[Allais, Alphonse]
[Al Purdy]
[Amicis, Edmondo de]
[Andersen, Hans Chr. 1]
[Andersen, Hans Chr. 2]
[Andersen, Hans Chr. 3]
[Andersen, Hans Chr. 4]
[Andersen, Hans Chr. 5]
[Andersen, Hans Chr. 6]
[Anouilh, Jean]
[Bahr, Hermann]
[Balzac, Honore de 1]
[Balzac, Honore de 2]
[Balzac, Honore de 3]
[Barrie, James Matthew]
[Baudelaire, Charles]
[Beauzee]
[Beck, Christian]
[Bellmann, Carl Mikael]
[Benn, Gottfried]
[Beranger, Pierre-Jean]
[Bismarck, Otto Graf von]
[Bois-Robert]
[Borchert, Wolfgang]
[Byron, George Gordon]
[Brecht, Bertold]
[Capus, Alfred]
[Cendrars, Blaise]
[Chamfort, Nicolas de]
[Chandler, Raymond 1]
[Chandler, Raymond 2]
[Chesterton, Gilbert K. 1]
[Chesterton, Gilbert K. 2]
[Christie, Agatha]
[Churchill, Winston]
[Claudius, Matthias 1]
[Claudius, Matthias 2]
[Cocteau, Jean]
[Courteline]
[Coward, Noel]
[Crebillon, Prosper Jolyot]
[Dürrenmatt, Friedrich]
[Dumas der Jüngere]
[Dumas der Ältere 1]
[Dumas der Ältere 2]
[Dumas der Ältere 3]
[Dumas der Ältere 4]
[Dumas der Ältere 5]
[Dumas der Ältere 6]
[Dylan Thomas]
[Einstein, Albert]
[Ellrich, August]
[Eliot, Thomas Sterns]
[Erhardt, Ludwig]
[Fontenelle, Bernhard 1]
[Fontenelle, Bernhard 2]
[Fontenelle, Bernhard 3]
[Fontenelle, Bernhard 4]
[Foote, Samuel 1]
[Foote, Samuel 2]
[Frisch, Max]
[Freytag, Gustav]
[Frye, Northrop]
[Ganghofer, Ludwig]
[Goethe, Joh. W. 1]
[Goethe, Joh. W. 2]
[Goethe, Joh. W. 3]
[Goethe, Joh. W. 4]
[Goethe, Joh. W. 5]
[Goethe, Joh. W. 6]
[Goethe, Joh. W. 7]
[Goethe, Joh. W. 8]
[Goethe, Joh. W. 9]
[Goethe, Joh. W. 10]
[Goethe, Joh. W. 11]
[Goethe, Joh. W. 12]
[Goetz, Curt]
[Grass, Günter 1]
[Grass, Günter 2]
[Grillparzer, Franz 1]
[Grillparzer, Franz 2]
[Grillparzer, Franz 3]
[Grillparzer, Franz 4]
[Harte, Bret]
[Hauff, Wilhelm]
[Hauptmann, Gerhart 1]
[Hauptmann, Gerhart 2]
[Hauptmann, Gerhart 3]
[Hauptmann, Gerhart 4]
[Hauptmann, Gerhart 5]
[Hauptmann, Gerhart 6]
[Hauptmann, Gerhart 7]
[Hauptmann, Gerhart 8]
[Heine, Heinrich 1]
[Heine, Heinrich 2]
[Heinse, Johann J.W.]
[Jammes, Francis]
[Johnson, Samuel]
[Keller, Gottfried]
[Kohl, Helmut]
[Knigge, Freiherr von]
[Kunze, Reiner]
[Mann, Thomas 1]
[Mann, Thomas 2]
[Mendelssohn, Moses]
[Passos, John Dos]
[Quincey, Thomas de]
[Raabe, Wilhelm 1]
[Raabe, Wilhelm 2]
[Sachs, Nelly]
[Seghers, Anna]
[Twain, Mark 1]
[Twain, Mark 2]
[Valloton]
[Wagenbach, Klaus]
[Waggerl, Karl Heinrich]
[Wohmann, Gabriele]
[Wollschläger, Hans]

Literarische Anekdoten


Allais, Alphonse

Der Pariser Schriftsteller Alphonse Allais hatte einen abwegigen Humor. Eines Tages ging er mit seinem Freunde, dem Lustspieldichter Capus auf der Landstraße spazieren. Drei Radfahrer tauchten auf und traten in wilder Fahrt den Abhang hinunter, um dadurch Schwung für die nächste Steigung zu bekommen. Allais stellte sich mitten auf die Straße, macht große ausladende Zeichen mit den Armen - kurz, er macht die drei auf einen furchtbare Gefahr aufmerksam! Diese ducken sich auf ihren Maschinen, bremsen mit aller Kraft, allen Muskeln und bleiben atemlos stehen. Um Gottes Willen, was ist los? Daraud Allais, mit erhobenem Zeigefinger: "Vorsicht, meine Herren, es kommt eine Steigung!" Capus konnte ihn nur mit dem Regenschirm von der Rotte loseisen.


Al Purdy

Al Purdy kokettierte gerne mit seiner Unbildung, auch wenn er damit übertrieb. Vor 50 Jahren, erzählte Purdy, sei ein Buchhändler auf ihn zugegangen und habe ihm gesagt: "Purdy, du hast keine Ahnung. Du hast nichts gelesen - womit er meinte, dass ich Proust, Dostojewski und alle anderen nicht gelesen hatte. Also las ich sie. Sie waren genau so schlecht, wie ich befürchtet hatte." Jetzt ist Purdy nach langer Krankheit in seinem Haus in Sidney auf Vancouver Island mit 82 Jahren gestorben.


Amicis, Edmondo de

Der italienische Schriftsteller Edmondo de Amicis fand in einem Antiquariat ein Exemplar seines "Cuore", das er einem Freund gewidmet und geschenkt hatte, Er kaufte das Buch, schrieb hinein: "Zum zweiten und letzten Male" und schickte es dem Freund noch einmal zu.


Andersen, Hans Christian 1

Hans Christian Andersen fand zu seinen Lebzeiten nicht immer nur Anerkennung. Eines Tages ging er mit dem romantischen Dichter Adam Oehlenschläger spazieren. Wie gewöhnlich, beschäftigte er sich in Gedanken mit einer neuen Arbeit. "Mein neues Werk soll weder episch noch lyrisch und auch nicht dramatisch sein", meinte er. "Aber ein wenig von allen Dingen soll es haben." "Das taugt nichts", wehrte Oehlenschläger ab, "denn jedes Ding muß für sich stehen." "Ja", stimmte Andersen zu, "so kann man es auch machen: die Kugel für sich, den Schwefel für sich und den Salpeter auch für sich. Dann aber kommt jemand und mischt diese drei Dinge miteinander. Damit hat er dann das Pulver erfunden." "Lieber Andersen", meinte Oehlenschläger und legte seinem Begleiter die Hand auf die Schulter, "bilden Sie sich nur nicht ein, daß Sie das Pulver erfunden hätten!"


Andersen, Hans Christian 2

Bei Gesprächen, in denen die Ironie mit im Spiel war und Hans Christian Andersen Humor sich geltend machen konnte, war er zuweilen unvergleichlich verschmitzt. Fast an jedem Tag wußte er über das eine oder andere, das ihm passiert war, etwas Drolliges zu erzählen, und man kann sich nicht darüber wundern, daß Kommandeur Wulff sich einmal nach einer solchen Erzählung die Haare raufte und ausrief: "Das ist gelogen, das sind - der Teufel soll mich holen - lauter Lügen! So etwas passiert uns anderen niemals!" Aber man mußte gesehen haben, wenn Andersen eine Situation schilderte wie diese, als er in Deutschland in eine Apotheke ging und "Amerikanisches Öl" verlangte. Niemand verstand ihn. Als er sich dann aber mit einigen bezeichnenden Gesten, die sich der Leser selber vorstellen möge, verständlich machte, rief das Personal der Apotheke: "Ah, Rizinusöl!".


Andersen, Hans Christian 3

Der Märchendichter Hans Christian Andersen war ein ausgesprochener Hypochonder. Er hatte auch eine krankhafte Furcht davor, daß man ihn einmal lebend begraben könnte. Jeden Abend, bevor er ins Bett ging, schrieb er folgende Worte auf einen Zettel; "Ich bin nicht tot, nur scheintot." Diesen Zettel legte er auf die Mitte seines Bettvorlegers, wo er jedem sofort auffallen mußte. Und an jedem Morgen hob sein Diener die Mitteilung auf, betrachtete sie, ohne dabei eine Miene zu verziehen, und warf den Zettel dann weg.


Andersen, Hans Christian 4

Im Herbst des Jahres 1844 war Hans Christian Andersen täglicher Gast der dänischen Königsfamilien auf Föhr, wo er in vertraulichem Umgang mit ihr und den herzoglich- augustusburgischen Verwandten lebte. Von diesem Aufenthalt erzählt er: "Es hat zu den Kränkungen meiner Jugend gehört, daß mich der Stiftungsprobs bei meiner Konfirmation übel behandelt hatte, indem er mich unten in der Kirche zu den armen Konfirmanten des Kaplans stellte, obgleich ich oben zu den eigenen Konfirmanten des Probstes gehörte. Zufällig hatte ich nun erfahren, daß dieser Probst jetzt auf der Insel Föhr amtierte. Ich bat den König, ob ich wohl einmal die Erlaubnis bekommen könnte, über den königlichen Wagen mit rotgekleidetem Kutscher und mit Diener zu verfügen, wie er von der Königsfamilie selbst benutzt wird, um mit diesem Wagen einen Besuch zu machen. Auf meine Bitte entgegnete der König lächelnd: 'Sehr gerne', und so fuhr ich dahin mit dem Königswagen mit Kutscher und Diener, um meinem alten Stiftsprobst einen Besuch abzustatten. Der Wagen hielt vor dessen Tür, und ich saß darin. Das war meine Rache."


Andersen, Hans Christian 5

Jahrelang hatte Hans Christian Andersen jeden Sommer die Familie Kaulbach in Dresden besucht. Eines Sommers aber blieb er aus, obgleich seine Gastgeber erfahren hatten, daß er in der Stadt gewesen war. Als er im nächsten Sommer wieder erschien und man ihn fragte, weshalb er im vergangenen Jahr nicht gekommen wäre, antwortete er: "Ach, Frau von Kaulbach, ich war damals bereits hier in der Straße, aber da stand eine kleiner Hund vor Ihrem Haus und sah mich so grimmig an, daß ich schnell wieder meines Weges ging." An der Furcht vor Hunden litt Andersen sein Leben lang."


