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Allgemeine Fundstücke / [E-F]
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Virgil bewohnte mit den Seinen ein Stübchen in der
vorletzten Schaluppe am Ende des Dorfes. Es war eine
Klafter lang und breit und hatte ein Fenster mit vier
Scheiben, jede so groß wie ein halber Ziegelstein, das
nie aufgemacht wurde, weil der morsche Rahmen dabei
in Stücke gegangen wäre. Unter dem Fenster stand eine
Bank, auf welcher der Hirt schlief, der Bank gegenüber
eine mit Stroh gefüllte Bettlade, in der Frau und Tochter
schliefen. Den Zugang zur Stube bildete ein schmaler
Flur, in dessen Tiefe sich der Herd befand. Er hätte
zugleich als Ofen dienen sollen, erfüllte aber nur selten
eine von beiden Bestimmungen, weil die Gelegenheiten,
Holz zu stehlen, sich immer mehr verminderten. So
diente er denn als Aufbewahrungsort für die mageren
Vorräte an Getreide und Brot, für Virgils nie gereinigte
Stiefel, seine Peitsche, seinen Knüttel, für ein
schmutzfarbenes Durcheinander von alten Flaschen,
henkellosen Körben, Töpfen und Scherben, würdig des
Pinsels eines Realisten. (Marie Freifrau von Ebner-
Eschenbach: Das Gemeindekind)
Diese Meute schlief um den Leithund gedrängt in einem
Gehege und bestand aus struppigen, ungepflegten Hunden
mit gelblich schwarzem oder schmutzig gelbem Fell und
einem Dreckscharakter. (...) Aus ihren Blicken sprachen
nichts als Eifersucht und Mißgunst. Ferrer sollte bald
feststellen, daß keines dieser Tiere, für sich allein
genommen, ein angenehmer Umgang war. Rief man eins beim
Namen, dann wandte es sich kaum um und, wenn es nichts
zu fressen sah, gleich wieder ab. Forderte man es zur
Arbeit auf, so reagierte es überhaupt nicht, gab
höchstens mit einer knappen Drehung des Kopfes zu
verstehen, man möge sich an den Leithund wenden. Dieser
nun wieder, seiner Wichtigkeit nur zu bewußt, zierte
sich gewaltig und antwortete allenfalls mit einem
Blick, dem entnervten Blick des Beamten am Rande der
Gestreßtheit, dem zerstreuten Blick seiner Sekretärin,
die sich gerade die Fingernägel lackiert.
(Jean Echenoz: Ich gehe jetzt, S. 38)
Er selber behauptete von sich, weiter nichts als ein
Egoist zu sein. Doch niemals war sein Edelmut so
echt und so groß wie jetzt in seinem Alter. Ein Teil
seines Einkommens zerrann in rührender Mildtätigkeit
zwischen seinen Fingern. Jedesmal liebte er mehr,
was arm und was schwach war. In Santa Olavia liefen
die Kinder aus den Haustüren zu ihm hin, weil sie
merkten, daß er zu ihnen zärtlich und langmütig war.
Alles, was lebte, hielt er für liebsnwert, und er
gehörte zu denen, die den Durst einer Pflanze
mitempfinden und auf keinen Ameisenhaufen treten.
(Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias, S. 14)
Sogleich beklagte er sich bitter über sein mangelndes
Erinnerungsvermögen. Eine so unerläßliche Sache, das
Erinnerungsvermögen, etwas, worauf das öffentliche
Leben beruhe! Und er besitze davon
unglücklicherweise nicht ein Fünkchen. Zum Beispiel
habe er (wie es jeder Mensch tun müßte) die
zwanzigbändige "Weltgeschichte" von Cesare Canut
gelesen. Er habe sich in sein Arbeitszimmer
eingeschlossen und sich vorbehaltlos dieser Lektüre
hingegeben. Aber dann, meine Herren, sei ihm alles
entfallen - und nun habe er keine Ahnung von
Geschichte! "Haben Sie ein gutes Gedächtnis, Senhor
Maia?" "Ein leidliches." "Ein unschätzbares Gut,
dessen Sie sich da erfreuen!" (Jose Maria Eca de
Queiroz: Die Maias, S. 164)
Er erzählte ihm von Damaso. Habe er denn diese
Zierde der Menschheit nicht wieder getroffen? Dieser
Musterknabe posaunte nämlich überall aus, daß der
Maia ihn nach jener Geschichte, die auf dem Chiado
passiert sei, durch einen Freund dürftige und feige
Entschuldigungen übermittelt habe... Furchtbar,
dieser Damaso! Er habe die Gestalt, das Innere und
die Veranlagung eines Balles: je kräftiger er zu Boden
geschlagen werde, desto höher springe er
triumphierend in die Luft! (Jose Maria Eca de Queiroz:
Die Maias, S. 504)
"Was sind wir denn?" rief Ega. "Was sind wir denn
gewesen seit unserer Gymnasialzeit, seit der
Lateinprüfung? Romantiker, das heißt minderwertige
Individuen, die sich mit Gefühl und nicht mit dem
Verstand durchs Leben geschlagen haben." Doch
Carlos behauptete, genau zu wissen, daß im Grunde
genommen diejenigen glücklicher wären, die sich nur
von der Vernunft leiten líeßen und sich bemühten,
streng auf ihrem Pfad zu bleiben - nüchtern, straff,
logisch, ohne Gefühlsregung bis ans Ende. "Das
glaube ich nicht", wandte Ega ein. "Nach außen hin
wirken sie trübselig. Und innerlich sind sie es
vielleicht sogar. Was beweist, daß sie in dieser
schönen Welt entweder unvernünftig oder langweilig
sein müssen." "Fazit: Es lohnt nicht die Mühe zu
leben." "Das hängt ganz vom Magen ab!" fiel ihm Ega
ins Wort. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias, S.
813)
Wehmütig erinnern wir uns an die Weihnachten unserer
Kindheit. "Fußtritte in den Hintern bekam ich!", erzählt uns
Bortch. "Und ich mußte mich auch noch dafür bedanken!" "Du
brauchst gar nicht zu jammern!", sag ich zu ihm. "Mir wurde
jedes Jahr erzählt, der Weihnachtsmann würde nicht kommen,
weil er schwer krank sei und den Winter nicht überstehen
würde. Bis man mir schließlich, um endlich Ruhe zu haben,
mitteilte, er sei gestorben und niemand würde seine Nachfolge
antreten. Damit war die Sache geregelt." (Joel Egloff: Mein
kleines Paradies, S. 131)
Als ich zu Tante Edda zurückkehrte, fand ich daselbst eine kleine
Volksversammlung vor. Etwa zwanzig Menschen, von denen neunzehn
Autographen sammelten. Sie hatten die Freundlichkeit gehabt, ihre
Bücher und Albümer mitzubringen. Für Tinte und Feder hatte Tante
Edda in liebenswürdigster Weise Sorge getragen. Ich schrieb also:
"Leben ist die Kunst, zu sterben." Einem andern schrieb ich:
"Sterben ist die Kunst, zu leben." Ein dritter durfte sich des
Eintrags erfreuen: "Leben und Sterben ist eine Kunst." Der vierte
war entzückt von dem Aphorismus: "Die Kunst ist das Leben des
Sterbens." Beim fünften war "die Kunst das Sterben des Lebens".
