo Lied erklingt, Kunst sich entfaltet,
Wird jedesmal der Sinn der Welt,
Des ganzen Daseins neu gestaltet,
Und jedes Lied und jedes Buch
Und jedes Bild ist ein Enthüllen,
Ein neuer, tausendster Versuch,
Des Lebens Einheit zu erfüllen.
In diese Einheit einzugehn
Lockt euch die Dichtung, die Musik,
Der Schöpfung Vielfalt zu verstehn
Genügt ein einziger Spiegelblick.
Was uns Verworrenes begegnet,
Wird klar und einfach im Gedicht:
Die Blume lacht, die Wolke regnet,
Die Welt hat Sinn, das Stumme spricht.
Spring
In dusky hollows
I long dreamed
of your trees and blue skies,
of your fragrance and bird song.
Now you stand revealed
in glitter and glory,
flooded with light,
like a miracle.
You recognize me,
and gently beckon;
my whole body trembles
with your holy presence!
Spruch
So mußt du allen Dingen
Bruder und Schwester sein,
daß sie dich ganz durchdringen,
Daß du nicht scheidest Mein und Dein.
Kein Stern, kein Laub soll fallen -
Du mußt mit ihm vergehn!
So wirst du auch mit allen
Allstündlich auferstehn.
Sterbelied des Dichters
Bald geh ich heim,
Bald geh ich aus dem Leim,
Und meine Knochen fallen,
Zu den andern allen,
Der berühmte Hesse ist verschwunden,
Bloß der Verleger lebt nich von seinen Kunden.
Dann komm ich wieder auf die Welt,
Ein Knäblein, das allen wohlgefällt,
Sogar alte Leute schmunzeln
Aus wohlwollenden Runzeln.
Ich aber saufe und fresse,
Heiße nicht mehr Hesse,
Liege bei den jungen Weibern,
Reibe meinen Leib an ihren Leibern,
Kriege sie satt udndrücke ihnen die Gurgel zu,
Dann kommt der Henker und bringt mich auch zur Ruh.
Dann kann ich wieder auf Erden
Von einer Mutter geboren werden
Und Bücher schreiben oder Weiber begatten.
Ich bleibe aber lieber im Schatten,
Bleibe im Nichts und ungeboren
Und ungeschoren, im Jenseits verloren,
Da kann man über alle diese Sachen
Lachen, lachen, lachen, lachen.
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Symphonie
Aus dunkler Brandung gärend
Des Lebens bunter Braus
Und drüber immerwährend
Der Sterne hochgewölbtes Haus.
Mein Leben ist versunken,
Ich schweb am Weltenrand
Und atme tief und trunken
Der Feuerlüfte süßen Brand.
Und der ich kaum entronnen,
Des Lebens Zauberglut
Spült mich mit tausend Wonnen
Aufs neue in die große Flut.
Teich
I
Schnee über meinem lieben Wald,
Graurot ein karger Abendschein -
Fernabwärts eine Büchse knallt -
So war mein Herz noch nie allein!
Nur einmal! Hier, am selben Platz!
Quer übern Weiher glitt ein Kahn,
Und schweigend drin mein blonder Schatz
Geschmiegt an einen fremden Mann.
Der Himmel war so düsterfarb
Und ganz wie heut im Teich der Schein -
Ein Büchsenschuß fernabwärts starb -
So war mein Herz noch nie allein.
II
Im Teich ein trüber,
Grauroter Schein,
Ein brünstiger Hirschruf waldüber -
Und ich allein!
Zum Teich ist müde
Mein Haupt gesenkt,
An eine verwelkte Blüte
Mein Heimweh denkt.
Ein Schwan im Teiche
Streift an das Rohr
Und reckt verschnittene
Flügel empor.
Zum Teich ist müde
Mein Haupt gesenkt,
An eine verwelkte Blüte
Mein Heimweh denkt.
Traum
Aus einem argen Traum aufgewacht
Sitz ich im Bett und starre in die Nacht
Mir graut vor meiner eigenen Seele tief,
Die solche Bilder aus dem Dunklen rief.
Die Sünden, die ich da im Traum getan,
Sind sie mein eigen Werk? Sind sie nur Wahn?
Ach, was der schlimme Traum mir offenbart,
Ist bitter wahr, ist meine eigene Art.
Aus eines unbestochenen Richters Mund
Ward mir ein Flecken meines Wesens kund.
Zum Fenster atmet kühl die Nacht herein
Und schimmert nebelhaft in grauem Schein.
O süßer, Lichter Tag, komm du heran
Und heile, was die Nacht mir angetan!