Andersen, Hans Christian 6

Während eines Mittagessens in Wien bekam Hans Christian Andersen etwas in die "falsche Kehle". Er mußte, begleitet von den Gastgebern, vom Tische aufstehen, an dem es ganz still wurde. Andersen jedoch im Nebenraum hustete und spuckte. Trotz des Protestes der Haufrau behauptete er, im Fleisch hätte sich eine Stecknadel befunden, die er geschluckt hätte und deutlich im Hals spüre. Am Abend und auch noch am nächsten Tag war er sehr beunruhigt wegen der möglichen Folgen. Seine Angst war so groß, daß dadurch die Befürchtung vertrieben wurde, ein kleiner Pickel über der einen Augenbraue könne zu einer großen Geschwulst werden, wodurch dann das Auge zuschwellen könnte. Dieses wiederum ließ ihn vergessen, daß er möglicherweise einen Bruch bekäme, weil ihn jemand mit einem Stock in der Magengegend berührt hatte. Diese Sorge führte dazu, daß er den Gedanken aufgab, der ihn bei seiner Ankunft in Wien sehr beschäftigte, er könne Wasser im Knie haben. Auf diese Weise trieb er - wie ein geflügeltes Wort sagt - den Teufel mit Beelzebub aus.


Anouilh, Jean

Jean Anouilh war ziemlich nervös, ganz besonders aber brachte ihn immer die Telefonklingel aus der Fassung. "Wenn an der Stelle der Telefonklingel ein Tonband tosenden Applaus und laute Rufe 'Anouilh, Anouilh' erklingen ließe, würde ihn das Telefon gar nicht nervös machen und man könnte nicht oft genug anrufen", meinte einmal seine Tochter zum Problem Telefon.


Bahr, Hermann

Ein junger Dichter schickte an Hermann Bahr ein Trauersiel mit der Bitte im Beurteilung. Der Brief schlopß mit den Worten: "Sagen Sie ruhig die Wahrheit, nie fühle ich mich mehr geadelt, als wenn ein weiser Mann mich tadelt." Bahr las das Stück, schickte es mit folgender Bemerkung zurück: "Von mir aus können Sie sich als Großfürst betrachten!"


Balzac, Honore de 1

Balzac war mehrmals in Deutschland, ohne Deutsch sprechen zu können. Durch diesen Umstand kam er oft in Verlegenheit, half sich aber meist heraus. Er selbst erzählt: "Bei meinen vielen Reisen in Deutschland, die ich meist mit der Post machte, war ich stets im unklaren, welches Trinkgeld ich dem Postillon zu geben hatte. Da half ich mir so: Ich trug stets eine größere Summe in Kreuzern bei mir. An den Wagenwechselstationen nun zählte ich dem abgehenden Postillon Kreuzer für Kreuzer in die Hand, behielt dabei das Gesicht des Mannes im Auge und nahm, sobald ein freundliches Schmunzeln über seine Züge spielte, den letzten Kreuzer zurück. Ich bin überzeugt, auf diese Weise stets angemessen und nie zuviel bezahlt zu haben."


Balzac, Honore de 2

Als Honore de Balzac eines Nachts durch Geräusche aufwachte, sah er, wie Einbrecher sich bemühten, seinen Schreibtisch zu öffnen. Balzac lachte laut. Der Einbrecher sah sich erschrocken um. "Warum lachen Sie?" "Weil Sie bei Nacht, mit falschem Schlüssel und unter Gefahr dort Geld suchen, wo ich bei Tag mit dem richtigen Schlüssel und ganz gefahrlos keines finde.!"


Balzac, Honore de 3

Der französische Romancier Honore de Balzac, der im 19. Jahrhundert schrieb, trank ungeheure Mengen schwarzen Kaffee, manchmal bis zu fünfzig Tassen pro Tag. Bei der Arbeit trug er stets marokkanische Hausschuhe und eine weiße Mönchskutte aus Kaschmir. Zusammengehalten wurde sie durch einen Gürtel aus venezianischem Gold, an dem ein Papiermesser, eine Schere und ein Federmesser hingen. Er war von zwanghafter Sauberkeit und besaß eine umfangreiche Sammlung von Handschuhen. Außerdem glaubte er, Sexualität schade seiner Kreativität. Nach mehreren Monaten der Enthaltsamkeit konnte er eines Tages der Versuchung nicht widerstehen und suchte ein Pariser Hotel auf. Hinterher klagte er: "Heute morgen habe ich einen Roman verloren". (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S.237)


Barrie, James Matthew

Der englische Dichter James Matthew Barrie war bei einer Familie zu Besuch, deren kleiner Sohn den vorgesetzten Süßigkeiten im Übermaß zusprach, so daß die Mutter strengen Tons sagte: "Du wirst morgen krank sein, Harry, wenn du noch mehr Schlagsahne ißt." "Ich will aber heute krank sein, mama!" sagte der Junge und lud sich den Teller wieder voll. Der anwesende Dichter war von dieser Antwort so entzückt, daß er dem Knaben einen Schilling anbot, wenn er ihm das Urheberrecht an diesem Satz überlassen wollte. So kamen die Worte in barries bekannteste Dichtung "Peter Pan".


Baudelaire, Charles

Baudelaire, Autor der "Blumen des Bösen", kandidierte für die Akademie. Er macht die üblichen Antrittsbesuche und kommt dabei auch zu dem Akademiker Villemain. "Mein Herr", sagt Villemain, "ich kenne kein einziges Ihrer Werke. Ich lese nur wenig ... immerhin ist mir aufgefallen, daß die heutigen Schriftsteller öfters Psychologie mit Pathologie verwechseln." "Sie haben also die 'Blumen des Bösen' gelesen?" fragte Baudelaire pikiert. "Nie! ... Man übersetzt Schriftsteller, die sich im Mißbrauch des Alkohols ihre krankhafte Inspiration suchen." "Sie haben meine Poe-Übersetzung gelesen?" "Nie!" In diesem Ton ging die Unterhaltung weiter. Und darum beschloß Baudelaire, sich zu verabschieden. "Sie scheinen leidend", sagte er zu Villemain, "ich will jetzt gehen, ich bin selber nicht ganz gesund." "Nicht gesund, Sie, ein junger Mann?" "Jawohl; ich leide an Rheumatismus." "Rheumatismus!" rief Villemain. "Warten Sie, bleiben Sie doch noch ein wenig! Ihre Kandidatur beginnt seriös zu werden..."


Beauzee

Beauzee, der Sprachgelehrte, kommt am Abend heim und sieht die Gattin in den Armen eines anderen. Da springt der andre auf und stammelt vorwurfsvoll: "Sagt' ich es nicht, daß es schon Zeit zu gehen gewesen sei?" Da stöhnt der Sprachgelehrte: "Es heißt nicht: Zeit gewesen sei!!! Man sagt: gewesen wäre!!!"


Beck, Christian

Christian Beck zeigte sich immer besorgt, was man wohl von ihm denken und von ihm sagen mochte, sobald er den Rücken gekehrt hatte. Das war zweifellos eine Schwäche, aber er zeigte sie so unbefangen und offen, daß sie fast drollig wirkte. Er machte sich bei mir darüber lustig. "Ich bin von ihnen fortgegangen", sagte er, von einer Versammlung von Literaten sprechend, "um ihnen die Möglichkeit zu geben, über mich zu sprechen. Aber ich bin nicht ganz sicher, ob sie über mich sprechen... Vielleicht wäre ich besser geblieben", setzte er langsam hinzu. "Ob ich wieder hingehen soll?... Was halten sie davon? (Andre Gide: Herbstblätter; S. 128)


Bellmann, Carl Mikael

Der schwedische Dichter Carl Mikael Bellmann war bei König Gustav III., der ihn an sich gern mochte, durch Trunk und vorwitzige Äußerungen in Ungnade gefallen und vom Hof verbannt worden. Als einst der König wie gewöhnlich am Haus des Dichters vorbeiritt, lehnte eine lange Leiter am Fenster des Hauses, und auf ihr stand ein Barbier und rasierte den Dichter durch das Fenster. "Was ist das für ein Unfug?" rief der König. "Ach, Majestät", antwortete aus seinem Seifenschaumvollbart der übermütige Dichter, "es ist nicht anders zu machen. Mein Barbier ist bei mir in Ungnade gefallen. Ich habe ihm verboten mein Haus zu betreten, aber ich kann ohne den Kerl nicht auskommen." Der König lachte und ließ die Ungnade beendet sein.


Benn, Gottfried

Als der Lyriker Gottfried Benn mit seiner Freundin und Kollegin Else Lasker-Schüler einen kurzen gemeinsamen Arbeitsurlaub in die Lüneburger Heide unternahm, stand er schon mit den Heidschnucken auf und begann unverzüglich zu dichten, während Else lange schlief und trödelte, bevor sie die erste Strophe zu Papier brachte. "Ich kann dir sagen, warum aus dir nichts wird", schalt Benn sie bereits am zweiten Tag: "Müßiggang ist aller Lasker Anfang." Hier unterlief Benn ein Freud'scher Versprecher, über den er sich sehr ärgerte. Die Lasker aber lachte.


Beranger, Pierre-Jean

Man bot einst dem Dichter Pierre Jean Beranger das Unterrichtsministerium an. Er meinte: "Ich nehme es an, wenn ich meine Chansons als obligates Lesebuch in den Mädchenpensionats einführen darf."


Bismarck, Otto Graf von

In den Tagen, als Bismarck der größte Mann Europas war, wollte eine Amerikanerin, die zu Besuch in Berlin war, unbedingt den Kanzler sprechen hören. Sie besorgte sich zwei Zulaßkarten für die Zuschauergalerie des Reichstages und einen Dolmetscher. Sie hatten Glück: kurz nach ihrem Eintreffen griff Bismarck in die Debatte ein und die Amerikanerin rückte dicht an den Dolmetscher heran, um nichts von der Übersetzung zu verpassen. Doch obwohl Bismarck schon eine ganze Zeitlang sprach, blieb der Dolmetscher stumm, und er reagierte auch nicht, als sie ihn anstieß. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus: "Was *sagt* er denn?" "Geduld, Madam", entgegnete der Dolmetscher, "Ich warte noch auf das Verb."


Bois-Robert

Der Hofmann und Dichter Bois-Robert genoß die Gunst aller, da er mit nie versiegendem Humor stets wieder ausglich, was er durch rücksichtslose Offenheit verschuldet hatte. Er verfaßte einmal boshafte Verse über eine Dame, die sein politischer Gegner, Kardinal von Retz, verehrte. Trotzdem leistete Bois-Robert der Einladung des Kardinals Folge. Als nach Tisch der damals eben in Mode gekommene Kaffee gereicht wurde, bat der Hausherr seinen Gast, die Verse vorzutragen. Der Hofmann war dazu bereit, stand auf räusperte sich, trat ans Fenster und besah sich die Entfernung von da bis zum Pflaster der Straße. Dann sagte er unbefangen: "Nein, ich kann leider die Verse doch nicht sprechen, das Fenster ist zu hoch gelegen."