So lebte und sterbte ich mich durch neunzehn Albümer hindurch.
(Karl Ettlinger: Gastfreundschaft)
Jetzt muss ich vielleicht kurz erklären, dass erstens ein Lamperl
ein Lamm ist und zweitens von allen Essen, wo die Oma kocht, es
das einzige ist, was ich nicht mag. Am Karsamstag aber
traditionell ein Lamperl. Und das auf nüchternen Magen. Es ist
eine Katastrophe, weil: wenn die Oma merkt, dass es einem nicht
schmeckt, da hört bei ihr der Spaß auf. Weil sie nämlich seit den
frühen Morgenstunden in der verdammten Küche steht und kocht. Und
da hat's dann zu schmecken. Aus! (...) Mir schmeckt's eben nicht,
aber ich tu so als ob, weil: sonst Krieg. Nach drei Scheiben
Fleisch ist es mir schon schlecht und - zack - haut mir die Oma
noch eine vierte auf den Teller. Später geh ich mit ihr in die
Kirche zur Osternacht und jedes Mal, wenn der Pfarrer sagt: "Lamm
Gottes!", muss ich rülpsen, frag bloß nicht! (Rita Falk:
Winterkartoffelknödel)
Ich wurde in der Kellerwohnung einer Makkaronifabrik in
Nord-Denver geboren. Als mein Vater erfuhr, daß sein
drittes Kind ebenfalls ein Junge war, reagierte er in
derselben Art, wie damals, als meine zwei Brüder auf
die Welt kamen - er ließ sich drei Tage lang vollaufen.
Meine Mutter fand ihn im Hinterzimmer einer Kneipe ein
Stück die Straße runter von unserer Wohnung und
schleifte ihn nach Hause. Abgesehen davon schenkte mir
mein Vater wenig Aufmerksamkeit. In meiner Kindheit
stand ich eines Tages draußen vor dem Badezimmerfenster
des Hauses meiner Tante und beobachtete meine Cousine
Catherine, die vor dem Ankleidespiegel stand und ihr
langes, rotes Haar auskämmte. Sie war splitternackt,
abgesehen von den hochhackigen Schuhen ihrer Mutter,
eine voll erblühte Frau von acht Jahren. Ich verstand
weder die Aufregung, die in mir brodelte, noch die
Verwirrung über die elektrisierende Schönheit meiner
Cousine, die mich überkam. Ich stand da und onanierte.
Ich war fünf Jahre alt, und die Welt bekam eine neue
und gewaltige Dimension. Ich war also ein Verbrecher.
Ich fühlte mich die darauffolgenden vier Jahre als
Verbrecher. Ein schleichender, rotznasiger,
sommersprossiger, undurchsichtiger Verbrecher, bis ich
schließlich unter der Last meines Kreuzes zusammenbrach
und mich zu meiner ersten Beichte schleppte und dem
Priester die Wahrheit über mein bestialisches Leben
berichtete. Er erteilte mir die Absolution, und ich
stürzte das schwere Kreuz von mir und spazierte hinaus
in das Licht der Sonne, wieder zur freien Seele
geworden. (John Fante: Warten auf Wunder, S. 57)
Ein ungezähmter, übellauniger Despot von einem Herd.
Sie redete ihm gut zu, besänftigte ihn und schmeichelte
ihm, aber dieser Schwarzbär von einem Herd lehnte sich
immer wieder gegen sie auf und wiedersetzte sich allen
Versuchen, ein Feuer in Gang zu bringen; und wenn
dieser streitsüchtige Herd dann heiß war und eine
wohlige Wärme verbreitete, konnte er plötzlich Amok
laufen und gelb glühend damit drohend, das ganze Haus
in Schutt und Asche zu legen. Nur Maria konnte mit
diesem mürrischen schwarzen Eisenblock umgehen. Sachte
legte sie Zweig um Zweig nach, streichelte die zarte
Flamme, legte vorsichtig ein Holzscheit nach, dann noch
eins und noch eins, bis der Ofen zu schnurren begann
und das Eisen sich erhitzte. Der Herd dehnte sich und
bullerte in der Hitze, und dann fing er wohlig an zu
grunzen, und zu stöhnen wie ein Idiot. Der Herd liebte
nur sie allein. Wenn Arturo oder August auch nur ein
Stück Kohle in seinen gefäßigen Schlund fallen ließen,
geriet er außer Rand und Band und wurde so heiß, daß
die Farbe an der Wand Blasen warf, er verfärbte sich
bedrohlich gelb und zischte nach Maria, die dann
herbeieilte und ihn zur Ruhe brachte. Mit einem Lappen
in der Hand zupfte sie geschickt an diesem und jenem
Hebel, schloß flink die Luftklappen und schüttelte
seine Innereien durch, bis er wieder in seinen dumpfen
Normalzustand zurückkehrte. Marias Hände waren nicht
größer als erblühte Rosen, aber dieser schwarze Teufel
war ihr Sklave, und sie hatte ihn wirklich gern. (John
Fante: Warte bis zum Frühling, Bandini; S. 23)
Vom Leben um die Schönheit betrogen, machen sie aus der
Öde und der Häßlichkeit das Beste, sie trinken. Strozzi fühlte
sich wieder gut. Ein Mann brauchte so wenig, um sich gut zu
fühlen, den vertrauten Geruch von Bier und Schnaps, den
Anblick anderer Trinker, die in allergrößter Seelenruhe alle
Explosionen ertrugen, den säuerlichen Geschmack des
Weißbiers auf der Zunge. Frauen wollten immer Musik und
Liebe und Abwechslung, Kino und Tanz und Reisen, Cafes
und Zärtlichkeit und wieder Musik. Natürlich, es war nicht zu
leugnen, auch viele Männer, unter ihnen Strozzi, brauchten
mehr als Weißbier, um das Leben zu ertragen, aber wenn er
sich auf das Allernotwendigste konzentrierte, auf seine
Seelenruhe, konnte ein Mann in seiner Stadt überleben wie
ein einsamer Wolf in den Abruzzen, und er brauchte nicht
einmal zu heulen: die Sirenen besorgten das für ihn. (Jörg
Fauser: Mann und Maus. Erzählungen, S. 12)
Oh Gott, dachte Strozzi. Warum lieg ich nicht auf meinem
Bett und höre Hilde zu, da weiß ich doch wenigstens, was
los ist. Aber beim Gedanken an Hilde verzerrte sich etwas in
ihm. Jede Frau hatte einen Wischer, so wie jeder Mann ein
einsamer Wolf sein wollte. Aber jede NEUE Frau war ein Sieg
über die eigene Trägheit. Über die Trägheit, an der man
eines Tages stirbt. Und diese hier hatte Format, sie war
komplett verrückt, aber sie hatte Format, sie hatte Stil. Und
dieser zarte Mund, das Grübchen, die schönen Augen...
(Jörg Fauser: Mann und Maus. Erzählungen, S. 16)
Seit die Hure, seine Frau, fort war, liebte er die
Verkehrsunfälle, die Attentate, die Erdbeben. Vom
Fernsehen konnte er überhaupt nicht mehr lassen und hatte
sogar ein batteriebetriebenes Gerät unter die Kasse gestellt.