Durchleuchte mich mit deiner Sonne, Tag,
Daß wieder ich vor dir bestehen mag!
Und mach mich, ob's auch in Schmerzen sei,
Vom Grauen dieser bösen Stunde frei!
Traumfigur
Es geht ein greiser Mann
Mit weißen Locken unterm schwarzen Hut,
Der hübsch aussieht und lebhaft reden kann,
Doch er ist alt und kühl sein Blut.
Halb ist er lächelnd
Und tut mir leid in seiner Ahnentracht,
Die so hübsch ist und dennoch ihn komisch macht,
Halb ist er ehrwürdig und feierlich.
Der Alte geht und spricht
Bedauernd und klug über die jetzige Zeit.
Richtig verstehen kann ich ihn nicht,
Bin aber zu höflicher Zustimmung bereit
So geht der alte Mann,
Spricht Klugheit aus der knorpeligen Kehle.
Ich wollte, ach, er ginge mich nichts an!
Doch ist er ja ein Abbild meiner eigenen Seele.
Traurigkeit
Die mir noch gestern glühten,
Sind heut dem Tod geweiht,
Blüten fallen um Blüten
Vom Baum der Traurigkeit.
Ich seh sie fallen, fallen
Wie Schnee auf meinen Pfad,
Die Schritte nicht mehr hallen,
Das lange Schweigen naht.
Der Himmel hat nicht Sterne,
Das Herz nicht Liebe mehr,
Es schweigt die graue Ferne,
Die Welt ward alt und leer.
Wer kann sein Herz behüten
In dieser bösen Zeit?
Es fallen Blüten um Blüten
Vom Baum der Traurigkeit
Uralte Buddha-Figur in einer
japanischen Waldschlucht verwitternd
Gesänftigt und gemagert, vieler Regen
Und vieler Fröste Opfer, grün von Moosen
Gehn deine milden Wangen, deine großen
Gesenkten Lider still dem Ziel entgegen,
Dem willigen Zerfalle, dem Entwerden
Im All, im ungestaltet Grenzenlosen.
Noch kündet die zerrinnende Gebärde
Vom Adel deiner königlichen Sendung
Und sucht doch schon in Feuchte, Schlamm und Erde,
Der Formen ledig, ihres Sinns Vollendung,
Wird morgen Wurzel sein und Laubes Säuseln,
Wird Wasser sein, zu spiegeln Himmels Reinheit,
Wird sich zu Efeu, Algen, Farnen kräuseln, -
Bild allen Wandels in der ewigen Einheit.
Venezianische Gondelgespräche
I
Komm, wir wollen einen Schmuck erdenken,
Den wir eins dem andern wollen schenken,
Wenn einmal wir beide arme Kinder
Fürsten werden sein und Schätzefinder.
Eine Kette hab ich dir ersonnen:
Perlen, fern im Orient gewonnen,
Perlen, die perlmuttern und opalen
Mit versteckten jähen Lichtern prahlen;
Dieser Perlen reiche Reihen sollen
Endigen in einen wundervollen
Busenstern von lachenden Rubinen,
Die begierig deiner Schönheit dienen
Und inmitten eine Platte tragen,
Drauf in altem Golde aller Sagen
Lieblichste in zarter Arbeit leuchtet:
Aphrodite, welche schaumbefeuchtet
Aus der Welle schwebt. Die Göttin trüge
Deiner eigenen Schönheit schöne Züge.
Ich hinwieder wünsche mir aus Glase
Eine schlankgeformte, hohe Vase.
Ihre Wände müßten meergrün schimmern
Und wie Sonnenschein am Lido flimmern,
Hundertfarbig mit dem Licht im Bunde,
Irisspielend jegliche Sekunde.
In Murano soll der beste Bläser
Schaffen uns dies Wunder aller Gläser,
Tag und Nächte soll er wund sich mühen,
Bis ihm Farbenwunder traumhaft blühen
Und aus seiner reichsten Träume Gluten
Uns der fabelhafte Kelch wird fluten.
Dann an warmen Abenden wie heute
Tönt der Kelch ein wundersam Geläute
Und wir beide hören zu und schweigen,
Bis aus dem Geläute Lieder steigen,
Lieder, die wie Fabeln fremder Zeiten
Fremd und schön in langen Takten gleiten,
Tief in Zauberglück die Seele hüllen,
Aller scheuesten Sehnsucht Wunsch erfüllen.
Hörst du, Gina? Hörst du nicht? - Es ziehen
Schon vom Ufer her die Melodien,
Es erglänzen schon in jähen Garben
Unsres Kelches tausendfache Farben!