Borchert, Wolfgang

Krankheitsanfälle hatten dem leider viel zu früh verstorbenen Autor von "Draußen vor der Tür", Wolfgang Borchert, an der Front die Qualifikation "dienstuntauglich" eingebracht. Am Vorabend seiner Entlassung parodierte er jedoch in der Mannschaftsstube den "hinkenden Lügenminister Goebbels". Man denunzierte ihn, und statt aus dem Militärdienst entlassen zu werden, landete der Schriftsteller in einem Berliner Untersuchungsgefängnis. Borchert kommentierte diesen Schicksalsschlag: "Was jetzt kommt, werden nur noch Lügen sein."


Brecht, Bertold

Eine Eigenart von Bert Brecht war, alles mit Kleinbuchstaben zu schreiben. Als er wieder einmal darafu angesprochen worden war, welch tieferen Sinn diese Schreibweise habe, antwortete Brecht: "Ich mach' das nur aus Bequemlichkeit."


Capus, Alfred

An einem schönen Sommertag ging der Dichter Alfred Capus mit sinem Freunde, dem Schriftsteller Allais, spazieren und plauderte über Mathematik. Plötzlich stürzte aus einem netten Bauernhause ein Junge und heftet sich sogleich an Allais von dem er nicht wissen konnte, daß er niemals aus der Geldklemme herauskam. Wohl zehnmal wiederholte er bittend und fordernd: "Haben Sie 'nen Groschen, Herr? ... Haben Sie 'nen Groschen? ..." Endlich schickte Capus den Jungen energisch fort. Aber da brach Allais los! "Das gute Kind!" rief er. "Es sieht mich zum ersten Mal im Leben und fragte bereits mit höchstem Interesse, ob ich einen Groschen habe! Aber du, mein Lieber, hast du in zwanzig Jahren unserer Freundschaft dir auch nur ein einziges Mal die Mühe genommen, dich nach dem Zustand meiner Finanzen zu erkundigen? Ah ... die Freunde!"


Byron, George Gordon

Lord Byron, der als Englands größter Lyriker der Neuzeit gilt, sah im Tier geradezu die Verkörperung einer besseren Welt. Als er seinen geliebten Boatswain, einen prachtvollen Neufundländerhund, verlor, war er untröstlich und setzte ihm in seinem Park ein mächtiges Grabmal mit der Inschrift: Hier ruhet, was körperlich war an seinem Wesen, das Schönheit besaß ohne Eitelkeit, Kraft ohne Überheblichkeit, Mut ohne Grausamkeit und alle Tugenden des Menschen - aber ohne seine Laster. Dieses Lob, als Inschrift menschlicher Asche nichtssagender Schmeichelei, bedeutet nur gerechte Dankesschuld an Boatswain, meinen Hund, geboren in Neufundland im Monat Mai 1803, gestorben in Newstead Abbey am 18. November 1808.


Cendrars, Blaise

Schwer in Geldnöten beschloß der französische Schriftsteller Blaise Cendrars, für eine Zeitschrift ein langes, ein sehr langes Gedicht zu schreiben. Er hatte bei der Schöpfung hauptsächlich das Zeilenhonorar im Auge. Das Gedicht wurde veröffentlicht. Optimistisch begab sich Cendrars in die Redaktion und bat um das Geld. Bestürzt war er, als er erfuhr, er könne Freiexemplare der betreffenden Nummer bekommen, ansonsten honoriere die Redaktion Gedichte prinzipiell nicht. Doch Cendrars war nicht so leicht zu bluffen. "Dann setzen Sie das verdammte Gedicht eben wie Prosa und geben Sie mir das Honorar!" Er bekam sein Geld.


Chamfort, Nicolas de

Chamfort, der große Aphoristiker, erzählt von einem Schriftsteller - vielleicht war er es selbst -, der zu einem ihn sehr von oben herab behandelnden Herzog höflich lächelnd gesagt habe: "Ich weiß, Herzog, daß Sie über mir stehe; aber es ist seh viel leichter, über mir zu stehen als neben mir!"


Chandler, Raymond 1

Raymond Chandler soll, als er 1944 zusammen mit Billy Wilder am Drehbuch von 'Double Indemnity' geschrieben hat, sich beim Studio beschwert haben, dass Herr Wilder bei der Arbeit ständig mit einem Rohrstock auf ihn zeigen, permanent Damenbesuche im Office empfangen und die Heizung dabei voll bullern ließe! Letztendlich stellte sich aber Chandlers Zusammenarbeit mit Billy Wilder als äußerst glücklich heraus, und das Drehbuch der beiden wurde sogar für einen Oskar nominiert!


Chandler, Raymond 2

Howard Hawks hat Raymond Chandlers "The big sleep" verfilmt. Darin wird an einer Stelle ein Wagen aus dem Fluß gefischt, in welchem sich eine Person befindet, allerdings tot! Alle stürmten nun auf Hawks ein und fragten den Guten, was diese Leiche denn für den weiteren Verlauf der Handlung für einen Sinn ergeben solle. Hawks wußte auch keine Antwort und rief Chandler an. "Mr. Chandler, was hat es mit dem Toten in der Limousine, die aus dem Fluß gefischt wurde, auf sich?" Chandler soll daraufhin geantwortet haben: "Ich weiß es auch nicht!".


Chesterton, Gilbert K. 1

Der Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton, der Verfasser des "Magic", war außerordentlich beleibt, was er jeodch nicht ohne Humor trug. "Stellen Sie sich vor", sagte er, "in welchem Maße ich Damen gegenüber galant zu sein vermag! Neulich in der Elektrischen stand ich auf und hatte die Freude, meinen Platz gleich drei Damen anbieten zu können."


Chesterton, Gilbert K. 2

Gilbert Keith Chesterton war ein britischer Essayist, Romancier, Kritiker und Dichter. Das Schreiben nahm ihn dermaßen in Anspruch, daß er außerordentlich zerstreut wurde und häufig seine Verabredungen vergaß. In allen praktischen Angelegenheiten verließ er sich auf seine Frau. Von einer Vortragsreise schickte er ihr einmal folgendes Telegramm: "Bin in Birmingham. Wo müßte ich sein?" Sie kabelte zurück: "Zu Hause." (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S. 212)


Christie, Agatha

Agatha Christie, die Schöpferin des unsterblichen Hercule Poirot, die mit einem Archäologen verheiratet war, sagte einmal zu einem ihr befreundeten Journalisten: "Es ist eine feine Sache für eine Frau, einen Archäologen zum Ehemann zu haben. Da kann man wenigstens hoffen, daß man, je älter man wird, um so interessanter für ihn wird."


Churchill, Winston

Wenn Winston Churchill in seiner Freizeit nicht schrieb, arbeitete er im Garten seines Landhauses in Chartwell oder beschäftigte sich mit der Aufzucht von Federvieh. Als einmal eine gebrateten Gans serviert wurde, griff Sir Winston zum Tranchierbesteck, zögerte dann aber und sagte zu seiner Frau: "Tranchiere du sie, Clemmie. Sie war eine Freundin von mir.


Claudius, Matthias 1

Matthias Claudius wurde nach dem Unterschied gefragt, der zwischen seinem Stil und dem Klopstocks bestehe. Er meinte: "'Du, der du weniger bist als ich und dennoch mit gleich, nahe dich mir und befreie mich, dich beugend zum Grunde unserer Allmutter Erde, von der Last des staubbedeckten Kalbsfelles', so sagt Klopstock. Ich sage: 'Johann, zieh mir die Stiefel aus!'"


Claudius, Matthias 2

Matthias Claudius, der Wandsbeker Bote genannt, kam 1775 nach Berlin, um mit den beiden Grafen Stolberg und dem Freiherrn von Haugwitz Tage der Freundschaft zu feiern. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch den damals ziemlich bekannten Privatgelehrten Burmann, um ihn persönlich kennenzulernen. Er klopft an seiner Tür, Burmann ruft: "Herein!" Und als eintritt, fragt Burmann: "Wer sind Sie?" Darauf Claudius: "Ich bin der Wandsbeker Bote." Burmann steht strahlend auf, gibt seinem Besuche aber nicht die Hand, sondern legt sich auf die Erde und kollert, jauchzend vor Freude, um den Tosch herum, Claudius findet, daß er an Freude nicht zurückstehen könne, wirft sich gleichfalls auf den Fußboden und kollert ihm nach. Erst nachdem sie sich vor Vergnügen dreimal rund um das Zimmer gewälzt haben, stehen beide auf und sinken einander, ganz außer Atem, in die Arme.


Cocteau, Jean

Als Jean Cocteau zum Mitglied der Academie Francaise gewählt und damit in den Kreis der sogenannten Unsterblichen aufgenommen worden war, fragte ihn ein Kollege, ob er darüber nicht glücklich sei. "Über den Titel 'Unsterblicher'?" fragte Cocteau und seufzte. "Wirklich unsterblich ist doch eigentlich nur, wer ein köstliches Gericht erfunden hat. Denken Sie an das Boeuf Stroganoff, an die Tournedos a la Rossini, an den Pfirsich Melba, an das Pückler Eis - das, lieber Freund, nenne ich wahrhaft Untserblichkeit, denn sie ist in aller Munde."


Courteline

Der Dramatiker Courteline erhielt einmal von einem Rechtsanwalt folgenden Brief: Mein Herr! Ich habe die Ehre, Sie zu benachrichtigen, daß ich von Herrn Tierarzt X ... mit der Eintreibung von 5 Francs 60 bevollmächtigt bin, die Sie ihm für Untersuchung eines Hundes schulden. ich fordere Sie auf, mir die Summe innerhalb 48 Stunden zukommen zu lassen, andernfalls ich mich genötigt sehen würde, gerichtlich vorzugehen. Hochachtungsvoll X ... Courteline antwortete umgehend: Mein Herr! In Beantwortung des Schreibens, welches Sie, wie Sie ausgezeichnet sagen, die Ehre hatten, mir zu schicken, übersende ich Ihnen hiermit die in Frage kommenden 5 Francs 60. Ich ersuche Sie, mir umgehend eine Empfangsbestätigung dieser Summe zukommen zu lassen, anderfalls ich mich genötigt sehen müßte, gegen Sie eine Klage wegen Betruges zu erheben. Hochachtungsvoll G. Courteline.


Coward, Noel

Der Schriftsteller Noel Coward pflegte seinen Freunden zu Neujahr meistens heitere Telegramme mit seinen Wünschen zu schicken. Bei einem dieser Telegramme machte er sich den Spaß, alsw Bürgermeister Laguardia, Bürgermeister von New York zu unterzeichen. Das Telegrafenbüro der Western Union, dem er seine Telegramme telefonierte, erklärte daraufhin: "Wir bedauern, aber auf diese Art dürfen Sie eine Telegramm nicht unterzeichnen." "Schön", sagte Noel Coward. "Dann setzen Sie als Unterschrift Noel Coward." "Das ist ebensowenig möglich." "Aber ich bin ja Noel Coward." "So? In diesem Fall können Sie auch ruhig mit Bürgermeister Laguardia unterzeichnen.


Crebillon, Prosper Jolyot

"Ist es wahr, Herr Crebillon, daß Sie vierundachtzig Jahre als sind?" - "Nicht ich, nur meine Taufschein ist es! erwiderte der Tragödiendichter.