Gegen eine Revolution hätte er lediglich einzuwenden
gehabt, daß sie dem Abschaum zugute kam.
Massenerschießungen hätte er gern jeden Abend live
gesehen. An das Dritte Reich dachte er, wie viele, die von
Obzönitäten nur träumen, mit unstillbarer Sehnsucht. Mit
seinen Feinden würde er jedenfalls kurzen Prozeß machen.
Wer aber waren seine Feinde? (Jörg Fauser: Mann und
Maus. Erzählungen, S. 21)
"Du siehst das ganz falsch, Heidi", verkündete er dann.
"Wenn ich mich an der Masse reibe, werde ich klein. Wenn
ich mich von ihr fernhalte, bleibe ich groß. Je weniger ich
von der Masse sehe, desto größer werde ich."
"Größenwahnsinnig." "Die Feinheiten an den Menschen
erkennt man nur, wenn man sie einzeln betrachtet. Gib mir
einen Menschen, und ich entdecke womöglich ein Wunder.
Gib mir die Masse, und ich erkenne den Irrtum. Ein Mensch
allein - immer eine Möglichkeit. Eine Masse - immer
eine Unmöglichkeit. (Jörg Fauser: Mann und Maus.
Erzählungen, S. 56)
Sie hieß Martha, und auf ihrer rechten Arschbacke hatte sie
ein Muttermal mit zwei Härchen. Und nachts erzählte sie
mir, daß ihr Mann bei der SS gewesen war und Gott weiß
wie viele Juden auf dem Gewissen hatte, und im Rausch mit
ihnen prahlte und am nächsten Tag zitternd im Keller
hockte, weil er fürchtete, entdeckt zu werden.
Wahrscheinlich nur eine spezielle Form von Delirium
tremens, bei der du statt weiße Mäuse tote Juden siehst.
Martha weinte und sagte: "Und im Bett ist er ein Versager!"
Ich sagte: "Warum verläßt du ihn nicht?" Und sie sagte:
"Aber er ist doch mein Mann." (Jörg Fauser: Mann und
Maus. Erzählungen, S. 110)
Mit Städten ist es anders als mit Frauen. Frauen bringen dich
zuerst ganz hoch, ganz ins Paradies, und dann holen sie
dich langsam und unter Schmerzen und Tränen und Flüchen
und Qualen wieder runter in den Alltag, in den gewöhnlichen
Schrecken der zu weich gekochten Eier, der Eifersucht, der
gepanzerten Lippen, der Spinnweben um die Augen, nachts
wenn die grauen Bäche fließen, vor dem Hahnenschrei. Aber
Städte waren anders, sie waren aus Stein unjd Beton und
Asphalt und Stahl, aus Erde und Maschinen und Himmel, aus
großen Gefühlen, aus Dreck und Gewalt und Glück und Tod,
aus den Millionen, die nachts ihre Angst betäubten und am
Tag wieder die Fresse hinhielten und ihre Schulter ans Rad.
Städte waren das Licht und die Künstlichkeit, das Beben der
Straßen und die Musik, die aus den Mauern weinte. Städte
konnte man lieben, wenn man die Menschen nicht mehr
lieben konnte. Nur in den Städten gab es immer irgendwo
eine Chance. (Jörg Fauser: Mann und Maus. Erzählungen, S.
176)
"Wenn ich das Wort Grube höre, denke ich immer an
die Gruben, in denen wir die Kameraden begraben
haben. Damals, wissen Sie, in Rußland. Da hatten wir
auch noch Illusionen und dachten, wenn wir
zurückkommen, wird das noch mal, das Deutschland."
"Na, und ist es nichts geworden?" "Das wissen Sie
doch so gut wie ich Kollege, daß das nichts geworden
ist. (...)" Blum mußte sich zusammenreißen, um eine
Antwort zu finden. Der Reisende strahlte eine
Hoffnungslosigkeit aus, die sich auf das Hirn legte
wie ein fauliger Nebel. (Jörg Fauser: Der Schneemann,
S. 134)
"Nun, Herr Patient", begann der Psychiater, "was kann
ich für Sie tun?" "Also, Herr Doktor", murmelte der
Patient unglücklich, "ich kann den Gedanken nicht
loswerden, daß ich in Wirklichkeit ein Hund bin."
"Verstehe. Und wie lange ist das schon so?" "Na, seit
ich ein Welpe war." "Entschuldigen Sie", unterbrach
ich. "Ich suche die KlavierEinsatzRiege." "Nein, wir
sind Witze-mit-ganz-langen-Bärten", erklärte der
Psychiater entschuldigend. "Die Klaviere sind den Gang
runter, erste Tür links." (Jasper Fforde: Irgendwo ganz
anders, S. 210)
Mrs. Slipslop, die Kammerfrau, war selbst die
Tochter eines Kuraten und wahrte daher einigen
Respekt vor Adams. Sie bekannte eine große
Hochachtung vor seiner Gelehrtheit und disputierte
des öfteren mit ihm über theologische Fragen,
bestand aber immer darauf, da sie häufig in
London gewesen war und bessere Welterfahrung
besaß, als ein Landpfarrer für sich beanspruchen
konnte, daß ihren Kenntnissen Ehrerbietung
gezollt werden müssen. Bei diesen
Auseinandersetzungen war sie Adams gegenüber
besonders in einer Hinsicht im Vorteil: sie hatte
eine gewaltige Vorliebe für Fremdwörter und gebrauchte
sie in einer Weise, daß der Pfarrer, der es nicht
wagte, sie mit Zweifeln an ihren Worten zu
beleidigen, oft seine Mühe hatte, zu erraten,
was sie wohl meinte, und sich bei einem arabischen
Manuskript weit weniger den Kopf zerbrochen hätte.
(Henry Fielding: Joseph Andrews Abenteuer, S. 23)
Ich empfinde gegen die Dummheit meiner Epoche
Hassfluten, die mich ersticken. Es steigt mir Sch.. in den
Mund, wie bei einem eingeklemmten Bruch. Aber ich will sie
behalten, sie eindicken und daraus einen Brei machen, mit
dem ich das neunzehnte Jahrhundert beschmieren werde,
wie man die indischen Pagoden mit Kuhfladen vergoldet…
Die menschliche Dummheit macht mich im Augenblick so
fertig, dass ich mir wie eine Fliege vorkomme, die den
Himalaja auf dem Rücken trägt. Ich werde versuchen, mein
Gift in meinem Buch auszukotzen. (Flaubert an Goncourt,
9. Oktober 1877)
Obwohl es schon recht spät war, bildeten sich durch die
scharfen Kontrollen an dein Eingängen noch immer lange
Schlangen. Man fürchtete in Paris zu Recht den langen Arm
Saddam Husseins. Es waren damals sogar die öffentlichen
Papierkörbe abgeschraubt worden, um Bombenattentate zu
erschweren. Sondereinheiten der Polizei patrouillieren mit
Hunden in der Metro, und ein Gebäude wie das Centre
Pompidou war natürlich ein leichtes Ziel für
Bombenanschläge. Ich hatte, ehrlich gesagt, auch kein gutes
Gefühl, als ich es jenseits der Rue de Beaubourg zwischen
den Häusern hervorwuchern sah, nicht nur wegen der
begründeten Furcht vor Anschlägen, sondern auch weil das
Gebäude für meinen Geschmack so aussah, als sei das
Attentat schon geschehen. Man mußte schon den letzten
Rest von Form- und Farbgefühl in einem postmodernen
Delirium verloren haben, um beim Anblick dieses Stangen- und
Röhrenmonstrums nicht zu verzagen. (Wolfram Fleischhauer:
Die Frau mit den Regenhänden, S. 162/63)
"Viel Spaß", sagte Aubryet und grinste. "Bring mir eine mit." "In
deiner Größe werde ich schwerlich ein Modell finden. Da
müßte man ja mit Pinzetten arbeiten", erwiderte Scholl im
Weggehen. "Wovon reden die Herren bitte?" fragte Marivol.
