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Allgemeine Fundstücke / [D1]
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Wie gern fliege ich dahin, neuen Menschen und neuen
Städten entgegen, und lasse die alten hinter mir!
Nichts in der Welt vermag mich mehr zu beschwingen.
Und wie sehr verachte ich den Durchschnittsbürger,
der in seinem kleinen Häuschen mit seiner
dümmlichen Frau zusammenhockt, im eigenen Saft
dahinschmort und langsam vermodert, bis er das
Ende seines Lebens erreicht. Und immer mit
derselben Frau! Ich kann es einfach nicht begreifen,
wie ein Mann, der seine fünf Sinne beisammen hat,
Tag um Tag und Jahr um Jahr diesselbe Frau erträgt.
Gewiß, nicht alle bringen dieses Kunststück fertig.
Aber Millionen tun so als ob. (Roald Dahl:
Kuschelmuschel, S. 22)
Er mußte die ekelhafte Krankheit schon Jahre und
jahrelang haben, sonst hätte sie sich nicht zur Ataxie
entwickelt. Tabes dorsalis nennt man das in
Fachkreisen. Pathologisch bedeutet diese
Bezeichnung, daß das Opfer an einer Degeneration
des Rückenmarks im unteren Teil der Wirbelsäule
leidet. Doch, oh, meine Freunde, und ach, meine
Feinde, in Wirklichkeit ist es viel schlimmer als das:
es ist ein schleichender und unerbittlicher Verfall der
entscheidenden Nervenfasern des Körpers,
hervorgerufen durch die Gifte der Syphilis. Der Mann -
der Araber, wie ich ihn nennen werde - blieb genau
neben der Wagentür auf meiner Seite stehen und
glotzte durch das Fenster. Ich lehnte mich etwas zur
anderen Seite hin und betete, daß er bloß nicht noch
einen Millimeter näher kommen möge. Zweifellos war
er einer der lädiertesten Menschen, die ich je
gesehen habe. Sein Gesicht glich einer zernagten und
von Würmern zerfressenen alten Holtschnitzerei. Bei
diesem Anblick fragte ich mich, an wie vielen anderen
Krankheiten außer der Syphilis der Mann wohl noch
leiden mochte. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 33)
Die Eltern lieferten Roland noch eine Schwester, die
ihm immer unwichtig blieb, und als das Fernsehen zu
kaufen war, entstand ein ruhiges Familienleben.
Allmählich verlor auch die Mutter ihre Angst beim
unerwarteten Klingeln, und Vater floh jeden Abend
mit drei oder vier abgezählten Flaschen Bier zu den
Bildern aus fremden Gegenden, zu den bewegten
Blicken in größere Schicksale. Manchmal jammerte er
um seinen in Afrika gebliebenen linken Arm, und weil
ihm der Stumpf bei Regentagen mal weh tat, durfte
er beim Fernsehen das ganze Jahr über auf dem Sofa
liegen, die Kinder apportierten die Bierflaschen
einzeln aus dem Kühlschrank. (F.C. Delius: Ein Held
der inneren Sicherheit, S. 126)
Er fühlte, wie etwas von ihm abblätterte. Wenn er
weitergedacht hätte, dann hätte er vielleicht
gemerkt, auf welchem Tiefpunkt er sich schon
bequem eingerichtet hatte. Die Unruhe seiner
Erfahrungslosigkeit trieb seine Gedanken nur
unsystematisch weiter, und so blieb er, wo er schon
lange sich eingerichtet hatte, im Kokon seiner
Omnipotenz. Er merkte nur schwach, wie er gegen
irgend etwas rebellierte, vielleicht nur gegen sich
selber, und wie gern er etwas gegen jede Unruhe
getan hätte, etwas ganz Eindeutiges,
Unwiderrufliches, etwas, das keine weiteren
Gedanken erforderte. (F.C. Delius: Ein Held der
inneren Sicherheit, S. 145)
...steigerte den Wunsch hin zu einer Spiegelreflex,
ein Teleobjektiv mußte sein, lange Brennweiten, das
Fernbild, die unbegrenzte Tiefenschärfe, ein
Vergrößerungsapparat, der nie erfüllte Leica-Traum
begann, gigantische Pubertätsphantasien
hypertrophierender Fotozubehörsytseme, mit denen er
der Wahrheit endlich auf die Schliche käme. (Friedrich
Christian Delius: Adenauerplatz, S. 76)
Das Gespräch war nicht zu Ende. Felipe spürte die
Verwandtschaft zu dem alten Nachtwächter. Einmal
im Krieg gewesen, und immer das Gefühl, es wird
etwas passieren, wenn du schläfst. Es trieb ihn,
Vogelsang etwas nachzurufen. Er wußte nicht was.
Die Angst, solch ein Nachtmensch zu werden.