Dürrenmatt, Friedrich

Ein Theologe luf den Dramatiker Friedrich Dürrenmatt zu einem Vortrag über das Thema "Gott" ein. "Zeigen Sie auch Lichtbilder?" fragte Dürrenmatt.


Dumas der Jüngere

Ein Junggeselle klagte Alexandre Dumas dem Jüngeren, daß er mit seiner Zeit nichts Rechtes anzufangen wisse. Dumas meinte: "Ja, ja, der Junggeselle langweilt sich überall, der Ehemann nur zu Hause."


Dumas der Ältere [1]

Der Liederdichter Vatout, Leibbarde Louis Philippes, war an einer Vergiftung gestorben, die er sich an der königlichen Tafel zugezogen hatte. Man überbrachte Dumas dem Älteren die Nachricht: "Der ganze Hof war sehr krank, auch alle Prinzen und Prinzessinnen." "Und gestorben ist nur Vatout?" "Ja, nur er..." "So ein Schmeichler!".


Dumas der Ältere [2]

Bei der ersten Aufführung der "Demi-monde" von Alexandre Dumas fils war auch Dumas pere zugegen, der sich über den großen Beifall so sehr efreut zeigte, daß ihn nach der Vorstellung jemand fragte: "Sie haben wohl zu dem Erfolg mit beigetragen, Meister?" "Mit beigetragen?" fragte Dumas zurück. Der Erfolg ist auschließlich mir zu verdanken!" "Ja, ist das Stück von Ihnen?" "Nein, aber der Autor.


Dumas der Ältere [3]

Zu Alexandre Dumas dem Älteren kam ein scheinbar betrübter Mann. "Herr Dumas, ich weiß, daß Sie so eine Art Wohltäter sind. Das gibt mir den Mut, Ihnen eine Bitte vorzutragen." "Worum handelt es sich?" fragtem Dumas. "Ich bin Gerichtsvollzieher. Einer meiner Kollegen ist gestern in größter Armut gestorben. Er hat nicht einmal so viel hinterlassen,daß die Beerdigung bezahlt werden kann. Würden Sie mir wohl die fünfzehn Francs für die Beerdigung geben?" Alexandre Dumas zählte dreißig Francs hin und sagte: "Sie haben fünfzehn Francs von mir erbeten, um einen Gerichtsvollzieher begraben zu lassen. Hier haben Sie die doppelte Summe. Lassen Sie gleich zwei begraben!"


Dumas der Ältere [4]

Eines Tages erschien bei Alexandre Dumas dem Älteren ein Theaterdirektor, der, ohne den Hut abzunehmen, mit der Tür ins Haus fiel: "Ist es wahr, daß Sie Ihr neuestes Stück an ein kleineres Theater verkauft haben?" Dumas bejahte. Der Direktor versuchte, seinen Konkurrenten durch enorme Summen zu überbieten. Dumas lehnte alle Angebote ab und sagte schließlich: "Ihr Konkurrent hat das Stück viel billiger bekommen, weil er sich eines sehr einfachen Mittels bediente." "Und das wäre?" "Er nahm den Hut ab, als er mit mir sprach."


Dumas der Ältere [5]

Alexandre Dumas der Ältere begegnete in jüngeren Jahren auf einer Gesellschaft in Paris einem über alle Maßen eingebildeten Modearzt. Dieser fragte Dumas herablassend: "Sie machen also Tragödien, junger Mann?" "Ja, genau wie Sie", erwiderte Dumas. "Nur mit dem Unterschied, daß ich meine Tragödien in Seide binden lasse, während die Ihren in Holz eingesargt werden."


Dumas der Ältere [6]

"Sie sind doch ein Mischling?" fragte eine ungezogener Kritiker Alexandre Dumas, den Verfasser des "Grafen von Monte Christo". "Ja." "Und Ihr Vater war Mulatte?" "Ja." "Und Ihr Großvater war Neger?" "Ja." "Und was war Ihr Urgroßvater?" Jetzt wurde es Dumas zu bunt. "Mein Urgroßvater war ein Affe!" erwiderte er scharf. "Denn mein Stammbaum fängt dort an, wo Ihrer endet!".


Dylan Thomas

Dylan Thomas litt unter chronischem Geldmangel und starb an den Folgen seiner Trunksucht, kurz nachdem er in New York sein Hörspiel "Under Milk Wood" (Unter dem Milchwald) veröffentlicht hatte. Als Thomas einmal eine Zeit lang hemmungslos getrunken und geredet hatte, hielt er plötzlich inne. "Jemand langweilt mich", sagte er. "Ich glaube, das bin ich." (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S. 214)


Einstein, Albert

Die Zeitschrift Scientific American schrieb einmal einen Wettbewerb aus für die beste Erklärung der Relativitätstheorie in dreitausend Wörtern. Es ging um einen Preis von mehreren Tausend Dollar. "Ich bin der Einzige in meinem Freundeskreis, der nicht teilnimmt", meinte Einstein wehmütig. "Ich glaube, ich könnte das nicht." (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S. 94)


Eliot, Thomas Sterns

Ein nicht besonders guter Schauspieler durfte für einen erkrankten Hauptdarsteller die Rolle in einem Stück von T.S. Eliot übernehmen. Er war so stolz darauf, daß er an T.S.Eliot folgendes Telegramm schickte: "Ich spielte heute Abend die Hauptrolle!" Als er abends ins Theater kam, lag bereits ein Antworttelegramm vor: "Danke für die Warnung.


Ellrich, August

In seinem Buche "Genre-Bilder" vom Jahre 1833 erzählt August Ellrich, daß um 1753 bei Nicolai in Berlin eine Mythologie erschienen sei, in der zu lesen war: "Als Odysses auf seiner Rückreise von Troja zur Kalypso kam, war ihre Zufriedenheit darüber so groß, daß sie ihm einige Söhne gebar."


Erhardt, Ludwig

"Die Dichter sprechen von Dingen, von denen sie von Tuten und Blasen keine Ahnung haben (...) Nein, so haben wir nicht gewettet. Da hört der Dichter auf, da fängt der ganz kleine Pinscher an, der in dümmster Weise kläfft." Dies sagte einst Bundeskanzler Ludwig Erhardt auf einem Wirtschaftstag der CDU.


Fontenelle, Bernhard 1

Der Dichter Bernhard Fontenelle besucht am frühen Morgen eine Schauspielerin. Die Zofe bittet ihn zu warten. Das Fräulein kleidet sich schnell an und betritt mit den Worten den Salon: "Was sagen Sie nun, lieber Freund. Ihretwegen stehe ich eigens auf!" "Schmeichelhafter für mich wäre es gewesen", erwiderte Fontenelle, "wenn Sie meinetwegen das Gegenteil getan hätten.


Fontenelle, Bernhard 2

Fontenelle, übrigens ein Neffe Corneilles, war als Feinschmecker, dem kaum einer gleichkam, wesentlich bedeutender als im Schrifttum. Der einzige, der ihn einigermaßen erreichte, war sein Akademiekollege Dubos, mit dem sich Fontenelle oft über Rezepte stritt. Einmal konnten sie sich über die beste Zubereitungsart von Spargel nicht einigen. Fontenelle liebte ihn in Essig und Öl, Dubos hielt ihn nur in Butter für schmackhaft. Sie beschlossen, das Gericht, jeder nach seiner Zunge, anrichten zu lassen. Aber während der Koch noch damit beschäftigt war, rührte Dubos der Schlag. Darauf rannte Fontenelle in die Küche und rief: "Machen Sie allen Spargel mit Essig und Öl an!"


Fontenelle, Bernhard 3

Fontenelle war achtzig Jahre alt, als er einer Schönen den Fächer aufhob. Sie war ungezogen genug, seine Höflichkeit verächtlich aufzunehmen, worauf Fontenelle bemerkte: "Aber Gnädige, wirklich! Sie verschwenden Ihre Kälte!"


Fontenelle, Bernhard 4

Als Fontenelle fünfundneunzig Jahre alt war, meinte eine beinahe ebenso alte Dame einmal zu ihm: "Ich glaube, der Tod hat uns beide vergessen!" "Pst", machte Fontenelle, "daß er's nicht hört", und legte lächelnd den Finger an den Mund. Als er im Sterben lag, fragte man ihn: "Wie geht es?" Er antwortete berichtigend: "Nicht es geht - ich gehe."


Foote, Samuel 1

Der englische Schauspieler und Dramatiker Foote ging eines Abends spät nach Hause. In einer engen Gasse stürzte ein Mensch aus dem dritten Stock vor ihm auf die Erde, wobei, wobei er merkwürdigerweise keinen Schaden nahm. Foote, sehr erschrocken, hob den Gestürzten auf und erkannte in ihm einen alten Freund, dem er wegen seiner heftigen Leidenschaft zum Spiel schon oft Vorstellungen gemacht hatte, die leider nichts fruchteten. "Woher so eilig?" "Ein unangenehmer Handel im Spiel", erwiderte der Freund. Foote sah nach dem Fenster im dritten Stock hinauf, aus dem der Freund auf die Straße gefallen war, und sagte mahnend: "Habe ich dir nicht immer geraten, nicht so hoch zu spielen?"


Foote, Samuel 2

Samuel Foote hatte auf der Bühne einen Lord lächerlich gemacht. Dieser fragte ihn, als er ihn in einer Gesellschaft antraf: "Ich möchte nur wissen, ob Sie eher an der französischen Krankheit oder am Galgen sterben werden!" Mit einer Verbeugung antwortete Foote: "Das kommt darauf an, ob ich von Ihrer Mätresse oder von Ihren Grundsätzen angesteckt werde."


Frisch, Max

Als Max Frisch im Jahr 1937 nach der Veröffentlichung seines ersten Romans gefragt wurde, was ihm die Veröffentlichung wert sei, antwortete er: "Ein Dichter gibt mit seinem Buch immer ein Stück seines eigenen Herzens preis - in diesem Fall für 13,85 Franken."


Freytag, Gustav

Gustav Freytag spazierte durch den Berliner Tiergarten und war gerade im Begriff, eine auf einer Bank sitzende Dame zu grüßen, als er sah, wie sie in seinem Buch "Soll und Haben" las. Mit einer Verbeugung trat er zurück: "Ach, Sie lesen einen 'Freytag'. Da darf ich freilich nicht stören.