Über Redentore hängt verblühend
Reif und schwer die Sonne, blutrot glühend,
Die Lagune leuchtet auf in großen
Feuerfeldern, blüht in roten Rosen,
Feiert aller Farben reichste Feste,
Überströmt mit Prunk uns stille Gäste.
Nein, der Bläser soll sich nicht bemühen,
Schau, hier siehst du meine Vase glühen!
Irgendwo im blauen Meere hinten
Werden wir auch deine Kette finden.
II
Was ich träume, fragst du? Daß wir beide
Gestern starben und im weißen Kleide,
Weiße Blumen in den losen Haaren,
In der schwarzen Gondel meerwärts fahren.
Glocken läuten fern vom Kampanile,
Werden leiser, werden bald vom Kiele
Übergurgelt, den die Wellen schlagen.
Weiter meerwärts werden wir getragen,
Dorthin, wo mit himmelhohen Masten
Schiffe schwarz am Horizonte rasten,
Wo die Fischerbarken mit den feuchten
Rot und gelben Segeln tiefer leuchten,
Wo die blauen großen Wogen brausen,
Wo die wilden Schiffermöwen hausen.
Dort, durch eines Wassertores blauen Rachen
Segelt abwärts unser leichter Nachen
In die Tiefen, deren weite Räume
Fremd erfüllen die Korallenbäume,
Wo in Muscheln, die verborgen glimmern,
Bleiche Riesenperlen köstlich schimmern,
Scheue Silberfische glänzen leise
Uns vorbei und lassen Farbengleise,
Deren Furchen andre überglänzen
Mit den goldenroten, schlanken Schwänzen.
Träumend dort in meilentiefer Tiefe
Wird uns sein, als ob zuweilen riefe
Einer Glocke Ton, ein Windeswehen,
Deren fernes Lied wir nicht verstehen,
Deren fernes Lied von engen Gassen
Redet, die wir langeher verlassen,
Und von Dingen, die wir ehmals kannten,
Und von Wegen, die wir ehmals fanden.
Einer Straße, eines Kircheninnern
Werden wir verwundert uns erinnern,
Eines Gondelrufs und mancher Namen,
Die wir manchesmal vorzeit vernahmen.
Lächelnd, wie im Schlaf die Kinder pflegen,
Werden wir die stummen Lippen regen,
Und das Wort wird, eh wir's können lallen,
In Vergessenheit und Traumtod fallen.
Über uns die großen Schiffe gleiten,
Dunkle Barken bunte Segel breiten,
Große Vögel in der Sonne fliegen,
Blanke Netze auf dem Wasser liegen,
Und darüber hoch und rein gezogen
Eines Sonnenhimmels blauer Bogen.
III
In Burano, wo an ihren Spitzen
Hundert schöne Mädchen fleißig sitzen,
Mit den weißen, allzu spitzen, raschen
Fingern eilig fügen feine Maschen,
Wo an wundervoll geschaffenen Stücken
Fremde schöne Damen sich entzücken,
In Burano bin ich heut gewesen,
Ein Geschenk dir, Gina, zu erlesen.
Ah wie glänzten die brillanten, frischen
Zartgeblümten Zeuge auf den Tischen!
Ah wie zart in tastend leisen Händen
Fühlte ich der feinen Nähte Enden!
Einen Spitzensaum und sieben Krägen
Ließ ich sorgsam mir beiseite legen;
Daß ein feiner Schmuck dich würdig ziere,
Gab ich gerne sechzehnhundert Lire.
Dann erschaute ich und ließ mir reichen
Weiße Seidenkissen, die mit weichen
Breiten Säumen edler Arbeit prangten,
Säume, deren Fries von reichgerankten
Spitzenkränzen und erhabnen Rosen
Mir verlockend schien, darauf zu kosen
Holde Liebesstunden. Zwölf Zechinen
Zahlte ich für jedes Stück von ihnen.
Eine Gondel ließ ich damit füllen
Und mit starkem Segeltuch verhüllen.
Diese Gondel, leider muß ich's sagen,
Ward hinaus ins offene Meere verschlagen,
Und ich fürchte, unsre schönen Sachen
Werden nun den Fischen Freude machen.
In den weißen Spitzenrankenkränzen
Werden schlanke Silberfische schwänzen,
Durch die Maschen, die so köstlich waren,
Wird der Thunfisch und der Hering fahren,
Und die seideweichen Liebeskissen
Werden von der Störe Brut zerschlissen.
Einzig eine kleine, arme Haube
Blieb mir über und entging dem Raube.