Verrückt wie alle Nachtwächter, die sich eingraben in
die Nacht, verlieben in die Nacht und nicht mehr
zurechtfinden in der Helligkeit. Verrückt wie die
umnachteten Kerle, die die Menschen sortieren in
Straftäter, Vandalen oder Kontrolleure. (Friedrich
Christian Delius: Adenauerplatz, S. 249)
Das Jägerschnitzel wird systematisch verkannt und
verleumdet, und Sie kennen mich ja ein bißchen, Sie haben
meine Memoiren gelesen, das haben Sie jedenfalls behauptet.
Dann verstehen Sie, daß einer, der selber verkannt und
verleumdet wurde ungefähr dreißig Jahre lang, verkannt als
Erfinder und verleumdet als Spinner, daß einer wie ich für das
verkannte und verleumdete Jägerschnitzel eine bestimmte,
sagen wir, verwandtschaftliche Vorliebe hegt... Scherz
beiseite, aber eins steht fest: Wenn ich mit Geschäftspartnern
essen gehe und was erreichen will, darf ich auf keinen Fall
Jägerschnitzel bestellen oder gar Eisbein, dann hab ich
verloren. Einmal Eisbein bestellt am Tisch mit feinen Leuten,
das können Sie nie wieder gutmachen, das ist die einzige
Sünde, die Ihnen nie wieder gutmachen, das ist die einzige
Sünde, die Ihnen nie vergeben und vergessen wird bis ans
Lebensende. Sie können wegen Korruption verurteilt werden,
Sie können Ihrem schärfsten Konkurrenten die Frau
ausspannen, Sie können IBM in die Hacken treten, alles wird
verziehen, nur das Eisbein nicht... (F.C. Delius: Die Frau,
für die ich den Computer erfand, S. 15)
Nachdem der Doktor oben gewesen und wieder
heruntergekommen war und offenbar vermutete, daß er
mit der unbekannten Dame einige Stunden würde
zusammenbleiben müssen, bemühte er sich, höflich und
gesellig zu erscheinen. Er war der sanfteste seines
Geschlechts, der mildeste aller kleinen Männer. Er drückte
sich beim Ein- und Ausgehen seitwärts durch die Türen, um
möglichst wenig Raum einzunehmen. Er ging so leise wie
der Geist des Hamlet, aber noch viel langsamer. Er trug den
Kopf auf eine Seite geneigt, teils aus Bescheidenheit, teils
aus Entgegenkommen. Es wäre zu wenig gesagt, daß er
nicht einmal für einen Hund ein böses Wort gehabt hätte. Er
hätte nicht einmal einem tollen Hund ein böses Wort sagen
können. Höchstens ein sanftes oder ein halbes oder ein
Bruchstück davon - denn er sprach so langsam, wie er
ging-, aber er würde nicht grob gegen ihn gewesen sein.
Nicht einmal ein rasches, nicht um alles in der Welt. (Charles
Dickens: David Copperfield, S. 17)
In meinem Liebessiechtum schwand mein Appetit. Ich freute
mich darüber, denn ich hätte es als Treulosigkeit gegen Dora
aufgefaßt, Genuß an einem Mittagessen zu finden. Meine
ausgedehnten Spaziergänge verfehlten die gewöhnliche
Wirkung, da der Gram meiner Seele der frischen Luft
entgegenwirkte. Ich habe auch meine Zweifel, die sich auf
die damals erlangte drückende Erfahrung gründen, ob sich
ein gesunder Appetit im Menschen entwickeln kann, wenn er
beständig von zu engen Schuhen gepeinigt wird. (Charles
Dickens: David Copperfield, S. 447)
Jedermann, der mit uns in Berührung kam, schien uns zu
betrügen. Unser Eintritt in einen Laden gab das Signal, auf
das alle verdorbenen Waren sogleich herbeigeschleppt
wurden. Wenn wir einen Hummer kauften, war er voll
Wasser. Unser Fleisch war immer zäh und auf dem Brot
niemals Rinde. Um das Prinzip herauszufinden, nach dem
eine Keule gebraten werden mußt, um gerade richtig gar zu
sein, sah ich selbst im Kochbuch nach und fand dort eine
Viertelstunde für jedes Pfund angegeben. Aber das Prinzip
gelangte durch seltsames Mißgeschick niemals zur
Anwendung, und niemals konnten wir den Mittelweg
zwischen rohem Fleisch und Kohle treffen. (Charles
Dickens: David Copperfield, S. 696)
Er hat sie aus Liebe geheiratet. Man flüstert sich
sogar zu, daß sie nicht einmal von "Familie" sei, aber
Sir Leicester hatte für beide "Familie" genug, und sie
besaß Schönheit, Stolz, Ehrgeiz, Arroganz und
Verstand genug, um es mit einer ganzen Legion
vornehmer Damen aufzunehmen. Reichtum und Rang,
mit diesen Gaben vereint, setzten sie bald an die
Spitze, und seit Jahren hat Lady Dedlock den
Mittelpunkt der vornehmen Welt gebildet und in der
Mode die Führung an sich gerissen. Daß Alexander der
Große Tränen vergoß, als er keine Welten mehr zu
erobern hatte, weiß jedermann oder sollte es
wenigstens wissen, denn der Umstand wird häufig
genug erwähnt. Als Lady Dedlock ihre Welt eroberte,
verriet ihre Temperatur mehr den Gefrier- als den
Schmelzpunkt. Eine erschöpfte Gelassenheit, eine
müde Ruhe, ein gelangweilter Gleichmut, die sich
weder durch Interesse noch durch Befriedigung stören
ließen, waren ihre Sigestrophäen. Sie ist durch und
durch vornehm. Wenn sie morgen in den Himmel
versetzt werden sollte, würde sie fraglos ohne die
mindeste Verzückung emporschweben. (Charles
Dickens: Bleakhaus, S. 20f.)