Frye, Northrop

Der Literaturwissenschaftler Northrop Frye (1912 bis 1991) hielt sich für einen faulen Menschen. Was half es ihm, dass er der bekannteste kanadische Intellektuelle nach dem Zweiten Weltkrieg war, dass er mehr als zwei Dutzend Bücher veröffentlicht hatte.Was nutzten ihm die achtunddreißig Ehrendoktorate, die Ordination als Pfarrer der unitaristischen Kirche, seine anerkannten Fähigkeiten als Pianist? Er hielt sich dennoch für ein "Faultier" ("a sloth") – nachzulesen in seinen Tagebüchern (The Diaries of Northrop Frye. 1942 – 1955) Begonnen hatte Frye mit seinen Aufzeichnungen, weil er "eine Art von Werturteil" darüber haben wollte, "ob ich den Tag verschwendet habe oder nicht". In diesem Sinne urteilt er auch über Kollegen ("Wenn ich nicht wüsste, dass er brillant ist, würde ich ihn für einen Schwachkopf halten") und ist misstrauisch gegen sich selbst ("Hin und wieder habe ich mich im Verdacht, Scheiße zu schreiben"). Einmal entschließt er sich, seine akademischen und administrativen Pflichten sausen, die unbeantworteten Briefe unbeantwortet zu lasssen. Am Abend dieses Tages schrieb er in sein Tagebuch: "Ich bin ein Methodist. Ich hasse es, Gott beim Arbeiten die Zeit zu stehlen. Gottes Arbeit bedeutet für mich, in einem bequemen Sessel zu sitzen, schöne Gedanken zu denken und sie gelegentlich hinzuschreiben. Zufällig ist es genau das, was ich gerne tue, womit Gottes Weisheit bewiesen ist."


Ganghofer, Ludwig

Ludwig Ganghofer glaubte man es gern, daß er für intellektuelle künstlerische Experimente kein Gespür hatte. Als einmal im Münchener Hoftheater ein für damalige Zeiten recht experimentelles Stück aufgeführt wurde, schlief Ganghofer in seiner Loge prompt ein. Nach zwei Stunden weckte ihn der Logendiener. "Bitteschön, jetzt müassn S'aba gehn. Wiss S', jänger als wia a Stück dauert, derf ma im Hoftheater net schlafn."


Goethe, Johann Wolfgang 1

Als Goethe noch die Schule besuchte, mußte er sich durchsetzen und behaupten wie jeder andere Junge. Es waren nämlich ein paar Schüler in der Klasse, die ihre überlegene Körperkraft gern zur Geltung brachten und die Schwächeren drangsalierten. Als der Lehrer einst die Klasse allein ließ, schnitten diese Störenfriede sich Ruten aus einem Besen und machten sich einen Spaß daraus, dem viel schwächeren Wolfgang die Beine und Waden zu peitschen. "Ich nahm mir vor, mich bis zum Glockeschlag nicht zu wehren", hat der große Dichter später selber berichtet. "Ich rührte mich nicht, aber ich fühlte bald, daß ich mich verrechnet hatte und daß Schmerz die Minuten sehr verlängert. Mit der Duldung wuchs meine Wut - und mit dem Stundenschlag fuhr ich dem einen, der darauf gar nicht gefaßt war, mit der Hand in die Haare und riß ihn augenblicklich zu Boden, indem ich mit dem Knie seinen Rücken drückte; den anderen, der mich von hinten anfiel, zog ich beim Kopfe durch den Arm und erdrosselte ihn fast, indem ich ihn an mich preßte." Nicht anders erging es den übrigen Angreifern, "ob sie es auch nicht an Beißen, Kratzen und Treten fehlen ließen, aber ich hatte nur meine Rache im Sinn und in den Gliedern. Als der Lehrer, von dem Kampfgeschrei beigerufen, in der Klasse erschien, hatte der tapfere Junge längst alle Gegner niedergezwungen. "Von Stund an ließ man mich in Ruh", berichtet Goethe in lächelnder Erinnerung, "niemand wagte es mehr, mich solcherart herauszufordern."


Goethe, Johann Wolfgang 2

Goethe sprach einmal mit J.P. Eckermann über den Mißbrauch der Mathematik bei Dingen, die nicht in ihrem Bereich lägen. Schließlich meinte der Dichter: "Als ob alles nur dann existierte, wenn es sich mathematisch beweisen läßt! Es wäre doch töricht, wenn jemand nicht an die Liebe seines Mädchens glauben wollte, weil sie im diese nicht mathematisch beweisen kann! Ihre Mitgift kann sie ihm mathematisch beweisen, aber nicht ihre Liebe.


Goethe, Johann Wolfgang 3

Der Weimarer Gymnasialdirektor Böttiger gehörte eine Zeitlang zu dem klassischen Kreise um Goethe, Schiller, Herder, besonders um Wieland, entzweite sich dann aber mit allen und zog nach Dresden, von wo er gegen die einstigen Freunde arbeitete und allerlei üble Geschichten von ihnen aufbrachte. Einmal, als Goethe zur Kur in Karlsbad war, kam er von einem Morgenspaziergang nach Hause und sagte: "Man stößt in der Welt doch immer und allenthalben auf unsaubere Geister! Da habe ich von ferne einen Mann vorbeirutschen gesehen, der Kerl hat mich ordentlich erschreckt; ich glaube, den leibhaftigen Böttiger erblickt zu haben." "Oh", erwiderte darauf einer von Goetehes Freunden, "Ihren Augen haben sich da nicht versehen. Es war wirklich der leibhaftige." "Gottlob, gottlob!", atmete da Goethe auf, "daß Gott nicht noch ein zweites solches Arschgesicht geschaffen hat!"


Goethe, Johann Wolfgang 4

Goethe kommt seinen kränkelnden Freund Schiller besuchen. Dieser sitzt über einem soeben begonnenen Gedicht und kommt nicht weiter. Begonnen hatte er das Gedicht so: "Er saß an ihres Bettes Rand Und spielt mit ihren Flechten..." Also muntert Goethe ihn auf und veranlasst ihn zu einem gemeinsamen Spaziergang. Schiller geht in den Nebenraum, um sich Mantel und Kopfbedeckung zu holen. Er hat es mit der Lunge. Sie gehen also im Park spazieren. Nach der Rückkehr legt er Mantel und Hut wieder ab und möchte, nun erfrischt, an seinem begonnenen Gedicht weitermachen. Da sieht er mit Erstaunen, dass Goethe während der Wartezeit weitergedichtet hatte: "Das tat er mit der linken Hand. Was tat er mit der Rechten?"


Goethe, Johann Wolfgang 5

Es war in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1783, als Goethe seinem Diener klingelte. Als der in das Schlafzimmer trat, hatte Goethe sein Bett ans Fenster geschoben, lag darin und beobachtete den Himmel. "Hast du nichts am Himmel gesehen?" fragte er. Der Diener verneinte. "So laufe einmal nach der Wache und frage den Posten, ob der nichts gesehen." Der Diener lief hin, aber der Posten hatte nichts gesehen. Als der Diener mit der Meldung zu seinem Herrn zurückkam, beobachtete dieser immer noch unverwandt den Himmel. "Höre", sagte er dann, "wir sind in einem bedeutendem Moment; entweder wir haben in diesem Augenblick ein Erdbeben oder wir bekommen eins." Nun mußte sich der Diener zu ihm auf das Bett setzen, und Goethe demonstrierte ihm, aus welchen Merkmalen er das erkenne. Nach einigen Wochen kam die Nachricht, daß in derselben Nacht ein Teil von Messina durch ein Erdbeben zerstört worden sei.


Goethe, Johann Wolfgang 6

Auf seiner dritten Reise in die Schweiz 1797 kam Goethe auch durch Stuttgart und las dort eines Abends dem Bildhauer Dannecker und seiner Frau, dem Schwager Danneckers Rapp und seiner Familie aus "Hermann und Dorothea" vor. Rapp wollte zuerst sein Jüngstes, ein fünfjähriges Mädel, aus dem Zimmer entfernen, damit es die Vorlesung nicht störe. Aber Goethe legte Fürbitte ein, das Kind durfte bleiben und hörte, zu Füßen der Mutter sitzend, lautlos zu. Als Goethe zu Ende war, wandte sich das Kind zu seiner Mutter um und meinte, der Herr solle doch weiter lesen. Kein Lob, so wird später erzählt, habe den Dichter so hoch erfreut wie dieses.


Goethe, Johann Wolfgang 7

Goethe sah einmal die Schauspielerin Karoline Jagemann die Iphigenie spielen. Es war am Abend nach dem Ball, und da die Künstlerin die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, war ihre Darstellung höchst mangelhaft. "Was sagen sie nun zu dieser Iphigenie?" fragte ein Freund. Goethe erwiderte: "Wenn sie nicht für ihr ganzes Leben hier in Weimar engagiert wäre, dann würde ich sagen: Die jage man!" (1804)


Goethe, Johann Wolfgang 8

Eines Tages ging Goethe auf einem schmalen Pfad im Park von Weimar spazieren. Nur eine Person hatte darauf Platz. An einer Biegung kam ihm ein Kunstkritiker entgegen, der mit des Dichters Werken nicht gerade sanft umgesprungen war. Auf Schrittabstand sagte der Kritiker mit beißendem Hohn von oben herab: "Ich weiche keinem Narren aus!" Zur Seite tretend sagte daraufhin Goethe spöttisch lächelnd: "Aber ich!"


Goethe, Johann Wolfgang 9

Einmal war ein Student aus Jena bei Goethe, da trat ein älterer Herr unangemeldet herein und setzte sich still auf einen Stuhl, um zuzuhören. Der Student ließ sich auch in seiner Rede nicht stören. Als er endlich fertig war, sagte Goethe ganz ruhig: "Jetzt muß ich die Herren doch miteinander bekannt machen. Herr Meyer, Student aus Jena - Seine Königliche Hoheit, der Großherzog von Sachsen-Weimar."


Goethe, Johann Wolfgang 10

Goethe war auf die Bekanntschaft mit Madame de Stael ebenso gespannt wie sie auf die seine. Nach der ersten Begegnung berichtete er seinen Freunden: "Es war eine interessante Stunde. Ich bin nicht zu Worte gekommen; sie spricht gut, aber viel, sehr viel. Ich bin gar nicht zu Wort gekommen." Inzwischen wollte ein Damenkreis in Weimar gerne wissen, welchen Eindruck unser Apoll auf die Fremde gemacht habe. Madame de Stael seufzte ein wenig und sagte: "Wer aber so gut spricht, dem hört man gerne zu. Aber ich habe kein Wort sagen können."


Goethe, Johann Wolfgang 11

Ottilie von Goethe berichtete ihrem greisen Schwiegervater, daß bei einem Ball, der am Tage zuvor stattgefunden hatte, Madame Szymanowska höchst unangenehm aufgefallen sei, weil sie in unschicklichster Weise Mazurka getanzt habe. Goethe murmelte: "So, in der Tat? Wie tanzte sie denn?" "Die Röcke flogen ihr um die Knie, und sie selber dehnte und bewegte sie beinahe mänadenhaft. Es war ein rechter Skandal!" Der greise Dichter lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sagte: "Wie schade, daß ich nicht dabeigewesen bin."


Goethe, Johann Wolfgang 12

Eine übermütige Mädchenschar überfiel den alten Goethe einmal in seinem Gartenhaus, und eine der jungen Damen hatte dabei das Pech, den Gipsabguß einer Venus umzustoßen. Als die Sünderin in Tränen ausbrach, lachte Goethe und sagte tröstend: "Ei, ei, wer wird denn um die Tote weinen, wo Venus hier so viele lebende Vertreterinnen hat."