Nimm sie, Schönste, an der Schätze Stelle,
Die mir tückisch stahl der Gott der Welle.
IV
Meiner Heimat Namen soll ich sagen?
Irgendeinen andern mußt du fragen,
Dem des Sternenhimmels weite Räume
Wohlbekannt sind und das Land der Träume.
Meine Heimat liegt in goldnem Kreise,
Keines Wanderers noch Schiffers Reise
Mag die schönen, silberhellen, weichen
Küsten und Gestade je erreichen,
Keines Weisen Mund nennt ihren Namen;
Dennoch viele sind, die dorther kamen,
Viele, die in Heimwehnächten ferne
Sie erträumen im Bezirk der Sterne,
Die in Angst und Sehnen nach ihr rufen,
Die ihr Bild in dunkler Seele schufen
Und die Ahnung alles Besten, Großen
In dies Bild und alle Liebe schlossen.
Dieser Einer bin ich, und ich reise
Ohne Rast nach jenem goldenen Kreise.
Deiner Stimme Klang und deines Haares
Koseduft weckt mir ein wunderbares,
Liebes Angedenken jenes Landes,
Dessen namenloses, unbekanntes
Heimatglück ich Ahnender empfunden
Jenes Tages, da ich dich gefunden.
Und ich ahne: unsre regen Seelen,
Während auf den ruhigen Kanälen
Uns die Gondel führt auf Dämmerwegen,
Reisen meinem Vaterland entgegen,
Reden heimatlich vertraute Worte,
Pochen an des fernen Landes Pforte,
Sagen seinen fremden, selig süßen
Namen, während unsre Lippen küssen.
V
Dort am Horizonte kannst du sehen
Eines Schiffes stille Masten stehen
An des Meeres allerfernstem Rande,
Ostwärts steuernd nach dem fremden Lande.
Seine schwarzen, scharfgezognen Masten
Wie verzaubert in der Bläue rasten.
Ist es nicht, als ob’s ein Heimweh trüge,
Einen Schiffer, dessen Segelflüge
Irgendeine Insel, eine Küste
Suchen, die er unerreichbar wüßte?
Dieser Schiffer ist, der heimwehsieche,
Fern von hier zu Hause, ist ein Grieche.
Seine Heimatinsel aufzufinden
Kämpft er ohne Rast mit Flut und Winden,
Jahrelang durch aller Zonen Kreise
Kreuzt die Meere seine Heimwehreise.
Siehst du ferne seine Masten treten
Aus der Bläue, dann vergiß zu beten
Niemals zu der Mutter aller Gnaden,
Daß sie ihm und uns auf allen Pfaden
Licht und Ausgang weise und am Ende
Unser Steuer zu den Sternen wende.
VI
Sieh, die Glockenmänner sind am Schlagen!
Zitternd von der warmen Luft getragen
Folgen unentrinnbar allerwege
Uns die schonungslosen Stundenschläge.
Stille Liebe, gib mir deine Hände
Noch einmal! Der Zauber ist zu Ende,
Dem wir folgten so viel süße Gänge
Durch der Gassen und Kanäle Enge.
Morgen muß ich diese schmalen Gassen
Und die Stadt und dich und alles lassen,
Muß zurück in meinen wolkendunkeln
Norden, wo die bleichen Gletscher funkeln,
Wo man deiner Sprache reiches Tönen
Nicht versteht und nichts versteht vom Schönen,
Noch von Klang noch Freude. Dunkle Lose
Warten meiner in der Heimat Schoße.
Bei des Herdes Licht in wachen Nächten
Werd ich Kränze weher Lieder flechten
Um dein Bildnis, werde traurig träumen
Von den leuchtenden Lagunensäumen,
Niemals störte unsre Seligkeiten,
Die so still und lachend uns beglückten,
Die mit Küssen wir und Liedern schmückten.
Tief im Traume wird mich dann zuweilen
Deiner schönen Stimme Klang ereilen
Venezianische Koseworte sagend,
Allen Duft des schönen Damals tragend.
Und ich werde mit verborgenen Tränen
Mich nach dir und nach Venedig sehnen ...
- Gondoliere, nach San Vio! - Müde
Schweigt die Glocke. Gib mir die verblühte
Gelbe Rose noch aus deinen Haaren!
Und nun wollen wir nach Hause fahren.
Verführer
Gewartet habe ich vor vielen Türen,
In manches Mädchenohr mein Lied gesungen,
Viel schöne Frauen sucht ich zu verführen,
Bei der und jener ist es mir gelungen.