Das Meer weiß große Männer nicht zu würdigen und
schüttelt sie herum wie unbedeutende Plebejer. Es
pflegt stets hart auf Sir Leicester einzuwirken und auf
seinem Gesicht grüne Flecken wie auf Salbeikäse
hervorzubringen und in seiner aristokratischen
Konstitutionen erschreckliche Revolutionen zu
verursachen. Das Meer bedeutete für ihn das Radikale
in der Natur. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 191)
Sämtliche Dedlocks in direkter männlicher Linie haben
während eines Zeitraumes, weit über
Menschengedenken hinaus, die Gicht gehabt. Es läßt
sich beweisen. Die Väter anderer Leute sind vielleicht
an Rheumatismus gestorben oder haben sich an dem
verdorbenen Blute des kranken Pöbels angesteckt,
aber das Haus Dedlock hat dem nivellierenden Prozeß
des Sterbens den Stempel des Exklusiven
aufgedrückt, indem alle seine Mitglieder an ihrer
eignen Familiengicht gestorben sind. Sie hat sich in
dem illustren Geschlecht vererbt wie das Silber, die
Gemälde oder die Besitzung in Lincolnshire. Sie zählt
mit zu den Würden. (Charles Dickens: Bleakhaus, S.
266)
"Aber dein Vater und ich waren Kompagnons, Bart",
fährt der alte Herr fort, "und nach meinem Tode
bekommen du und Judy alles. Es ist ein großes Glück
für euch, daß ihr zeitig in die Lehre gegangen seid.
Judy ins Blumengeschäft und du in die Kanzlei. Ihr
werdet das Geld nicht anzugreifen brauchen. Ihr
verdient euch auch so euren Lebensunterhalt und
spart noch mehr dazu. Wenn ich tot bin, geht Judy
wieder ins Blumengeschäft, und du bleibst in der
Kanzlei." Nach Judys Aussehen könnte man eher auf
eine Beschäftigung mit Dornen als mit Blumen
schließen, aber sie ist frühzeitig in die Mysterien der
Verfertigung künstlicher Blumen eingeweiht worden.
Ein scharfer Beobachter hätte sowohl in ihrem als in
ihres Bruders Auge, während ihr ehrwürdiger
Großvater von seinem Tode sprach, ein klein wenig
Ungeduld, wann er wohl sterben würde, und ein wenig
Groll, daß es schon so lange dauere, entdecken
können. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 353)
Charley wird also hereingerufen und setzt sich unter
einem heftigen Kreuzfeuer von Blicken zu ihrem Tee
und einer druidischen Ruine von Butterbrot hin. Bei
der Beaufsichtigung des Mädchens scheint Judy
Smallweed ein wahrhaft geologisches Alter zu
erreichen und auszusehen, als ob sie aus den
fernsten Zeitepochen herstamme. Ihr System, mit
oder ohne Anlaß über das Kind herzufallen, es
auszuschimpfen, ist geradezu wunderbar und beweist
eine Fertigkeit im Mißhandeln von Dienstboten, die
selbst jahrhundertalte Übung nur selten verleiht.
(Charles Dickens: Bleakhaus, S. 353)
Mr. Chadband hat die übliche
Kanzelpredigergewohnheit, ein Mitglied der Gemeinde
zu fixieren und mit fettigem Wohlwollen seine
Argumente insbesondere an diese Person zu richten.
Von dem Angeredeteten wird in solchen Fällen
gewöhnlich erwartet, daß er sich zu gelegentlichen
Stöhnen, Seufzen, Ächzen oder andern hörbaren
Äußerungen des Innelebens aufschwingt. Diese
Äußerung der Seele pflegt dann von einer ältlichen
Dame im nächsten Kirchenstuhl zumeist wiederholt zu
werden, geht dann wie beim Pfänderspiel im Kreis der
leichter gärbaren Sünder unter den Anwesenden
herum, erfüllt den Zweck des parlamentarischen
"Hört, hört!" und erhält den Prediger in Volldampf.