[Goetz, Curt]

Curt Goetz, als Schauspieler, Dramatiker und Regisseur gleichermaßen bekannt und gefeiert, schrieb seine Memoiren. Mit seinem Verleger besprach er editorische Einzelheiten. Dabei fragte dieser ihn: "In welchem Abschnitt Ihres Lebens haben Sie eigentlich die Erfahrungen gesammelt, die Ihnen später am wertvollsten wurden?" Goetz antwortete: "Für meine Schauspielerei habe ich stets aus dem gesamten Erfahrungsschatze meines Lebens geschöpft. Für meine Tätigkeit als Theaterdirektor aber war nichts wertvoller als die kurze Zeit, in der ich in den Vereinigten Staaten eine Hühnerfarm leitete."


Grass, Günter 1

Der israelische Literaturnobelpreisträger Samuel Josef Agnon hat einmal gesagt: "Ich kann nur schreiben, was Gott mich schreiben läßt." Als Günter Grass diesen Ausspruch hörte, bemerkte er nur lakonisch: "Da hat er's besser als ich. Ich muß alles alleine machen."


Grass, Günter 2

Als Autor einen guten, als Gastgeber jedoch einen zweifelhaften Ruf hatte Gerold Späth, was er seinen dürftigen Kochkünsten verdankte, deren ungeachtet er jedoch gern und häufig kochte und einlud. Weil ihm Gäste zu bewirten unheimlich viel bedeutete, wagte niemand, Einladungen oder die dargebotenen Speisen auszuschlagen. Erst wenn man den Abend mehr schlecht als recht überstanden hatte, machte man noch auf der Straße seinem Unmut Luft. Besonders grausam litt regelmäßig Späths Freund und Förderer, der als Meisterkoch (Fischsuppen) und Gourmet bekannte Günter Grass, der gequält kalauerte: "Wer zu Späth kommt, den bestraft das Leben."


Grillparzer, Franz 1

Eine "alberne Archivanstellung" - so nannte der Dichter Franz Grillparzer 1832 seine Stelle eines Direktors des Hofkammerarchivs Einmal hatte er in seinem Arbeitszimmer in dem 1848 bezogenen Hofkammerarchiv in Wien Besuch. Es klopfte; und einer seiner Mitarbeiter betrat den Raum, um vom Direktor einen Akt zu holen. Dieser erklärt, dass er ihn nicht habe. Als sich im Lauf der Zeit die Szene zweimal wiederholt hat und der Archivar immer mit der selben Antwort abgespeist, das Zimmer seines Chefs wieder verlassen hatte, zog Grillparzer eine Lade des Schreibtisches auf, nahm den Akt heraus und erklärte seinem etwas verwunderten Besucher: "Da ist der Akt, aber hetzen lass ich mich nicht!"


Grillparzer, Franz 2

Das Wesen Hebbels entsprach Grillparzer nicht, sein stilles Gemüt fühlte sich geängstigt. Daher lehnte er auch eine Einladung in dessen Gesellschaft ab, und zwar mit den Worten: "Alle Achtung vor dem, was er schreibt, - aber... sehen Sie, ich bin doch nicht heimisch in seiner Nähe. ich fürchte mich ordentlich vor ihm. Er ist mir zu gescheit... er wirft da oft ein kurioses Thema auf, er ist imstande und fragt: Was ist Gott? ... Na, ich weiß es nicht... er weiß es aber - und sehen Sie, da kann ich nicht mitreden und sitz' da wie aufs Maul geschlagen.


Grillparzer, Franz 3

Grillparzer war draußen in Baden bei seinen Verwandten. An einem sonnigen Tage wanderte er mit einem lieben Mädchen dieses Familienkreises durch die Felder hin. Doch er schien die Umgebung gar nicht zu beachten, obwohl er die Natur liebte, er war verschlossen und einsilbig. Das Mädchen wollte ihn gerne aufheitern, es begann zu schwärmen, ihm alles Schöne vorzuführen. Sie wies auf den Wald und auf die Felsen mit den Schlössern, auf den Bach und auf den Himmel, auf die Blumen, Schmetterlinge und Vögel, und sie fragte ihn, warum er inmitten dieser herrlichkeit den Kopf hängen lasse. Der Franz mit den blauen Augen mußte über seine Cousine lachen und rief: "Ach, sieh doch! Wir haben ja unsere Rollen vertauscht. Du bist nun die reine Poesie - und ich bloß Prosa."


Grillparzer, Franz 4

Raimund und Grillparzer trafen sich einmal im Schönbrunner Affenhaus. Der Dichter der Zauberstücke konnte sich nicht genug tun an Bewunderung der gelenkig springenden Tiere. Als einer der vierfüßigen Künstler auf dem aufgestellten Baum eine ganz besondere Stellung einnahm, rief er in höchster Begeisterung: "Da schauns! Sie, das is schwer!" Grillparzer hatte dazu nicht viel zu bemerken, er sagte nur echt wienerisch: "Schaffts ihms wer?"


Harte, Bret

Bret Harte, der amerikanische Schriftsteller, war zu einer Vorlesung in Richmond. Er hatte so heftige Kopfschmerzen, daß ihm sterbenselend war. Er unternahm deshalb in Begleitung eines dortigen Freundes einen Spaziergang, während dessen ihm der Freund viel von der gesunden Luft und Lage der Stadt Richmond erzählte und mit Stolz darauf hinwies, daß die örtliche Sterbeziffer nur einen Todesfall für den Tag betrüge. "Großer Gott!" rief Bret Harte, dem noch nicht besser geworden war, "der heute fällige Kandidat ist doch hoffentlich schon gestorben?"


Hauff, Wilhelm 1

Auf eine sehr verschmitzte Art und Weise beschrieb die Verquickung von Geist und Geld Wilhelm Hauff: "Mein Roman heißt Lichtenstein", schrieb er an seinen Verleger Franckh in Stuttgart. "Wenn er ihnen konveniert - hier ist er". Franckh las das Manuskript, erkannte das Genie in dem jungen Dichter und entschloß sich ohne Zaudern zur Veröffentlichung. "Ich lasse Ihnen zunächst eine Abschlagszahlung von 1000 Gulden zugehen", teilt er Hauff mit. "Leider kann ich mein Urteil über Ihren Roman nicht in den Stil kleiden, der ihm zukommen würde. Er ist vortrefflich". "Grämen Sie sich nicht, verehrter Herr Franckh", antwortete der Dichter. "Ein Verlegerbrief, der die Überweisung von 1000 Gulden ankündigt, ist in dem schönsten Stil geschrieben, den der Autor sich nur wünschen kann." (Elmar Faber: Die Allmacht des Geldes und die Zukunft der Phantasie. Betrachtungen zur Bücherwelt, S. 107)


Hauptmann, Gerhart 1

Bei einem Kunsthändler in Neapel entdeckte Gerhart Hauptmann einmal eine kleine Renaissancefigur. Nach der Sitte des Landes begann er um den Preis zu feilschen. "Ich verliere bare hundert Lire bei Ihrem Angebot", beteuerte der Italiener, indem er seine Glutaugen weit aufriß. "Dreihundert wollen Sie geben, Signore? Madonna mia! Aber weil Sie es sind, sollen Sie die Figur bekommen. Ich tröste mich mit der Ehre, einen Mann wie Sie, Signore, erfreut zu haben!" Hauptmann reichte dem Händler die ausgehandelte Summe und dachte, wie gut, daß sich der Ruhm auch einmal bezahlt macht. "Und wohin darf ich das Stück schicken?" erkundigte sich der Verkäufer. "Ins Grand Hotel, bitte." "Grand Hotel? Sehr gut, Signore! Und wie ist Ihr Name?"


Hauptmann, Gerhart 2

Gerhart Hauptmann saß mit seiner Familie in einem Dresdner Hotel beim Frühstück, nachdem am Abend zuvor eines seiner Dramen uraufgeführt worden war. "Also, was da die 'Neusten Nachrichten' schreiben", begann sein Sohn Benvenuto das Gespräch, "das läßt sich wirklich hören. Schiller und Goethe sind durch Papa in den Schatten gestellt; ein neues klassisches Zeitalter ist angebrochen." "Das ist doch gar nichts gegen das 'Berliner Tagblatt'", meldete sich seine Frau. "Hier werden Homer und Aeschylos zum Vergleich herangezogen - und verworfen." Gerhart Hauptmann lächelte nur leicht. Da flüsterte ihm der Diener ins Ohr, während er Kaffee eingoß: "Seniles Machwerk - schreibt die 'Vossische Zeitung'."


Hauptmann, Gerhart 3

Gerhart Hauptmann fuhr einmal in Gesellschaft von vierzig Begleitern, die er alle eingeladen hatte, von Berlin nach Rapallo. Emil Lessing, der Regisseur des Deutschen Theaters, sagte dazu: "Sie reisen, wie Majestäten reisen." Lächelnd erwiderte Hauptmann: "Nun ja, ich bin eben ein Dichterfürst!"


Hauptmann, Gerhart 4

Am Vortage einer Premiere wohnte Gerhart Hauptmann in Berlin in einem Hotel 'Unter den Linden'. Alle Welt wartete gespannt auf die Uraufführung, nur Hauptmann blieb völlig gelassen. Im Vestibül drängten sich einige Damen um ihn. Eine von ihnen flüsterte einer anderen zu: "Hier sitzt er... wie Goethe sieht er aus... diese geistreiche Stirn. Er müßte eigentlich ganz anders heißen, denn meine Waschfrau ist auch eine geborene Hauptmann..." Hauptmann hörte diese Worte. Verbindlich lächelnd verbeugte er sich vor der Dame und sagte: "Gnädige Frau, wenn mein Stück morgen Erfolg haben sollte, werde ich bei der Preußischen Regierung eine Eingabe machen, daß ich mich fortan Oberst nennen darf." ("Der Büchernarr", München 1981)


Hauptmann, Gerhart 5

Im Agnetendorf im Riesengebirge lebte Gerhard Hauptmann bis zum Jahre 1946. Einst saß er dort in seinem Garten, trank Kaffee und aß Pflaumenkuchen. Von der Süßigkeit des Kuchens angelockt, schwirrte eine Wespe heran, die der Dichter mit dem Kaffeelöffel verjagen wollte. Angstvoll bat seine Frau: "Laß das, sonst sticht sie dich!" Hauptmann sah erstaunt auf und meinte verwundert: "Wieso denn? Sie kennt mich doch gar nicht!" ("Der Büchernarr", München 1981)


Hauptmann, Gerhart 6

Gerhard Hauptmann war zu einer Abendgesellschaft eingeladen worden. Ein junger Mann - nach seinen eigenen Angaben Schriftsteller und Dichter - erzählte von seinen Werken und daß ihm die Einfälle nur so zuflögen. "Und nur ein Beispiel zu nennen", sagte er, "wenn mir ein Schrank in die Augen fällt, so habe ich gleich ein Stück wie 'Der Fremde im Schrank' fix und fertig von meinem geistigen Auge." Hauptmann fiel ihm ins Wort: "So etwas gibt es! Einmal stand ich auf Hiddensee am Strand. Da kam ein Windstoß, mein Hut flog mir vom Kopf, fiel ins Wasser und ging unter. Im selben Augenblick hatte ich mein Werk 'Die versunkene Glocke' gedichtet und brauchte es nur noch niederzuschreiben."