"Taschenmösen", knurrte Villemessant. "Wie bitte?" "Unser
Freund Scholl hat einen Taschenmösenfabrikanten ausfindig
gemacht und trifft ihn jetzt für ein Interview." "Wird so was jetzt
schon industriemäßig hergestellt?" "Nein, alles Handarbeit.
Feinster Schweinedarm. Bei Seeleuten beliebt. Anscheinend
ist es schwierig, mit Schwielenhänden zu onanieren. Aber es
gibt auch Hofmodelle, die allerdings so groß sind, daß sie in
Kutschen herumgefahren werden und sogar in der Oper
auftauchen. Dafür putzen sie sich selber. Aurelien wird uns
sicher genau erzählen, wie das vonstatten geht." (Wolfram
Fleischhauer: Die Frau mit den Regenhänden, S. 129)
Während Marivol auf eine Gruppe in der Ecke zuging und die
ersten Gesprächsfetzen von den umstehenden Tischen
aufschnappte, konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren,
daß dieses Getöse aus Sottisen und Halbwahrheiten das
genaue Abbild dessen war, was im undurchsichtigen Kopf des
Kaisers vor sich gehen mochte. Ein Wust von Gedanken, die
das ganze Spektrum der Zeit durcheilten, ohne ein einziges
Mal eine wirkliche Einsicht in diese Zeit zu gewinnen. Wenn
Napoleon dabei manchmal die Situation richtig erfaßt hatte
und seine Politik danach ausrichtete, so war das purer Zufall,
so wie eine Uhr, die stillsteht, ja auch zweimal am Tag die
richtige Zeit anzeigt. (Wolfram Fleischhauer: Die Frau mit den
Regenhänden, S. 128)
Ich weigere mich auch, jene Sprache zu sprechen, in der alles
gleich klingt und vieles, das nicht gleich klingt, Ähnliches
bedeuten kann. Vielleicht liegt es an dieser scheußlichen
Sprache, daß das französische Volk eine Versammlung von
Schwätzern und Lügnern ist. (...) so blieb ich, lernte diese
dumme Sprache, bei der einem der Mund weh tut, wenn man
fünf Sätze gesprochen hat. (Wolfram Fleischhauer: Die Frau
mit den Regenhänden, S. 190)
Unsere Landesherren beklagen sich regelmäßig, das Volk sei
aufmüpfig und ungehorsam. Sollten sie doch einmal eine
Woche lang Paris regieren! Wie schnell würden sie sich in ihr
deutsches Fürstentum zurücksehnen. Beim kleinsten Anlaß
wird hier randaliert, der kleine Mann plustert sich auch, schreit
herum, schon stehen fünf weitere dabei, und ehe man sich
versieht, ist ein Mob daraus geworden, der lärmend und
steinewerfend durch die Straßen zieht, ohne daß auch nur
jeder zehnte wüßte, worum es bei der Sache überhaupt zu tun
ist. (Wolfram Fleischhauer: Die Frau mit den Regenhänden, S.
192)
Hieß es nicht, französische Männer seien der Inbegriff von
Charme und geistreicher Konversation? Antoine Bertaut ist
keineswegs unsympathisch, ganz im Gegenteil. Sein Äußeres
ist gepflegt und gefällig, er kleidet sich für meinen Geschmack
etwas zu klassisch, worin ich ja immer ein Zeichen für Mut- und
Phantasielosigkeit zu entdecken nicht umhinkam. Doch die
ersten Momente seines Besuches waren von einer gewissen
steifen Förmlichkeit geprägt, die fast an das Maß von
Unbeholfenheit eines Frederic Collins heranreichte. Vielleicht
bringt es aber auch sein Beruf mit sich, daß seine
Konversation bisweilen etwas Wohlüberlegtes, ja fast
Abgezirkeltes hat. Ich habe mir Anwälte, die vor Gericht
heißblütige Plädoyers halten, um die Herzen der
Geschworenen zu rühren, immer etwas anders vorgestellt,
eine Mischung aus Danton und Cato dem Jüngeren, die
ganze Sturmgewalt der Leidenschaft gefesselt durch eine
brillante Intelligenz. Aber er ist ja wie Nicholas noch recht jung
und teilt mit ihm, um den oben angerissenen Gedanken nun
zu Ende zu führen, ein gewisses Grundvertrauen in die richtige
Beschaffenheit der Welt, welche mir, wie Du weißt, so gänzlich
abgeht. Sie spazieren, eifrig plaudernd, von Planke zu Planke
über die Brücke des Lebens, während ich vor meinen Füßen
nur die Spalten dazwischen und den Abrgund darunter zu
sehen vermag. (Wolfram Fleischhauer: Die Frau mit den
Regenhänden, S. 218)
Bitte Ruhe. Schlafendes Kind. Einzig störend in dieser
Beschaulichkeit war der ätzende Gestank, der von einem
wenige Meter entfernt ausgestellten Galvanisierungsofen
herübertrieb. "Das ist die Zukunft", sagte Collins stolz.
Mathilda warf Antoine einen vielsagenden Blick zu. "Meinen
Sie wirklich, Mr. Collins?" "Ja, sicher. Durch die Maschinen
steigt die Rentabilität der Arbeit und damit ihr Wert. Das wird
auch die Lebensbedingungen der Arbeiter verbessern." "Ich
hatte verstanden, daß die Maschinen, die wir eben gesehen
haben, die Arbeiter überflüssig machen würde." "Ja, sicher",
entgegnete er. "Aber sie werden dann eben andere Dinge
tun." "Ach so." (Wolfram Fleischhauer: Die Frau mit den
Regenhänden, S. 679)
Er war weit über fünfzig, hatte Antoines Vater noch gut
gekannt, ließ jedoch Antoine gegenüber keinerlei Neigung
erkennen, diese Bekanntschaft in irgendeiner Weise Einfluß
auf ihre berufliche Beziehung nehmen zu lassen, weder im
guten noch im schlechten. Er behandelte ihn mit der gleichen
Distanziertheit und väterlichen Strenge wie alle debütierenden
Anwälte. Der alte Bertaut hatte Antoine gesagt, was es zu
Brunet zu sagen gab: Kein schlechter Mensch, aber
substanzlos und starr im Denken. Sollten morgen die Türken
Frankreich überrennen, wird er eben den Koran auswendig
lernen und die Diebe zum Händeabhacken schicken. (Wolfram
Fleischhauer: Die Frau mit den Regenhänden, S. 485)
Als ich an der 'Biblioteque Historique' vorbeikam,
beschleunigte ich meinen Schritt unwillkürlich. Es verging wohl
kein Augenblick, da ich nicht an sie dachte, aber wenn ich sie
jetzt aus der Ferne gesehen hätte, wäre ich einer Begegnung
zweifellos ausgewichen. Ich fühlte mich fast erleichtert, als die
Bibliothek hinter mir lag und ich das Portal des Nationalarchivs
vor mir hatte. Ich brachte das umständliche
Registrierungsverfahren hinter mich, das erforderlich war, um
einen Leseplatz zu bekommen. Woran lag es nur, daß man
sich hier immer als Bittsteller vorkam? Ich hatte mir Frankreich
immer als Wiege der bürgerlichen Freiheiten vorgestellt. Statt
dessen war ich hier mit bürokratischen Schikanen konfrontiert,
die selbst deutschen Behördenwahn in den Schatten stellten.