(Charles Dickens: Bleakhaus, S. 429)
Der Geburtstag seiner Alten (...) ist der größte
Festtag und der am rötesten angestrichne Tag in
Mr. Bagnets Kalender. Das glückliche Ereignis wird
stets streng nach gewissen Normen gefeiert, die Mr.
Bagnet schon vor einigen Jahren ein für allemal
ausgearbeitet und festgelegt hat. Er ist fest
überzeugt, daß ein paar Hühner auf dem Mittagstisch
den Gipfelpunkt eines geradezu kaiserlichen Luxus
bilden, und geht daher regelmäßig schon sehr zeitig
an diesem Tag aus, um ein paar zu kaufen, wird
ebenso regelmäßig von dem Geflügelhändler übers
Ohr gehauen und ersteht jedesmal die beiden
ältesten Hühner von ganz Europa. Dann bindet er
diese Triumphe von Zähigkeit in ein reines, blauweiß
gestreiftes Taschentuch - ein wesentliches Requisit
der Feier-, kehrt nach Hause zurück und fordert Mrs.
Bagnet beim Frühstück gelegentlich auf, zu sagen,
was sie am liebsten zu Mittag essen würde. Durch ein
unerklärliches Zusammentreffen, das noch niemals
versagt hat, erwidert Mrs. Bagnet prompt: "Geflügel",
worauf das Familienoberhaupt unter allgemeinem
Staunen und Händezusammenschlagen das Bündel
aus einem Versteck hervorzieht. Er verlangt ferner,
daß die Alte den ganzen Tag lang nichts machen darf,
als in ihrem Staatskleid zur Parade dazusitzen und
sich von ihm und dem jungen Volk bedienen zu
lassen. Da er wegen seiner Kochkunst keinen
besondern Ruf genießt, so ist anzunehmen, daß diese
Maßregel mehr Sache der Zeremonie ist, als daß sie
einen Genuß für die Alte bildet. Aber trotzdem behält
Mrs. Bagnet stets unentwegt die Miene großer
Fröhlichkeit bei. (...) Mit Angstschweiß auf der Stirn
sieht Mrs. Bagnet eines der Hühner am Feuer
aufhören sich zu drehen und zu brennen anfangen.
"Du sollst ein Essen haben, Alte" sagt Mr. Bagnet,
"wie eine Königin." Mrs. Bagnet zeigt heiter ihre
weißen Zähne, aber ihr Sohn nimmt eine so große
seelische Beunruhigung an ihr wahr, daß ihn die
Gebote der Kindesliebe zwingen, mit dem Auge zu
fragen, was denn los sei, wobei er natürlich auf die
Hühner noch viel weniger achtgibt als früher und auch
die letzte Spur von Hoffnung, er könne zur Erkenntnis
der Sachlage kommen, im Keime erstickt. Zum Glück
entdeckt seine ältere Schwester die Ursache der
Aufregung in Mrs. Bagnets Busen und erinnert ihn mit
einem Rippenstoß an seine Pflicht. Die Hühner fangen
an sich wieder zu drehen, und Mrs. Bagnet schließt,
von der Wonne der Erleichterung überwältigt, die
Augen. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 792f.)
Da Miss Volumnia in ihrer Jugend ein hübsches Talent
besaß, allerlei nette Ornamente aus bunten Papier
auszuschneiden, zur Gitarre spanische Lieder zu
singen und auf Herrschaftsitzen französische
Wortspiele zum besten zu geben, so verbrachte sie
die zwei Dezennien ihres Lebens zwischen dem
zwanzigsten und vierzigsten auf eine hinreichend
angenehme Art. Als sie dann aus der Mode kam und
ihre spanischen Lieder der Menschheit langweilig
wurden, zog sie sich nach Bath zurück, wo sie
bescheiden von einem jährlichen Geschenk Sir
Leicesters lebt und gelegentlich in den
Herrschaftssitzen ihrer Vettern aufersteht. In Bath
erfreut sie sich einer ausgedehnten Bekanntschaft
unter entsetzlich alten Herrn mit dürren Beinen und
Nankinghosen und nimmt in dieser öden Stadt eine
hohe Stellung ein. Aber andernwärts fürchtet man sie
ein wenig wegen einer gewissen indiskreten
Verschwendung von roter Schminke und eines ewigen
altmodischen Perlenhalsbandes, das ihr wie ein
Rosenkranz aus kleinen Vogeleiern um den Hals
hängt. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 466)
Er fühle, daß er die Gesundheit um so höher schätze,
wenn jemand anders krank sei, und sagte, er wisse
durchaus nicht, ob er nicht im Schöpfungsplan läge,
daß A. schielen müsse, um B. wegen seines eignen
geraden Blickes glücklich zu machen, oder daß C. ein
hölzernes Bein habe, um D. zufriedener mit seinem
eignen aus Fleisch und Blut in einem seidnen Strumpf
zu machen. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 619)
Volumnia, die immer rosiger wird, je mehr die Zeit
verrauscht, liest Sir Leicester an den langen Abenden
vor und muß, um ihr Gähnen zu verbergen, ihre
Zuflucht zu verschiedenen Kunstgriffen nehmen,
deren vornehmster und wirksamster darin besteht,
daß sie das Perlenhalsband zwischen ihre
Blütenlippen nimmt. Hauptsächlich liest sie
langatmige Abhandlungen über die Buffy-und-Boodle-
Frage, die zeigen, daß Buffy ein unbefleckter Patriot
und Boodle ein Schurke ist, und wie das Vaterland
zugrunde gehen muß, wenn es nur für Boodle und
nicht für Buffy stimmt, oder wie es gerettet werden
kann, wenn es nur für Buffy und nicht für Boodle ist,
wenn einer von den beiden muß es sein, und andre
kommen nicht in Betracht. Sir Leicester ist es
ziemlich gleich, was sie vorliest, und er scheint ihr
nicht sehr aufmerksam zu folgen, aber doch wird er
auf der Stelle munter, sowie sie wagt aufzuhören,
und fragt, jedesmal mit sonorer Stimme ihr letztes
Wort wiederholend, verdrießlich, ob sie müde sei.