Hauptmann, Gerhart 7

Gerhart Hauptmann führte auch manchmal Regie, was, wie meistens, wenn Autoren selbst Regie führen oder Komponisten selbst dirigieren, zu Komplikationen führte. Bei einer Probe von 'Der Biberpelz' war er mit dem Stimmeinsatz von Hermine Körner nicht zufrieden und rief ihr zu, daß sie lauter sprechen wolle. Als die Körner aber der Aufforderung nachgekommen war, rief er sofort: "Leister!" "Was soll ich denn nun, Herr Hauptmann, lauter oder leiser?" fragte indiginiert die Körner, worauf sich Hauptmann sophistisch mit der Bemerkung "Am besten lautleise, Frau Körner" aus der Schlinge zog.


Hauptmann, Gerhart 8

"Fürchten Sie sich vor dem Tod?" fragte ein Freund den zweiundachtzigjährigen Gerhart Hauptmann. "Nein, ich nicht! Aber der Tod sollte sich fürchten!" "Warum denn er?" fragte der Freund neugierig weiter. "Ja, glauben Sie denn, daß ein Dichter namens Hauptmann in der anderen Welt mit einem Buch nicht eifrig Stellung gegen den Störenfried nimmt, der ihn mitten aus der diesseitigen Arbeit herausreißt? Das soll sich der Tod erst noch reiflich überlegen!"


Heine, Heinrich 1

Tradition hat das bedeutungsschwangere Schweigen. Heinrich Heine zum Beispiel musste es von einem mächtigen Gegenspieler hinnehmen. Er hat Goethe seine ersten drei Bücher geschickt - und nie eine Antwort erhalten. Rächte er sich? Nicht auf der Stelle. Privat zieht er zwar sofort über den "Aristokratenknecht" her. Öffentlich aber schweigt er - noch. Aus Rücksicht auf Rahel Varnhagen, der zentralen Figur des Goethe-Kults, äussert er sich einmal sibyllinisch: "Überhaupt ist es Dummheit, gegen Männer zu sprechen, die wirklich gross sind, selbst wenn man Wahres sagen könnte" und fügt, als zwielichtige Coda, hinzu: "Der jetzige Gegensatz der Goethischen Denkweise, nemlich die deutsche Nationalbeschränktheit und der seichte Pietismus, sind mir am fatalsten."


Heine, Heinrich 2

Heinrich Heine wurde im Jahre 1797 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Düsseldorf geboren. Später pflegte er zu sagen: "Als meine Mutter mich unter dem Herzen trug, hat sie viele Bücher gelesen, und so bin ich Dichter geworden. Die Mutter meines Onkels Salomon dagegen hat die Biographie des Räubers Cartouche gelesen, und so ist mein Onkel Bankier geworden."


Heinse, Johann J.W.

Heinse, der als Bibliothekar des Kurfürsten zu Mainz arbeitete, habe in monatelanger Arbeit einen Lehrpfad durch die Bücher angelegt, indem er zwischen all die Seiten der Weltliteratur, auf denen erotische oder sogar sexuelle Szenen beschrieben wurden, kleine rote Papierstreifen gelegt habe, als Lockspeise sozusagen für diesen Lehrpfad der Lüste. Eine enorme, kenntnisreiche, liebevolle Arbeit, die Heinse zum Vergnügen des lebenslustigen Fürstbischofs da geleistet habe, denn es sei ein literarischer Lehrpfad durch die Sittengeschichte der letzten zwei Jahrtausende gewesen. Nach dem Tod des Kürfürsten - auch Heinse sei recht jung gestorben - sei ein recht enggläubiger Bischof Kurfürst geworden. Der besuchte eines Tages die Bibliothek und begann, die Stellen mit den roten Lesezeichen zu lesen, in der Annahme, da sei ein Heilsweg durch die Literatur markiert, fromme, die Seele erbauende Stellen, er fand sich aber plötzlich auf einem ganz anderen Pfad und befahl, schleunigst alle Zettel zu entfernen. 2436 zählte ein Unterbibliothekar. (Uwe Timm: Kopfjäger, S. 265f.)


Jammes, Francis

Als Francis Jammes mir am Morgen die Verse vorlas, die er in der Nacht gedichtet hatte, enthielt ich mich nicht, so groß meine Bewunderung auch war, auf die einen oder andern Mängel hinzuweisen, die nach meiner Auffassung seinem Gedicht etwas von seiner Schönheit nahmen. Er zog sich zurück, um daran zu feilen, kam aber nach einer Stunde wieder und sagte: "Lieber Freund, ich wollte verbessern, aber ... ich weiß nicht, ob ich das Recht dazu habe." Es vergingen Augenblicke, ehe ich begriff. Und doch war der Sinn dieser Worte klar: da dieses Gedicht unter dem Diktat der Inspiration geschrieben war, mußte jede Überarbeitung als ruchlos angesehen werden. (Andre Gide)


Johnson, Samuel

Samuel Johnson, Schöpfer des ersten ernstzunehmenden englischen Wörterbuches, des zweibändigen berühmten Dictionary of the English Language (1755), definierte das Wort "patron" (Schirmherr, Gönner, Förderer) so: "Ein Lump, der mit Teilnahmslosigkeit dabei ist und mit Schmeicheleien belohnt wird"; er zielte dabei auf Lord Chesterfield, der mehr Lorbeeren für das Wörterbuch einheimsen wollte, als ihm zustanden.


[Keller, Gottfried]

Er [Gottfried Keller] und sein Freund Arnold Böckling sitzen im Wirtshaus und schweigen sich an. Trinken hie und da einen Schluck. Kommt einer herein, setzt sich an den Tisch, trinkt und schweigt auch. Nach einer halben Stunde sagt er: "Heiß heut!" Trinkt. Nach einer weiteren halben Stunde geht er. Hebt Keller den Kopf und sagt zu Böcklin: "Gut, daß er gegangen ist, der Schwätzer." (Urs Widmer: Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück, S. 178)


Kohl, Helmut

In Michael Naumanns Artikel in der Zeit 44/2006 über das Aussortieren von Büchern auf dem persönlichen Bibliotheksbestand kommt eine nette Anekdote vor: "Wer soll das alles lesen?", fragte Helmut Kohl bei seinen regelmäßigen Besuchen der Frankfurter Buchmesse, und als er eines Tages diese Frage am Stand des Rowohlt-Verlags wiederholte, sagte ich ihm: "Herr Bundeskanzler, wenn Sie eine Bäckerei betreten und sehen Hunderte Brötchen, fragen Sie doch auch nicht, ›Wer soll das alles essen?‹" "Das", antwortete er recht freundlich, "das ist für mich kein Problem." Da hätte ich ihn fast umarmt, aber das ging nicht mehr.


Knigge, Freiherr von

Peter Bamm verdanken wir die reizende Anekdote über den Tod Knigges, der durch sein Buch "Umgang mit Menschen" unsterblich wurde. Peter Bamm erzählt: "Herr von Knigge, nachdem er ein Leben lang soviel für Messel und Habel getan hatte, fuhr nach China, um die Gebräuche der Stäbchenesser zu studieren. Im Roten Meer fiel er, von der Hitze ermüdet, über die Reling ins Wasser. Niemand bemerkte den Vorgang. Er schwamm eine ganze Weile in der warmen Salzbrühe umher, als er einen Haifisch auf sich zusteuern sah. Entschlossen, sich bis zum Äußersten zu verteidigen, holte er aus seiner Tasche ein Messer hervor, das aufzuklappen ihm nach einiger Mühe sogar gelang. Der Haifisch jedoch sah ihn erstaunt an und sagte: 'Aber, Herr von Knigge, Fisch mit dem Messer?' Worauf Herr von Knigge nichts anderes übrigblieb, als das Messer fallen und sich still verschlingen zu lassen."


Kunze, Reiner

Das Institut für Publizistik an der Leipziger Universität 1951 war nicht der Ort, ein Buch von Kafka im Studentenwohnheim auf das Bücherboard zu stellen. Das hatte ich eines Morgens getan, weil ich die Erzählungen irgendwann lesen wollte, doch am selben Tag noch wurde eine Versammlung sämtlicher Studenten und Lehrkräfte einberufen, auf der mir vorgeworfen wurde, bürgerlich-dekadente Literatur zu verbreiten. Das Verbreiten sah man darin, daß ich das Zimmer mir drei Kommilitonen teilte und auch andere Personen Zutritt hatten. Ich wurde eine ganze Woche von einme Gremium zum anderen befördert und verhört. Man hatte schon gefordert, mich zu exmatrikulieren und für ein Jahr zur Bewährung in die "Produktion", also in eine Fabrik, zu schicken. Erst, als die Funktionäre überzeugt waren, daß ich den Namen Kafka bis dahin nie gehört hatte, kam ich mit einer Verwarnung und der strikten Auflage davon, mich, wenn mir das Buch eines mir unbekannten Autors in die Hände käme, sofort an einem Professor oder an die Parteileitung zu wenden.


Mann, Thomas 1

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki sagte einmal über den Schöpfer der "Buddenbrooks" und des "Zauberbergs": "Den kann keiner spielen, unmöglich." Es ist doch möglich, und Armin Müller-Stahl hat dafür einen beeindruckenden Beweis geliefert. Von Anfang an sei der Schauspieler für die Rolle prädestiniert gewesen, erklärt Breloer, Regisseur des dreiteiligen Fernsehfilms: "Müller-Stahl sei kein alltägliches Seriengesicht, könne aber trotzdem als sympathische Identifikationsfigur gelten; und er habe eine gewisse Ähnlichkeit mit Thomas Mann. Dabei hatte der in Hollywood lebende Schauspieler anfangs gar keine Lust, für die Rolle des Schriftstellers nach Deutschland zu kommen: "Ich dachte, der sitzt den ganzen Tag ja nur am Schreibtisch", erinnert sich Müller-Stahl.


Mann, Thomas 2

"Der ganze Mensch (Thomas Mann) mache einen ungemein gepflegten, großbürgerlich-soliden, diskret- eleganten Eindruck ... Auch sein Haus stelle man sich so vor: sehr fein und reichhaltig, mit kostbaren Tapissereien, dunkelnden Ölgemälden, Clubsesseln, hellen Schlafräumen ect. pp. .... Nur, - in irgend so einem Nebenzimmerl liegt dann plötzlich eine tote Katze...". (Hugo von Hofmannsthal)


Mendelssohn, Moses

Friedrich II hört, daß Moses Mendelssohn ein geistreicher Unterhalter ist und lädt ihn zu Tisch. Dummerweise hat Mendelssohn an dem Tag gerade den Cobain und ist schweigsam. Friedrich II schreibt auf einen Zettel "Mendelssohn ist ein Esel!", unterschreibt, schiebt ihn Mendelssohn zu und bittet ihn darum, ihn vorzulesen. Mendelssohn liest: "Mendelssohn ist EIN Esel, Friedrich der ZWEITE!"