In deutschen Bibliotheken und Archiven war man oft mit
Unfreundlichkeit oder Patzigkeit konfrontiert, aber niemand
spielte sich als Wahrer irgendeines Staatsinteresses auf. In
Paris traf ich immer wieder auf Beamte, die jegliches
Informationsersuchen, das ein wenig aus dem Rahmen fiel,
als staatsfeindliche Zumutung zu betrachten schienen.
(Wolfram Fleischhauer: Die Frau mit den Regenhänden, S.
324)
Ich habe kein Interesse für Kriegsgeschichten, es sieht sich
alles so ähnlich, und immer bricht wer auf den Tod
verwundet zusammen und läßt sterbend irgend ein Etwas
leben, das abwechselnd Polen oder Frankreich oder
meintwegen auch Schleswig-Holstein heißt. Aber es ist
immer dasselbe. Dieser moderner Götze der Nationalität ist
nun mal nicht das Idol, vor dem ich bete. (Theodor
Fontane: Unwiederbringlich, S. 23)
Die Schimmelmann, eine Dame von vierzig, erinnerte
einigermaßen an Erichsen; sie war hager und groß wie
dieser und von einem ähnlichen Ernste; während Erichsens
Ernst aber einfach ins Feierliche spielte, spielte der der
Schimmelmann stark ins Verdrießliche. Sie war früher
Hofschönheit gewesen, und die dann und wann
aufblitzenden schwarzen Augen erinnerten noch daran, alles
andere aber war in Migräne und gelbem Teint
untergegangen. Man sprach von einer unglücklichen Liebe.
(Theodor Fontane: Unwiederbringlich, S. 92)
"Es gibt viele Maßstäbe für die Menschen, und einer der
besten und sichersten ist, wie sie sich zu Liebesverhältnissen
stellen. Da gibt es Personen, die, wenn sie von einem
Rendevous oder einem Billetdoux hören, sofort eine
Gänsehaut verspüren; was mich persönlich angeht, so fühl'
ich mich frei von dieser Schwäche. Was wäre das Leben
ohne Liebesverhältnisse? Versumpft, öde, langweilig. Aber
verständnis- und liebevoll beobachten, wie sich aus den
flüchtigsten Begegnungen und Blicken etwas aufbaut, das
dann stärker ist als der Tod - oh, es gibt nur eines, das noch
schöner ist, als es zu beobachten, und das ist, es zu
durchleben. Ich bedaure jeden, dem der Sinn dafür fehlt
oder der, wenn er ihn besitzt, sich nicht offen und freudig
dazu bekennt." (Theodor Fontane: Unwiederbringlich, S.
132)
"Am unterhaltlichsten und lehrreichsten erscheinen
mir allemal diese Preußen in ihrer rechthaberischen
Ausgesprochenheit und ihrem ehrlichen Glauben an
eine preußische Verheißung mit dem alten Fritzen als
Gott oder wenigstens als Nationalheiligen. Ich habe
viel gegen sie zu sagen und nehme sie, wie sich von
selbst versteht, als unsere geschworenen und
allerechtesten Feinde, zugleich aber doch als solche,
denen gegenüber mir das sonst so schwierige 'Liebet
eure Feinde' nie sonderlich schwer geworden ist. Sie
haben etwas Anregendes und überhaupt manches von
uns voraus. Und darunter sogar Großes." "Und das
wäre?" "Beispielsweise die Freiheit. Nicht die
politische, die nicht viel, und auch nicht die soziale,
die noch weniger bedeutet, aber die innerliche. Sie
prüfen die Dinge, sind kritisch und leben selbständig
aus sich heraus. Und das ist ein Heilsweg; ja, lassen
Sie mich hinzusetzen: unter richtiger Voraussetzung
der einzige Weg, der zum Heile führt." (Theodor
Fontane: Graf Petöfy, S. 17)
"Und nun, Hannah, Juwel unserer Krone", hob Phemi
wieder an, "schaff uns auch etwas Krausgebackenes
oder einen Napfkuchen oder, um auch in Öslau gut
wienerisch zu bleiben, einen Gugelhupf. Denn du
mußt wissen, ich habe heute den Lammbraten
vorübergehen lassen - er hat immer so etwas
Ungeborenes-, und so klingt es dann in den Tiefen
meiner Seele: 'Was du vom Lamm zu Mittag
ausgeschlagen, bringt nur der Gugelhupf zurück.' Oh,
ein himmlisches Wort, bei dem ich ordentlich fühle,
wie's hier mithupft. (Theodor Fontane: Graf Petöfy, S.
35)
"Wie fanden Sie London?" "Vor allem ohne Londoner
und beinahe auch ohne Engländer. Es ist dasselbe
wie mit Wien, wie mit allen großen Städten. Sie
werden zum Rendevouz für die Provinzen oder die
Welt überhaupt. In London ist alles 'irish' und
'scotch', und wollte man die Deutschen zählen, so
fände man wahrscheinlich mehr als in unserem guten
Wien. im übrigen, um auch das noch zu sagen, ich
kann mich mit einer Lebensweise nicht befreunden,
die den Tag mit Speck und Ei beginnt und ihn mit
Kognak abschließt. Kardinal Antonelli soll denn auch
ausgerufen haben: 'Ich mag kein Volk, das vierzig
Sekten und eine Sauce hat.' Er hätte nach
meinen Erfahrungen auch noch hinzusetzen können:
alles sei schwer und massig in diesem Lande, sogar
die Träume. Wenigstens sprechen sie selber von
plumpudding dreams." (Theodor Fontane: Graf Petöfy,
S. 49f.)
Diese Freundschaft der beiden Mädchen war ein
Lieblingsgespräch zwischen den verschiedenen
Freunden des Hauses und Landgerichtsrat Gizicki
sagte dann wohl zu Wüllersdorf: "Ich sehe darin nur
eine neue Bestätigung des alten Weisheitssatzes:
'Laßt fette Leute um mich sein'; Cäsar war eben ein
Menschenkenner und wußte, daß Dinge, wie
Behaglichkeit und Umgänglichkeit, eigentlich nur beim
Embonpoint sind." Von einem solchen ließ sich denn
nun bei beiden Mädchen auch wirklich sprechen, nur
mit dem Unterschiede, daß das in diesem Fall nicht
gut zu umgehende Fremdwort bei Roswitha schon
stark eine Beschönigung, bei Johanna dagegen
einfach die zutreffende Bezeichnung war. Diese
letztere durfte man nämlich nicht eigentlich korpulent
nennen, sie war nur prall und drall und sah jederzeit
mit einer eigenen, ihr übrigens durchaus kleidenden
Siegermiene gradlinig und blauäugig über ihre
Normalbüste fort. Von Haltung und Anstand getragen,
lebte sie ganz in dem Hochgefühl, die Dienerin eines
guten Hauses zu sein, wobei sie das
Überlegenheitsbewußtsein über die halb bäuerisch
gebliebe Roswitha in einem so hohen Maße hatte,
daß sie, was gelegentlich vorkam, die momentan
bevorzugte Stellung dieser nur belächelte. (Theodor
Fontane, Effie Briest, S. 209)
"Einfach hierbleiben und Resignation üben. Wer ist
denn unbedrückt? Wer sagte nicht jeden Tag:
'Eigentlich eine sehr fragwürdige Geschichte'. Sie
wissen, ich habe auch mein Päckchen zu tragen, nicht
gerade das Ihrige, aber nicht viel leichter. Es ist
Torheit mit dem im Urwald-Umherkriechen oder in
einem Termitenhügel nächtigen; wer's mag, der mag
es, aber für unserein ist es nichts. In der Bresche
stehen und aushalten, bis man fällt, das ist das
beste. Vorher aber im kleinen und kleinsten so viel
herausschlagen wie möglich und ein Augen dafür
haben, wenn die Veilchen blühen oder das
Luisendenkmal in Blumen steht oder die kleinen
Mädchen mit hohen Schnürstiefeln über die Korde
springen. Oder auch wohl nach Postdam fahren und in
die Friedenskirche gehen, wo Kaiser Friedrich liegt
und wo sie jetzt eben anfangen, ihm ein Grabhaus zu
bauen. Und wenn Sie da stehen, dann überlegen Sie
sich das Leben von dem, und wenn Sie dann nicht
beruhigt sind, dann ist Ihnen freilich nicht zu helfen."
"Gut, gut. Aber das Jahr ist lang, und jeder einzelne
Tag... und dann der Abend." (Theodor Fontane, Effie
Briest, S. 267)
Dubslav von Stechlin, Major a.D. und schon ein gut
Stück über Sechzig hinaus, war der Typus eines
Märkischen von Adel, aber von der milderen Observanz,
eines jender erquicklichen Originale, bei denen sich
selbst die Schwächen in Vorzüge verwandeln. Er hatte
noch ganz das eigentümlich sympathisch berührende
Selbstgefühl all derer, die "schon vor den Hohenzollern
da waren", aber er hegte dieses Selbstgefühl nur ganz
im stillen, und wenn es dennoch zum Ausdruck kam, so
kleidete sich's in Humor, auch wohl in Selbstironie,
weil er seinem ganzen Wesen nach überhaupt hinter alles
ein Fragezeichen machte. Sein schönster Zug war eine
tiefe, so recht aus dem Herzen kommende Humanität, und
Dünkel und Überheblichkeit (während er sonst eine
Neigung hatte, fünf gerade sein zu lassen) waren so
ziemlich die einzigen Dinge, die ihn empörten. Er hörte
gern eine freie Meinung, je drastischer und extremer,
desto besser. Daß sich diese Meinung mit der seinigen
deckte, lag ihm fern zu wünschen. Beinahe das
Gegenteil. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 7)
Das Jahr darauf starb ihm die Frau. Sich eine neue zu
nehmen widerstand ihm, halb aus Ordnungssinn und halb
aus ästhetischer Rücksicht. (...) Dubslav von Stechlin
blieb also Witwer. Das ging nun schon an die dreißig
Jahre. Anfang war's ihm schwer geworden, aber jetzt
lag alles hinter ihm, und er lebte "comme philosophe"
nach dem Wort und Vorbild des großen Königs, zu dem er
jederzeit bewundernd aufblickte. Das war sein mann,
mehr als irgendwer, der sich seitdem einen Namen
gemacht hatte. Das zeigte sich jedesmal, wenn ihm
gesagt wurde, daß er einen Bismarckkopf habe. "Nun ja,
ja, den hab ich; ich soll ihm sogar ähnlich sehen. Aber
die Leute sagen es immer so, als ob ich mich dafür
bedanken müßte. Wenn ich nur wüßte, bei wem; vielleicht
beim lieben Gott, oder am Ende gar bei Bismarck selbst.
Die Stechline sind aber auch nicht von schlechten
Eltern. Außderdem, ich für meine Person, ich habe bei
den sechsten Kürassieren gestanden, und Bismarck bloß
bei den siebenten, und die kleinere Zahl ist in Preußen
bekanntlich immer die größere; - ich bin ihm also einen
über. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 9)
"Ihre Tante hat so was; man merkt doch, daß sie das
Regiment führt. Und wohl seit lange. Wenn ich recht
gehört, ist sie älter als Ihr Papa." "Oh, viel,
beinahe um zehn Jahre. Sie wird sechsundsiebzig." "Ein
respektables Alter. Und ich muß sagen, wohl
konserviert." "Ja, man kann es beinahe sagen. Das ist
eben der Vorzug solcher, die man 'schlank' nennt.
Beiläufig ein Euphemismus. Wo nichts ist, hat der
Kaiser sein Recht verloren und die Zeit natürlich auch;
sie kann nichts nehmen, wo sie nicht mehr findet.
(Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 75)
Man sah ihr an, daß sie nur immer vorübergehend in
einer höheren Gesellschaftssphäre gelebt hatte, sich
trotzdem aber zeitlebens der angeborenen Zugehörigkeit
zu eben diesen Kreisen bewußt gewesen war. Daß man sie
zur Domina gemacht hatte, war nur zu billigen. Sie
wußte zu rechnen und anzuordnen und war nicht bloß von
sehr gutem natürlichen Verstand, sondern unter
Umständen auch voller Interesse für ganz bestimmte
Personen und Dinge. Was aber, trotz solcher Vorzüge,
den Verkehr mit ihr so schwer machte, das war die tiefe
Prosa ihrer Natur, das märkisch Enge, das Mißtrauen
gegen alles, was die Welt der Schönheit oder gar der
Freiheit auch nur streifte. (Theodor Fontane: Der
Stechlin, S. 76)
Woldemar (...) bat (...), daß der Herr, der den Vorzug
habe, sie zu führen, nicht ein Herr von Baczko, sondern
ein Herr von Czako sei. Die kleine Rundliche geriet in
eine momentane Verlegenheit, Czako selbst aber kam ihr
mit großer Courtoisie zu Hilfe. "Lieber Stechlin",
begann er, "ich beschwöre Sie um sechsundsechzig Schock
sächsische Schuzwecken, kommen Sie doch nicht mit
solchen Kleinigkeiten, die man jetzt, glaub ich,
Veleitäten nennt. Wenigstes habe ich das Wort immer so
übersetzt. Czako, Baczko, Baczko, Czako - wie kann man
davon soviel Aufhebens machen. Name, wie Sie wissen,
ist Schall und Rauch, siehe Goethe, und Sie werden sich
doch nicht in Widerspruch mit 'dem' bringen wollen.