Volumnia ist nun aber bei Gelegenheit ihres
vogelartigen Herumhüpfens und Anpickens von
Papieren auf die Notiz einer sie betreffenden
Testamentsklausel gestoßen (im Fall ihrem
Verwandten "etwas passieren sollte"), und solche
Chancen vor Augen als Entschädigung für einen
langen Vorlesekurs, nimmt sie sogar den Kampf mit
dem Drachen Langeweile auf. (Charles Dickens:
Bleakhaus, S. 1024)
... wurde Herr Swiveller durch ein täuschendes Möbelstück
unterstützt, das in Wirklichkeit eine Bettstatt, dem äußern
Anscheine nach aber ein Bücherschrank war und eine so augenfällige
Stellung in seinem Gemach einnahm, daß es allem Verdacht Hohn zu
sprechen und die Untersuchung herauszufordern schien. Auch
unterliegt es keinem Zweifel, daß Herr Swiveller bei Tage fest daran
glaubte, dieses geheimnisvolle Dekorationsstück sei nichts anderes
als ein Bücherschrank, und um keinen Preis sich eingestehen wollte,
daß es ein Bett sei, fest entschlossen, das Vorhandensein von
Leintüchern und Decken zu ignorieren und die Kissen absolut nicht zu
kennen. Kein Wort über seinen wahren Zweck, kein Hinweis auf seinen
nächtlichen Dienst, keine Anspielung auf seine besondern
Eigentümlichkeiten waren je zwischen ihm und seinen intimsten
Freunden gewechselt worden. Unbedingter Glaube an diese Täuschung
war der erste Artikel seines Credos; um Herrn Swivellers Freund zu
sein, mußte man alle Indizienbeweise, alle Vernunft, alle
Beobachtung und alle Erfahrung verwerfen und sich einem blinden
Glauben an den Bücherschrank hingeben. (Charles Dickens: Der
Raritätenladen)
Was für eine Hitze! Fragt jenen Knaben dort, dessen Sitz in der Nähe
der Tür ihm Gelegenheit gibt, in den Garten hinauszuschlüpfen und
seine Kameraden zum Wahnsinn zu treiben, indem sie zusehen müssen,
wie er sein Gesicht in den Brunnentrog taucht und sich dann im Grase
umherkugelt; fragt ihn, ob es je einen Tag gab wie diesen, an dem
selbst die Bienen sich tief in die Blumenkelche versenkten und darin
blieben, als hätten sie den festen Entschluß gefaßt, sich vom
Geschäft zurückzuziehen und die Honigfabrikation aufzugeben. Der Tag
war ganz dazu geschaffen, träge zu sein, auf dem Rücken im grünen
Grase zu liegen und das Firmament anzustarren, bis man von der Helle
gezwungen wird, die Augen zu schließen und einzuschlafen. Und das
war eine Zeit, um über muffigen Büchern zu brüten? Und noch
obendrein in einer düstern Stube, die sogar von der Sonne
vernachlässigt wurde! Gräßlich! (Charles Dickens: Der
Raritätenladen)
Miß Sally Braß also war eine Dame von ungefähr fünfunddreißig
Jahren, von hoher, knöcherner Gestalt und entschlossenem Auftreten,
das, wenn es auch die sanfteren Regungen der Liebe zurückscheuchte
und das Heer der Bewunderer fernhielt, jedenfalls ein Gefühl, das
nahe an heilige Scheu grenzte, in der Brust jener männlichen
Neulinge erweckte, die das Glück hatten, ihr nahe zu kommen. Ihr
Gesicht hatte eine sprechende Ähnlichkeit mit dem ihres Bruders
Sampson, ja die Ähnlichkeit zwischen beiden war so groß, daß es dem
ältesten Freund der Familie schwergefallen sein würde, Sampson von
Sally zu unterscheiden, falls es sich mit der jungfräulichen
Bescheidenheit und der zarten Weiblichkeit der letzteren vertragen
haben würde, in einer heitern Laune die Kleider ihres Bruders
anzuziehen und sich neben ihn zu setzen; um so mehr, da sich auf der
Oberlippe der Dame rötliche Andeutungen vorfanden, die man, wenn der
Einbildungskraft durch die Veränderung der Kleidung nachgeholfen
worden wäre, irrtümlicherweise recht wohl für einen Bart hätte
halten können. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren aber diese nichts
weiter als Augenwimpern am unrechten Platze, da die Augen der Miß
Braß derartiger Ungehörigkeiten der Natur vollständig entbehrten.