Passos, John Dos

Keinem Künstler bleibt die Auseinandersetzung mit der ihm nachfolgenden Generation erspart. Auch der amerikanische Romancier John Dos Passos wurde in manchen Literaturstreit hineingezogen. Als man ihn einmal über die jungen amerikanischen Autoren nach dem Zweiten Weltkrieg befragte, sagte er bissig: "Heute versteht man unter einem Roman eine gemästete Kurzgeschichte."


Quincey, Thomas de

Thomas De Quincey, Verfasser der Bekenntnisse eines englischen Opiumessers hatte einen täglichen Opiumkonsum zwischen 800 und 8000 Tropfen und fünf bis sechs Gläsern Laudanum pro Nacht. Die Angewohnheit kostete ihn seine Zähne und ließ seine Haut aussehen wie rissiges Pergament. In einem Zeitraum von drei Jahren verlor De Quincey seine Frau und zwei Söhne, woraufhin sich sein Geisteszustand verwirrte. Zwar blieb ihm die Fähigkeit zum Schreiben erhalten, doch war er den praktischen Anforderungen des Alltags nicht mehr gewachsen und außerordentlich zerstreut. Wenn er bei Kerzenlicht über seinem Manuskript brütete, setzte er des öfteren seine Haare in Brand. Waren seine Wohnungen so vollgestopft mit Büchern, daß er sich nicht mehr in ihnen bewegen konnte, zog er einfach um. Er war unfähig, sich selbst anzukleiden. Sein Umgang mit Geld war hoffnungslos. Einmal bat er einen Freund, ihm sieben Shilling sechs Pence zu leihen. Als Sicherheit bot er ihm ein zusammengeknülltes Stück Papier an, von dem er behauptete, es sei ein "Dokument". Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine 50-Pfunde-Note. (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S. 236)


Raabe, Wilhelm

In Wilhelm Raabes Stuttgarter Wohnung verkehrten Schriftsteller, Verleger, Juristen, Gelehrte und Offiziere, wo es einfach, aber gemütlich zuging. An einem dieser Gesellschaftsabende erzählte ein junger Dichter: "Wenn ich bis tief in die Nacht gearbeitet habe, fällt es mir schwer einzuschlafen." Raabe sah ihn ernst, aber fast besorgt an und meinte: "Lesen Sie denn das Geschriebene vor dem Zubettgehen nicht noch einmal?"


Raabe, Wilhelm

Als Wilhelm Raabe in Magdeburg seine Buchhändlerlehre absolvierte, las der Lehrling seinen Namen zum ersten Male in einem Wochenblättchen. Freilich gab es keinen Grund, darüber froh zu sein. Wilhelm Raabe hatte versäumt, sich zur Musterung zu stellen und die strengen, braunschweigischen Behörden suchten ihn mit einem Steckbrief. "Im Betretungsfall zu verhaften", lautete kategorisch die Anordnung. Sofort begab sich Raabe nach Braunschweig, wurde mißtrauisch untersucht, aber wegen Kurzsichtigkeit zurückgestellt. Mit dieser Veröffentlichung erlebte Wilhelm Raabe zum ersten Mal, daß er "gedruckt" wurde.


Sachs, Nelly

Immer wieder wurde die Lyrikerin Nelly Sachs mit ihrer Kollegin Ina Seidel verwechselt. Als sie einmal in einem Wiener Beisel ein Bier bestellte, fragte der Kellner: "Krügl oder Seidl?" - "Sachs", antwortete die Sachs missmutig.


Seghers, Anna

Übrigens könnte keine Macht der Welt sie dazu bringen, in ihrem Kopf eine zufällig passierte Geschichte der erfundenen "wahren" vorzuziehen. Einmal, als ein Kollege auf ihren Wunsch eine Begebenheit aus seinem Leben ein zweites Mal erzählen muß, unterbricht sie ihn nach den ersten Sätzen: Du - höre mal zu, du hast da eben vergessen zu sagen, was doch gerade das Wichtigste ist: nämlich daß du wußtest, der andere, dein Genosse, war ein Verräter. Wie kommst du darauf? sagt der Erzähler. Natürlich wußte ich es nicht, wie hätte ich mich sonst so vorschriftswidrig verhalten können! Eben gerade darum! beharrte sie. Du hattest ihn doch noch nicht aufgegeben! Du mußt es gewußt haben! Aber Anna! Ich werde doch meine eigene Geschichte kennen! Sie verstummt, sichtlich verstimmt. Am Ende redet sie dem Erzähler dringlich zu: Aber wenn du's aufschreibst, nimmst du meine Fassung, ja? Sonst glauben's dir die Leute womöglich nicht... (Christa Wolf: Bei Anna Seghers)


Twain, Mark 1

Paul Bourget, französischer Schriftsteller, kam einmal mit dem amerikanischen Humoristen Mark Twain zusammen. Es entspann sich ein Gespräch voll milder Sticheleien. "Ein Amerikaner kann sich nie wirklich langweilen", meinte Bourget. "Wenn ein Amerikaner einmal nicht mehr weiß, was er gerade tun soll, dann kann er immer ein paar Jahre auf die Untersuchung verwenden, wer eigentlich sein Großvater gewesen ist!". "Stimmt, stimmt", pflichtete Mark Twain bei. "Und sehen Sie, Monsieur Bourget, es ist so weise in der Welt eingerichtet, daß auch die Franzosen bei Langeweile immer noch eine amüsante Beschäftigung haben. Ein Franzose kann immer eine x-beliebige Zeit verwenden, um herauszubekommen, wer eigentlich sein Vater gewesen ist.


Twain, Mark 2

Mark Twain hatte es zu Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn nicht einfach. Sein erstes Buch schickte er an den Verleger Carlton, der es aber ebenso prompt wie wortlos retournierte. Diesen Verleger traf der Dichter, als er bereits ein in der ganzen Welt gelesener Autor war, in der Schweiz. "Sie sind berühmt", sagte der keineswegs verlegene Verleger zu Twain, "aber ich bin weit berühmter. Denn nur eine einzige Handlung in meinem Leben hat mir wahrhaften Weltruhm verschafft. Ich habe Ihnen seinerzeit ein Manuskript zurückgeschickt, wie Sie sich sicher erinnern werden. Und diese eine Tat hat mich zum größten Esel unseres Zeitalters gemacht. Können Sie das vielleicht bestreiten?" Die Antwort von Mark Twain ist nicht überliefert.


Valloton

Eines Abends, als ich mein Manuskript zum Sitz der Redaktion brachte, begegnete ich Valloton, dem Thadee Natanson mich vorstellte. Auch er war nur im Vorbeigehen dort. Der Mercure hatte eben das "Buch der Masken" herausgegeben, in dem Remy de Gourmont die bekanntesten Schriftsteller der Zeit zusammengefaßt und dargestellt hatte. Jeder Darstellung ging ein von Valloton in Holz geschnittes Bildnis voraus. Der gewissenhafte und mutige Schweizer hatte sich, da er nicht immer nach dem lebenden Modell hatte schaffen können, in einigen Fällen von Photographien inspirieren lassen (so etwa bei mir). Bevor er mir die Hand reichte, betrachete er mich einige Augenblicke und meinte dann: "Bei Gott, mein lieber Gide, nach meinem Bilde hätte ich Sie nicht erkannt." (Andre Gide: Herbstblätter, S. 138)


Wagenbach, Klaus

Nachdem der Berliner Verleger Klaus Wagenbach vom Verlag Klaus Wagenbach in Berlin auf einer Vertreterkonferenz für die neue Saison enthusiastisch einen neuen Lyrikband des schon seit geraumer Zeit verstorbenen Erich Fried mit einer neuen Zusammenstellung alter Fried- Gedichte in neuer Ausstattung und mit neuem Ladenpreis angekündigt hatte, wurde in der Vertreterschar murrender Einspruch laut. Ob es denn nicht irgendwann mal gut sei mit den ewigen Fried-Ausgaben, wagte einer der Reisenden vorsichtig zu bedenken zu geben. Erwartungsgemäß schmetterte der Verleger die kritische Frage postwendend ab. "Wenn", so beschied er knapp, "wenn unser ganzes Gesamtprogramm - und vielleicht sogar mein Name! - schon längst vergessen ist, werden die Leute immer noch Fried-Gedichte kaufen, und zwar bis zum Jüngsten Tag. Denn Erich währt am längsten!" Also fand man sich ab.


Waggerl, Karl Heinrich

Meine Lesegier brachte mich damals auf bedenkliche Abwege. Ich kletterte zum Beispiel durchs offene Fenster in das Lesezimmer eines Hotels und holte heraus, was mir passend schien, bis ich einmal von einem Gast überrascht wurde, als ich eben mit dem wenig anziehenden ersten Band der römischen Altertümer wieder angeschlichen kam. Der freundliche Mann hatte seinen Spaß an meinem verworrenen Geständnis, schließlich erbot er sich, mit ein Buch im Laden zu kaufen, und weil ich ums Leben nicht mit ihm durch die Halle und am Portier vorbeigegangen wäre, schlug er sich auf meine Seite und stieg mit mir durchs Fenster hinaus. Und dann stand ich wirklich im Buchladen und durfte wählen, mein Freund geriet selber in Aufregung und hieb sich eins ums anderemal den Kneifer auf die Nase, bis ich mich endlich für Robinson entschied. Den kaufte er mir, ohne auch nur einen Groschen abzuhandeln.


Wohmann, Gabriele

Wäre sie nicht eine emsige Schriftstellerin geworden, hätte Gabriele Wohmann vielleicht auch eine Karriere als Sängerin machen können. Zumindest pflegte sie oft, gern und laut zu singen und dabei wenig Rücksicht auf ihre Umgebung zu nehmen. Die, weil Gabrieles Singen nicht zu unterbinden war, allenfalls mit gequälter Ironie reagieren konnte. Sprichwörtlich wurde der Ausruf des Literatur- und Musikkritikers Joachim Kaiser, der bei einer Tagung der Gruppe 47, Wohmann auf dem Flur trällernd sich nähern hörend, seufzte: "Wohmann singt, da lass dich ruhig nieder."


Wollschläger, Hans

"Hat mal jemand die genaue Uhrzeit?", fragte Hans Wollschläger bei einem Messeempfang des Haffmans Verlags in die Runde. "Genau siebzehn Uhr zwölf", antwortete der Kollege Hermann Kinder nach einem raschen Blick auf seine Armbanduhr. Worauf der Verleger Haffmans - nach einem Kontrollblick auf die seine - bestätigte: "Kinder- Mund tut Wahrheit kund."


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