Und immer, wenn ein Mund sich mir ergab,
Und immer, wenn die Gier Erfüllung fand,
Sank eine selige Phantasie ins Grab,
Hielt ich nur Fleisch in der enttäuschten Hand.
Der Kuß, um den ich innigst mich bemühte,
Die Nacht, um die ich lang voll Glut geworben,
Ward endlich mein — und war gebrochene Blüte,
Der Duft war hin, das Beste war verdorben.
Von manchem Lager stand ich auf voll Leid,
Und jede Sättigung ward Überdruß;
Ich sehnte glühend fort mich vom Genuß
Nach Traum, nach Sehnsucht und nach Einsamkeit.
O Fluch, daß kein Besitz mich kann beglücken,
Daß jede Wirklichkeit den Traum vernichtet,
Den ich von ihr im Werben mir gedichtet
Und der so selig klang, so voll Entzücken!
Nach neuen Blumen zögernd greift die Hand,
Zu neuer Werbung stimm ich mein Gedicht ...
Wehr dich, du schöne Frau, straff dein Gewand!
Entzücke, quäle — doch erhör mich nicht!
Verfrühter Herbst
Schon riecht es scharf nach angewelkten Blättern
Kornfelder stehen leer und ohne Blick;
Wir wissen: eines von den nächsten Wettern
Bricht unserm müden Sommer das Genick.
Die Ginsterschoten knistern. Plötzlich wird
Uns all das fern und sagenhaft erscheinen,
Was heut wir in der Hand zu halten meinen,
Und jede Blume wunderbar verirrt.
Bang wächst ein Wunsch in der erschreckten Seele:
Daß sie nicht allzu sehr am Dasein klebe,
Daß sie das Welken wie ein Baum erlebe,
Daß Fest und Farbe ihrem Herbst nicht fehle .
Verzückung
Biegt sich in berauschter Nacht
Mir entgegen Wald und Ferne,
Atme ich Blau und kühle Sterne
Und der Träume wunde Pracht,
O dann liegt die trunkne Welt
Wie ein Weib an meinem Herzen,
Lodert in verzückten Schmerzen,
Deren Schrei betörend gellt.
Und aus fernsten Tiefen her
Tiergestöhn und Flügelschlagen,
Nachklang aus verschollnen Tagen
Grüner Jugendzeit am Meer,
Opferschrei und Menschenblut,
Feuertod und Klosterzelle,
Alles meines Blutes Welle,
Alles heilig, alles gut!
Nichts ist außen, nichts ist innen,
Nichts ist unten, nichts ist oben,
Alles Feste will zerinnen,
Alle Grenzen sind zerstoben.
Sterne gehn in meiner Brust,
Seufzer gehn am Himmel unter,
Jedes Leben Herz und Lust
Brennt entzückter, flackert bunter,
Jeder Rausch ist mir willkommen,
Offen steh ich jeder Pein,
Ströme betend, hingenommen
Mit ins Herz der Welt hinein.
Voll Blüten
Voll Blüten steht der Pfirsichbaum,
Nicht jede wird zur Frucht,
Sie schwimmen hell wie Rosenschaum
Durch Blau und Wolkenflucht.
Wie Blüten gehn Gedanken auf,
Hundert an jedem Tag -
Lass blühen! Lass dem Ding den Lauf!
Frag nicht nach dem Ertrag!
Es muss auch Spiel und Unschuld sein
Und Blütenüberfluss,
Sonst wär die Welt uns viel zu klein
Und Leben kein Genuss.
Vor Colombo
In grünem Licht verglimmt der heiße Tag,
Still geht und steht das Schiff im Wellenschlag.
So still und gleich durch diese Welt zu gehn,
So unbeirrt in Kampf und Nacht zu sehn,
War meiner Reise Ziel, doch lernt' ich's nicht.
Und wartend wend' ich heimwärts mein Gesicht,
Zu neuer Tage Wechselspiel bereit,
Neugierig auf des Lebens Grausamkeit.
Für mich ist Stille nicht und Sternenbahn,
Ich bin die Welle, bin der schwankende Kahn,
Von jedem Sturm im Innersten erregt,
Von jedem Hauch verwundet und bewegt.
So fand ich bis zum fernsten Wendekreise
Mich selber nur und kehre von der Reise
Mit aller alten Wandersehnsucht her,
Nach Lust und Schmerz des Lebens voll Begehr,
Zu neuem Spiel und neuem Kampf gesonnen,
Aus allem Abenteuer ungeheilt entronnen.
Ich bin der Erde, nicht der Sterne Kind,
Unruhig ist mein Sinn, bewegt vom Wind,
Vom Meer geschaukelt und vom Sturm geweckt,
Vom Licht getröstet, von der Nacht erschreckt.