(Charles Dickens: Der Raritätenladen)
Das Wetter war nicht ganz so, wie man es liebt, wenn man in
Sommerhäusern Tee trinken will, geschweige denn in Sommerhäusern,
deren Verfall schon ziemlich vorgerückt ist und die zur Zeit der
Ebbe einen Ausblick auf die schlammigen Ufer eines großen Flusses
gewähren. Trotzdem aber ließ Herr Quilp in dieses auserlesene
Winkelchen einen kalten Imbiß bringen, und unter seinem brüchigen
und schadhaften Dache empfing er zur bestimmten Stunde Herrn Sampson
und dessen Schwester Sally. "Sie lieben die Schönheiten der Natur",
sagte Quilp mit einem Grinsen. "Ist dies nicht bezaubernd, Braß? Ist
es nicht ungewöhnlich, unverdorben, einfach?" "Wirklich ganz
entzückend, Sir!" versetzte der Rechtsgelehrte. "Kühl?" sagte Quilp.
"Ni-nicht gerade besonders, glaube ich, Sir", entgegnete Braß,
während ihm die Zähne im Munde klapperten. "Vielleicht ein bißchen
feucht und sumpfluftig?" meinte Quilp. "Gerade feucht genug, um
fröhlich zu sein", erwiderte Braß. "Nicht ärger, Sir, nicht ärger."
"Und Sally?" sprach der entzückte Zwerg. "Wie behagts ihr?" "Es wird
ihr besser behagen", versetzte diese starkgeistige Dame, "wenn sie
Tee bekommen hat. Lassen Sie ihn also bringen und schwatzen Sie
nicht!" (Charles Dickens: Der Raritätenladen)
Polizeiinspektor Evlogi Ditschev hatte eine Seele, die
verwüstet war. Zertreten von seiner Geliebten und angeödet
von seiner Frau. Alles nur Staub und Asche in ihm. Und weil er
damals, als die Liebe zu seiner Frau erloschen war, nicht
gelitten hatte, litt er jetzt doppelt. Vera, eine Sängerin, deren
Stimme ihn zum Beben und deren Unterwäsche ihn zum
Beten brachte, liebte einen anderen. Insepektor Ditschev
hatte Verdacht geschöpft, als ihm der Weg zu ihrem Bett, dem
Ort der Offenbarungen und des Segens, immer öfter versperrt
geblieben war. Er ließ sie beschatten, forschte nach, und
seine Befürchtungen wurden bestätigt. Vera traf sich mit
einem jungen, mittelmäßigen Dichter. Die Nacht, nachdem er
diese schwindelerregende Nachricht erhalten hatte, begann
früher als sonst. Sie begann in seinem Kopf, ging erst dann
auf die Welt über und endete im Bett von Fräulein Sina. Eine
Meisterin, wenn es darum ging, hereinbrechendes Dunkel in
Licht zu verwandeln. "Ihre Samen waren heute sehr bitter,
Herr General", sagte Fräulein Sina. Es war der Anfang einer
bitteren Zeit für Inspektor Ditschev. (Dimitré Dinev:
Ein Licht über dem Kopf)
Sechs Monate nach der Hochzeit erblickte Lazarus die Welt.
Er empfand sie als unheimlich und trostlos. Da ihm noch nie
etwas Schlimmeres passiert war, begann er laut zu weinen.
Dann wurde sein Mund an etwas Weiches gepreßt, sein
Wesen von etwas Warmen erfüllt. Er brauchte seine Augen
noch nicht. Für ihn waren Licht und Muttermilch das gleiche.
Also trank er. Durch seinen zahnlosen Mund floß die Welt. Sie
schmeckte ihm. Fürs erste reichte das, um ihn zu beruhigen.