Dazu reicht es denn doch am Ende nicht aus." (Theodor
Fontane: Der Stechlin, S. 81)
"Nur nicht zu lang im Bett. Die meisten Langschläfer
haben einen Knacks. Es können aber sonst ganz gute
Leute sein. Ich wette, dein Freund Rex schläft bis
neun." "Nein, Papa, der gerade nicht. Wer wie Rex ist,
kann sich das nicht gönnen. Er hat nämlich einen Verein
gegründet für Frühgottesdienste, abwechselnd in
Schönhausen und Finkenkrug. Aber es ist noch nicht
perfekt geworden." "Freut mich, daß es noch hapert. Ich
mag so was nicht. Der alte Wilhelm hat zwar seinem
Volke die Religion wiedergeben wollen, was ein schönes
Wort von ihm war - alles, was er tat und sagte, war gut
-, aber Religion und Landpartie, dagegen bin ich doch.
Ich bin überhaupt gegen alle falschen Mischungen. Auch
bei den Menschen. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S.
44)
Tante Adelheid, wenn sich nichts geradezu
Verstimmliches ereignete, war, von alten Zeiten her,
eine gute Wirtin und besaß neben anderm auch jene
Direktoralaugen, die bei Tische soviel bedeuten; aber
'eine' Gabe besaß sie nicht, die, das Gespräch, wie's
in einem engsten Zirkel doch sein sollte,
zusammenzufassen. So zerfiel denn die kleine Tafelrunde
von Anfang an in drei Gruppen, von denen eine, wiewohl
nicht absolut schweigsam, doch vorwiegend als
Tafelornament wirkte. Dies war die Gruppe Woldemar-
Triglaff. Und das konnte nicht wohl anders sein. Die
Triglaff, wie sich das bei Kakadugesichtern so häufig
findet, verband in sich den Ausdruck höchster
Tiefsinnigkeit mit ganz ungewöhnlicher Umnachtung, und
ein letzter Rest von Helle, der ihr vielleicht
geblieben sein mochte, war ihr durch eine stupende
Triglaffvorstellung schließlich doch auch noch abhanden
gekommen. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 84)
Wer kein feines Gefühl hat, sei's in Kunst, sei's im
Leben, der existiert für mich überhaupt nicht und für
meine Freundschaft und Liebe nun schon ganz gewiß
nicht. Da hast du mein Programm. Unser ganzer
Gesellschaftszustand, der sich wunder wie hoch dünkt,
ist mehr oder weniger Barbarei; Lorenzen, von dem do
doch soviel hälst, hat sich ganz in diesem Sinne gegen
mich ausgesprochen. Ach, wie weit voraus war uns doch
die Heidenzeit, die wir jetzt so verständnislos
bemängeln! Und selbst unser 'dunkles Mittelalter' -
schönheitlich stand es höher als wir, und seine
Scheiterhaufen, wenn man nicht gleich selbst an die
Reihe kam, waren gar nicht so schlimm." (Theodor
Fontane: Der Stechlin, S. 273)
Er haßte zweierlei: sich zu genieren und sich zu
ändern. Nicht als ob er sich in der Theorie für
besserungsunbedürftig gehalten hätte, keineswegs, er
bestritt nur in der Praxis eine besondere Benötigung
dazu. Die meisten Menschen, so hieß es dann wohl in
seinen jederzeit gern gegebenen Auseinandersetzungen,
seien einfach erbärmlich und so grundschlecht, daß er,
verglichen mit ihnen, an einer wahren Engelgrenze
stehe. Er sähe mithin nicht ein, warum er an sich
arbeiten und sich Unbequemlichkeiten machen solle.
Zudem könne man jeden Tag an jedem beliebigen
Konventikler oder Predigtamtskandidaten erkennen, daß
es 'doch' zu nichts führe. (Theodor Fontane: L'
Adultera)
"Manchmal bin ich froh, daß ich keine Kinder habe",
sagte sie. Er schien sie nicht gehört zu haben. Er
schlüpfte unter dem Tisch hinaus, ging zur Theke und
kehrte mit zwei neuen Flaschen Bier zurück. "Ich
hatte zwei Fehlgeburten", sagte sie. "Das weiß ich",
sagte er und klang griesgrämig. "Meine Gebärmutter
ist anscheinend wie ein Flipperautomat." "Warum
habt ihr kein Kind adoptiert?" "Wir haben es immer
wieder aufgeschoben und jetzt - jetzt sind wir so ein
etabliertes kinderloses Ehepaar." "Das macht nichts",
sagte er. "Sie haben unser Glück als Geisel
genommen. Ich liebe sie, aber sie erdrücken mich.
Und es ist ein Geschäft wie alles heutzutage, das
Kinder-haben-Geschäft, das linksliberale Geschäft,
das Kultur-Geschäft, das Umsturz-der-alten-Werte-
Geschäft, das militante Geschäft... jede Anomalie
wird eine Mode, ein Geschäft. Es gibt sogar ein
Versagen-Geschäft." (Paula Fox: Was am Ende bleibt,
S. 53)
Er war so uninteressant, wie nur ein Mann sein kann. Frauen
gegenüber legte er äußerste Kälte an den Tag, er erfreute
sich eines geradezu empörend guten Rufes, konnte auf ein
von allen Ausschweifungen freies Leben zurückblicken und
führte ein äußerst solides Dasein, das ebenso frei war von
jedem Schatten eines Verdachts wie der Lebenswandel
irgendeiner mit dem Tugendpreis ausgezeichneten
Rosenjungfrau. Frömmelei lag ihm fern, ja er verriet sogar
etwas wie voltairschen Geist, was ihn aber nicht hinderte,
von äußerster Schamhaftigkeit zu sein: Einzelne Stellen in
Fenelons "Abenteuer des Telemach" trieben ihm brennende
Röte ins Gesicht - soweit es frei von Borsten war. Wenn er
mit seinen Schülern Ovid übersetzte, übersprang er immer
wieder Stellen von zwanzig oder dreißig Zeilen: was sich
gewisse Lümmel als willkommenen und verläßlichen Weg
zunutze machten. (Anatole France: Die Rosenholzmöbel, S.
28)
Alles will eben gelernt sein, und wenn man etwas
unternimmt, muß man wissen, wie und wo man sich
informieren kann. Wohl gibt es nach der Art der
Gesellschaften zur Förderung des Sports oder der
Landwirtschaft auch Klubs zur Pflege des Liebeslebens, und
diese verfügen ebenso über ein Adressenregister mit
Tausenden von Namen wie etwa die industrielle und die
kaufmännische Welt, nur daß es bei keinem Verleger
erschienen ist. Und das ist gut so. Viele sind davor bewahrt
worden, den Weg der Vernunft zu verlassen, nur weil sie
keine Adresse bekommen haben. (Anatole France: Die
Rosenholzmöbel, S. 82)
Der ehemalige Siegelbewahrer erklärte, er sei für alle nur
möglichen Verbesserungen. Er vergaß, daß er unter dem Kaiserreich
für die Abschaffung der stehenden Heere und 1880 für die Trennung
von Kirche und Staat eingetreten war, und behauptete, er bleibe
getreu seinem Programm ein ergebener Diener der Demokratie. Seine
Devise, sagte er, laute Ordnung und Fortschritt. Er glaube
wirklich die rechte gefunden zu haben. Montessuy entgegnete mit
derber Bonhomie: "Nun seien Sie einmal aufrichtig, Monsieur
Garain. Gestehen Sie doch, daß es mit Ausnahme der Änderung der
Briefmarkenfarben eigentlich überhaupt keine Reformen gibt.