Und ob ich hundertmal im Lebensdrang
Um Weisheit flehte und nach Frieden rang,
Stets ruht mein Los gebannt an irdische Zeichen,
Und immer werd' ich meiner Mutter gleichen.
Wache Nacht
Bleich blickt die föhnige Nacht hinein,
Der Mond im Wald will untergehn.
Was zwingt mich doch mit banger Pein
Zu wachen und Hinauszusehn?
Ich hab geschlafen und geträumt;
Was hat mir mitten in der Nacht
Gerufen und so bang gemacht,
Als hätt ich wichtiges versäumt?
Am liebsten liefe ich vom Haus,
Vom Garten, Dorf und Lande fort
Dem Rufe nach, dem Zauberwort,
Und weiter und zur Welt hinaus.
Weg nach Innen
Wer den Weg nach innen fand,
Wer in glühndem Sichversenken
Je der Weisheit Kern geahnt,
Daß sein Sinn sich Gott und Welt
Nur als Bild und Gleichnis wähle:
Ihm wird jedes Tun und Denken
Zwiegespräch mit seiner eignen Seele,
Welche Welt und Gott enthält.
Weihnachten des Alten
Als ich ein Knabe war, in Weihnachtszeiten,
Wie war ich selig da und unersättlich,
Im Duft der Kerzen mit dem neuen Spielzeug
Zu spielen unterm Tannenbaum: dem Ross,
Dem Bilderbuch, der Eisenbahn, der Violine!
Und wenn auch jedes Spielzeug bald erlosch
Und Alltag wurde, jeder Weihnachtsbaum
War wieder neu, war Fest und Wunder,
Umfing mich wider mit dem Zaubernetz.
Heut weiß ich keine neuen Spiel mehr,
Erschöpft ist Glanz und Lust, der lange Weg
Liegt hinter mir, zerbrochenen Spielzeugs voll,
Die Scherben klirren. Doch die Sehnsucht malt
Mir einen letzten, höchsten Zauber noch
In holden Farben aus: das letzte Fest,
Den Ausgang aus der Spiel- und Kinderwelt,
Den Eingang in die nächste, tief ersehnt.
Dein denk ich, wenn die leergewordne Welt
Um mich mit ihren farbigen Scherben flirrt,
Dein denk ich, letztes Spiel, geliebter Tod!
Aufglänzen wird noch einmal Kinderlust,
Noch einmal wird der dürre Christbaum blüh´n
Und Wunder strahlen, dass im dunkeln Schacht
Das Herz von neuer Wonne bang erquillt.
Und zwischen Kerzenglanz und Tannenduft
Und all dem Wust zerbrochner Spielerei´n
Wird aus dem wonnevollen Dunkel
Die ferne Stimme meiner Mutter rufen.
Weihnachtsabend
Aus dunklen Fenstern stand ich lang
Und schaute auf die weiße Stadt
Und horchte auf den Glockenklang,
Bis nun auch er versungen hat.
Nun blickt die stille reine Nacht
Traumhaft im kühlen Winterschein,
Vom bleichen Silbermond bewacht,
In meine Einsamkeit herein.
Weihnacht! - Ein tiefes Heimweh schreit
Aus meiner Brust und denkt mit Gram
An jene ferne, stille Zeit,
Da auch für mich die Weihnacht kam.
Seither voll dunkler Leidenschaft
Lief ich auf Erden kreuz und quer
In ruheloser Wanderschaft
nach Weisheit, Gold und Glück umher.
Nun rast´ ich müde und besiegt
An meines letzten Weges Saum,
Und in der blauen Ferne liegt
Heimat und Jugend wie ein Traum.
Weil ich Dich liebe
Weil ich dich liebe, bin ich des Nachts
So wild und flüsternd zu dir gekommen,
Und dass du mich nimmer vergessen kannst,
Hab ich deine Seele mitgenommen.
Sie ist nun bei mir und gehört mir ganz
Im Guten und auch im Bösen;
Von meiner wilden, brennenden Liebe
Kann dich kein Engel erlösen.
Welkes Blatt
Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden,
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Frucht.
Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig will,
Wenn der Wind dich will entführen.
Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Laß es still geschehen.
Laß vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.
Wiedersehen
Hast du das ganz vergessen,
Daß einst dein Arm in meinem hing
Und Wonne unermessen
Von deiner Hand in meine Hand
Von meinem Mund in deinen überging,
Und daß dein blondes Haar
Einst einen flüchtigen Frühling lang
Der selige Mantel meiner Liebe war,
Und daß die Welt einst duftete und klang,
Die jetzt so grau verdrossen liegt,
Von keinem Liebessturm, von keiner Torheit mehr gewiegt?