Lazarus' Vater arbeitete in der Kaserne einer
Luftabwehrabteilung. Seine Kunst beschränkte sich auf
Soldatenköpfe, Unteroffiziersnacken und Offizierschnurrbärte.
Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Schnurrbart von
Major Sverev. (Ein jähzorniger Mann, der, immer wenn er
nachts Streit mit seiner Frau hatte, in die Kaserne kam, um die
Alarmbereitschaft der Abteilung zu überprüfen. Nur beim
Anblick laufender Soldaten konnte er sich entspannen. So
aber wußten die Soldaten nie genau, ob er sich tatsächlich um
einen Luftalarm handelte oder ob Major Sverevs Frau ihrem
Mann wieder einmal den Beischlaf verweigert hatte.) (Dimitré
Dinev: Ein Licht über dem Kopf, S. 59f.)
Von Bistra hörte er, daß sie in Varna einen Reiseführer
geheiratet hatte, der drei Fremdsprachen perfekt beherrschte
und dadurch problemlos mit den drei Kindern aus seinen drei
früheren Ehen telefonieren konnte. Bistra erwartete ein Kind
von ihm, mit dem er dann endlich auch Bulgarisch sprechen
konnte. Bistra war also berufen, den Traum eines Polyglotten
zu vollenden. (Dimitré Dinev: Ein Licht über dem Kopf, S. 67)
Seine zukünftige Frau Nedelka lernte er bei einer Erste-Mai-
Manifestation kennen. Es war der Tag der Arbeit, der Tag, an
dem sich jeder Proletarier freuen sollte. Wie immer mußten die
Arbeiter in perfekt geordneten Reihen mit Klassenbewußtsein
und festem Lächeln aufmarschieren. Es hatte aber so stark
geschüttet, als ob Gott sich rächen wollte, daß man alles ohne
ihn geplant hatte, daß man ihn gar nicht mehr brauchte. Doch
was konnte Gott schon anrichten. Er war für das Wetter
zuständig und es regnete. Die Parteisekretäre waren für die
Ordnung der Reihen und das Klassenbewußtsein zuständig,
und die Reihen blieben perfekt, und das Lächeln der Arbeiter
fest wie Beton. Gott war für die Ewigkeit, das Licht und den
Regen da, das Proletariat für die Freude. Also freute sich das
Proletariat und kümmerte sich weder um Gott, noch um die
strengen Blicke der Parteisekretäre. Denn was gab es
Schöneres für die Arbeiter, seit der Erschaffung der Welt, als
einen arbeitsfreien Tag. (Dimitré Dinev: Ein Licht über dem
Kopf, S. 68)
Das Glück hatte den langen Umweg von Bulgarien über
Jugoslawien und Ungarn nach Österreich gebraucht, um zum
Einwandererherz von Nikodim Stawrev zu finden. Der Tod
dagegen wählte einen kürzeren. Er erschien kurz nach der
Mittagspause bei der Baufirma Pokorny, sah sich die
schlechten Arbeits- und Sicherheitsbedingungen an, suchte
sich den lustigen Arbeiter aus, kitzelte ihn so lange am Kopf,
bis dieser seinen Helm abnahm, um sich dort zu kratzen, ließ
einen Kübel Mörtel vom Gerüst auf ihn herunterfallen und
unterbrach sein Leben im einundvierzigsten Jahr. Nikodim
hatte noch den Geschmack von Extrawurstsemmeln im Mund,
als er die Welt verließ, um die längste Mittagspause zu
genießen, bevor er vor dem größten aller Baumeister
erscheinen sollte. Sein ganzes Leben hatte Nikodim
gescherzt. Deswegen nahm Pavlina die Nachricht von seinem
Tod anfangs nicht ernst. Sie glaubte es nicht einmal, als sie
ihn im Krankenhaus frisch gekämmt und reglos daliegen sah.
Sie sagte nur zu dem Arzt: "Gleich wird er auferstehen", und
begann die Leiche zu ohrfeigen. "Das ist nicht lustig", schrie
sie Nikodims Leiche an, bis man sie mit vereinten Kräften
wegzerrte. "Wer wird mich jetzt zum Lachen bringen", dachte
sie noch, bevor sie ohnmächtig wurde. (Dimitré Dinev: Ein Licht
über dem Kopf, S. 172)
Sein Vater, erinnerte sich Wlado, sei auch so blöd gestorben.
Er habe nur den grauen Star gehabt, und den wollte er
entfernen lassen. Er sei ins Spital gegangen und habe
zuversichtlich auf die Operation gewartet. Gut. Aber an diesem
Tag hätten die Ärzte ein ganz neues Lasergerät bekommen.