Was die Frage der Regierungsform anbeträfe, so halte er sich an
das Nächstliegende, an klare, bestimmte Anschauungen. Er hänge
mit allen Kräften an der Gegenwart und kümmere sich wenig um die
Zukunft. Die Sozialisten machten ihm weiter keine Sorge. Es sei
ihm gleichgültig, ob Kapital oder Sonnenlicht eines Tages ihren
Glanz verlieren würden, einstweilen genieße er sie noch. Wenn es
nach ihm ginge, dann ließe man die Dinge laufen, wie sie wollten.
Nur Narren und Wahnsinnige stemmten sich gegen den Strom oder
suchten ihm vorauszueilen. (Anatol France: Die rote Lilie)
"Ich vermute, daß die junge Schwester der Engel nur in der
Phantasie des altissimo poeta gelebt hat. Sie scheint eine reine
Allegorie oder besser noch ein Rechenexempel, ein Gegenstand
astrologischer Spekulation gewesen zu sein. Dante, der, unter uns
gesagt, ein braver Doktor von Bologna war, hatte unter seiner
spitzen Kappe arg viel Mondschein gefangen; er glaubte an die
Kraft der Zahl. Der begeisterte Mathematiker träumte von Zahlen,
und seine Beatrice ist eine Blüte seiner Arithmetik. Das ist
alles." (Anatol France: Die rote Lilie)
Er dachte an die langen und leeren Tage, als er
aufgewachsen war. Die mit Trauer und Verlust
vollgesogene Atmosphäre, die ihn aus dem Haus getrieben
hatte. Auf die dreckigen, grauen, gefährlichen Straßen
dieser gottverlassenen Stadt. Aus ihrer Trübseligkeit
und dem völligen Mangel an Fantasie gab es kein
Entrinnen. Wenn man einen Bus aus Crindau raus nahm,
präsentierte einem die Gegend nach einigen halbherzigen
Versuchen, Landschaft sein zu wollen, bald wieder das,
was sie am besten konnte - finstere Neubausiedlungen
und häßliche Fabriken, die giftige Dämpfe ausstießen.
(...) Andere Orte haben als Partnerstädte wunderschöne
Orte in Frankreich und Deutschland. Crindaus
Partnerstadt ist der Friedhof in Ostende. (Ray French:
Ab nach unten, S. 76)
Als ich dann Bücher kennenlernte, in denen die
Seelenvorgänge, die mich so ganz in Anspruch
nahmen, lyrisch besungen oder dramatisch zergliedert
wurden, hatte ich die Besorgnis, daß alles, was große
Geister vor mir empfunden hatten, bei mir zur Parodie
würde, weil mein Erleben zu klein und unbedeutend
sei. Denn ich merkte, daß ihr Beispiel mir nichts
sagte und ihre Schlußfolgerungen - wenn sie solche
zogen - mich nichts lehrten. In Wirklichkeit kam das
daher, daß ich neben dem eigenen Dasein zu stehen
pflegte, als sei es ein von einer andern Person
aufgeführtes Schauspiel. Darin lag mein schon nicht
mehr abzuwendendes Unglück - denn mein Unglück
kann man diese quälende Veranlagung wohl nennen.
Und wenn ich auch ins Leben ohne Haßgefühle
eintrat, hatte ich doch ein für allemal einen
unbeirrbaren Widersacher an der Seite, der mir tief
vertraut, aber dabei mein Todfeind war: mein eigenes
Ich. (Eugène Fromentin: Dominique, S. 78)
"Ich habe stets bis zum äußersten gegen einen Hang
zur Melancholie angekämpft, denn ein Melancholier ist
in jedem Alter, besonders in dem meinigen, eine
höchst lächerliche Figur. Aber das Gemüt mancher
Menschen scheint eben irgendwie umwölkt von einem
Nebel elegischer Stimmung´, der über ihren Gedanken
und Einfällen hängt, stets bereit, sich als Regen
darauf zu ergießen. - Um so schlimmer für alle, die im
nebligen Oktober geboren sind", setzte er hinzu, und
sein Lächeln galt ebenso seinem prätentiösen
Vergleich wie jener Schwäche selbst, unter der er im
Grunde schwer litt. (Eugène Fromentin: Dominique, S.
8)
Der bloße Gedanke, sie wieder einmal anzublicken,
kam mir schon tollkühn vor. Daß sie so gelassen war,
während ich alle Ruhe verloren hatte, daß sie so
untadelig hübsch aussah, während ich selber mir in
meinem Schuljungenzustand und mit meinem
unkultivierten Bauerngesicht so gründlich mißfiel,
erfüllte mich mit einem unklaren Gefühl von
Minderwertigkeit und Demütigung; mein Vertrauen
und meine Sicherheit waren dahin, und die bisher
friedlichste aller Kameradschaften verwandelte sich
bei mir in Unterwerfung ohne Sanftmut, widerwillig
ertragene Sklaverei. Das war die deutlichste und sehr
störende Wirkung dessen, was an jenem Abend so
blitzartig über mich gekommen war. Mit einem Wort
gesagt: ich fürchtete Madeleine. Sie beherrschte
mich, bevor sie mich betörte; der Liebende empfindet
in gleicher Weise naiv wie der Gläubige. Jeder
leidenschaftliche Kult fängt so an. (Eugène
Fromentin: Dominique, S. 6)
"Für jeden Menschen gibt es im Leben einen
schwierigen Augenblick, in dem er an sich selbst und
vielleicht auch an andern verzweifelt. Die Hauptsache
ist dann, daß man aus seinen Zweifeln zur Klarheit
gelangt und irgendeinen Entschluß faßt. Manchmal
braucht das Herz eben einen Anstoß, es muß sich
sagen, 'Ich will' - wenigstens bilde ich mir das ein,
weil ich es schon einmal so erlebt habe", sie stockte
bei diesen letzten Worten noch mehr, denn vor uns
beiden stieg dabei die Erinnerung an die ganze
Geschichte ihrer Heirat auf. "Von einer Marquise, die
zu Anfang dieses Jahrhunderts lebte, wird ja der
Ausspruch überliefert, man könnte sogar dem Tode
entgehen, wenn man es nur ausdrücklich wollte;
vielleicht ist sie also nur gestorben, weil ihr Wille
einmal nachließ. Und so mag es sich bei vielen
Schicksalsschlägen verhalten, die angeblich außerhalb
unseres Wollens liegen. Wer weiß, ob nicht sogar das
Glück zum großen Teil in dem bloßen Willen
beschlossen liegt, glücklich zu werden?" (Eugène
Fromentin: Dominique, S. 193)
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