Was wir einander wehe tun,
Die Zeit verweht's, das Herz vergißt;
Die seligen Stunden aber ruhn
In einem Glanz, der ohne Ende ist.
Seltsam im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Wie der stöhnende Wind
Wie der stöhnende Wind durch die Nacht
Stürmt mein Verlangen nach dir,
Jede Sehnsucht ist aufgewacht -
O du, die mich krank gemacht,
Was weisst Du von mir!
Leise lösch ich mein spätes Licht
Fiebernde Stunden zu wachen,
Und die Nacht hat Dein Angesicht,
Und der Wind, der von Liebe spricht,
hat Dein unvergessliches Lachen
Wie eine Welle
Wie eine Welle, die vom Schaum gekränzt
Aus blauer Flut sich voll Verlangen reckt
Und müd und schön im großen Meer verglänzt -
Wie eine Wolke, die im leisen Wind
Hinsegelnd aller Pilger Sehnsucht weckt
Und blaß und silbern in den Tag verrinnt -
Und wie ein Lied am heißen Staßenrand
Fremdtönig klingt mit wunderlichen Reim
Und dir das Herz entführt weit über Land -
So weht mein Leben flüchtig durch die Zeit,
Ist bald vertönt und mündet doch geheim
Ins Reich der Sehnsucht und der Ewigkeit.
Wie kommt es?
Ich habe keinen Kranz ersiegt
Und keinen weiten Weg gemacht.
Wie kommt es, daß die frühe Nacht
So müd und schläfernd vor mir liegt?
Ein Bündlein Lieder liegt vor mir,
Mein ganzes Tun, mein ganzes Gut.
Sind jugendschlank und gliederzier
Und jeder Vers ist rotes Blut.
Ich habe keinen Kranz ersiegt
Und keinen weiten Weg gemacht.
Wie kommt es, daß die frühe Nacht
So müd und schläfernd vor mir liegt?
Wie sind die Tage schwer
Wie sind die Tage schwer!
An keinem Feuer kann ich erwärmen,
Keine Sonne lacht mir mehr,
Ist alles leer,
Ist alles kalt und ohne Erbarmen,
Und auch die lieben klaren
Sterne schauen mich trostlos an,
Seit ich im Herzen erfahren,
Das Liebe sterben kann.
Wir leben hin
Wir leben hin in Form und Schein
Und ahnen nur in Leidenstagen
Das ewig wandellose Sein,
Von dem uns dunkle Träume sagen.
Wir freuen uns an Trug und Schein
Wir gleichen führerlosen Blinden
Wir suchen bang in Zeit und Raum
Was nur im Ewigen zu finden
Erlösung hoffen wir und Heil
In wesenlosen Traumesgaben
Da wir doch Götter sind und teil
Am Urbeginn der Schöpfung haben.
Wollust
Nichts als strömen, nichts als brennen,
Blindlings in das Feuer rennen,
Hingerissen, hingegeben
Der unendlichen Flamme: Leben!
Plötzlich aber, bang durchzittert,
Sehnt aus dem unendlichen Glück
Angstvoll sich das Herz zurück,
Das den Tod im Lieben wittert.
Wunder der Liebe
Oft will das Leben nicht mehr weitergehn,
Bleibt schwarz und zögernd stehn -
O schauerlich verwirrte Tage,
Da alles Lebende in uns sich selber haßt,
Sich selbst an der verhaßten Gurgel faßt,
Anklagend sich und Gott in frevelhafter Frage!
O Wunder, wenn uns dann die Liebe naht
Und unsern finstern Pfad
Mit ihrer stillen Flamme lichtet!
Wär diese Gnade nicht, längst hätten wir
Uns ganz verirrt ins teuflische Revier
Und Licht und Gott in uns vernichtet.
Über die Alpen
Das ist ein Wandern, wenn der Schnee
Der Alpenberge kühl erglänzt,
Indes der erste blaue See
Italiens schon die Sicht begrenzt!
Durch Höhenwind und herbe Luft
Weht eine süße Ahnung her
Von violettem Ferneduft
Und südlich übersonntem Meer.
Und weiter sehnt das Auge sich
Zum hellen Florentiner Dom
Und träumt nach jedem Hügelstrich
Aufsteigend das beglänzte Rom.
Schon formt die Lippe unbewußt
Der fremden schönen Sprache Laut,
Indes ein Meer verklärter Lust
Dir schauernd warm entgegenblaut.