Sie hätten es gerade ausgepackt, bewundert, hier und da
gedrückt und dann ein Versuchsobjekt gebraucht. Sie hätten
einen Blick ins Krankenzimmer geworfen, und wer sei da
zufällig gelegen, sein Vater natürlich. Den grauen Star hätten
sie zwar entfernt, aber der Strahl habe auch irgend etwas in
seinem Gehirn beschädigt. Nun habe sein Vater zwar alles gut
gesehen, aber dafür kein Familienmitglied mehr erkannt. Ihn,
Wlado, zum Beispiel, habe er wegen seiner Postuniform für
einen Schaffner gehalten und dauernd gefragt, wann der Zug
endlich in Burgas ankommen werde. Zwei Monate später sei
er in fröhlicher Wirrnis gestorben.. Bora erzählte seinerseits
von drei Freunden aus seinem Heimatdorf in Serbien, die ein
Schwein schlachten wollten. Sie hätten es aber humander
erledigen wollen und anstelle eines Messers hätten sie ein
Stromschlaggerät benutzt. Was da genau passiert sei, wisse
niemand, aber am Ende seien alle tot gewesen, außer dem
Schwein. Es habe in der Nähe gewühlt und gegrunzt. Das
habe man davon, wenn man neue Technologien benutze und
nicht der Tradition vertraue. (Dimitré Dinev: Ein Licht über dem
Kopf, S. 176f.)
"Ein Prachtkerl war er! Und erst sein Schnurrbarrt! Schaut wie
fesch der ist. So einen hab ich mir immer gewünscht", sagte
Josef und zeigte mit einem Pfefferoni auf die Leiche. "Und das
alles sollen jetzt die Würmer fressen, die keine Ahnung haben,
was schön und was unschön ist. Ich hab Würmer immer
gehaßt, und ihn habe ich geliebt, sehr geliebt. Für ihn hätt' ich
sogar eine Niere gespendet, wenn er sie gebraucht hätte. Das
mein' ich ernst." Josef klopfte sich dorthin, wo er glaubte, daß
sich seine Niere befand. "Ich will ihm einen Kuß geben." Er
erhob sich, strich zuerst dem Toten über den Kopf und gab
ihm einen Kuß. "Hab nichts Falsches gemacht, oder?" fragte
er anschließend. "Keineswegs. Man kann alles tun, was der
Verstorbene auch gerne getan hätte", meldete sich Zeko.
"Schaut, seine Schubänder sind nicht gebunden. Ich bin' sie
gleich. "Nein. Die sollen offen bleiben! Keine gebundenen
Schuhe, keine geschlossenen Gürtelschnallen. Sonst bleibt
seine Seele hier hängen", erklärte Zeko. "Na so was", kratzte
sich Josef am Kopf und versuchte, jene Zentren in seinem Hirn
zu aktivieren, die für solche unentwirrbaren Angelegenheiten
zuständig waren. "Eine heikle Sache, diese Seele", stellte er
fest. Virgil nickte zustimmend. "Er hat auch seinen
Hochzeitsanzug an", fuhr Zeko mit seiner Aufklärung fort,
"damit ihn später seine Frau im Jenseits erkennt." "Gut, daß
du mir das sagst. Ich werd' noch morgen mein
Hochzeitsgewand verbrennen", jauchzte Josef. Alle lachten
und ihre Augen füllten sich mit Tränen, als ob der Rauch von
Josefs verbranntem Hochzeitsanzug sie schon reizte. (Dimitré
Dinev: Ein Licht über dem Kopf, S. 178)
Schon mit sechszehn und dann ihr Leben lang fehlten
Renate gewisse Hemmungen, die den weiblichen Teil der
Menschheit vor Selbstzerstörung schützen sollen. Das
zeigte sich in ihrem Münchner Unterschlupf. Unsere
größte Sorge war natürlich, jemand könnte
herausbekommen, was mit ihr los war. Nicht reinrassig.
Jede Mitschülerin, die davon erfuhr, würde es vor
lauter Schreck sofort weitererzählen. Nur die
Schulleiterin wußte Bescheid, und nachdem sie einmal
beschlossen hatte, Renate aufzunehmen, konnte sie die
Wahrheit nicht mehr preisgeben, sonst würde sie ihre
Stelle verlieren. Deshalb hatte Renate im Unterschied
zu den anderen Schülerinnen ein Zimmer für sich allein.
Erklären ließ sich das mit ihrer Unordentlichkeit.
Denn kaum hatte Renate ein neues Kleid angezogen, da
verwandelte es sich in ein Knäuel aus Falten und
Knittern. Einen Tag, nachdem sie ein Zimmer bezogen
hatte, sah es dort aus wie auf einem Schlachtfeld. Ihr
Haar sträubte sich gegen Einzäunungen jeder Art. Ihr
Bett blieb ungemacht. Das Durcheinander war ihr
Element. Andererseits besaß sie einen klaren,
methodischen Verstand - und den brauchte sie auch, um
den Überblick über ihre Lügen nicht zu verlieren.
(Irene Dische: Großmama packt aus, S. 57)
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