Zu Jugendbildnissen
So blickt aus sagenhafter Frühe
Mein Jugendbild mich an und fragt,
Ob von dem Licht, das einst getagt,
Noch etwas leuchte, etwas glühe.
Den damals ich vor mir gesehen,
Der Weg hat mir viel Pein und Nacht
Und bittre Wandlungen gebracht;
Ich möcht' ihn nicht noch einmal gehen.
Doch ging ich meinen Weg in Treuen
Und halte sein Gedächtnis wert.
Viel war verfehlt, viel war verkehrt,
Und doch kann ich ihn nicht bereuen.
Zu Johannes dem Täufer sprach Hermann der Säufer
Alles ist mir ganz willkommen,
Laß uns weiter schlendern!
So hat's seinen Lauf genommen,
Nichts ist mehr zu ändern.
Schau, ich hin ein leeres Haus,
Tür und Fenster offen,
Geister taumeln ein und aus,
Alle sind besoffen.
Du hingegen hast noch Geld,
Zahle was zu trinken,
Voller Freuden ist die Welt,
Schade, daß sie stinken.
Andre Dichter trinken auch,
Dichten aber nüchtern,
Umgekehrt hab ich's im Brauch,
Nüchtern bin ich schüchtern.
Aber so beim zehnten Glas
Geht die Logik flöten,
Dann macht mir das Dichten Spaß.
Ohne zu erröten,
Preise ich des Daseins Frist,
Lobe aus dem Vollen,
Bin Bejahungsspezialist,
Wie's die Bürger wollen.
Wer des Lebens Wonnen kennt,
Mag das Maul sich lecken.
Außerdem ist uns vergönnt,
Morgen zu verrecken.
Zu Spät
Altmodisch steht mit schmächtigen Pilastern
Wie sonst das Schloß. Auf violetten Astern
Irrt noch ein später Falter her und hin
Mit krankem Flügelschlagen,
Und welke Beete sagen,
Daß ich zu spät gekommen bin.
Und am Balkon in seidenen Gewändern,
Mit stolzen Augen in vertrübten Rändern,
Steht trüb und stolz die blasse Königin,
Und will die Hand erheben, -
Und kann mir nicht vergeben,
Daß ich zu spät gekommen bin.
Mon Rêve Familier
Ich träume wieder von der Unbekannten,
Die schon so oft im Traum vor mir gestanden.
Wir lieben uns, sie streicht das wirre Haar
Mir aus der Stirn mit Händen wunderbar.
Und sie versteht mein rätselhaftes Wesen
Und kann in meinem dunklen Herzen lesen.
Du fragst mich: ist sie blond? Ich weiß es nicht.
Doch wie ein Märchen ist ihr Angesicht.
Und wie sie heißt? Ich weiß nicht. Doch es klingt
Ihr Name süß, wie wenn die Ferne singt -
Wie Eines Name, den du Liebling heißt
Und den du ferne und verloren weißt.
Und ihrer Stimme Ton ist dunkelfarben
Wie Stimmen von Geliebten, die uns starben.
Paul Verlaine (Ü.: Hermann Hesse)
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Ich log
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Im malayischen Archipel
Im Nebel
In Sand geschrieben
In Weihnachtszeiten
Irgendwo
Jeden Abend
Jede Nacht
Julikinder
Keine Rast
Kein Trost
Kennst du das auch?
Klage
Kleiner Gesang
Kleiner Knabe
Knarren eines geknickten Astes
Komm mit!
Kopflos
Kopfschütteln
Kranckheit
Leben einer Blume
Leb wohl, Frau Welt
Leise wie die Gondeln
Liebe
Liebeslied (1)
Liebeslied (2)
Liebeslied (3)
Malerfreude
Manchmal
Meine fröhliche Liebe
Meinem Bruder
Meine Liebe
Meiner Liebe
Mon Rêve Familier (Ü)
Nacht (1)
Nacht (2)
Nachtfest der Chinesen in Singapur
Nachtgefühl
Nacht im Odenwald
Nelke
Nocturne
Ode an Hölderlin
Oft ist das Leben
Ohne dich
Ohne Liebe
Oktober
O so in später Nacht ...
Palmström
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Uralte Buddha-Figur in einer japanischen Waldschlucht verwitternd
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Verzückung
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Vor Colombo
Wache Nacht
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Weihnachten des Alten
Weihnachtsabend
Weil ich dich liebe
Welkes Blatt
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Wie eine Welle
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Zu Johannes dem Täufer sprach Hermann der Säufer
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